Seit 1902 baut Triumph eigene Motorräder und war schon davor als Händler und Produzent von Fahrrädern tätig. Und auch der Name Trident zierte schon vor der aktuellen 660 diverse Modelle. Tradition und Erfahrung sind also reichlich vorhanden. Ein Vorteil?
Die CFMoto 675 NK hingegen kommt ganz frisch aus dem fernen Osten zu uns nach Europa. CFMoto baut zwar schon seit 1989 Motorräder, drängt aber erst seit 2006 zunehmend auf den europäischen Markt – eine Entwicklung, die sich in den letzten Jahren wohl auch durch die Kooperation mit KTM noch beschleunigte.
Dennoch ist der chinesische Hersteller im Vergleich zum Urgestein Triumph ganz klar das Küken. Aber vielleicht ist es gerade das jugendliche Feuer, das der 675 NK zum Testsieg verhilft.
Auf den Punkt 660 cm³ und 675 cm³ Hubraum
In beider Maschinen Brust schlägt ein dreizylindriges Herz, und beide verraten schon in ihrer Modellbezeichnung die Größe ihres Hubraums: auf den Punkt 660 cm³ bei der Triumph, 675 cm³ bei der CFMoto. Leichter Hubraumvorteil also für die NK.
Und auch in Sachen Spitzenleistung liegt die Chinesin zumindest auf dem Papier vorn. Zwar bleibt sie auf unserem Prüfstand mit gut 87 PS bei 11.000/min hinter den Erwartungen zurück, die die Herstellerangabe von 90 PS schürt. Aber sie liegt damit immer noch vor der Trident, die mit gemessenen knapp 84 PS bei 10.300/min die Angabe ihres Herstellers von 81 PS leicht übertrifft.
Triumph Trident 660 geht beherzter ans Gas
Auf dem asphaltbedeckten Boden der Tatsachen sieht die Welt schon wieder anders aus. Denn trotz scheinbarem Nachteil geht die Triumph Trident 660 beim Dreh am Hahn vor allem in niedrigen und mittleren Drehzahlen beherzter ans Gas. Der Dreizack dreht freudig hoch und schiebt mit reichlich Drehmoment kräftig nach vorne.
Davon stehen ihm zwar in der Spitze mit 65 Nm ebenfalls weniger zur Verfügung als dem Antrieb der CFMoto 675 NK mit knapp 67 Nm, aber den Leistungstrumpf spielt die NK erst oberhalb der 8.000 Umdrehungen aus. Darunter liegt die Trident vorne und malt dazu eine linearere Kurve aufs Diagramm.

Diese Paarung ist das Paradebeispiel dafür, dass Spitzenleistung auf dem Papier nicht alles ist. Ja, die CFMoto 675 NK bietet mit gut 87 PS bei 11.000/min scheinbar mehr Punch als die Triumph Trident 660 mit ihren knapp 84 PS bei 10.300/min. Allerdings zieht die NK erst ab 8.000/min leistungsmäßig davon. Darunter liegt die Trident vorn und bietet ihre Power deutlich linearer. Ebenfalls geradliniger fällt ihre Drehmomentkurve aus: hier liegt sie bis 8.000/min konstant über der CFMoto, gibt sich erst danach geschlagen.
Fast wirkt es, als fehle dem Motor der CFMoto 675 NK noch ein wenig Reife. Er spricht nicht so gut an wie das Herzstück der Trident, was sich vor allem in nervigen Lastwechseln äußert.
Innerorts ist es nahezu unmöglich, die NK ruhig und ohne Kopfnicken durch die Straßen zu führen. Außerorts ist es das Ans-Gas-Gehen am Kurvenscheitel, das vor allem in flotter Gangart nicht so geschmeidig gelingt wie bei der Triumph Trident 660.
NK-Dreizylinder ruhiger und vibrationsärmer
Nun soll nicht der Eindruck entstehen, der Motor der CFMoto 675 NK sei schlecht – ganz im Gegenteil. Wie so oft ist es nur der Vergleich, der minimale Schwächen offenbart. Im Grunde macht das Triebwerk der CFMoto nämlich reichlich Laune.
