Praxistest: Benzinverbrauch

Praxistest: Benzinverbrauch Verbrauchsberatung

Arbeit macht durstig. Das gilt für Mensch und Maschine. Und wirft Fragen auf: Wie viel Sprit kostet der Spaß auf der Straße, und wie viel lässt sich durch verhaltene Fahrweise sparen?

Sind wir Motorradfahrer die Umweltsünder auf der Straße? Nein, sind wir nicht, wie MOTORRAD bereits in Ausgabe 17/2008 gezeigt hat. Moderne Motorräder konsumieren vor allem angesichts ihrer Fahrdynamik und Leistung weniger als die meisten Autos. Und sind dank geregelter Katalysatoren schon längst keine Dreckschleudern mehr.

Trotzdem ist auch unter Bikern das Thema Benzinverbrauch immer mehr in die Diskussion gekommen. Denn abgesehen von der Umwelt geht es ja auch ums Geld. Zurzeit sind die Benzinpreise zwar recht mäßig, das kann und wird aber morgen schon anders sein. Wie viel ein Motorrad von dem kostbaren Saft konsumiert, hängt von vielen Faktoren ab. Sicher von Leistung und Hubraum, auch von Mapping oder Fahrzeuggewicht. Doch in entscheidendem Maß von äußeren Einflüssen, etwa von der Fahrweise und den Fahrbedingungen.

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Um ein paar Fakten beizusteuern, ging MOTORRAD mit vier Motorrädern, die unterschiedlicher kaum sein können, auf gemeinsame Ausfahrt. Zunächst die beiden Abstinenzler, nämlich die Kawasaki Ninja 250 R, die das preisgünstige und genügsame Einsteigermotorrad verkörpert, und die BMW F 800 R, mit 87 PS definitiv nicht untermotorisiert und eines der sparsamsten Bikes in allen bisherigen Tests. Dem gegenüber stehen die beiden Säufer, einerseits die Benelli TNT 1130 Sport Evo, die bei Bedarf italienisch-theatralisch 129 Pferdchen ans Hinterrad schickt, die Zweirad gewordene Sünde. Bei der ersten Generation ging der Sprit bald schneller hinten raus, als er vorne nachgefüllt werden konnte. Benelli hat nachgebessert, bislang aber mit mäßigem Erfolg. Mal schauen, ob die evo(lutione) auch eco(nomia) kann. Andererseits als Gipfel der Unvernunft die Yamaha Vmax. Mehr Motorrad ist diesseits von Boss Hoss kaum vorstellbar. 1,7 Liter Hubraum, zweihundert PS, 187 Newtonmeter, 314 Kilo vollgetankt. Von denen aber nur zirka 11,5 kg für den Tankinhalt stehen, was umgerechnet 15 Litern entspricht.

Diese vier Kandidaten wurden gemeinsam mit unterschiedlichen Vorgaben auf verschiedene Strecken geschickt, um zu klären, was in puncto Benzinkonsum nach unten oder oben geht. Den Auftakt machte ein über 100 Kilometer langer Landstraßenkurs, der zunächst mit überaus defensiver Fahrweise bewältigt wird. Das heißt, früh hochschalten, Gasgriff nur streicheln, Bremse nur im Notfall benutzen und vor allem: keine Geschwindigkeitsexzesse. Eben die genießerische Art der Fortbewegung, die durchaus ihre Reize hat. Man vermeidet Stress, sieht viel von der Landschaft und schont die Nerven.

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Noch fahren sie, aber alle müssen an die Tanke - früher oder später

Diese zurückhaltende Fahrweise wird auf den vier Testmaschinen völlig unterschiedlich erlebt. Der kleine Kawa-Twin geht auch im sechsten Gang locker durchs Dorf und läuft kultiviert und leise. Dass am Ortsausgang nichts kommt, macht nix, wir sparen ja schließlich. Die BMW erledigt diese Übung mit stoischem Pflichtbewusstsein. Nur bei ganz niedrigen Drehzahlen hackt der Twin mal auf der Kette. Dann heißt es Gasgriff noch weiter zurückdrehen, oder vielleicht doch ausnahmsweise einen Gang zurückschalten.

Derweil hat der Benelli-Mann nichts zu lachen. Gleich einem Araberhengst, den man zum Voltigieren angeleint hat, gebärdet sich der Dreizylinder zickig, geht ruppig ans Gas, hackt nervös auf der Kette herum. Jeder Verbrennungstakt eine Aufforderung zum Gasgeben. Belohnt wird die mühselige Zähmung des Biests allerdings nicht: Der Triple begießt seinen Kummer mit happigen 7,09 Litern pro 100 Kilometer. Die BMW schafft die selbe Strecke mit 3,88 Litern/100 km, das nennt man effektive Ausnutzung des Brennstoffs. Die Kawa bleibt mit 3,75 Liter/100 km nur knapp darunter. Und die Vmax?

