Das Angebot im Netz ist zu gut, um es sausen zu lassen: zwei Flugtickets nach Faro für je 128 Euro. Abflug gleich morgen früh um sechs, zurück in drei Tagen. Eigentlich kein schlechter Gedanke, spontan für ein langes Wochenende in den Süden
Portugals zu jetten. Irgendwo wird sich an der Algarve sicherlich auch noch ein Mietmotorrad auftreiben lassen. Name, Adresse und Kreditkartennummer eingegeben, ein letzter Mausklick,
und Ticket Nummer eins gehört mir.
Kandidat Nummer zwei: Kollege Gerd Mayer aus der Grafik. Ist sofort Feuer und Flamme. Und Freundin Julia gibt grünes Licht. Bingo. Zehn Minuten später verschwindet das letzte Ticket nach Faro vom Bildschirm. Nach etwa einer halben Stunde wie hat man eigentlich jemals ohne Internet Reisen planen können?
sind zwei Mietmotorräder gebucht: eine Harley-Davidson 883 und eine Yamaha XJ 600. Abholung und Abgabe direkt am
Flughafen. Perfekt.
Punkt neun am nächsten Morgen Aufschlag in Faro. Eine
Prise Fahrtwind würde sicherlich die bleierne Müdigkeit vertreiben, doch von den Bikes noch keine Spur. Dafür die erste Lektion in Portugiesisch: Milchkaffee heißt Galao und wird in einem Glas serviert. Nebenbei wächst die Route. Heute Abend das Cabo de São Vicente, der südwestlichste Punkt Europas, morgen dann hoch nach Lissabon. Und zurück quer durch die Serra de Monchique, weil sich in diesem Mini-Gebirge laut Karte die einzigen Kurven Südportugals befinden. Ergäbe entspannte 900 Kilometer.
Neun Uhr dreißig. Ein betagter Transporter hält vor dem Flughafengebäude. »Motorent Algarve«. Das ist unser Mann. Kurz darauf serviert Luis die beiden Motorräder. Die Yamaha mit dunklem Tanküberzug aus Leder und mattschwarz gestrichenen Seitendeckeln. Die hohen Absätze der Sozias hätten ständig den Lack zerkratzt und Anstreichen käme eben billiger als Austauschen.
Gerd probiert inzwischen die 883er. Über 70000 Kilometer
auf der ramponierten Uhr, ausgelatschtes Federwerk, unendlich langer Bremsweg. Lässt sich alles verschmerzen. Aber musste
eine Sissy-Bar sein?
Unterwegs. Endlich. Auf Faros Strandmeile am Meer entlang. Salzluft, schäumende Wogen, zwei Hand voll Surfer, die im Schatten ihrer VW-Bullis die Kollegen auf dem Wasser beobachten und locker als California-Dream-Boys durchgehen könnten. Die ganz große Freiheit das Bild ist beneidenswert stimmig.
Unsere Vorstellung von Portugal bekommt dagegen erste
Risse. Unterwegs in Richtung Westen nix als Baustellen. Kilometerweit Kräne, schweres Gerät, halbfertige Hotelkomplexe
zwischen den bereits vorhandenen Mega-Anlagen von TUI und
Co. Überhaupt nicht unser Ding. Erst Carvoeiro versprüht einen letzten Rest Fischerdorf-Romantik. Weiße Häuser rund um einen kleinen Strand in einer geschützten Bucht. Balsam für die Augen.
Portimão, schließlich Lagos. Fahrtechnisch gesehen ist der Fahrspaß bis hierhin voll auf der Strecke geblieben. Die Zuckelei durch das historische Zentrum der Hafenstadt dagegen ein
echtes Highlight. Enge Gassen, reich verzierte Barockfassaden, Kneipe an Kneipe. Weil die Sonne jedoch schon ziemlich tief steht, preschen wir weiter, biegen in Vila de Bispo links ab, bis die staubig-braune Ödnis, fünf Kilometer hinter Sagres, abrupt am Meer endet: Im äußersten Südwesten präsentiert sich Portugals Gegenstück zum Nordkap zwar ohne Glanz und Gloria, dafür aber mit brachialer Naturgewalt. Einzig ein über 150 Jahre alter Leuchtturm und ein paar fest verankerte Verkaufstände für Andenken trotzen den heftigen Sturmböen, während am Fuß der 75 Meter hohen Klippen mächtige Brecher zerschellen. An manchen Tagen soll
die Gischt sogar bis ganz nach oben steigen. Tja, und dann wäre da noch die Sache mit dem Sonnenuntergang. Glaubt man den Postkarten, findet hier allabendlich ein Feuerwerk statt. Doch
inzwischen können auch wir die aufziehende Schlechtwetterfront nicht mehr schönreden. Vorzeitiger Rückzug nach Sagres.
