Ein Schauspiel in drei Akten. Hauptdarsteller: eine Dose Hochglanzpolitur, eine paar Dosen Bier, ein Polier-Set und ein von naiver Schrauberromantik getriebener Heimwerker. Handlung:
Der Heimwerker möchte erblinden, aufblühen und wenig ansehnlichen Ventildeckeln einer Honda CX 500 C zu Hochglanz verhelfen. Während meditativen Polierens in einsamer Hobbywerkstatt erkennt der Protagonist zunehmend, dass diese Kunst der Metallbearbeitung nicht getreu dem Motto "Polieren geht über Studieren" funktioniert. Am Ende findet er seine Meister.
Erster Akt: Polierwatte

Eine Dose "Kult-Hochglanzpolitur" (Werbetext) wandert bei Louis für 6,95 Euro über die Ladentheke. Keine nennenswerte Investition. Mit dem genialen Zeug hat der Heimwerker schon vielen von Kettenfett und Konsorten übel verratzten Felgen zu neuem Glanz verholfen. Jetzt hingegen, bei den Ventildeckeln, ist das Ergebnis anders. Er wienert, bis die Finger fast abbrechen, aber die Deckel sehen kaum besser aus.
Eine Bierdosenlänge später (rund 30 Minuten) verlegt er sich auf eine kleine Fläche von rund drei Quadratzentimetern und poliert, was das Zeug hält. Tatsächlich: Jetzt glänzt es. Aber die Hand ist mittlerweile so steif und verkrampft, dass das Öffnen einer weiteren Bierdose medizinisch kaum vertretbar wäre. Was der Mann übersehen und überlesen hatte: Die mit Reinigungs- und Konservierungsmitteln getränkte Putzwatte ist sehr gut zur Reinigung und Pflege von hochglanzpolierten Teilen geeignet, beinhaltet jedoch keine Schleifteilchen. Stark ermatteten Teilen ist damit also nicht beizukommen.
Zweiter Akt: Das "Checker-Set"

"Idiot, die Deckel sind doch lackiert, das musste vorschleifen", erläutert tags darauf ein Kollege und schließt ausschweifend an, wie clevere Hobbypolierer es besser machen. Nur maschinenunterstützt ans Werk gehen und überhaupt. "Nix da Wattebäuschchen, du brauchst ordentlich Drehzahl, Mann!" Der Heimwerker will die Gardinenpredigt gar nicht hören, verabschiedet sich und besorgt Schleifpapier.
Bei Louis wird das achtteilige Polier-Set "De Luxe" für 24,95 Euro angepriesen. "Top-Seller, da kann ja nichts schiefgehen", denkt der Heimwerker. Pffft, zisch - es dauert mindestens eine Bierdosenlänge, eher zwei, bis die ursprünglich schützende (mit den Jahren aber marode) Klarlackschicht, unter der das Alu blüht, entfernt ist. Sorgenvoll blickt der Protagonist auf die entstandenen Schleifspuren - gehen die jemals wieder weg? Endlich kommt die Bohrmaschine zum Einsatz. In der Set-Beschreibung steht allerdings: "Leider wird das Lager des Bohrmaschinenfutters in Mitleidenschaft gezogen. Verwenden Sie also besser eine ältere, weniger wertvolle Bohrmaschine." Der Heimwerker entscheidet, dass die 08/15-Bosch passt, spannt sie fest im Schraubstock ein und legt los. Die im Set mitgelieferten Schutzbrille und Staubmaske lässt er grob fahrlässig links liegen. Doch Sekunden später wirbeln Flusen und Staub im ganzen Raum herum. Und im Polierwachs verstecken sich feine schleifende Substanzen, die das Metall zwar glänzen, die Lunge hingegen ergrauen lassen. Hustend legt der Mann doch Maske und Brille und zusätzlich noch einen alten Overall an.
Weiter geht es. Er hält das Werkstück wechselweise um 90 Grad gedreht an die Schleifscheibe, tränkt die Sisal- und Baumwollscheiben regelmäßig mit Wachs und sichert sorgsam das Werkstück fest mit beiden Händen gegen gefährliches Abrutschen. Recht so. Die Schleifspuren verschwinden langsam. Eine zugestaubte Bierdose später betrachtet er der Mühe Lohn: Das erblindete Aluminium strahlt wieder, ist aber vom versprochenen "Showroom-Look" noch weit entfernt. Nach einer weiteren Stunde sieht ein Deckel ganz passabel aus, die Werkstatt indes wie die Sau, und die Schleif- und Polierpasten sind fast aufgebraucht. Nur bedingt glücklich schlummert unser Held ein.
Dritter Akt: Ab zum Profi

