Motorradtransporte weltweit
Fliegende Kisten

Die Traumreise nach Übersee nimmt Gestalt an. Anhand des Beispiels Neuseeland haben wir ausgerechnet, ob es günstiger ist, das eigene Motorrad mitzunehmen, eines zu mieten oder eine geführte Tour zu buchen.

Fliegende Kisten
Foto: Johann Deleker

Wer eine Fernreise mit dem Motorrad plant, egal, ob nach Neuseeland, Südafrika oder Kanada, hat die Qual der Wahl. Am liebsten würde man das vertraute eigene Motorrad mitnehmen, schreckt aber vor Aufwand und Kosten zurück. Als Alternative kommt eine Mietmaschine in Frage, sofern vor Ort welche angeboten werden. Den einfachsten, jedoch auch teuersten Weg, das Traumziel zu erkunden, ermöglicht eine organisierte Reise. Neben persönlichen Vorlieben gibt es sachliche Argumente für oder gegen die unterschiedlichen Varianten. Die Entscheidung hängt zunächst von der Reisedauer ab. Wer nur drei Wochen Zeit hat, einen fremden Kontinent zu erkunden, wird kaum sein eigenes Motorrad mitnehmen. Bei einer mehrmonatigen Tour dagegen ist diese Variante meist die beste. Ab wann sich das lohnt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Dazu sind sowohl die Preisspannen für den Transport der eigenen Maschine als auch für Mietmotorräder zu groß, wie die folgenden Zahlen am Beispiel Neuseeland zeigen.

Das eigene Motorrad
Bevor das Motorrad auf die Reise geht, gilt es zwischen Luft- und Seefracht zu entscheiden. Der Transport per Flieger ist schnell und unkompliziert, aber nicht billig. Per Schiff ist’s meist günstiger, dauert dafür bis Down under etwa 35 Tage. Zeit, in der man zu Hause aufs Motorrad verzichten muss. Für die Einfuhr nach Neuseeland ist ein Carnet de Passages erforderlich, das beim ADAC erhältlich ist und für Mitglieder 150, für Nichtmitglieder 250 Euro kostet. Die mit rund 60 Euro günstigere Alternative ist das ATA-Carnet, das der neuseeländische Zoll ebenfalls akzeptiert. Das ATA-Carnet stellen die Industrie- und Handelskammern aus, verweigern es dem Privatkunden allerdings gelegentlich.

Der Import des eigenen Motorrads gestaltet sich in Neuseeland denkbar einfach. Die Gebühren für Zoll und Abfertigung belaufen sich auf etwa 75 Euro, die obligatorische WoF-Prüfung (Warranty of Fitness) auf 16 und die Zulassung auf 64 Euro. Der Transport der XT kostete im Frühling 2005 inklusive aller Gebühren etwa 2300 Euro. Das Metall-Transportgestell wurde während der Reise von der Spedition UTI kostenlos gelagert, während manche Firmen dafür Gebühren verlangen, die durchaus 150 Euro pro Monat betragen können.

Motorrad kaufen
Ein zugelassenes gebrauchtes Motorrad in Neuseeland zu kaufen ist völlig problemlos. Die Preise japanischer Maschinen ähneln denen hierzulande. Die besten Angebote gibt es in Auckland bei Motorradhändlern oder auf dem privaten Markt. Nicht ganz so einfach ist der Verkauf zu Saisonende im April oder Mai. Dann muss mit deutlichen Preisabschlägen gerechnet werden.

Mietmotorräder
Sie sind oft die einfachste und günstigste Lösung, das Traumziel auf zwei Rädern zu erleben. Wer etwa auf die Kanarischen Inseln fliegt, findet vor Ort eine gute und preiswerte Auswahl. Ähnliches gilt für Neuseeland, wo eine Yamaha XT 600 schon ab 55 Euro pro Tag zu haben ist. Deutlich teurer wird es in den USA. Aber auch dort lohnt der Transport des eigenen Bikes nur, wenn mindestens vier Wochen Urlaub angesagt sind. Anders verhält es sich bei exotischen Reisezielen wie Afrika, Asien oder Südamerika, wo das Angebot an Mietmotorrädern minimal ist. Hier bleibt allein der Transport des eigenen Zweirads oder die geführte Reise. Für eine selbst organisierte Drei-Wochentour durch Neuseeland bietet sich die Mietmaschine an.