Was für ein verschlafenes Nest! Und dennoch ein durchaus sympathischer Treffpunkt für Aussteiger, Surfer und Reisende in allen Arten von Wohnmobilen. Wir peilen das erstbeste Hotel an, stehen in der Rezeption vom »Dom Henrique« Vera gegenüber. Gerd nuschelt etwas von »sieht aus wie Cameron Diaz«, ich kann nur nicken. Ob wir die Zimmer sehen wollten? Wir würden im Stall schlafen, um irgendwie in der Nähe zu bleiben.
Dunkles Grau über dem Meer, die ersten Regentropfen während des Frühstücks, der erste Schauer überhaupt seit Monaten, heißt es im Hotel. Passiert mir in letzter Zeit ständig, egal wo
ich bin. Nun gut. Das Frühstück wäre ohnehin länger ausgefallen. Weil wir mit Matthias ins Quatschen geraten, der vor hat, an diesem Ende der Welt geführte Rollertouren anzubieten. Sein Fuhrpark fiel uns bereits gestern auf: fünf blitzsaubere Vespa-Scooter und ein imposanter 1982er Chevy-Pickup. Ob er uns ein Stück begleiten könne? Si, claro.
Grober Kurs Lissabon. Kalter Fahrtwind, ein bleischwerer Himmel. Mehr als ärgerlich, weil wir vermutlich eine der spekta-
kulärsten Küstenstraßen Südeuropas unter den Rädern haben, seit wir kurz vor Carrapateira von der Hauptstrecke links in die Botanik abgebogen sind. Der schmale, von Ginster und Algarven gesäumte Weg mutiert zu einer festen Piste am Rand der 40
bis 50 Meter hohen Klippen, spitze Felsennadeln ragen aus dem
aufgewühlten Atlantik, und immer wieder tauchen traumhaft schöne Badebuchten auf.
Kurz vor Aljezur ein weiteres Mal links abgebogen, weist
Matthias auf ein paar Serpentinen hin und am Ende der Straße
in Arrifana auf ein Restaurant, das Schwindel erregend hoch über
dem Meer hängt. Der Blick würde garantiert bis Amerika reichen.
Wir diskutieren, ob es sich bei dieser grauen Brühe da draußen überhaupt noch lohnt, weiter bis ins 300 Kilometer entfernte
Lissabon zu fahren. Doch der Plan steht nun einmal. Matthias kehrt angesichts des Unwetters um.
Portugals Hauptstadt im Sinn und die Straße fest im Visier wir lassen die beiden Karren laufen. Irgendwo in den Bergen
zwischen Odemira und São Luís schwindet dennoch allmählich die Lust am Reisen, in Cercal fällt am frühen Nachmittag endgültig der Hammer es gießt in Strömen. Zwei zugige Hinterhof-Einzelzimmer im Hundehüttenformat plus Klo und Dusche auf dem Gang, mehr ist in diesem Kaff nicht aufzutreiben. Adios,
Lissabon. Immerhin hängt in Gerds Verschlag ein Heizlüfter an der Wand. Vermutlich wären wir sonst erfroren.
Hier und da ein blauer Fleck am Himmel. Tag drei beginnt hoffnungsvoll. Wir pfeilen über dieselbe Strecke zurück, entscheiden uns noch einmal für diese geniale Panoramatrasse
bei Carrapateira. Türkisfarbenes Wasser, heller Fels, Sand
wie Puderzucker na bitte, genauso wie auf den Postkarten. Kaum zu glauben, was ein bisschen Licht ausmacht.