Kippt sich satte 7,45 Liter hinter die Binde, und erntet doch Verständnis. Selbst - oder gerade - im Bummeltempo schmeichelt der gewaltige V4 dem Fahrer, lässt ihn auf einem Klangteppich genüsslich dahingleiten. Gang? Total egal. Das Ding fährt zur Not auch im Fünften los.

Die härteste Prüfung für die Freunde sportlicher Fortbewegung folgt aber noch, nämlich der Autobahnverbrauch bei Tempo 100 km/h. Sogar auf der Kawa muss der größte Teil der Aufmerksamkeit darauf verwendet werden, die Tachonadel im Auge zu behalten. Sobald man sich auch nur kurze Zeit anderen Dingen wie zum Beispiel dem Verkehr widmet, strebt der Zeiger nach Höherem. Das Problem wird mit steigender Leistung naturgemäß nicht kleiner, und so sind alle Beteiligten heilfroh, als diese Etappe überwunden ist. Zur Belohnung gibt es die niedrigsten Verbräuche (siehe Tabelle). Denn der meiste Treibstoff wird schließlich während der Beschleunigung verbrannt - und die gibt es bei Tempo 100 auf der Autobahn ja kaum. Daher nähern sich die Durchschnittswerte hier etwas weiter an, die Tendenz bleibt jedoch die gleiche. Benelli und Yamaha sparen zwar jeweils rund einen Liter, liegen aber immer noch mit großem Abstand über Kawasaki und BMW.

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Doch je höher die Drehzahlen, desto eher wird der der Tankstop unumgänglich

Mal schauen, wie das bei freier Fahrt aussieht. Also Gas auf und volle Pulle, sofern das der Verkehr erlaubt. Schnell löst sich die Gruppe aufgrund der Leistungsunterschiede auf. Vollgas heißt bei der Ninja 250 auf dem Tacho immerhin 180 bis 190 km/h. Ein beachtlicher Wert für den kleinen grünen Flitzer. Trotzdem sind Vmax und F 800 nach wenigen Minuten bereits nur noch kleine Punkte am Horizont, mit Topspeed 230 beziehungsweise 210 km/h können sie das TDI-Tempo der linken Spur locker mitgehen. Bei der TnT stehen sogar italienisch optimistische 270 km/h auf dem Tacho. Wieviel das in Wirklichkeit ist, spielt keine Rolle: Auf jeden Fall genug, es zieht und zerrt gewaltig. Als erste signalisiert die gelbe Warnleuchte bei der Yamaha schon nach 80 Kilometern den bevorstehenden Kraftstoffmangel. 14,25 Liter/100 km Durchschnittsverbrauch liegen locker auf Pkw-Niveau.

Aber solche Werte sind im realen Alltag eher akademisch. Denn üblicherweise läßt man es doch lieber auf der Landstraße laufen. Etwa auf einem bergigen Rundkurs mit vielen Spitzkehren. Wobei hier definitiv kein Wettrennen gemeint ist, sondern beschwingtes Treibenlassen. Bei der Vmax heißt das Surfen auf der Drehmomentwoge, die Benelli schreit sich ihre Lebenslust und Drehfreude heraus und macht am Kurvenausgang hin und wieder Männchen. Die BMW macht das Leistungsmanko durch leichteres Handling wett. Die Kawa verliert besonders am Berg mitunter den Anschluss, stellt ihn aber aber auf der Ebene leicht wieder her. Wie gesagt, wir rennen nicht wett.

Essenz: Im Vergleich zur Schleichfahrt steigt der Verbrauch nur um rund 15 Prozent, der Spaß jedoch um mindestens 100 Prozent. Schön also, wenn Effizienz so viel Freude bereiten kann. Und das zeigt der Vergleich außerdem: Durstige Bikes sind unter allen Bedingungen durstig, während genügsame auch bei zügiger Fahrt genügsam mit dem kostbaren Nass umgehen.

Benelli TNT 1130 Sport Evo

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Das Urtier: Die Benelli definiert sich primär über ihren Dreizylinder: stark, mächtig, ungeschliffen. Bei Bedarf brutal, stets gierig und ready to race, niemals langweilig und immer durstig. Langsam fahren ist eine Strafe für Mensch und Maschine.


Daten:
Hubraum 1131 cm³, Nennleistung 95,0 kW (129 PS) bei 8500/min, Max. Drehmoment 110 Nm bei 5250/min, Gewicht vollgetankt 221 kg, Tankinhalt/Reserve 16,0/5,0 Liter.

Preis Testmotorrad:
13 990 Euro, NK ca. 250 Euro

Verbrauch in l/100km:
Landstraße Sparmodus:  7,09
Autobahn:                     5,85
Landstraße Spaß:           8,02
Autobahn Vollgas:          11,10
Berg und Tal:                 7,09

Reichweite:
Maximal:                       274 km
Minimal:                        144 km

BMW F 800 R

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Das Haustier: Klingt abwertend, ist es aber nicht. Die BMW kann alles, reisen und rasen, bummeln und ballern, allein oder zu zweit, Abendrunde oder Alpe


Daten:
Hubraum 798 cm³, Nennleistung 64,0 kW (87 PS) bei 8000/min, Max. Drehmoment 86 Nm bei 6000/min, Gewicht vollgetankt 205 kg, Tankinhalt/Reserve 16,0/4,0 Liter.

