Durchgeschliffenes Leder am Ellenbogen, der Knieprotektor zeigt sein Innenleben und einige Nähte an der Schulter wurden beim letzten Sturz auch weggescheuert. Wenn auf Straße und Rennstrecke die Motorradsaison endet, ist Zeit, sich um das geschundene Leder zu kümmern. Beim Kombihersteller Schwabenleder in Winterbach fängt jetzt die Hochsaison an. Wir statten dem Unternehmen einen Besuch ab und schauen uns an, wie kaputte Kombis wieder sicher und straßentauglich gemacht werden.
Bis zu 30 Kombis werden wöchentlich per Post geliefert, fast alle sind von Sturzschäden gezeichnet. Die Bandbreite reicht von leichten Abschürfungen über abgerissene Aufnäher und durchgeschliffene Nähte bis hin zu völlig zerrissenen Hinterteilen. Oft sehen die Kombis auf den ersten Blick schlimmer aus, als sie tatsächlich beschädigt sind. Am häufigsten betroffen sind die klassischen Sturzzonen an Knie, Hüfte oder Schulter. Doch selbst stark ramponierte Kombis bringen Profis wieder auf Vordermann. Beim Reparieren gibt es zwei Möglichkeiten: zum einen auf Sicherheit, zum anderen auf Optik. Bei der Reparatur auf Sicherheit werden etwa durchgeschliffene Nähte erneuert oder beschädigte Protektoren getauscht. Abschürfungen, die zwar nicht schön aussehen, die Sicherheit aber nicht beeinträchtigen, werden nicht ausgebessert.
Diese Art der Reparatur wird besonders im Rennsport angewendet, da das Risiko eines erneuten Sturzes relativ hoch ist und die Kombi nicht unbedingt wie neu aussehen muss. Dennoch werden vor jedem Rennen die beschädigten Sponsorenaufnäher erneuert. Zwischen den Rennen des Yamaha-R6-Dunlop-Cups flicken die Näherinnen bei Schwabenleder reihenweise Kombis. „Es gibt schon Kandidaten, die in einem Rennen auf die rechte Seite stürzen, im nächsten Rennen auf die linke und später noch einmal auf die rechte Seite“, sagt Näherin Jasmin Stozek. Sicherheitsreparaturen sind vergleichsweise günstig. Bei der Reparatur auf Optik werden dagegen selbst Teile mit nur kleinen Kratzern oder Abschürfungen ausgetauscht. Das treibt zwar den Preis deutlich in die Höhe, viele Fahrer wollen aber nicht mehr an einen Sturz erinnert werden.
Jasmin Stozek hat eine Kombi auf dem Tisch, bei dem die Sicherheitsreparatur nur etwa 160 Euro kosten würde. Der Kunde wünscht jedoch, dass die Kombi fast wie neu aussieht und bezahlt für die Reparatur auf Optik gut das Dreifache - 450 Euro. Klar, dass sich solche Arbeiten bei Billigfabrikaten nicht lohnen. Wer jedoch 1300 Euro und mehr für eine Kombi hinblättert, ist mit der Instandsetzung immer noch gut bedient.
Oft sind Kunden darüber erstaunt, was vermeintlich kleine Reparaturen kosten. Besonders sicher sind Protektoren, die nicht in Taschen stecken, sondern direkt mit dem Leder vernäht sind. Allerdings macht das Reparaturen komplizierter, denn meist müssen die Protektoren erst herausgetrennt werden, bevor das Leder repariert werden kann.
Sollen etwa lediglich Schriftzüge am Ellenbogen erneuert werden, müssen die Schneiderinnen dafür das Leder am Ellenbogen auftrennen, den Protektor ein kleines Stück aus dem Leder trennen, den Schriftzug aufnähen und das ganze später wieder zusammennähen. Das dauert - und kostet.
Änderungen nach Maß

Nicht nur Stürze erfordern die Arbeit von Profis. Bier und Chips haben ganze Arbeit geleistet und Sie bekommen den Reißverschluss Ihrer Lieblingskombi kaum noch zu? Größenanpassungen sind in der Regel kein Problem, 10 bis 12 Zentimeter im Umfang lassen sich Schwabenleder-Kombis an Taille, Hüfte und Oberweite ändern - das entspricht etwa drei Konfektionsgrößen. Dazu werden beidseitig Lederstreifen eingenäht, zusätzlich wird bei zweiteiligen Kombis die Jacke am Verbindungsreißverschluss verlängert. Eine Änderung ist in jedem Fall günstiger als eine neue Kombi und kostet je nach Arbeitsaufwand zirka 150 bis 300 Euro.
Es geht auch anders herum: Ein Kunde hat rund 40 Kilogramm abgenommen, wollte seine Kombi aber unbedingt behalten. Das Schwabenleder-Team hat die Kombi im Bauch- und Taillenbereich rund 35 Zentimeter enger und etwas kürzer gemacht - keine leichte Aufgabe. Grundsätzlich lässt sich an einer Kombi fast alles ändern, selbst eher ungewöhnliche Maße wie Handgelenk- und Knöchelweite. Der Arbeitsaufwand lässt sich jedoch erst einschätzen, wenn die Kombi auf dem Tisch liegt. Selbst dann gibt es hin und wieder noch Überraschungen: „Bei einem Fremdfabrikat habe ich einmal den Frontreißverschluss rausgetrennt und hatte plötzlich mehrere einzelne Lederteile in der Hand, die da mit dran hingen“, sagt Jasmin. Das Zusammennähen der Teile dauerte deutlich länger als das gewöhnliche austauschen des Reißverschlusses - und musste dem Kunden anteilig in Rechnung gestellt werden.
Oft entpuppen sich blind gekaufte eBay-Schnäppchen auf dem Motorrad als Spaßverderber, weil sie schlecht sitzen. So hat der bedauernswerte Carsten Stoll eine Arlen Ness-Kombi ersteigert und zuhause festgestellt, dass diese im Schritt kneift. Etwa 130 Euro wird er für die Änderung zahlen, das vermeintliche Schnäppchen ist fast keines mehr. Die ersteigerte Kombi ist einige Zentimeter zu kurz oder zu lang? Kein Problem, Längenänderungen gehören bei erfahrenen Lederschneidern zum Tagesgeschäft.
Brandings und Logos

Bei Stürzen leiden meist auch die Brandings und Schriftzüge auf der Kombi. Mehrere Anbieter haben sich auf deren Reparatur spezialisiert. In der Szene besonders bekannt ist die Firma Skill Skin von Stefan Röttger. Kunden können hier aus 3500 Schrift- und 350 Lederarten wählen und ihre Schriftzüge und Logos selbst zusammenstellen. Pauschal 75 Euro kostet ein typischer Namensschriftzug, 20 Euro ein kleiner Sticker, 35 Euro ein größerer für den Oberschenkel, jeweils inklusive Näharbeiten. Die Preise für aufwendige, bunte Comicfiguren starten bei rund 250 Euro, nach oben gibt es keine Grenzen.
Doch was nützt die schicke Kombi, wenn sie schlecht schützt? Nach diesem Motto lassen viele Kunden während der Reparatur ihrer Kombi die oft minderwertigen originalen Protektoren gegen hochwertige Protektoren, etwa von Sas-Tec, tauschen. „Da ist die Nachfrage sehr groß“, sagt Stefan Röttger. Trotzdem schafft es das Skill-Skin-Team, jede Bestellung innerhalb von sieben Tagen zu bearbeiten.