Jahrzehntelang versteckten die Russen das ehemalige Nord-Ostpreußen hinter dem Eisernen Vorhang. Dank Perestroika und erleichterter Reisebedingungen wagten Vater und Sohn eine Reise ins heutige Kaliningrad und in die eigene Vergangenheit.
Jahrzehntelang versteckten die Russen das ehemalige Nord-Ostpreußen hinter dem Eisernen Vorhang. Dank Perestroika und erleichterter Reisebedingungen wagten Vater und Sohn eine Reise ins heutige Kaliningrad und in die eigene Vergangenheit.
Wie ein kleines Häufchen Elend sitzt
er zusammengekauert auf dem
kümmerlichen Rest einer roten Backstein-
mauer. Traurig wandert sein Blick über
die frisch gemähte Wiese hinüber zum Waldrand. Es duftet nach Heu.
»Dieses waren alles mal bestellte Äcker. Sehr fruchtbare Äcker, denn wir hatten guten Boden. Großvater baute
vor allem Getreide an. Bis dort oben
zum Hügelkamm reichte unser Grund.
270 Hektar hatten wir insgesamt.«
Er verstummt. Tränen füllen die Augen, ein Kloß verstopft den Hals, eine unendliche Traurigkeit legt sich schwer auf alle Sinne. Er dreht sich auf der Mauer, zeigt mir nicht sein Gesicht. Mit erstickter
Stimme fährt er fort.
»Drüben auf der anderen Seite der
Inster waren unsere Weiden. Ein paar Kühe und die Pferde Opa hatte ja eine kleine Trakehnerzucht grasten dort.
Da in der Flussbiegung stand eine kleine
Holzbrücke. Von dort aus habe ich die
Tiere als Pimpf oft hüten müssen, damit sie nicht in den Garten oder ins Getreide gingen. Ich war der Erbbauer im Alter von sechs Jahren schon eingetragen.«
Mit leicht zitterndem, gestrecktem
Zeigefinger zeigt er auf die unter uns liegende, Schilf bestandene Bachaue. Mein Vater. Hier ist er vor 71 Jahren geboren worden, hier stand sein Geburtshaus. Es ist nicht viel übrig geblieben davon. Nur ein paar Grundmauern und der Kellereingang des ehemals weiß getünchten, lang gestreckten Bauernhauses lassen dessen Lage noch vermuten. Ebenso wie die kniehohen roten Backsteinreste der Stallungen, in denen man nur noch andeutungsweise die halb verwitterten Mulden der Futtertröge erkennen kann. Inmitten dieses
kleinen Buchenhains hat die Natur schon seit langem wieder die Oberhand gewonnen. Binsen überwuchern die Lichtung,
die einst ein schöner Garten war.
Wir befinden uns in Bagdohnen
oder Rodungen, wie es später nach der Germanisierung durch Hitler hieß, im
nordöstlichen Teil von Ostpreußen. Vor dem Zweiten Weltkrieg war dieses Land der östlichste Zipfel Deutschlands, heute ist das Gebiet des ehemaligen Nordostpreußens die »Oblast Kaliningrad« und fest in russischer Hand.Vor vier Tagen überquerten wir die polnisch-russische Grenze bei Gronowo, die auch in den
heutigen Zeiten noch arg an den eisernen Vorhang erinnert. Selbst als Motorradfahrer mit dem knallblauen Hingucker-
Gespann von Däschlein und der wunderschönen 800er-Sachs-Roadster-Zugmaschine ernteten wir zwar großes Interesse und viele erhobene Daumen, aber vorfahren ließ man uns deshalb
nicht. Gut, dass man auf und in einem Gespann so entspannt sitzen kann. So ließen sich die über drei Stunden Stop
und Go bis zum achten und letzten
Stempel im Pass aushalten. Erstaunlich freundlich empfing uns eine frisch geteerte, wunderschöne Allee, die mit ihren mächtigen Bäumen angenehm kühlen Schatten spendete. Sie begleitete uns bis an den Stadtrand von Kaliningrad.
Ein riesiges, sowjet-typisches Monumental-Ortsschild mit verblichenem
güldenem Anker reißt uns schroff aus
dem rhythmischen Wechselspiel von Licht und Schatten und den in die Ferne entführten Gedanken. Hier herrscht die bittere Realität des sozialistischen Verfalls.
Als diese Stadt noch Königsberg hieß,
lebte und wirkte hier Immanuel Kant, einer der bedeutendsten deutschen Denker und Philosophen. Man sagt, er habe Königsberg Zeit seines Lebens nicht verlassen, denn hier fand er alles, was er zum Leben brauchte und so sehr liebte: Schönes in geregelter Ordnung. Die Stadt war einmal die Perle des preußischen Ostens.
