Muss eine nackte 600er langweilig aussehen? Nein. Kann ein alltagstauglich getrimmter Sportmotor Anfänger und Könner gleichermaßen begeistern? Ja. Der Beweis: Honda Hornet.
Hochgelegter Auspuff, völlig überdimensionierter 180er-Reifen auf der Hinterhand, noch unpassenderer 130er fürs Vorderrad, kein Gepäckträger, kein Hauptständer, dafür 96 PS aus einem halbwegs domestizierten Sportmotor - gab es 1998 eine unvernünftigere Möglichkeit, um gegen die Mitelklasse-Platzhirsche Suzuki Bandit und Yamaha Fazer anstinken zu wollen? Nein. Und genau das honorierten die Motorrad fahrenden Augenmenschen und Genießer in Frankreich und Italien. Dort wurde Hondas kleine Hornisse auf Anhieb zum absoluten Bestseller. Im vernunftbetonten Deutschland reichte es dagegen nur für Platz 25, natürlich weit hinter Bandit und Fazer. Unterm Strich geriet die Hornet aber zu einem gesamteuropäischen Erfolgsmodell, was Honda dazu bewog, dem wieselflinken Spaßmobil die Treue zu halten und ihm regelmäßig feinste Modellpflege zu gönnen. So flog der das Fahrverhalten ruinierende 16-Zöller bereits 2000 raus, die anfangs ziemlisch lasche Bremse wurde im gleichen Jahr deutlich bissfester. Okay, einen Irrweg gab es auch: Die Halbschale der Hornet S erhöhte zwar den Komfort, passte mit ihrer ganzen Biederkeit aber nicht zum munteren Rest - und wurde wieder aus dem Programm genommen.
Wer Komfort wollte, konnte CBF kaufen, die Hornet wurde von Jahr zu Jahr schärfer. 2003 dynamisierte Honda die Hornet nochmals deutlich und erfand sie 2007 sogar praktisch neu. Mit dem Motor der damals aktuellen CBR 600 RR, einem komplett neuen Rahmen und einer noch frecheren Verpackung blieb sie in Südeuropa auf Erfolgskurs. Und konnte im verschnarchten Deutschland immerhin mit ABS bestellt werden.
Tests in MOTORRAD:
6/98 (T), 9/1998, 7/00, 8/00, 26/00, 7/01, 9/01, 19/02 (jeweils VT), 22/02 (GK), 10/03 (VT), 13/03 (TT), 2/04, 9/04, 22/05, 8/07, 11/07, 20/07, 24/07, 08/09, 18/09 (jeweils VT)
T=Test, VT=Vergleichstest, GK=Gebrauchtkauf, TT=Top-TestNachbestellungen unter Telefon 0711/182-1229
Internet:
Fansites: www.hornet-home.de (viel Technik; nettes Forum; nicht immer ganz aktuell, speziell bei den Links); www.hondahornet.co.uk (englisch, ausführlich)
Gebrauchtangebote: www.1000ps.de/gebrauchte-motorraeder
Besichtigung
Der Hornet-Gebrauchtkäufer hat zwei natürliche Vorbesitzer-Feinde. Erstens: den militanten Streetfighter-Umbauer, der eigentlich gern ein größeres Kaliber auf böse getrimmt hätte, mangels Masse aber zur 600er-Hornet greifen musste. Entsprechend "rustikal" und auch nicht zwingend StVZO-konform fallen manche Umbaumaßnahmen aus. Zweitens: den unbedarften Fahranfänger, der nicht zuletzt aus Sitzhöhengründen gern zur Hornet greift und dann ab und an den Göttern der Schwerkraft und Geschwindigkeit opfert. Vorzeitiger Kupplungs-Exitus? Wahrlich kein Honda-Thema, bei liebevoll gequälten 34-PS-Eisen aber nicht so ungewöhnlich. Bleibt der an dieser Stelle gern und oft gegebene Rat: möglichst original und mit offener Leistung kaufen. Dann sind sogar sechsstellige Kilometerleistungen ohne Motor-Revision machbar. Vereinzelt Rost an der unteren Gabelbrücke? Mit den Jahren hakig werdende Zündschlösser? Kann alles passieren, muss aber nicht - und sind auch keine wirklichen Probleme. Problem-Potenzial beim TÜV: ein ohne Eintrag in die Papiere von 16 auf 17 Zoll umgerüstetes Vorderrad (Modell 1998/1999). Prüfen!