Besonders am Ende des Drehzahlbandes, dort, wo er seinen Leistungsvorteil ausspielt, zündet der Dreizylinder ein Feuerwerk der Fahrdynamik. Dabei läuft er sogar noch ruhiger und vibrationsärmer als sein britisches Pendant und umspielt das Ohr des Fahrers zudem mit einem wahren Konzert an bollernd prasselndem Triple-Sound.
Kleiner Wermutstropfen: Tirol scheint aus Sicht des fernen Ostens wohl zu fern zu sein. Mit 98 dB(A) Standgeräusch sind diverse Alpenpässe für die NK tabu. Schade, denn gerade auf kurvigem Terrain zeigt die CFMoto ihre Stärken.
CFMoto 675 NK: leichtfüßiges Fahrgefühl
Ein leichter Impuls am breiten Lenker lässt die NK federleicht in Schräglage abkippen und neutral durch die Kurven huschen. So viel Handlichkeit und Agilität bescheren ein wahrlich leichtfüßiges Fahrgefühl.
Die Trident agiert da nicht ganz so flink, möchte mehr in Schräglage gedrückt werden und zeigt ein spürbares Aufstellmoment. Dafür folgt sie in Kurven sowie geradeaus etwas stabiler ihrer Linie als die NK und lässt sich auch in Schräglage nicht so leicht von Bodenwellen aus dem Tritt bringen.
In Sachen Federungskomfort nehmen sich die Kontrahenten nicht viel. Beide setzen vorne auf eine 41er-Upside-down-Gabel, die im Falle der CFMoto voll einstellbar ist. Die Gabel der Triumph Trident 660 bietet keine Individualisierungsmöglichkeiten, spricht aber etwas besser an als die Forke der CFMoto 675 NK.
Hinten dreht sich der Spieß um. Hier sind beide recht straff abgestimmt mit einem kleinen Vorteil für die CFMoto, die neben der Verstellmöglichkeit der Federvorspannung, die beide Motorräder bieten, noch die Zugstufe einstellen lässt.
Soziuskomfort auf beiden Naked Bikes gering
Über das etwas komfortablere Heck freut sich auch der Sozius. Im Zwei-Personen-Betrieb zeigt die CFMoto 675 NK zudem bessere Fahreigenschaften. Beim Thema Soziuskomfort bekleckern sich aber beide nicht mit Ruhm. Die Triumph hat das weichere Polster, bietet aber nach hinten kaum Platz. Die minimalen Griffrillen unter der Sitzbank sind nur für die Fingerspitzen gut, und der Kniewinkel fällt arg spitz aus.
Da sitzt man auf der CFMoto dank höherem Soziusthron etwas entspannter. Allerdings fällt das Platzangebot ebenfalls sehr spartanisch aus, das Polster ist sehr straff, und zum Festhalten dienen lediglich die kleinen "Winglets" am Höcker. Angesichts von mickrigen 141 kg Zuladung dürfte bei der CFMoto 675 NK allerdings ohnehin nur ein einigermaßen schlankes Paar in den Genuss der Zweisamkeit auf zwei Rädern kommen.
Entspannter geht es da auf dem Fahrersitz beider Maschinen zu. Die Sitzposition auf der CFMoto trifft einen guten Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort. Der Kniewinkel fällt auch hier offener aus als auf der Triumph, und der breite Lenker vermittelt ein angenehmes Gefühl von Kontrolle.
Größere Fahrer werden sich auf der NK zudem wohler fühlen als auf der Trident, deren Platzangebot etwas gedrungen daherkommt. Der schmale Knieschluss am Tank der Triumph fällt aber eindeutig positiv auf.
