Zwei Schrauber, drei Zylinder, ein Projekt
Die Idee, eine Triumph Trident als Basis für einen Café Racer-Umbau zu besorgen, war schnell geboren. Die Umsetzung erforderte hingegen viel Zeit und Feinarbeit, doch das Ergebnis begeistert.
"Zweizylinder kann jeder", war die Antwort auf die Frage meines Co-Schraubers Peter Jungton, warum ich gerade dieses Bike ausgesucht habe. Vorausgegangen war eine lange Zeit voller Überlegungen, welches Modell sich zwecks Umbau zu einem Café Racer eignen würde. Wir einigten uns auf eine Triumph. Peter ging wohl von einer Bonneville oder Thruxton aus, aber als ich diese Triumph Trident im Stuttgarter Meilenwerk sah, konnte ich nicht anders. Sie sah aus, als wäre sie von Kiss-Bassist Gene Simmons mit Glitzer-Plateaustiefeln und Schlaghosen in den 1970ern dort abgestellt und vergessen worden. Also auf zur Probefahrt. Zündung an, beide Benzinhähne öffnen, Vergaser tupfen und treten – schon war sie da und empfing mich mit einem sonoren Brüllen aus ihren Peeshootern. „Denk dran“, mahnte der Verkäufer, „rechts schalten und links bremsen.“ Okay, das bekomme ich hin. Also erster Gang rein und los. Auch nach meiner Rückkehr wurde ich das Grinsen nicht mehr los, welches mich während der Fahrt die ganze Zeit begleitet hatte. Danach ging alles sehr schnell: Vertrag unterschreiben, bezahlen, auf den Hänger schieben und ab zurück ins Bergische Land.
Klassische Basis und moderne Technik
Meine Vorstellung eines Café Racers war klar: Er sollte eine klassische Basis haben, aber mit moderner und sicherer Technik ausgestattet sein. Eine Liste mit geeignetem Zubehör existierte schon, aber mir war klar, dass hier noch sehr viel Handarbeit vonnöten sein wird. Also ab ans Werk. Zuerst wurde die Triumph Trident gestrippt. Beim Auseinandernehmen gab es eine weitere Erkenntnis: Die Engländer schalten nicht nur rechts, bremsen links und fahren auf der falschen Straßenseite, sondern klemmen auch den Pluspol an Masse! Also musste auch der Kabelbaum raus. Nach der Revision des Rahmens durch Entfernen der nicht mehr benötigten Befestigungspunkte, Flexen, Anschweißen neuer Befestigungen, Glätten und Lackieren wurde ein neuer Kabelbaum verlegt. Der konnte durch neue Komponenten von Motogadget extrem abgespeckt werden. Herzstück der neuen Elektrik ist die neue Motogadget M-Unit. Hinzu gesellen sich die schönen Armaturentaster und ein RFID-Zündschloss des selben Herstellers. Die Zündung wird nun durch einen in meinem Handschuh integrierten „Schlüssel“ am Finger eingeschaltet. Im Zuge dieser Arbeiten wurde auch eine neue Boyer-Zündung mit Powerbox verbaut. Jene ersparte mir die Montage des Gleichrichters und einer Zenerdiode. Die komplette Elektrik findet nun unter dem Tank, ordentlich auf einer Edelstahlplatte verschraubt, ihr neues Zuhause. Nachdem die drei riesigen Zündspulen einen neuen Platz unter dem Tank erhalten hatten und alles neu verkabelt war, folgte der erste Startversuch. Es war fast schon unheimlich – sie sprang direkt auf den zweiten beherzten Tritt an!