Marktsituation
Gebrauchte Hornets haben oft einen Migrations-Hintergrund, denn während in Deutschland offiziell rund 20500 Stück landeten, verkaufte Honda knapp 50000 Hornets in Frankreich und sogar über 90000 in Italien. Nicht wenige davon rollten zwischenzeitlich Richtung Osten (speziell Polen) und werden nun in deutschen Internet-Börsen angeboten. Alles kein Problem - wenn der Händler seriös, die Historie klar nachvollziehbar und die Zahlungsabwicklung eindeutig geklärt ist. Die Hornet-Welt beginnt knapp unter 2000 Euro für technisch einigermaßen fitte, ansonsten aber nicht mehr sehr leckere Erstauflagen. Ab 3000 Euro sind mit etwas Glück hübsche Rundum-sorglos-Pakete zu bekommen; wer 4000 Euro ausgeben kann, findet bereits PC41-Angebote. Für ABS-Modelle sind rund 500 Euro mehr zu zahlen. 2009er-/2010er-Vorführmodelle mit wenig Kilometern und ABS gibt es ab 6500 Euro; 2010er-Tageszulassungen mit null Kilometern ab 6900 Euro.
Verfügbarkeit am Markt: sehr hoch
Preisniveau in Euro | Baujahre | Km-Stand | Niedrig 1700-2900 | 1998-2004 | 25000-40000 |
Mittel 3000-4200 | 2000-2007 | 15000-25000 | Hoch 4300-6500 | 2005-2010 | 2000-20000 |
Typ | im Programm | Zulassungen |
PC34 | 1998-2002 | 13040 | PC36 | 2003-2006 | 3746 |
PC41 | 2007-2010 | ca. 3800 |
Technische Daten
Die Erstauflage startet 1998 mit 16-Zoll-Vorderrad, einfachem Rundscheinwerfer und dem Motor der PC31.
Motor:
Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei oben liegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Katalysator, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub 67 x 42,5 mm
Hubraum 599 cm³
Nennleistung 75 kW (102 PS) bei 12000/min
Max. Drehmoment 64 Nm bei 10500/min
Fahrwerk:
Zentralrohrrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Verbundbremse (bei ABS).
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Maße und Gewichte:
Radstand 1435 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 99 mm, Federweg v/h 120/128 mm, Sitzhöhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 207 kg, Zuladung* 179 kg, Tankinhalt 19 Liter.
Messungen (MOTORRAD 8/2007):
Höchstgeschwindigkeit** 230 km/h
Beschleunigung
0-100 km/h 3,5 sek
0-200 km/h 15,2 sek
Durchzug
60-140 km/h 10,8 sek
Verbrauch
4,4 l/100 km (Landstraße); 6,5 l/100 km (bei 130 km/h)
*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangabe
Modellgeschichte
Veränderte Rahmenbedingungen ab 2007: Der neue Motor steckt in einem völlig neuen Rahmen - Aluguss statt Stahlprofil als Zentralrohr.
1998 Debüt Hornet 600 . Neupreis 6334,90 Euro, Zulassungen in D: 2752 Stück.
1999 Zulassungen: 2264 Stück.2000 17- statt 16-Zoll-Vorderrad; Vorderradbremse überarbeitet; elektronisches Cockpit; digitales Zündsystem; poliertes Auspuffrohr; Markteinführung Hornet 600 S. 6370/6754,17 Euro, Zulassungen: 3163 Stück.
2001 6999,59/7383,05 Euro, Zulassungen in D: 2991 Stück.
2002 Bremsscheibenträger in Gold. 7215/7595 Euro, Zulassungen: 1870 Stück.
2003 Neues Design (Tank, Sitz, Scheinwerfer, Seitenverkleidung); geändertes Fahrwerk; neuer Auspuff mit Kat; Cockpit überarbeitet. 7190/7440 Euro, Zulassungen: 1892 Stück.
2004 Letztes Modelljahr Hornet 600 S. Zulassungen: 606 Stück.
2005 Upside-down-Gabel; Cockpit überarbeitet; Miniverkleidung über Scheinwerfer; neues Sitz-Design. Zulassungen: 928 Stück.
2006 Zulassungen: 320 Stück.
2007 Neues Design; Einspritzmotor; Alurahmen; 19-Liter-Tank; ABS optional; Wegfahrsperre. 7490 Euro, Zulassungen: 1289 Stück.
2008 Zulassungen: 956 Stück.
2009 7690 Euro, Zulassungen: 778 Stück.
2010 7890 Euro, Zulassungen: 674 Stück (bis 10/2010).
Gebrauchte Honda Hornet 600 in Deutschland
Gebrauchte Honda Hornet 600 gibt es in Deutschland viele.
Die Honda Hornet 600, auch CB 600 F genannt, war für viele Jahre ein beliebtes Naked Bike der Mittelklasse, was man am Gebrauchtmarkt noch heute spürt. Gebrauchte Hornet 600 sind massig verfügbar und beginnen bereits sehr günstig. Hier ein aktueller Preisvergleich: gebrauchte Honda Hornet 600 in Deutschland.
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