Trident 660 hat die Nase auf der Waage vorn
Bei 194 kg bleibt die Nadel auf der Skala stehen. Bei der NK hält sie erst vier Kilos später an. Um die Masse einzufangen, setzt die Chinesin auf zwei 300er-Scheiben an der Front und eine 240er am Hinterrad, die von J.Juan-Bremssätteln in die Zange genommen werden. An den Bremsen gibt es wenig auszusetzen. Ansprechender Initialbiss, gute Bremswirkung, das passt.
Die Bremsen der Trident verzögern eine Spur weniger energisch, lassen sich dafür einen Tick feiner dosieren. Die Britin verwendet zwei 310er-Scheiben vorne und eine 255er hinten, jeweils ausgestattet mit Nissin-Bremszangen. Das beschriebene Aufstellmoment zeigt sich bei ihr leider auch auf der Bremse.
Ein ganz anderes Aufstellen erfährt sie, wenn der Fahrer mit aller Wucht in die Bremse greift. Denn trotz ABS, das bei der Trident anders als bei der NK schräglagensensibel agiert, neigt die Triumph im Extremfall dazu, mit dem Heck leicht vom Boden abzuheben.
Generell fällt die Abstimmung des Blockierverhinderers nicht besonders feinfühlig aus. Damit hat auch die CFMoto zu kämpfen, deren ABS grobschlächtiger ans Werk geht.
Der Dreizack hat mehr moderne Technik an Bord
Insgesamt gerät die CFMoto 675 NK beim Thema elektronische Ausstattung etwas ins Hintertreffen. Ihr Fünf-Zoll-TFT-Display bleibt zwar ohne Tadel, bietet sogar eine Reifendruck- und Reifentemperaturanzeige sowie Connectivity-Features.
Aber ABS und Traktionskontrolle arbeiten nicht schräglagenabhängig, es gibt keine wählbaren Fahrmodi, und der Quickshifter lässt die Kupplungshand nur beim Hochschalten ruhen, was runterwärts dank herrlich leichtgängiger Kupplung aber kein Problem ist.
Immerhin schaltet das Getriebe der NK etwas präziser als das der Triumph Trident 660, das sich trotz Quickshifter und Blipper geradezu teigig anfühlt.
Der Dreizack hat mehr moderne Technik an Bord und legt 2025 sogar noch mal nach. Zur Serienausstattung zählen seitdem unter anderem der erwähnte Quickshifter, ein Tempomat und der neue Fahrmodus Sport, zusätzlich zu den bereits davor verfügbaren Modi Road und Rain. Im neuen Modus geht die Trident allerdings fast schon zu direkt ans Gas. In Road dagegen greift die schräglagensensible Traktionskontrolle recht früh ein.
Auch bei der Triumph kann das Smartphone, falls gewünscht, mit dem Fahrzeug verbunden werden. Im Cockpit gibt sich die Triumph etwas klassischer mit einem Kombi-Instrument aus LC-Display und TFT-Anzeige, verpackt in ein schickes rundes Gehäuse – zweckmäßig und grundsätzlich in Ordnung, aber warum kein komplettes TFT-Runddisplay?
675 NK und Trident 660 im Preisvergleich
Und beim Preis? Da zeigt sich das mittlerweile gewohnte Bild, wenn Motorräder aus China gegen europäische oder auch japanische Modelle antreten. Die CFMoto ist mit 6.999 Euro Basispreis (zzgl. Nebenkosten) vergleichsweise günstig.
Die Triumph schlägt mit 8.295 Euro Basispreis ein deutlich tieferes Loch in den Geldbeutel. Die 150 Euro Unterschied zum Preis unseres Testfahrzeugs bescheren der Trident ihr hübscher gelber Anstrich.
Doch nach dem Kauf ist vor der Inspektion, und die wird bei der NK deutlich früher und häufiger fällig als bei der Triumph Trident 660. Zudem genehmigt sie sich mit 4,8 l gegenüber den 4,1/100 km der Triumph einen ordentlichen Schluck mehr.
Insgesamt belastet die CFMoto im Unterhalt das Budget etwas stärker, was den günstigen Anschaffungspreis auf Dauer relativiert.





