Es braucht nicht viel Fantasie, um sich den inbrünstig gespielten Tusch zu diesem Auftritt vorzustellen. Tatatata, Spot an, das Tuch wird weggezogen, und hier steht sie: die Geburtstagsüberraschung zum 40. Firmenjubiläum von Honda Schweiz – die Honda Dark Racer. Unübersehbar prangt die Ziffer 40 auf den Flanken des samtig-schwarz lackierten Tanks. Eine Reminiszenz an das betriebliche Wiegenfest und gleichzeitig an die Auflage der dunklen Schönheit. Denn passend zum Anlass stellte eine engagierte Mannschaft aus einigen motorradbegeisterten Mitarbeitern des in Genf ansässigen eidgenössischen Importeurs eine auf 40 Stück limitierte Kleinserie der Dark Racer auf die Räder.
Logisch, dass als technische Basis für den schicken Café Racer die Honda CB 1100 diente. Schließlich steckt in diesem Retrobike der einzige noch im Honda-Modellprogramm verbliebene luftgekühlte Motor. Zudem hauchten die Japaner der CB mit der just zur Saison 2014 aufgelegten EX-Edition noch eine zusätzliche Portion Nostalgie ein. Speichenräder ersetzen die für dieses Konzept optisch ohnehin störenden Gussfelgen und eine Vier-in-zwei-Anlage den einzelnen Schalldämpfer der Basisversion. Ironie des Schicksals: Beide Modifikationen wanderten für die Honda Dark Racer umgehend ins Ersatzteilregal. Doch davon später.
Einzig der Sitzbankboden stammt noch von der Honda CB 1100
Denn zum Café Racer wird die Honda Dark Racer zunächst durch den M-Lenker und die Höckersitzbank. Niedrig und schmal schmiegt sich das vom nordrhein-westfälischen Zulieferer Fehling beigesteuerte Rohrwerk hinter das Lampengehäuse, scheint das kleine Digitaldisplay förmlich zwischen den Runduhren von Drehzahlmesser und Tacho zusammenzupressen. Griffig liegen die von Rizoma gefrästen Kupplungs- und Bremsgriffe in der Hand. Edel wirkt die Sitzbank. Feines Alcantara-Leder überspannt die in einer eidgenössischen Sattlerei zum Monohöcker umgepolsterte Sitzgelegenheit. Einzig der Sitzbankboden stammt noch von der Honda CB 1100.
Letztlich runden die von Honda Schweiz in Auftrag gegebenen gefrästen Fußrastenträger das ergonomische Dreieck stilgerecht ab. Doch was heißt hier rund? Spitzer Kniewinkel, zackig nach vorn gebeugter Oberkörper, schmal zum Lenker geführte Arme – damit platziert die Honda Dark Racer ihren Piloten aggressiv und aufbegehrend. Genauso wie sich die Jugend der Sechzigerjahre, quasi die Gründer-Generation der Café Racer-Bewegung, damals selbst wohl gesehen hat. An die mit hohem Lenker und tief platzierten Fußrasten betont bequeme Fahrposition der Basis-CB erinnert nichts mehr.

Zumal auch die beiden straff abgestimmten Öhlins-Federbeine, die die Serienteile ersetzen, mit dem Weichei-Auftritt der Standardversion aufräumen. Harte Kanten, welche die konventionelle Telegabel vorn gerade noch wegsteckt, gibt das Heck ungeniert an den Piloten weiter. Was soll’s? Auch eine gewisse Leidensfähigkeit gehörte damals zum Selbstverständnis. Wobei die Black Beauty sich in anderer Beziehung gut an ihre Basis erinnert. Trotz knapp fünf Zentnern Gesamtgewicht fällt die Honda Dark Racer spielerisch in Schräglage, hält sauber die Linie und lässt sich mühelos durch Wechselkurven schwenken.
Der wesentliche Grund für Wohlverhalten: die dem Handling zuträglichen, schmalen 18-Zoll-Räder (Bereifung hinten 140/70-18, vorn 110/80-18). Was die bescheidenen Reifengrößen optisch nicht leisten können, übernehmen die für schlauchlosen Einsatz konzipierten Speichenräder des italienischen Spezialisten Kineo. Wie Patronen in ihrer Trommel stecken die messingfarbenen Rollen der Speichenaufnahmen im Felgenkranz, brechen mit dieser Anmutung mit der klassischen Linie der Honda Dark Racer.
Bereits ab 2000 Touren drückt der Big Block souverän voran
Wer sich davon gestört fühlen sollte, braucht nicht weit zu schauen. Denn die schlanke Trompete der ebenfalls in Italien hergestellten Auspuffanlage von QD Exhaust passen zur Honda CB 1100 wie die Faust aufs Auge. Auch akustisch. Statt durch die extrem gedämmte Serienanlage bläst der Motor seinen Sound nun – noch sozialverträglich – mit sattem Vierzylinder-Fauchen ins Freie. Überhaupt gewinnt der Motor der Honda Dark Racer in diesem Umfeld enorm an Bedeutung. Optisch sowieso. Denn mit schwarzem Motorgehäuse und Zylindern fügt sich der mächtige Block auch farblich harmonisch in das Gesamtbild ein. Übrigens: Für die Kolorierung des sowohl bei der Standard-CB als auch beim EX-Modell nur in Silber verbauten Vierlings mussten nicht die Schweizer sorgen.
In Japan wird der Treibsatz auch direkt ab Werk in Schwarz angeboten. Und er gefällt in jeder Beziehung. Mit 90 PS aus 1140 cm³ Hubraum bleibt der Vierzylinder auch in der Honda Dark Racer unverändert. Bereits ab 2000 Touren drückt der Big Block souverän voran, verkraftet unbeeindruckt jedes Drehzahlniveau, lässt sich selbst von dem beim EX-Modell neu hinzugefügten, lang übersetzten sechsten Gang nicht einmal ansatzweise in die Knie zwingen und überlässt die Show damit generös der samtschwarzen Peripherie. Und den Spaß dem Piloten. So er denn dieser Schweizer Kreation habhaft wird. Denn der guten Nachricht – die Dark Racer kostet für den Aufwand des Umbaus akzeptable 16.335 Euro (Basis-CB: 12.255 Euro) – folgt die schlechte: Jede der 40 Dark Racer ist bereits verkauft.
Umbau-Info Honda Dark Racer

Basis-Motorrad: Honda CB 1100 EX, Hubraum 1140 cm3, Leistung 66 kW (90 PS) bei 7500/min; Drehmoment 93 Nm bei 5000/min; Leergewicht 248 kg; Preis inkl. Nebenkosten 12.255 Euro.
Modifikationen:
- Räder von Kineo/Italien
- Brems- und Kupplungshebel, Rückspiegel, Fußrasten, Lenker-Endkappen von Rizoma/Italien
- Auspuff- und Fußrastenhalter, Rücklicht, Blinker, Kennzeichen-Halteplatte, Höckersitzbank mit Alcantara-Bezug von Honda Schweiz
- Stereofederbeine von Öhlins
- Vier-in-eins-Auspuffanlage von QD Exhaust/Italien
- Lenker von Fehling/Deutschland
- Preis: 19.970 Schweizer Franken (16.335 Euro)
- Hersteller: www.hondamoto.ch