Präsentation Ariel Ace
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Darauf können nur die Erben Shakespeares kommen: basierend auf einem extrovertierten Rahmen vom Cruiser bis zum Naked Bike alles anbieten und dabei historische Anklänge und moderne Technologie verbinden. Gestatten, Ariel Ace – und was man daraus machen kann.

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Foto: Ariel

Triumph, Norton, Hesketh, Brough Superior – und nun Ariel. Die Wiedergeburt der britischen Motorrad-Vergangenheit geht unvermindert weiter. Allerdings: Das eigentliche Ariel-Comeback liegt schon 15 Jahre zurück. Damals brachte Ariel-Besitzer Simon Saunders den Ariel Atom auf den Markt. Das ist ein straßenzugelassener Renn-Zweisitzer reinsten Wassers, angetrieben vom hochdrehen­den Vierzylinder des Honda Civic R-Type.

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Für Saunders war das „ein Schritt vorwärts hin zur Ace 1200 V4, weil er uns das Geld und die Beziehungen einbrachte, um dieses Motorrad zu bauen“. Die dabei wichtigste war natürlich die zu Honda, denn es gehört normalerweise nicht zur Firmenpolitik des Motorrad-Giganten, seine Motoren an Kleinserienhersteller zu liefern. „Ich denke, der Erfolg der Atom, eines ab­soluten Nischenprodukts, das Honda selbst niemals gebaut hätte, hat geholfen, sie auch im Fall der Ace zu überzeugen“, erklärt Saunders.

Und so wurde sie Wirklichkeit, die Ace, und das Goodwood Festival of Speed mit 180000 Besuchern erschien als würdiger Rahmen für die Präsentation. Allerdings hatte MOTORRAD-Mitarbeiter Alan Cathcart schon vorher Gelegenheit, ausführlich mit einem Prototyp zu fahren. Der große Rest der Welt bestaunte in den Gärten des Lord March jedoch ein durch und durch britisch-exzentrisches Motorrad mit einem der auffälligsten Rahmen der gesamten Zweirad-Geschichte. Oder besser: bestaunte zwei Motorräder. Denn die Ace ist ein echter Mutant. Egal ob radikales Naked Bike oder kraftvoller Power-Cruiser – die Britin kann alles sein, was der zukünftige Besitzer haben möchte.

Ariel
173 PS und 129 Newtonmeter Drehmoment sollten allemal reichen, um die ­zirka 230 Kilogramm schwere Ariel zu befeuern.

Einzige Konstante ist der Rahmen, der aus sechs aus dem vollen gefrästen Alu-Teilstücken gefertigt wird. Für den allein werden in der 19-Mann-Manufaktur von Ariel rund 70 Stunden veranschlagt, bevor eine Ace dann ganz nach Kundenwünschen komplettiert wird. Geschmiedete Alu-Felgen – der historische Fahrzeugbauer Ariel war übrigens ­Erfinder der modernen Alu-Felge – oder Kohlefaser-Laufräder, Ein- oder Zwei-Perso­nen-Rahmenheck, aufwendige Trapez- oder feine Öhlins-Gabel, Fußrasten hoch oder niedrig, Lenker breit oder schmal, Tank groß (21,3 Liter), mittel (18,6 Liter) oder klein (14,1 Liter) – es liegt alles in Kundenhand. Sogar der Lenkkopfwinkel, der über variable Einsätze von 61,6 bis zu 68,2 Grad reicht: natürlich ein Muss bei so unterschiedlichen Fahrzeug-Konfigurationen.

„Motorradfahrer lieben ihre Maschinen“, sagt Simon Saunders. „Und sie wollen ihr ganz persönliches Motorrad, nicht irgend­eins.“ Kein Zweifel, mit der Ace bekommen sie es. Und zwar eines, dass sich sehr schnell bewegen lässt, aber die Möglichkeiten seiner Fahrer nicht überfordert, so Saunders. Zunächst habe man nämlich ein waschechtes Superbike bauen wollen, dann aber schnell gesehen, dass die ohnehin am Markt existierenden Geschosse kaum zu toppen und für öffentliche Straßen nur bedingt geeignet seien.

Und so wird der zukünftige Ariel-Besitzer eher über Material und Farbe seiner Sitzbank-Bezüge grübeln, über die Polsterung derselben nachdenken oder sich seine Auspuffanlage konfigurieren, als sich über die Motorleistung Gedanken zu machen. 173 PS und 129 Newtonmeter Drehmoment sollten allemal reichen, um die zirka 230 Kilogramm schwere Ariel zu befeuern. Das sind reinrassige Superbike-Werte, keine Frage, und auch die Öhlins-TTX-Federelemente dürften selbst höchsten Ansprüchen gewachsen sein. Das sollten sie aber auch, denn ganz billig wird keine Ace-Variante werden. Ab rund 25000 Euro soll es losgehen, Produktionsbeginn soll Anfang 2015 sein. Aber diesen Zeitrahmen werden Ariel-Interessenten sicher auch brauchen, um sich darüber klar zu werden, was sie denn nun genau wollen.