Unsere Highlights

Neben den zwei großen Anbietern NZ-Bike (New Zealand Motorcycle Rentals & Tours) und Kea tummeln sich eine Reihe kleinerer Vermieter in Auckland, Christchurch und Nelson. Die Platzhirsche haben vor allem gepflegte und relativ neue BMWs, während die anderen oft nur über wenige Motorräder verfügen, dafür aber die ganze Palette von Harley-Davidson über Triumph Rocket bis zu fast allen japanischen Modellen bieten. Für die zweiwöchige Miete einer Yamaha XT 600 müssen in der Hochsaison (Mitte Dezember bis Ende März) je nach Vermieter ab 800 Euro kalkuliert werden, drei Wochen kosten ab 1100 Euro. BMW F 650 werden für zwei Wochen ab 1000 Euro, für drei Wochen ab 1270 Euro angeboten. Eine BMW R 1200 GS schlägt bei einer zweiwöchigen Mietdauer mit etwa 1800 Euro zu Buche, drei Wochen kosten ab 2500 Euro. Langzeitmieten sind günstiger. So berechnet Bike Adventure New Zealand (BANZ) für eine XT 600 bei zehnwöchiger Abnahme 2220 Euro, GS-Sportreisen gibt dieselbe Maschine drei Monate für 2030 Euro ab. Den schnellsten Überblick bezüglich Preisen sowie Informationen rund um Motorradmiete und geführte Touren liefert das Internet.

Geführte Touren
Die bequemste, allerdings auch teuerste Art, Neuseeland zu erleben, ist eine geführte oder teilgeführte Reise. Zur Wahl stehen meist einwöchige Touren auf Nord- oder Südinsel, zweiwöchige Rundreisen oder die große Dreiwochentour über beide Inseln. Die geführte 20-Tage-Runde auf einer BMW F 650 mit Übernachtungen in Hotels bietet NZ-Bike für 6325 Euro an, mit einer R 1200 GS werden 7370 Euro fällig. Bei Kea kostet das gleiche Angebot 6000 beziehungsweise 7000 Euro. Die Preisspanne der anderen Anbietern reicht für die 20-Tage-Tour auf R 1200 oder R 1150 GS von 5000 bis 11000 Euro. Deutlich günstiger ist eine dreiwöchige Campingtour mit Yamaha XT 600, die BANZ für 2800 Euro und Bikeworld-Travel für 3000 Euro anbieten. Sämtliche Preisbeispiele gelten für eine Person und ohne Flug. Zum Informieren und Vergleichen sind die oben im Kasten genannten Internetseiten hilfreich.

Luftfracht
Luftfracht gilt als schnell und unproblematisch. Die Kosten lassen sich vor der Reise recht genau kalkulieren. Wer alles selber organisiert, kommt am günstigsten weg. Die einfachste, jedoch teuerste Transportvariante ist, sein komplettes Motorrad ohne Demontage von Teilen auf eine von manchen Anbietern gestellte spezielle Palette zu verladen. Der Frachttarif berechnet sich nach dem Volumengewicht der kompletten Kiste oder Palette. Die Formel lautet: Länge mal Breite mal Höhe in Zentimetern, geteilt durch 6000. Diese Zahl wird mit der Frachtrate in Euro pro Kilogramm multipliziert. Dazu kommen Gebühren für Handling, Gefahrengutachten, eine mögliche Transportversicherung, sowie Treibstoff- und Sicherheitszuschläge. Unterscheiden sich das tatsächliche Gewicht der Fracht und das Volumengewicht, berechnet sich der Preis nach dem jeweils höheren.

Als Faustregel gilt: Wer Platz sparend packt, spart Geld. Paletten für den Bau einer stabilen Kiste gibt es oft beim Motorradhändler um die Ecke. Inzwischen stellen aber immer mehr Hersteller auf Mehrweg-Metallkisten um, so auch die japanischen. Die gehen allerdings aus Kostengründen nicht zurück nach Japan und eignen sich so perfekt für den Transport des eigenen Motorrads. Manche Fluggesellschaften geben sich mit einer einfachen Palette zufrieden, bei anderen geht es nicht ohne Kiste. Bevor man also mit Säge und Hammer loslegt, möglichst genau nachfragen, welche Anforderungen für den Transport erfüllt werden müssen. Immer mehr Länder verlangen bei der Einfuhr einer Holzkiste ein Sirex-Zertifikat, das eine Behandlung der Kiste gegen Schädlinge nachweist. So eine Maßnahme kostet etwa 150 Euro.Neuseeland und Australien zählen zu diesen Ländern, so dass sich eine Metallkiste empfiehlt. Für den Transport der XT nach Auckland wurde beim Yamaha-Händler ein Metallgestell organisiert, das sich mit wenig Aufwand auf die XT anpassen ließ. Damit ein möglichst kleines Packmaß erzielt wird, wurden Vorderrad und Lenker ausgebaut.

