Nichts für Schlafmützen ist die Dreiländer-Winterfahrt rund um Basel. Knapp hundert winterfeste Biker maßen sich ein Wochenende lang beim Suchen von Kontrollposten.
Nichts für Schlafmützen ist die Dreiländer-Winterfahrt rund um Basel. Knapp hundert winterfeste Biker maßen sich ein Wochenende lang beim Suchen von Kontrollposten.
Samstag früh, zwanzig vor Fünf. Der Wecker klingelt. Anziehen, packen. Als ich gegen halb sechs die Taschen ins Gespann lade, durchdringen Motorengeräusche die Stille des abgeschiedenen Vogesentals, Lichter bohren helle Kegel in die Nacht. Die ersten Maschinen donnern aus dem Tal herauf. Sie sind gut in der Zeit der Posten öffnet erst um sechs Uhr. Zusammen mit ein paar anderen Rallye-Teilnehmern haben Maria und ich hier, am nördlichsten Kontrollpunkt, übernachtet. Insgesamt acht sind zwischen Schwarzwald, Vogesen und Jura eingerichtet. Ausgesucht von der Dreiländer-Winterfahrt-Organisation in Basel, die alle zwei Jahre das Hallalli zu dieser Schnitzeljagd bläßt.Mindestens drei Posten in zwei Ländern müssen angefahren werden, um in die Punkteränge zu kommen. Reihenfolge und Anfahrtswege sind frei wählbar. Zusätzlich müssen an den Kontrollposten die unterschiedlichsten Aufgaben gelöst werden. Papierfliegerweitwurf zum Beispiel mit selbst gebautem Flieger. Unserer schmiert bereits nach wenigen Metern ab. Egal, wir brausen los. Es ist kurz nach sechs.Eingepackt wie Eskimos, wirken die drei bis fünf Plusgrade geradezu frühlingshaft. Der Winter ist uns offensichtlich wohlgesonnen. Nur die Finsternis nervt, Kartenlesen mit Taschenlampe ist angesagt.Sieben Uhr 30. Im ersten Morgenlicht erreichen wir den zweiten Posten. Mitten im Schnee, die Zufahrt teilweise vereist. In einer 200 Meter entfernten Waldhütte wartet die nächste Knobelei auf uns. Die Erinnerungsdrähte laufen heiß: Was hieß DKW noch mal ausgeschrieben? Des Knaben Wunsch? Das kleine Wunder? Da knattert was? Zettel ausfüllen, zurückhetzen, weiter geht´s. Kurz nach acht Uhr wird es richtig hell. Wir liegen gut in der Zeit. Runter ins Tal, dort Richtung Gerardmer und den nächsten Pass wieder rauf. Die Straßen sind feucht, von Orkan Lothar entwurzelte Bäume stapelt sich rundum. Von oben gleicht die Landschaft mit Restschnee einem Dalmatinerfell. Trotz milder Witterung ist der Col du Ballon noch gesperrt. Das bedeutet etliche Kilometer Umweg zum nächsten Posten. Wir lassen das Boxergespann vom Team Römer richtig laufen. Der breite Eineinhalbsitzer klebt mit Passagier förmlich auf der Straße, die Abstimmung des Fahrwerks ist hervorragend. Trotzdem geht Pässe heizen mit dieser Fuhre ziemlich in die Knochen, und ich bin nicht böse, als im Tal ein kurvenfreier Abschnitt naht.Kontrollpunkt drei ist eine kleine bewirtete Farm. Die Anfahrt hat es in sich zwei Kilometer holprige Schotterpiste, aber zum Glück nicht allzu steil. MZ-Gespanne und Solo- Enduros preschen an uns vorbei. Für solche Strecken ist unser Fahrzeug nicht gebaut, es fehlt an Bodenfreiheit. Unter der Ölwanne verläuft zum Glück der Hilfsrahmen. Trotzdem: piano, piano. Oben angekommen, müssen wir Jahreszahlen berühmten Ereignissen zuordnen. Halbe Punktzahl erreicht. Immerhin. Die Zeit läuft unerbittlich. Jetzt gilt es zu entscheiden, welche Punkte wir noch anfahren. Ein Schweizer Posten muss noch sein, sonst fliegen wir aus der Wertung. Also streichen wir den südlichsten Kontrollpunkt in Frankreich, dann könnte es klappen. Nichts wie los.Kurz vor halb eins passieren wir die Schweizer Grenze. Der Magen knurrt. Aber die Läden sind alle geschlossen. Dann eben später. Die Zeit drängt ohnehin. Trotzdem: Das Panorama im Schweizer Jura ist grandios. Es ist fast viertel vor zwei, als wir beim Posten anrollen. Beim Ordnen des Salats aus Buchstaben und Bildern bin ich etwas hektisch. Da wäre mehr drin gewesen, denke ich auf dem Weg ins Tal. Und mir wird klar: Den zweiten Schweizer Posten können wir abschreiben. Bis wir dort sind, haben die schon dicht. Die Devise kann jetzt nur noch lauten: Rechtzeitig das Ziel erreichen. Denn ab halb vier werden alle fünf Minuten 20 Punkte abgezogen.Kurz nach drei. Wir rasen dahin, die Landschaft wird zur Kulisse. 15 Uhr 29. Wir sind die letzten, die ohne Strafpunkte ins Ziel kommen. 505 Punkte zeigt unsere Bordkarte, genau doppelt so viele schaffte der Gesamtsieger. Er war mit uns gestartet. Jetzt wissen wir, wer wirklich gut in der Zeit war.