Es gibt nichts, was es nicht gibt. Da sind die Typen, die mit einer betagten Mühle einfach losfahren, Zelt, Schlafsack, Kocher, Hose, T-Shirt, ein paar Ersatzteile fertig. Auf der anderen Seite der Vernunftsskala finden wir Motorradreisende, die nichts dem Zufall überlassen wollen, minutiös alles durchplanen und organisieren. Dieser sicherheitsbewusste Zeitgenosse hat eine Menge Arbeit, bevor er losfahren kann, mitunter vergeht mehr als ein Jahr, bevor alles festgezurrt ist und selbst dann drohen Unwägbarkeiten, denn hundertprozentige Sicherheiten gibt es nicht auf diesem Planeten und täglich können unvorhersehbare Dinge passieren. Darauf sollte man sich mental vorbereiten. „Zufall ersetzt Planung durch Irrtum“ ist unter erfahrenen Fernreisenden eine wichtige Erkenntnis.
Grundsätzlich ist eine gute Vorbereitung auf die Fern- oder Weltreise alles andere als verkehrt und es gilt, je weniger Zeit man für die Reise zur Verfügung hat, desto mehr Planung ist erforderlich. Die wichtigsten Fragen ranken sich sicherlich um Visapflichten und Visa-Beschaffungsmöglichkeiten, um das Carnet de Passage, Ausrüstung, Ersatzteilversorgung, Gesundheit, Finanzen, Versicherungen, Routen, politische Situationen und Zeiten. Doch auch Zuhause muss das Leben ja weiter gehen, wenn man nicht komplett aussteigen möchte. Also muss auch hier ein Masterplan her, der in seinem Inhalt abhängig davon ist, wie lange man auf Reisen sein möchte.
Eines der wichtigsten Dokumente für die Fernreise ist das Carnet de Passages. Ein Grenzdokument für die vorübergehende zollfreie Einfuhr von Fahrzeugen in bestimmte Länder Afrikas, Asiens, Südamerikas, Australien und Neuseeland. Das Carnet de Passages ist eine Zollsicherheit, die dem Einreiseland garantiert, dass das Motorrad spätestens bei Ablauf des zollfreien Aufenthaltes wieder ausgeführt wird. Sollte die Wiederausfuhr aus bestimmten Gründen (Totalschaden, Diebstahl, etc.) nicht möglich sein, wird die Zollbehörde des Einreiselandes den Einfuhrzoll und die Einfuhrumsatzsteuer fordern. Ein wichtiges Dokument also, das in Deutschland nur der ADAC ausstellt.
Der mächtige Club informiert über die Höhe der Bürgschaft, den nötigen Zeitvorlauf, die Abwicklung und hält auch sonst nützliche Tipps für Fernreisewillige bereit. Selbst eine Packliste, Verpflegungs- und Gesundheitstipps sowie eine Auflistung von Speditionen, die Motorräder weltweit transportieren, findet man auf unter www.adac.de in den Unterkapiteln „ADAC Reise & Freizeit – Carnet de Passages“. Hier kann man auch die Antragsunterlagen downloaden. Möglich ist auch eine Anforderung per Mail unter carnetdepassages@adac.de oder die persönliche Abholung an einer ADAC-Geschäftsstelle.

Ist man endlich im Besitz des ersehnten Carnets, empfiehlt es sich noch einmal genau die Fahrgestell- und Motornummer zu kontrollieren. Schleichen sich hier Fehler ein, wird es schwierig an den Grenzen dieser Welt. Alles schon passiert.
Hilfe bei der Vorbereitung zur Fernreise bieten neben dem ADAC aber auch andere Ratgeber im Netz. Detailliert und hilfreich ist das Motorrad Reiseforum (www.motorradreiseforum.de), was Ratschläge von „Ausrüstung“ bis „Zoll“ erteilt und scheinbar alle relevanten Themengebiete berücksichtigt. Auch die Firma Touratech bietet unter www.touratech.de ein beachtliches Reiseforum. www.worltrip.de ist ebenfalls detailliert aber nicht sehr strukturiert. Kultstatus hat die Globetrott-Zentrale von Bernd Tesch (www.berndtesch.de) oder das internationale Forum www.horizonsunlimited.com. Zahlreiche weitere Ratgeber locken, wer surfet, der findet.
Menschen, die Anregungen noch aus normalen Büchern beziehen, empfehlen wir „Jupiters Reisen“ von Ted Simon, „MotorradAbenteuer-Fahrtechnik für Reise-Enduros“ von Robert Wicks und Greg Baker oder „Reisen light“ von Thomas Sadewasser. Doch auch bei Büchern gilt: Entdecke die Möglichkeiten!
Die GS-Rivalin

Die Autoren der Reisereportagen in dieser Ausgabe schwören auf die Yamaha XT 1200 Z Super Ténéré. Versuch einer Begründung.
Prinzipiell kann man Fernreisen mit jedem Motorrad unternehmen, und auch heute noch sind viele Abenteurer mit altem Material unterwegs. Dennoch ist die weltweite Präsenz moderner BMW R 1200 GS groß. Kein Wunder, die Qualitäten des Universaltalents sind unbestritten. Nick Sanders, der auf extremen Reisen zahlreiche Rekorde einfuhr, schwört aber nicht auf die GS, sondern auf die Yamaha XT 1200 Z. Deren Stärken sind der Komfort ihres stabilen Fahrwerks, die gesäßfreundliche Sitzbank und die sicheren Bremsen. Das Drehmoment des 1200er-Twins ist in den unteren Gängen elektronisch begrenzt, obwohl die Maschine eine Traktionskontrolle hat. Schade, so bleibt einiges an Potenzial ungenutzt, doch auf der Fernreise ist das egal. Hier punktet die Ténéré mit einer Dauerhaltbarkeit, die manchem GS-Fan zu denken gibt. Als Nick Sanders den Antrieb nach etwa 80 000 superharten Kilometern zerlegen ließ, staunten selbst die Yamaha-Mechaniker: kein nennenswerter Verschleiß, außer Spesen nichts gewesen. Weitermachen!
DATEN
Wassergekühlter Zweizylinder-Reihenmotor, 1199 cm³, 81 kW (110 PS)
bei 7250/min, 114 Nm bei 9750/min, Stahl-Brückenrahmen, Telegabel,
Ø 43 mm, Zentralfederbein, Bremse vorn/hinten, Ø 310/282 mm, ABS,
Kardan, Reifen vorn 110/80 ZR 19, hinten 150/70 ZR 17, Tank 23 Liter.