Die komplette Metallkiste hatte die Maße 185 mal 80 mal 105 Zentimeter, was ein Volumengewicht von 260 Kilogramm ergibt. Auf der Palette fanden auch die Alu-Kisten mit Werkzeug und die Campingausrüstung Platz. Das Realgewicht der kompletten Fracht lag dann ebenfalls bei 260 Kilo. Legt man die zurzeit günstigste Frachtrate von 3,50 Euro pro Kilogramm zugrunde, ergibt sich der reine Transportpreis für den Weg von Deutschland nach Auckland von 910 Euro inklusive Treibstoff- und Sicherheitszuschlag. Wer nun aber eine BMW R 1150 GS nach Auckland verschicken möchte und sie komplett auf eine von der Spedition gestellte Spezialpalette mit den Maßen 240 mal 100 mal 120 Zentimeter verzurrt, erreicht ein Volumengewicht von 480 Kilo und somit einen reinen Frachtpreis von 1680 Euro. Meist reicht es, das Motorrad einige Tage vor dem eigenen Abflug bei der Spedition anzuliefern. Der bürokratische Aufwand bei der Ankunft in Auckland ist rasch erledigt. Der Zoll stempelt das Carnet, und die Landwirtschaftsbehörde nimmt die komplette Sendung penibel unter die Lupe. Keinesfalls darf sich irgendwo am Motorrad eine Spur von Dreck befinden. Was nichts mit Schikane zu tun hat, sondern mit der begründeten Angst vor dem Einschleppen fremder Schädlinge. Es folgt die WoF-Inspektion (der »Kiwi-Tüv«) und die Zulassung, und schon kann’s auf die Reise gehen.

Die Frachtkosten unterscheiden sich je nach Spedition beträchtlich. Deshalb ist es ratsam, mehrere Angebote einzuholen. Dazu unbedingt möglichst präzise Angaben über die Fracht machen. Denn nur wer den Speditionen Maße, Volumen und Realgewicht seiner Sendung nennt, bekommt auch verbindliche Preise. Und nicht vergessen, nach allen weiteren Gebühren zu fragen. Die variieren bei Luftfracht zwar nicht so stark wie bei einer Seereise, summieren sich aber auch hier. Um Vergleiche zwischen den einzelnen Anbietern zu ermöglichen, gelten alle in der Tabelle genannten Tarife für die Fracht »XT 660 R in Metallkiste mit 260 Volumenkilo«. Da die Preise ständigen Schwankungen unterliegen, handelt es sich um Richtwerte (Stand November 2005).

Seefracht
Das Schiff ist oft, allerdings nicht immer, günstiger als die Luftfracht, braucht dafür lange. Bis Chile sind mindestens 30 Tage zu veranschlagen, nach Neuseeland 35 bis 40. Wer den Seetransport selbst organisiert, wird über viele versteckte Kosten stolpern. Sind die hiesigen Tarife noch transparent, so fallen am Zielhafen nicht selten zweifelhafte Gebühren an, die im Vorfeld unmöglich kalkuliert werden können. Ausschiffungskosten, Vorführen zum Zoll, Lagergebühren oder Steuern können den eigentlichen Frachtpreis schnell überschreiten. Sind diese Beträge in Ländern wie Neuseeland, Kanada oder Chile noch nachvollziehbar, wandern in Regionen der Dritten Welt etliche Dollar Schmiergelder in andere Taschen, die sich niemals im Voraus berechnen lassen.

Im Gegensatz zur Luftfracht, die von beinahe jeder Spedition abgewickelt werden kann, muss das Motorrad zwecks Verschiffung zum Hafen gebracht werden. Das kann man entweder selber erledigen oder ebenfalls einer Spedition übertragen. Die Kosten dafür hängen von der Entfernung des Wohnorts zum Hafen in Hamburg oder Bremen ab. Je weiter man im Süden wohnt, desto teurer wird es. Als grober Richtwert gelten ab Süddeutschland mindestens 200 Euro. Letztlich gibt es noch unterschiedliche Möglichkeiten für den Seetransport. Manche Speditionen sind zufrieden, wenn der Kunde das komplette Motorrad einfach am Hafen abgibt und darauf vertraut, dass es die Mitarbeiter sorgfältig verladen. Andere Anbieter verlangen die Anlieferung in einer Transportkiste. Am günstigsten wird der Transport, wenn mehrere Motorräder in einen Container verladen werden. Wer also mit Freunden auf die große Reise gehen möchte, sollte sich bei den Speditionen Angebote für den gleichzeitigen Transport aller Motorräder einholen.

Adressen der Spediteure
Beste Erfahrungen machten wir mit der Spedition UTI, die den Transport der XT nach Neuseeland übernahm. In Auckland halfen sehr nette Mitarbeiter bei der Abfertigung. Infos bei UTI, Georg Mikus, Telefon 02241/9518141. Ebenfalls empfehlenswert: MBS-Aircargo in Köln, Stephan Schuster, Telefon 02203/9338411 (Luftfracht). GS-Sportreisen, München, Telefon 089/27818484 (www.gs-sportreisen.de). Bikeworld-Travel, Detmold, Thomas Bergmeier, Telefon 05231/580262 (www.bikeworld-travel.de). Intime, Hamburg, Olaf Kleinknecht, Telefon 040/50751013. Reederei Hamburg Süd, Hartmut Kluge, Telefon 040/37050, Spedition Atege, Karsten Krause, Telefon 0421/8715933.

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MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023