Preis Testmotorrad:

9205 Euro, NK ca. 264 Euro

Verbrauch in l/100km:
Landstraße Sparmodus:  3,88
Autobahn:                     3,78
Landstraße Spaß:           4,30
Autobahn Vollgas:          9,32
Berg und Tal:                 5,01

Reichweite:
Maximal:                       423 km
Minimal:                        172 km

Kawasaki Ninja 250 R

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Das Kleintier: Scheint in diesem Feld etwas fehl am Platz. Doch Obacht: Außer bei Autobahn-Vollgas ist die kleine Grüne kaum abzuschütteln. Vorausgesetzt, der Fahrer hält die Drehzahl immer tief im fünfstelligen Bereich. Was sich weniger auf den Verbrauch auswirkt als auf die Herzfrequenz.


Daten:
Hubraum 249 cm³, Nennleistung 24,0 kW (33 PS) bei 11000/min, Max. Drehmoment 22 Nm bei 8200/min, Gewicht vollgetankt 172 kg, Tankinhalt 17,0 Liter.

Preis:
4595 Euro, Nebenkosten ca. 150 Euro

Verbrauch in l/100km:
Landstraße Sparmodus:  3,78
Autobahn:                     3,60
Landstraße Spaß:           4,13
Autobahn Vollgas:          6,42
Berg und Tal:                 5,92

Reichweite:
Maximal:                       472 km
Minimal:                        265 km

Yamaha VMax

jkuenstle.de

Das Untier: Was bei den Dinos das Hirn, ist bei der Vmax der Tank. Zu klein im Verhältnis zum Rest des Körpers. Was im Ernstfall schon nach 100 Kilometern zu akuter Trockenheit führt. Die sind dann aber an Fahrfreude und Monumentalität kaum zu überbieten. Trotz aller Gewalt ein sanfter Riese.


Daten:
Hubraum 1680 cm³, Nennleistung 147,2 kW (200 PS) bei 9000/min, Max. Drehmoment 167 Nm bei 6500/min, Gewicht vollgetankt 314 kg, Tankinhalt 15,0 Liter.

Preis:
19750 Euro, Nebenkosten ca. 205 Euro

Verbrauch in l/100km:
Landstraße Sparmodus:  7,42
Autobahn:                     6,53
Landstraße Spaß:           8,67
Autobahn Vollgas:          14,25
Berg und Tal:                 8,60

Reichweite:
Maximal:                       230 km
Minimal:                        105 km

Fahrspaß trotz Spargas

Künstle
Wer alles gibt, braucht kein Messer zwischen den Zähnen, aber stets eine Tankstelle in Reichweite

Stellt man ständig die Drosselklappen auf Durchzug, nimmt man hohen Benzinverbrauch in Kauf. Doch Fahrspaß kann auch sparsam sein.


Kaltstart:

Gleich nach dem Anlassen mit niedriger Drehzahl losfahren. Die ersten Kilometer früh hochschalten, das senkt Verbrauch und Verschleiß.


Drehzahlen:
Hohe Drehzahlen bedeuten hohen Verbrauch. Also so oft es geht, im höchstmöglichen Gang fahren. Lieber im größeren Gang mit niederer Drehzahl beschleunigen als im kleineren mit hoher. Außer beim Überholen, da geht die Sicherheit vor: dann so schnell wie möglich vorbei.


Runder Fahrstil:

Häufiges Bremsen und Beschleunigen kostet Energie, besser gleichmäßig und im Bereich des maximalen Drehmoments fahren, als im fünfstelligen Drehzahl-Bereich durch die Kurven kreischen. Eine saubere Linie ist sicher und kann sparsam sein.


Fahrwiderstände:
Auf korrekten Luftdruck achten. Bei längeren und schnellen Autobahnetappen Luftdruck aufs maximal Zulässige erhöhen. Auf der Landstraße dagegen für beste Eigendämpfung und Haftung auf die dafür empfohlenen Werte absenken. Flatterjacken sind aerodynamisch sehr ungünstig. Und momentan nicht benötigte Koffer und Topcases kosten ebenfalls Sprit.


Antriebskette:
Falsch gespannt, schlecht geschmiert, verrostet, verschlissen? Kostet alles Sprit.


Motor:
Uralte Zündkerzen, verdreckte Luftfilter oder falsch justierte Ventile fressen Benzin. Bei älteren Modellen lohnt es sich, auf die Synchronisation der Vergaser und die einwandfreie Funktion des Chokes zu achten.


Autobahn:
Doppeltes Tempo bedeutet vierfachen Luftwiderstand und noch höheren Leistungs-bedarf! Alles bei entsprechend gesteigertem Verbrauch. Einem 1000er-Supersportler reichen für 120 km/h rund 15 PS am Hinterrad. Für Tempo 240 braucht er schon rund 90 PS. Also einfach runter vom Gas.

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