Es ist lausig kalt an diesem Samstagmorgen in Krumbach, einem österreichischen 990-Seelen-Nest zwischen Bregenz und Oberstdorf. Wir schreiben den 29. Januar 2011, und einigen Mitgliedern des Teams Off Roader, den Ausrichtern des Events, sind die Strapazen der vergangenen Nacht noch ins Gesicht geschrieben. „Wir haben auf der Warm-up-Party zum ersten Mal in der Historie die Miss Ice Girl gewählt“, sagt Roman Fink, Häuptling der Off Roader, und reibt sich den Schädel. Die „Historie“ der aktuell 37 Personen starken Interessengemeinschaft reicht zurück bis 2005. Damals vereinten sich 25 Motorsportverrückte, um ein Mofa- und Minicross-Rennen auszurichten. Und weil es super lief, bewarb man sich auch gleich als Veranstalter für die im Alpenvorland bekannten Eisrennen. Das erste Event dieser Art fand im Januar 2006 statt, heute ist das „Internationale Eisrennen Krumbach“ weit über die Grenzen Österreichs bekannt und findet am 6. und 7. Januar 2012 zum siebten Mal statt. Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Die Rennen können nämlich nur ausgetragen werden, wenn es wochenlang knackekalt war und auch am Rennwochenende ist.
Für dieses Event wird die Strecke extra gebaut: Mehrere Tage lang kreiseln Traktoren mit riesigen Wasseranhängern und spritzen das Nass im hohen Bogen auf die Wiese. Für den Laien klingt diese Art der Eisherstellung simpel. Roman Fink dagegen spricht von einem nicht zu unterschätzenden Arbeitsaufwand. „Die Qualität des Eises steht und fällt nicht nur mit der Temperatur.
Vor jeder Bewässerung muss frischer Schnee vollständig geräumt werden. Sonst entsteht keine Bindung“, meint er. „Und nach jeder Bewässerung muss das Eis zwei Tage härten, bevor man weiter Wasser draufgibt.“
An diesem nebligen Tag im Januar herrschen perfekte Bedingungen. Das Thermometer zeigt zehn Grad minus, das Eis hat eine Dicke von rund 40 Zentimetern und das Starterfeld zählt 108 Waghalsige. Darunter sind 40 Motorradfahrer. Der Rest will die 700 Meter lange Strecke in verschiedenen Klassen mit Buggys, Quads und Autos jeglicher Machart bewältigen. Die Rennen in Krumbach gelten als zuschauerfreundlich, da ein Großteil des Moosbachring getauften eisigen Rundkurses von einem Hang aus gut einsehbar ist. Und sie gelten im Gegensatz zu manch anderen Eisrennen in der Region als anspruchsvoll, da hier eben nicht nur eine flache vereiste Wiese mit ein paar strohballigen Schikanen gespickt wird. Der Moosbachring fordert mit einem Gefälle, Sprunghügeln und einem Steilhang seine Opfer.
„Stürze muss man da in Kauf nehmen“, sagt Markus Schertler, der auf seiner Kawasaki KX 450 an den Start geht. Der 31-jährige Hobby-Enduropilot aus Dornbirn fährt normalerweise Acht-Stunden-Rennen und belegte beim berühmt-berüchtigten Erzberg-Rodeo den beachtlichen 87. Platz. Das Eisrennen ist für ihn sowohl Wintergaudi als auch Trainings-Chance. Ebenso wie für Christian Muxel aus Wolfurt, der sich mit seiner KTM 450 SX keine große Chance aufs Treppchen ausrechnet.
„Ich fahre seit zwei Jahren Supermoto, just for fun.“ Fahren auf Eis hat mit diesem Fahrstil viel gemein. „Du musst versuchen, möglichst wenig Gewicht auf dem Hinterrad zu haben und zu sliden“, sagt der 28-Jährige. Krumbach wird sein zweites Eisrennen überhaupt.

Die Teilnahmebedingungen sind denkbar einfach: Mitfahren darf jeder mit gültigem Führerschein. Bei den zwei Qualifikationsläufen am Samstag wird jeweils die persönliche beste Runde gezeitet. Sie entscheidet letztlich, in welcher Gruppe der Fahrer antritt. Bei 40 Startern bilden die 20 Schnellsten die erste Gruppe. Hier wird auch Markus mit seiner KX 450 starten: Er belegte in den Qualifikationsläufen Platz eins und drei - während Christian sich im Mittelfeld behauptet und somit um den Sieg in der zweiten Gruppe kämpfen wird.
Sonntag, schönster Sonnenschein, fünf Grad minus. Eine weitere Party im Festzelt hat ihre Spuren hinterlassen. Die Strecke wurde über Nacht geglättet, doch nach den Trainingsläufen am Morgen ist sie mittags schon wieder heimtückisch. „Du musst dich beim Fahren völlig aufs Gefühl verlassen“, sagt Markus. „All die Räder mit ihren Spikes fräsen unendlich viele tiefe Rillen. Und die siehst du nicht, denn alles ist weiß - der Schnee, das Eis, die Rillen.“ Auch Christian hat damit zu kämpfen: „Wenn du erst mal in eine Eisrille einfädelst, kommst du so schnell nicht mehr raus. Man muss die Linien extrem kreuzen.“ Ein weiteres Problem stellen die unterschiedlichen Grip-Verhältnisse dar. Denn auf hartem Eis greifen die Reifen besser als auf dem Eispulver, das die Spikes aufwühlen. „Die klassische Ideallinie gibt es hier nicht“, meint Christian. Und Markus fügt an: „Driften wie beim Speedway brauchst du gar nicht anfangen. Denn im Drift machst du keinen Meter.“ Diese Erkenntnis setzt er perfekt um, denn in den drei Läufen wird er jeweils Dritter. „Auf den Geraden hat man mit der 450er auch auf dem Eis klare Vorteile, in den Schikanen sind die 250er schneller, weil wendiger“, resümiert er. Damit ist für ihn alles klar. Christian wird in seiner Gruppe Siebter. Beide sind trotz einiger blauer Flecken heiß aufs nächste Eis im Januar 2012.
Als Termin hat das Team Off Roader aus dem Bregenzer Wald wieder den 6. und 7. Januar vorgesehen. Die Frage ist nur, obs Wetter mitmacht und kalt wird.