Hercules K 50 Ultra II LC im Studio

Hercules K 50 Ultra II LC im Studio In der Moped-Clique ganz vorn dabei

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Ob beim Rennen gegen die Kumpels auf dem Weg zur Eisdiele oder bei der Spritztour mit der Schönheit aus der Parallelklasse zum Baggersee: Mit der Ultra II LC war man in der Moped-Clique ganz vorn dabei.

In der Moped-Clique ganz vorn dabei Bilski
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Mitte der Siebziger sah die Zukunft für deutsche Kleinkrafträder rosig aus: Motorräder boomten, aber die Japaner waren noch nicht in allen Hubraumklassen angekommen. Bisher gaben Hercules, Zündapp, Kreidler und Konsorten dem Nachwuchs den Gasgriff in die Hand, die Absätze florierten. 1976 stellte Hercules die schrille, komplett knallrote K 50 Ultra vor, im übernächsten Modelljahr war eine neue Ausbaustufe fällig. 1978 bekam die Ultra Wasserkühlung und den Namenszusatz LC für „liquid cooled“, um die Lücke zu Zündapps seit 1976 wassergekühlten Topmodellen zu schließen. Die Hersteller versuchten sich in technischen Details und Ausstattungs-Raffinessen gegenseitig immer weiter zu übertrumpfen. Das Zielpublikum goutierte diese Modellpolitik zunächst auch, das Kleinkraftrad entfernte sich immer weiter vom simplen Billigfortbewegungsmittel und schlug den Weg hin zum Prestigegerät ein.

Gussräder, Gepäckträger, Wasserkühlung

Dass der Kleinkraftradmarkt ab 1977 rückläufig war, hinderte die Nürnberger nicht daran, mit der Ultra-Baureihe im selben und im folgenden Jahr die Auszeichnung „Motorrad des Jahres“ in ihrer Klasse zu erringen. Zwar drängten die Japaner mit Macht in den Mofa- und Mokick-Markt, bei den unbeschränkten 50ern war die Spitzengruppe Kreidler, Zündapp und Hercules aber noch unter sich. Doch anstatt sich zusammenzutun, trieben die deutschen Hersteller ihre Konkurrenz durch immer hochwertigere Modelle, immer mehr Gimmicks und damit auch immer höhere Preise auf die Spitze.

Ende 1978, zum 79er-Modelljahr also, kam die Ultra II LC auf den Markt: statt knallrot von Kopf bis Rad nun dezenter mit silbernem oder grünem Lacksatz, einem neuen Kettenschutz und abschließbarem Helmhalter. Umfangreiches Cockpit, Halbschale, Scheibenbremse, Gussräder, Gepäckträger, Wasserkühlung, all das war bereits Standard bei den hochpreisigen 50ern. Die Doppelscheibenbremse der Ultra zeugte da eher vom Bemühen, sich abzusetzen, als von technischer Notwendigkeit.

„Boah, ey, die geht Hunnert Tacho!“

Mit 3750 Mark war die „Herc“ die teuerste 50er im Jahr 1978, setzte sich aber auch in anderen Bereichen an die Spitze: Im Vergleichstest wassergekühlter 50er von MOTORRAD heimste sie gegen Zündapp, KTM und Puch den Sieg ein. Die Tester lobten dabei ausführlich ihre Straßenlage und den kräftigen Motor, der selbst Wheelies erlaubte. Weitere Bestwerte waren das mit 98 Kilo vollgetankt niedrigste Gewicht und die höchste gemessene Geschwindigkeit: 92,6 Stundenkilometer - im Sitzen! Bei lang liegendem Fahrer zappelte der Zeiger auf der Geschwindigkeitsanzeige um die 100er-Markierung. „Boah, ey, die geht Hunnert Tacho!“, war ein nicht zu unterschätzendes Verkaufsargument.

So schlug Sammler Rainer Bissinger auch zu, als er den abgebildeten Silberling vor einigen Jahren in einer Annonce fand. Erste Hand, 1400 Kilometer auf der Uhr, guter Zustand. Der hielt Bissingers Akribie jedoch nicht stand: Mit originalen Neuteilen versetzte er die 50er optisch wie technisch in den Auslieferungszustand.

Besitzer Rainer Bissinger sammelt Klein- und Leichtkrafträder. Insgesamt 17 Stück tummeln sich in seiner Garage.

Der Sachs-Motor hat es faustdick hinter den Kühlrippen: Hercules gab 6,25 PS Kupplungsleistung bei 7100 Umdrehungen an, die Messwerte entlarven das allerdings als Tiefstapelei. Im natürlichen Habitat der Schnapsglasklasse, kurz vorm Begrenzer also, hat die Ultra im Vergleich zur Konkurrenz die höchste Leistung: Bei 9100 Umdrehungen echte 6 PS am Hinterrad. Bei der anhaltenden Diskussion um Lärm und Gefährlichkeit von Kleinkrafträdern wäre es damals wohl politisch unklug gewesen, solche Werte offiziell anzugeben. Auf schiere Leistung lässt sich die Hercules Ultra ohnehin nicht reduzieren: Sie vereint Qualität, Kraft und Alltagstauglichkeit.

Abstriche musste der Mopedkunde jedoch bei den ungenauen Instrumenten machen - und bei der unzeitgemäßen 6-Volt-Elektrik, die mangels Batterie im Stand das Abblendlicht auf Kerzenschein-Niveau dimmte. Auch das Ziehkeilgetriebe musste sich Kritik gefallen lassen, ebenso wie die Kaltstartunwilligkeit des konstruktiv noch aus den 1960ern stammenden Motors.

Der Nutzen der Wasserkühlung belief sich übrigens primär auf die verbesserte Geräuschdämpfung, thermisch ließen sich die sechseinviertel PS auch ohne problemlos in den Griff bekommen. Lärmtechnisch hatten die als „Schreitakter“ diffamierten 50er-Mopeds nämlich ein viel größeres Problem: Die empfundene Lästigkeit einer Frequenz steigt mit ihrer Höhe, und konstruktionsbedingt geben Zweitakter nun mal besonders schrille Frequenzen von sich. So drehten die Behörden 1981 den offenen Fünfzigern den Benzinhahn zu: Die neu geschaffene, auf 80 km/h beschränkte Leichtkraftrad-Klasse mit maximal 80 Kubik sollte ohrverträglicher und weniger unfallträchtig sein. Bis dahin aber stellte die Hercules Ultra-Baureihe den Zenit sowohl deutscher Fuffziger wie auch jugendlicher Zweiradträume dar.

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