MOTORRAD: Wie kam es zur Idee der e-Schwalbe?
Thomas Martin: Das Projekt wurde 2009 von der Entega, einem Anbieter von Öko-Strom, initiiert. Dieses Unternehmen hatte bereits in groß angelegten Versuchen den Alltagseinsatz von Elektrorollern getestet. Man war aber mit dem technischen Stand der Fahrzeuge nicht zufrieden, vor allem Fahrstabilität und Reichweite waren verbesserungswürdig. So holte man den renommierten Automobilzulieferer Xtronic aus Baden-Württemberg als technischen Berater dazu.
Daniel Schmid: Dort hatten dann Dr. Leich und ich die Idee, statt existierender E-Fahrzeuge lieber den Kult-Roller Schwalbe wieder aufleben zu lassen. Weil Entega für sauber erzeugten Strom steht, kam ein Verbrennungsmotor nicht in Frage. Wir wollten E-Mobilität mit einem sexy Faktor verbinden: der Tradition als Sahnehäubchen. Gut gemachter Retro-Style kann richtig gut ankommen, wie die Autos Mini und Fiat 500 beweisen. Da kommt die Emotionalität allein schon durch die Optik.
MOTORRAD: Doch bei aller Liebe, die e-Schwalbe ist deutlich teurer als herkömmliche Roller.
Dr. Andreas Leich: Aber nur was den reinen Anschaffungspreis angeht. Durch den geringen Energieverbrauch der e-Schwalbe liegen die reinen Stromkosten bei nur rund 75 Cent je 100 Kilometer. Auch die Wartungskosten sind gering. Die Kosten für die Akkus eingerechnet, kosten 100 Kilometer nur etwa drei Euro, bei einem Verbrenner sind es locker fünf Euro. Und Akkus werden langfristig günstiger werden, die Benzinpreise dagegen steigen.
Thomas Martin: Außerdem ist die e-Schwalbe ein hochwertiges deutsches Qualitätserzeugnis aus einer kleinen, nach ISO 9001 zertifizierten Manufaktur: Die efw-Suhl GmbH wurde im September 2010 gegründet. Unser Roller ist langlebig konzipiert, auf rund 12 Jahre durchschnittliche Lebens-/Nutzungsdauer. Und zum umweltfreundlichen Fahrzeug gehört für uns auch eine saubere Produktion. Daher vermeiden wir chinesische Zulieferer und kompensieren das bei der Produktion – auch der einzelnen Komponenten – anfallende CO2 mit dem Pflanzen von Bäumen in Kanada.
MOTORRAD: Sollte der Verkauf der e-Schwalbe nicht bereits 2011 starten?
Dr. Andreas Leich: Die Markteinführung hat sich aus drei Gründen verzögert. Zum einen setzen wir auf europäische Zulieferer. Die wurden aber von der Wirtschaftskrise 2009 besonders hart getroffen, was Bestellungen und Absprachen erschwerte. Zum anderen brauchen starke E-Motoren Metalle der "seltenen Erden", etwa Neodynium für den Permanentmagneten. Deren Preise haben sich 2011 verdreifacht. Wir haben daher den Motor so umkonstruiert, dass er mit 40 Prozent weniger Neodynium auskommt. Das eigentliche Nadelöhr sind notwendige Halbleiter für die Steuergeräte: Da hat der Tsunami in Japan ganze Fabriken weggespült, so dass man an die Bauteile nicht heran kommt.
MOTORRAD: Hätte der neuen Schwalbe nicht wie beim Urahn eine Karosserie aus Blech gut gestanden?
Daniel Schmid: Metall hätte noch mehr Werkzeugkosten verursacht und das Gewicht vergrößert. Außerdem wäre dann Lackieren und eventuell auch Vollverzinken notwendig geworden, was den Preis erhöht hätte. Wir haben uns daher für wenig kratzempfindlichen, durchgefärbten Kunststoff entschieden.
MOTORRAD: Wie sollen Vertrieb und Verkauf starten?
Daniel Schmid: Dadurch, dass Entega mit im Boot ist, haben wir finanziell einen langen Atem. Wir wollen im Dezember 2011 mit der Serienproduktion beginnen und peilen für das erste Jahr 1000 Fahrzeuge an.
Thomas Martin: Wenn nichts mehr dazwischen kommt, sind wir Anfang 2012 im Markt. Mit interessierten Händlern laufen Gespräche, flächendeckend kommen welche auf uns zu. Obwohl wir Probefahrten erst ab Frühjahr 2012 anbieten können, gibt es bereits eine Datenbank mit potenziellen Kunden. Die Resonanz ist groß, Reservierungen nehmen wir unter www.e-Schwalbe.de entgegen – von Leuten, die dann auch bevorzugt beliefert werden. Der nächste e-Schwalbe Händler kann in Kürze über die Händlersuche gefunden werden.
Dr. Andreas Leich: Beim Kauf einer e-Schwalbe soll es nach Wahl einen Ökostrom-Vertrag von Entega mit besonderen Konditionen dazugeben. Aber der Verkauf ist daran nicht exklusiv gekoppelt. Man darf unser Produkt auch mit Atomstrom fahren, selbst wenn wir das nicht gut finden.