Wer behauptet, hinter dem Teutoburgerwald würde Deutschland nur noch ins ewig flache Nichts des Nordens ausgleiten, der kennt die Holsteinische Schweiz nicht - das hügelige Land vor der Ostseeküste nördlich der Achse Lübeck-Kiel, umgeben von dichten Wäldern, weiten Feldern und saftigen grünen Weiden. Wer hier Motorrad fährt, erlebt eine Region Schleswig-Holsteins, die kaum dem Klischee vom platten Land entspricht. In die Hügellandschaft sind mehr als 150 kleinere und größere Seen eingebettet, um die sich die Route auf kleinsten Wegen schlingt.Allein die großen, durch das Flüsschen Schwentine verbundenen Seen weisen zusammen eine Fläche von rund 40 Quadratkilometern auf. Damit kann die Gegend zwar ebenso wenig wie bei den Höhenmetern mit der »echten« Schweiz konkurrieren, aber dieser Namen bürgt für landschaftliche Attraktivität. Und so wurde die Bezeichnung Holsteinische Schweiz um 1900 von einem cleveren Hotelier geprägt, um die touristische Anziehungskraft zu stärken ein Doping, dass diese reizvolle, am Bungsberg bei Eutin sich zu 168 Höhenmetern aufschwingende Region eigentlich gar nicht nötig hat.Doch egal, jedenfalls finden nicht nur Biker aus nahe gelegenen Städten wie Hamburg oder Kiel in der Holsteinischen Schweiz ein Ziel, um richtig gut Motorrad zu fahren und dabei eine abwechslungsreiche, von eiszeitlichen Gletschern geformte Landschaft zu genießen. Wer zudem noch Wassersportfreuden nachgeht, ist hier genau am richtigen Fleck. Kleine und kleinste Straßen winden sich bergauf und bergab, und wer mag, kann sich auf ganz offiziellen Wegen sogar ein wenig Sand- und Schotter-Feeling holen. Oder das herrliche Bollern beim Überfahren der kleinen Holzbrücken über die zahlreichen Wasserläufe genießen beispielsweise zwischen Behl, Timmdorf und Kleveez, »eingeklemmt« zwischen Behler-, Suhrer- und Dieksee.Reizvoll sind auch die beiden größeren Städte des nordischen »Schweiz«-Trips: Plön lockt durch seine Lage am Ufer des größten Sees der Region, seine gemütlich verwinkelte Altstadt und nicht zuletzt durch ein Schloß aus dem 17. Jahrhundert. Die meisten Einwohner hat Eutin mit 19000. Zwischen den beiden kleinen Eutiner Seen gelegen, gibt es ein Wasserschloß mit 700-jähriger Geschichte und ebenfalls eine tolle Altstadt zu besichtigen. Zwischen Diek- und Kellersee erstreckt sich von dichten Wäldern umgeben der Kurort mit dem zungenbrecherischen Namen Bad Malente-Gremsmühlen. Die Kurpromenade am Dieksee reizt gerade wegen ihres leicht welken Charmes und des schönen Blicks über den See zu Spaziergängen vielleicht am Abend mit einem romantischen Sonnenuntergang und geeigneter Begleitung. Rund um die Seen führt die Strecke durch zahllose kleinere Dörfer, die sich entweder bodenständig ländlich oder aber in Ferien- und Kuratmosphäre präsentieren. Eine Perle ist das kleine, idyllische Bosau auf einer Landzunge im südöstlichen Großen Plöner See mit der hübschen Feldsteinkirche St. Petri aus dem 12. Jahrhundert samt altem Friedhof und einigen reetgedeckten Land- und Gutshäusern. Holstein pur.Fährt man wie etwa zwischen Hornsdorf und Seedorf durch eine der vielen Alleen, bei denen die alten Eichen einen Blättertunnel bilden, oder gleitet man bei Lebrade über einen Fahrdamm regelrecht durch den gleichnamigen See, dann weiß man, warum Werner hier beinhart Motorrad fährt. Was auch die vielen schwarzen Kreise beweisen, die die bad Boys and Girls beispielsweise um Hölle Namen bestimmen Schicksale mit den Hinterreifen auf die Straßen gemalt haben.
Info
Kurvige Straßen, bisweilen Alleen, die zwischen Wäldern und Seen bergauf und bergab führen, Kopfstein-, Sand- und Schotterpisten die Holsteinische Schweiz bietet Motorradfahrern echtes Abenteuergebiet.
Anreise: Entweder über die A 1 bis zur Abfahrt Eutin oder per A 7 bis Neumünster und weiter auf der B 430 nach Plön.Übernachten: Mit Seeblick, zentralgelegen, einfach und preisgünstig ist das Hotel »Zum Hirschen«, Bahnhofstr. 9, 24306 Plön, Telefon 04522/2423, 103 Mark. Gasthaus »Zum Frohsinn« mit «Gästehaus Seefrieden«, Bischof-Vicelin-Damm 16-18, 23715 Bosau, Telefon 04527/296, Fax 1703, 104 Mark. Hotel-Restaurant-Café »Paradies am Dieksee«, Holmweg 6-10, 24306 Niederkleveez, Telefon 04523/99220, Fax 992299, 110 Mark (alle Preise für Doppelzimmer mit Frühstück). In Bosau, Bad Malente-Gremsmühlen, Eutin, Plön und Schönwalde gibts Jugendherbergen, außerdem an vielen Orten) Campingplätze (in den Karten eingezeichnet). Information und Buchung: Holsteinische Schweiz-Touristik, Bahnhofsstr. 3, 23714 Bad Malente-Gremsmühlen, Telefon 04523/989916, Fax 989999 .Sehenswert: Um die Wasserlandschaft richtig zu erleben, sollte man die meist über Feldwege erreichbaren Hügelkuppen erklimmen und auch Ausflugsfahrten auf den Seen unternehmen. Gibts auf den größeren Gewässern und dauern zum Teil mehrere Tage (beispielsweise die Fünf-Seen-Fahrt, Abfahrt unter anderem von Plön-Fegetasche oder Malente). Bemerkenswert sind die Altstädte und Schlösser von Eutin und Plön. Letzteres diente einst als Sommerresidenz des dänischen Königs. Heute beherrbergt es ein Internat, so dass es lediglich in den Sommerferien als Veranstaltungssort genutzt wird. In Eutin bietet der alte Wasserturm (Ecke Wilhelm-/Bismarckstraße) einen tollen Ausblick. Literatur: Umfassend informiert der Reiseführer »Holsteinische Schweiz und Ostseeküste« vom Verlag Ellert & Richter für 29,80 Mark, kompakt und zielgenau dagegen der kleine Marco Polo-Band »Ostseeküste - Schleswig-Holstein« für 12,80 Mark. Karten: entweder die Generalkarte Blatt 1 in 1:200 000 oder die mit vielen Tips versehene Allianz-Freizeitkarte »Holstein/Ostseeküste« in 1:100 000, beide ebenfalls von Marco Polo.Streckenlänge: 270 KilometerZeitaufwand: 2 bis 3 Tage