Ein paar Stunden Zeit bleiben uns noch. Und die Serra de Monchique. Erhebt sich praktisch in direkter Luftlinie zwischen uns und Faro. Zum Finale endlich ein paar richtige Kurven, das wär noch was. Tatsächlich gehts in weiten Bögen zuerst durch eine fast schon subtropisch anmutende Hügellandschaft, dann bietet die steile Trasse, die auf den 902 Meter hohen Foja führt, nahezu alpine Impressionen. Zumindest für ein kurzes Stück. Schnell ein Galao im urigen Monchique, dann Aufbruch nach Faro. Ein weiteres Mal nett Essen gehen, vielleicht durch ein
paar Kneipen ziehen. Schlafen lohnt eh kaum der Flieger geht morgen früh um acht.
Es kommt alles ganz anders: Schon mal was vom »Moto Club Faro« gehört? Extrem gastfreundliche Biker. Haben Gerd und mich während der Suche nach einem Hotel quasi von der Straße aufgelesen und in ihr schwer eingezäuntes Clubhaus eskortiert. Mag sein, dass es an unseren optisch leicht ergrauten Motorrädern lag, die gut zum Rest der allesamt in Schwarz gehaltenen Fuhren passen. Auf jeden Fall erklärt uns der Präsident zu Ehrengästen von nun an wacht ein weißhaariger Kerl mit der Statur eines Gorillas über uns.
In der Hütte hämmern aus riesigen Boxen klassische Bikerhymnen, und langsam wird es gemütlich. Vielleicht 60 harte
Burschen, die meisten garantiert über 40 und logo im Einheitslook: schwere Boots, Bomberjacke, Kutte (»live to ride ride to live«), dunkle Sonnenbrillen. Und alle furchtbar nett zueinander. Wir haben freie Wahl an der gut sortierten Bar. Und dürfen schließlich an einer langen, üppig eingedeckten Tafel neben dem Präsidenten Platz nehmen, der wie ein alternder indianischer Krieger aussieht. Dass wir am Kiosk gegenüber schnell noch
eine Flasche Whiskey besorgt haben (O-Ton Gerd: »Man kommt doch nicht mit leeren Händen«) gefällt. So nimmt der Abend
seinen Lauf. Wie wir es knapp nach Sonnenaufgang zum Flughafen geschafft haben? Schwer zu sagen. Rein optisch gehen
wir dagegen fast schon als Member des »Moto Club Faro« durch. Unrasiert, Sonnenbrille, schwarze T-Shirts mit dem Club-Logo
am Leib. Daheim hätte ich jetzt garantiert Muskelkater von der
Gartenarbeit so gesehen waren die 128 Euro für das Ticket eine überaus gute Investition.
Infos
Kurven und Kehren? In Südportugal eher Mangelware. Hierher locken die Küste,
die Strände und das in der Regel sehr gute Wetter.
D ANREISE
Portugal ist ganz klar ein Fernziel: Wer auf
eigener Achse anrollt, muss ab der deutsch-französischen Grenze mindestens 2100 Kilometer abspulen. Auch wenn man in den Autoreisezug steigt, der einen immerhin bis ins südfranzösische Narbonne bringt, sind noch rund 1400 Kilometer quer durch Spanien zu bewältigen. Infos in jedem DB-Reise-
zentrum und unter www.autozug.de. Ansonsten bleibt nur die Möglichkeit, nach Portugal
zu fliegen und vor Ort ein Motorrad zu mieten. Reguläre Flüge kosten ab 250 Euro.
D UNTERKUNFT
An der Algarve hat man sich mit Haut und Haaren Pauschaltouristen verschrieben.
Dennoch findet sich (fast) überall Hotel-
oder Pensionszimmer ab etwa 30 Euro.
Wer in Sagres ein Quartier sucht, sollte in
der Ortsmitte das gemütliche Hotel »Dom Henrique« anpeilen. Pro Nacht und Nase
muss hier mit 32 Euro gerechnet werden.