Daten

Ariel
Als sportliches Naked Bike braucht sich die Ace vor der Konkurrenz nicht zu verstecken. Der Honda-V4 übernimmt unter der luftigen Rahmenbrücke die zentrale Rolle. Wie bei der VFR führt eine Einarmschwinge das Hinterrad.

Vierzylinder-V-Motor, 1237 cm³, 127 kW (173 PS) bei 10 000/min, 129 Nm bei 8750/min, Leichtmetall-Brückenrahmen, Vorderradführung nach Wunsch, Doppelscheibenbremse vorn mit Nissin-Sechskolbensätteln, Scheibenbremse hinten, Ø 320/276 mm, ABS, Sitzhöhe variabel, Öhlins-Federelemente, Tankinhalt zwischen 14,1 und 21,3 Litern, Preis ab zirka 25 000 Euro.

Fahrbericht Ariel Ace

Ariel
Als Power-Cruiser im Diavel-Stil. Dann trägt die Trapezgabel mit ihren wunderschönen Alu-Frästeilen entscheidend zum extro­ver­tier­­ten Auftritt bei, ebenso wie das reduzierte Rahmenheck und die minimalistische Leuchteneinheit.

Als erster Journalist weltweit fuhr Alan Cathcart im Rahmen des Ariel-Entwicklungsprogramms und beim traditionsreichen Goodwood Festival of Speed den frühen Prototyp der neuen Ace. Hier die ersten Eindrücke.

Der Ace-Prototyp, von dem diese Fahreindrücke stammen, trägt die optionale Ariel-Trapezgabel aus gefrästen Aluminiumteilen statt der Standard-Teleskopgabel. Die Trapezgabel bietet dank eines spe­ziell entwickelten Öhlins-TTX-Dämpfers verbessertes Handling, Rückmeldung und Ansprechverhalten. Der Hauptvorteil der Trapezkonstruktion liegt in der reduzierten Reibung aufgrund der mehrfach kugelgelagerten Aufhängung. Nicht ohne Grund wählte John Britten für sein Racebike eine ähnliche Kons­truktion, und so ist es auch kein Wunder, dass sich die Ace beim Fahren sehr ähnlich anfühlt. Man hat auch hier das Gefühl, das Vorderrad in den Händen zu halten, so glasklar ist das Feedback der Vorderhand. Selbst beim harten Anbremsen arbeitet die Trapezgabel Wellen und Un­eben­heiten ohne eine Spur von Chattering ab. Und während man so über Schlaglöcher brettert, kann man den oberen Längslenkern dabei zusehen, wie sie eben diese ausbügeln. Sehr überzeugend!

Weniger vertrauenerweckend arbeitete die Hinterradfederung des Prototyps, der wie alle Ace die Honda-Pro-Link-Schwinge der VFR 1200 nutzt. Allerdings war der eigens für die Ace angepasste Öhlins-TTX36-Dämpfer noch nicht verfügbar, stattdessen war noch der Showa-Dämpfer der VFR montiert. Weil die Ace allerdings etwa 40 Kilogramm leichter ist, war die Federrate viel zu hoch. Daraus resultierte starkes Chattering und sogar ein Abheben des Hinterrads unter extremen Bedingungen. Der Öhlins-Dämpfer dürfte dies jedoch beheben. Auch offenbarte der gute Grip des Dunlop D2108 früh aufsetzende Fußrasten, doch lassen die sich auch für den sportlichen Einsatz vielfach verstellen.

Das Handling der Ace geriet sehr viel spielerischer und agiler, als die langen 1563 Millimeter Radstand des Prototyps ver­muten lassen. Das liegt zum einen an der Lenkgeometrie und zum anderen an den geschickt zentralisierten Massen. Was den Motor anbelangt, darf man sagen, dass das Triebwerk der VFR 1200 wie geschaffen ist für ein solches Bike. Die 173 PS haben leichtes Spiel mit der schlanken Ace und machen aus dem britischen Neuling einen komfortablen Gentlemen’s Express. Ein weiteres Highlight der 265 km/h schnellen Ace ist die Nissin-Sechskolben-Radialbremsanlage mit Race-ABS. Die ankert hervorragend, nur eben ohne nennenswertes Abtauchen der Front. Davon wird gerade noch genug zugelassen, um dem Fahrer ein Gefühl der Verzögerung zu geben – anders als bei einer Bimota Tesi mit Achsschenkellenkung.

Im Gegensatz zu Triumph und Norton also, den ebenfalls wiederauferstandenen britischen Wettbewerbern, kehrt Ariel mit einem völlig radikalen, modernen High-Performance-Bike an den Markt zurück. Ein Motorrad, dessen optische Präsenz von seinen dynamischen Fähigkeiten untermauert wird. Eben ganz wie beim Atom und typisch Ariel.

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MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023