"Vollidiot, eine Standard-Bohrmaschine bringt doch gar nichts." Wieder der nette Kollege. Der Heimwerker wird belehrt: Dass die Bohrmaschine mindestens 2000 Umdrehungen leisten sollte, denn poliert wird nicht mit Kraft, sondern vornehmlich mit Geschwindigkeit. Dass Profis teure Profigeräte benutzen, und ein Multischleifer wie ein Dremel mit speziellen Polieraufsätzen (ab 100 Euro) bei schwer zugänglichen Stellen wie Sicken oder Rippen ein Muss ist. Außerdem hätten Profis ein ganzes Repertoire an Polierscheiben mit Durchmessern wie eine große Pizza und passend dazu diverse Pasten, die je nach Metall, Oberflächenvergütung und Zustand des Werkstücks zum Einsatz kommen. Und schließlich bekämen nur wahre Meister mit jahrelanger Erfahrung Metalloberflächen absolut plan.
Der Heimwerker betrachtet die kleinen Wellen und Macken auf dem von ihm aufbereiteten Deckel. Er greift zum Branchenverzeichnis. Kurz darauf steht er im Stuttgarter Rotlichtviertel. Oben in den Räumen bieten leichte Damen ihre Dienste an, unten im Keller schleifen und polieren die Gebrüder Maiwald in einer hutzeligen Meister-Eder-Werkstatt leichtes Metall. Seit 45 Jahren schon. Statt Pumuckl finden sich einige hochglänzende Aluteile eines Honda-Youngtimers auf der Werkbank. Drei Tage später sind beide Deckel fertig - geschliffen, gebürstet, hochglanzpoliert. Jawohl, so sieht "Showroom-Look" aus! Akkurat. Perfekt.
50 Minuten haben die Brüder für beide Deckel benötigt, und 50 Euro verlangen sie für ihre Arbeit. Im Vergleich zur Anschaffung von eigenen Bordmitteln, die der Heimwerker für ein gutes Do-it-yourself-Ergebnis benötigen würde, ein sehr fairer Preis. Am Ende des Spiels spiegelt sich des Heimwerkers glückseliges Lächeln in den Motordeckeln wider.
Fazit: Die Versprechungen auf Produktbeschreibungen von Poliermitteln und -sets für den Hausgebrauch sollte man lieber mit Vorsicht genießen. Grundlage für ein gutes Ergebnis ist gutes (meist teures) Elektro-Werkzeug. Außerdem: Polierarbeit ist eine unglaubliche Drecksarbeit, die man, sofern man nicht regelmäßig Motorradteile auf Hochglanz bringen möchte, lieber Profis überlassen sollte.
Nachspiel

Ist die Schutzschicht der Metalloberfläche (Klarlack, Anodisierung etc.) erst einmal entfernt (etwa durch Schleifen), sind hochglanzpolierte Oberflächen stark korrosionsgefährdet. Polierte Aluteile, die nicht neu lackiert werden, erfordern dementsprechend ständige Pflege.
Nevr Dull oder ein Korrosionsschutz zum Aufsprühen bilden zumindest einen vorübergehenden Schutz. Verchromte Stahlflächen sind deutlich härter als Aluminium, Kratzer und andere Macken lassen sich praktisch gar nicht herauspolieren, dennoch empfehlen sich spezielle Chrom-Polituren. Um den Glanz zu bewahren, ist generell regelmäßiges (wöchentliches) Putzen und Wienern das A und O. Entsprechende Hilfsmittel finden sich in Fachmärkten, bei Motorradhändlern oder Filialisten wie Hein Gericke, Louis oder Polo.
Der Gang zum Meister
Ein Blick in die Gelben Seiten oder in Online-Verzeichnisse wie www.wlw.de oder www.cylex.de genügt, um die in der Nähe ansässigen Profis auszumachen.
Tipp: Vorher den Preis absprechen, denn einige Betriebe berechnen nach Zeitaufwand (je nach Region zwischen 30 und 60 Euro/Std.), andere pauschal nach jeweiligem Bauteil. Bei zum Beispiel folgenden neun Betrieben im Bundesgebiet sind Motorradfahrer willkommen:
- Köpke Metallschleiferei, Siek bei Hamburg, 04107/908868
- Polierservice Bockhorn, Bockhorn bei Oldenburg, Telefon 04453/986146, www.polierservice-bockhorn.com
- Motobike Cottbus, Cottbus, Telefon 0355/5850950, www.polierservice24.de
- Tuning Pur, Lünen bei Dortmund, 0231/98228866, www.tuningpur.de
- Politec, Troisdorf, 0224/1627955, www.politec.de
- Custom Cars & Bikes, Dieburg bei Frankfurt, 06071/5499, www.ccb-gmbh.com
- Polierservice Adam, Toris-Lengefeld bei Gera, 0172/9003766, www.af-polierdesign.de
- Metallschleiferei Gerhard Maiwald, Stuttgart, Telefon 0711/245750
- Felgendoc.com, Moosburg bei München, 08761/9543, www.felgendoc.com