D MIETMOTORRÄDER
GS-Sportreisen aus München (Telefon 089/
27818484) vermittelt Mietmotorräder im
Hafenort Praia de la Rocha westlich von
Faro. Die im Text erwähnte Harley-Davidson 883 schlägt pro Woche mit etwa 320 Euro
zu Buche, und für die Yamaha XJ 600 sind
210 Euro fällig. Preise für eine kürzere
Mietdauer gibt es auf Anfrage. Weitere Infos
unter www.gs-sportreisen.de.
Matthias Schäfer verfügt in Sagres über fünf Vespa-Scooter und bietet diverse mehrtägige Ausfahrten inklusive Übernachtung und
Benzin ab 449 Euro an. Infos unter Telefon 0163/6838930 sowie im Internet unter www.streetsurfers.de.
D LITERATUR
Besonders empfehlenswert sind die verschiedenen Portugal-Führer aus dem Michael-Müller-Verlag (www.michael-mueller-
verlag.de), in diesem Fall »Algarve« (ISBN 3-89953-150-7) für 15,90 Euro. Von Marco Polo kommt ein Set mit zwei sehr guten Karten (Portugal Nord und Süd) im Maßstab von jeweils 1:300000 sowie einem recht
informativen Guide über alles Sehenswerte im Land. Für 7,50 Euro ein tolles Angebot.
Klick und weg - »Last Minute« ist in aber nicht immer günstig
Die ursprüngliche Idee war einfach genial: Unter der Bezeichnung »Last Minute« wollten die großen Reiseanbieter ihre Restplätze los werden, was sich bei
Preisnachlässen von bis zu 50 Prozent
als durchschlagender Erfolg herausstellte. Schnell überstieg die Nachfrage das
Angebot, sodass sogar herkömmliche
oder kaum reduzierte Reiseangebote als Schnäppchen in letzter Minute angepriesen wurden eine Praxis, die bis heute betrieben wird. Wer wissen will, ob es sich bei einem der unzähligen aktuellen »Last-Minute-Angebote« wirklich um einen supergünstigen Deal handelt, muss sich die Mühe machen, den Preis mit dem
entsprechenden Katalogangebot im Reisebüro oder übers Internet zu vergleichen. Letzteres bietet ohnehin einen schier
unbegrenzten Zugriff auf vergleichbare Angebote. Wichtig: Bei der Suche nicht unter Zeitdruck setzten lassen, auch
wenn es heißt: »Super Last Minute«
hier versuchen die Anbieter zu ködern. Nur zuschlagen, wenn Reiseziel, Reisezeitpunkt und Preis stimmen.
Wer sich nun im Online-Dschungel auf
die Suche nach einem Flug oder einer Pauschalreise begibt, kann auf den
Masken der verschiedenen, auf Last-
Minute-Reisen spezialisierten Anbieter meist seine Reisewünsche angeben
(Abfughafen, Reiseziel, Datum, Preiskategorie, Anzahl der Personen et cetera). Dabei muss man ärgerlicherweise in
Kauf nehmen, dass danach immer wieder Angebote mit anderen Abflughäfen oder Reisezielen genannt werden. Oder dass die gewünschte Reise oder der Flug bei Überprüfen der Verfügbarkeit bereits ausgebucht sind. Ob es sich grundsätzlich um Lockangebote handelt, sei dahingestellt. Am leichtesten hat es derjenige, der
in Sachen Reisezeit oder -ort möglichst spontan und flexibel reagieren kann.
Folgende Last-Minute-Anbieter lohnen
einen Blick:
www.ltur.de (Ltur): Marktführer (gehört zu TUI), einfache Navigation, Flug- und Komplettreisen als Super-Last-Minute.
www.topi.de (Topi last minute): ein
Zusammenschluss von fast 400 Reisebüros in Deutschland und Österreich
(Vorteil: Ansprechpartner vor Ort). Sehr gut gemachte Seite.
www.lastminute.de: Hier finden sich besonders viele Charterflüge. Die Seite ist allerdings sehr umständlich aufgebaut.
www.5vorflug.de: sehr großes Angebot
an Flugtickets mit Best-Preis-Garantie (Zurückerstattung des Betrags, wenn das Angebot woanders billiger zu haben ist).
Weitere Portale mit entsprechenden Angeboten: www.expedia.de; www.opodo.de; www.travelscout24.de; www.tjaerborg.de; www.lastminute24.de; www.hinundweg.de.