Hände weg vom Triple
Weiter ging’s – als Nächstes kam der Motor dran. Aufgrund der hervorragenden Vorarbeit in England konnten wir die Arbeitszeit hier stark minimieren. Der Motor der Triumph Trident wurde bereits in der Firma von Les (L. P.) Williams, seines Zeichens Manager des Triumph-Motorrad-Rennteams aus den 70ern, revidiert und in einigen Punkten verbessert. Der gute Mann kennt sich schließlich aus, da der Werksrenner „Slippery Sam“ auf einer Triumph T150 basierte und in den 1970ern viele Siege einfuhr. Also Hände weg vom Triple! Er ist vor allen Dingen dicht und leistungsstark. Vergaserseitig gab es allerdings einiges zu erledigen. Das Trio wurde komplett zerlegt, gereinigt und verschlissene Teile erneuert. Der Filterkasten wurde entfernt, sodass der Motor nun frei durch offene Trichter atmen kann. Aber wer Amal-Vergaser kennt, der weiß, dass dies nicht mal eben so nebenbei geht. Nach zusätzlichen leichten Modifikationen am Vergaser nahmen wir die komplette Vergaserbrücke samt Vergaser ab, bohrten durch die Brücke jeweils ein Loch in die Einlasskanäle und schraubten Anschlüsse für einen Synchrontester rein. Nach der Abstimmung funktioniert die Gemischaufbereitung nun deutlich besser.
Räder, Federung und Bremsen
Nächster Punkt auf der Liste: Räder, Federung und Bremsen. Die alten Felgen der Triumph Trident mussten dran glauben. Sie sahen schon sehr mitgenommen aus, sodass ich mich dafür entschied, sie zu ersetzen. Die Naben wurden demontiert, gereinigt, poliert und in schöne Akront-Hochschulterfelgen eingespeicht. Da Triumph bei der T150 erstmals eine Scheibenbremse von Lockheed einsetzte und diese doch beachtliche Vorteile gegenüber der Trommelbremse brachte, behielt ich diese weitgehend bei. Eine modifizierte Original-Bremsscheibe (gelocht) wurde montiert und der Bremszylinder durch einen baugleichen Typ aus Aluminium ersetzt. Vom anderen Ende der Stahlflex-Leitung pumpt nun eine 12-Millimeter-Magura-Kombination die Flüssigkeit zu den Bremskolben. Die vom Werk verbaute Trommelbremse hinten empfand ich als durchweg brauchbar. Lediglich der Tachoanschluss wurde vom Hinterrad entfernt, da diese Informationen ab sofort von einem Reed-Sensor am Vorderrad abgenommen werden.
Federung geht gar nicht
Was aber gar nicht ging, da waren Peter und ich uns einig, war die Federung der Triumph Trident. Die achtern montierten Jampots waren eher fürs Cruisen als für artgerechte Café Racer-Bewegung gedacht. Genauso so sah es vorn aus. Einen wirklichen spürbaren Kontakt zur Fahrbahn vermittelte die Originalgabel nicht. Dem konnten wir aber durch progressive Wilbers-Federn und eine stärkere Vorspannung entgegenwirken. Benny Wilbers durfte uns dann auch fürs Heck einen Satz seiner Blackline-Dämpfer liefern. Nach Abfrage diverser Parameter konnte er uns nach drei Wochen einen optimalen Satz angepasster Stereo-Federbeine präsentieren. Unser Rolling-Chassis samt Motor war nun fertig. Es war Zeit, einen Künstler ans Werk zu lassen – die Lady bekommt ein neues Kleid.
"Moin! Wir bringen die Triumph!"
In der Werkstatt von Friedhelm Lammers in Wietmarschen geht es nordisch-kühl zu. Ein knappes „Moin“ ertönt nach dem Hochfahren des Rolltors. „Moin! Wir bringen die Triumph Trident“, antworte ich. „Na, dann mal rein damit.“ Im Vorfeld hatte ich mich natürlich schon informiert und Friedhelm als den Geeignetsten gesehen – ihm wollte ich meine T150 anvertrauen und sollte nicht enttäuscht werden. Nachdem ich ihm meine Vorstellung geschildert hatte und er mir ein paar Entwürfe zeigte, erhielt ich nach ein paar Wochen Schrauberabstinenz einen Anruf, ich könne die Maschine wieder abholen. Sie stand bereits auf dem Hof, und als ich das auf Hochglanz polierte Aluminium an der Triumph sah, stiegen Glücksgefühle auf. Alles richtig gemacht, er hat alles zu 100 Prozent umgesetzt. Die Britin hat nun ein neues Kleid, bestehend aus einem kleinen Frontfender, einem langen Tank, der schwungvoll in den Sitzhöcker übergeht und genauso kurvig in einem Höcker mit Wespentaille endet. Ebenso raffiniert ist der Öltank mit integriertem Batteriefach gelungen. Er passt hervorragend ins Rahmendreieck. Ab nach Hause damit.
TÜV-Prüffahrt dauerte geschlagene 45 Minuten
Frisch motiviert, meine Vorstellung zu Ende zu bringen, ging es am nächsten Tag direkt weiter. Früh morgens waren ein paar Pakete angeliefert worden, sie enthielten einen Motogadget Motoscope Classic-Tacho mit Streamline-Cup, Kellermann-Blinker für vorn und hinten sowie einen Stummellenker. Diese Teile fügen sich unauffällig in das Gesamtkonzept des Racers ein. Keineswegs war hier aber nur auspacken und anschrauben angesagt. Zur Montage des Tachos und diverser anderer Anbauteile mussten erst Halterungen hergestellt werden. Mit Pappe, Bleistift und Schere wurden Entwürfe gemalt, ausgeschnitten und dann in Edelstahl oder Aluminium gesägt, gefräst, gedreht und auf Hochglanz poliert. An sehr vielen Stellen sind solche Einzelanfertigungen zu finden. Apropos Einzelanfertigung: Besonderes Augenmerk sollte man auf die Fußrastenanlage legen. Sie ist aus Aluminium gefräst und horizontal wie vertikal einstellbar. Durch die Verlegung der Rasten nach hinten musste auch das Gestänge zum Schalten und Bremsen angepasst werden – alles selbst umgesetzt. Kleine Randnotiz: Ja, alles wurde vom TÜV eingetragen! Die Triumph Trident Café Racer stand zwar zur Endabnahme geschlagene sechs Tage beim TÜV und ich musste einige Änderungen gesetzeskonform anpassen und diverse Zeichnungen, Berechnungen, Materialgutachten und Zertifikate vorlegen, aber letzten Endes habe ich den Segen des TÜV-Beamten bekommen. Seine letzte Prüf- und Testfahrt dauerte geschlagene 45 Minuten – sie hat ihm wohl Spaß gemacht...
An Bikertreffs wird sie umlagert
Die Kombination aus poliertem Alu und roter/schwarzer Farbe hat was magisch Anziehendes. Ich habe darauf geachtet, dass auch nur diese Farben zum Einsatz kamen. Die Lederarbeiten, wie etwa der Tankriemen in doppelter Farbgebung, das Sitzpolster mit roter Naht oder die Handgriffe in schwarzem Leder mit Football-Naht, entsprechen dieser Vorgabe. Ich erfreue mich jedes Mal, wenn ich mit dieser Maschine meine Runden durch das Bergische Land drehe. An allen bekannten Bikertreffs wird sie umlagert, und manchmal komme ich kaum wieder los, weil ich so viele Fragen beantworten muss. Dass Peter und ich das Projekt richtig umgesetzt haben, wurde uns 2015 bestätigt. Beim bundesweiten Café Racer-Forum-Treffen erzielte die Triumph Trident Café Racer den zweiten Platz als „aufwendigster Café Racer 2015“ und den ersten Platz als „schönster Café Racer 2015“. Well done, würde der Engländer sagen. Gelegenheit zum Bestaunen werden die Briten tatsächlich haben: Der Hauptpreis für den ersten Platz ist eine Reise zum Ace Café in London. Die Lady wird sich dort auf jeden Fall heimisch fühlen.
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