Wer heute nach den Spuren dieses Königsbergs sucht, der wird enttäuscht. Was im Krieg nicht dem Erdboden gleichgemacht wurde, wurde später mutwillig zerstört oder einfach abgewohnt. Schließlich ersetzte man die alten Gemäuer durch Plattenbauten so weit das Auge reicht. Sechsspurige Schnellstraßen schlagen Schneisen in die monotonen Siedlungen, wirken wie deplatzierte Landebahnen,
gebaut allein für einen Zweck: dem prunkvollen Protzen mit allem, was das russische Militär zu bieten hatte. Sie führen aus östlicher Richtung hinein in diese Retorte einer Betonstadt bis zu dem kuriosen Mahnmal des Verfalls der Sowjetunion:
der Bauruine des Hauses der Räte. Es wurde quadratisch angelegt und mit vielen Balkonen zur gebührenden Abnahme der vorbeiziehenden Truppenparaden praktisch ausgestattet. Gut zwanzig Stock-
werke hoch steht es an der Stelle des
alten Schlosses und zwar schief, weil dummerweise auf Sand gebaut. Wie so manches im sowjetischen Sozialismus.
Heute steht wenigstens der alte Backsteindom wieder in voller Pracht auf der Pregelinsel. Er wurde seit 1992 restauriert und ist mittlerweile fertig gestellt. Gegenüber, am anderen Ufer, verrostet sym-
bolträchtig ein Torpedoboot als Denkmal für die glorreiche sowjetische Marine.
Ein wunderbares Bild des aktuellen Umschwungs in der Stadt: Der Sozialismus
ist tot, es lebe die Vergangenheit. »Gebt
uns unsere Geschichte zurück«, lautet denn auch ein Aufruf der jüngeren Einwohnerschaft. Laut einer Umfrage wollen viele der hier lebenden Russen lieber wieder den historischen preußischen Stadtnamen zurückhaben als dem nun als Staatsverbrecher entehrten Kalinin weiter zu huldigen.
Die Stadt ist schnell besichtigt. Ein,
maximal zwei Tage reichen für diese noch immer offene Wunde aus dem Zweiten Weltkrieg. Und auf der Ausfallstraße nach Osten ist man eigentlich auch schnell
wieder draußen aus Kaliningrad. Allerdings ist das leuchtend blaue Gespann schon von weitem als Exot auszumachen. Mit dem üppig aufgetragenen, in der Sonne grell glänzendem Chrom zieht es durch Ostpreußen hell strahlend wie ein Komet.
Und Polizisten an wie das Licht die Motten. Bei manch einem Uniformierten ist es die reine Neugier, bei anderen
eher der Versuch, ein paar Devisen zu
kassieren. Doch Freundlichkeit hilft meist weiter, dazu kommt der Respekt vor dem Alter. Sobald Vaddern den Helm abnimmt, dürfen wir eigentlich immer gleich weiterziehen. Es hilft darüber hinaus, dass die angenehmste Geschwindigkeit für den schwer an dem vollen Gespann zerrenden 58-PS-Motor zwischen 80 und 90 km/h liegt. So können uns auch die hochmodernen Laserpistolen nichts anhaben
Geschwindigkeitsdelikte sind kaum zu schaffen. Nach einigen Unterbrechungen gelangen wir schließlich zum östlichsten Punkt unserer Reise nach Göritten.
Wir stoppen an einer Kreuzung und Papa hält eine Postkarte in der Hand mit der Aufschrift »Gruß aus Göritten«. Man kann das Lengwenussche Haus erkennen.
Leider nur auf dem vergilbten Foto.
»An dieser Stelle stand Vaters Lebensmittelgeschäft mit Kohlenhandlung
und Gastwirtschaft. Davor hatten wir sogar eine Zapfsäule von Shell. Somit waren
wir unumstrittenes Dorfzentrum neben der Kirche, die sonntags morgens natürlich fast genauso gut besucht wurde wie
anschließend unsere Gaststätte.«
Ganz in der Nähe von Göritten, heute Puschkino, liegt Trakehnen mit seinem
früher weltberühmten Gestüt. Ein touristisches Muss, denn hier wurden die typisch ostpreußischen und sehr zuverlässigen Halbblüter, die nicht nur in der damaligen Landwirtschaft unverzichtbar waren,
gezüchtet. Sie sollten nach dem Auftrag
Friedrich Wilhelm des Ersten von 1732 tauglich sein für Kavallerie, den Pflug
und internationale Reitturniere, außerdem leicht zu trainieren und niemals schwitzen. Sehr vielseitige Pferde also, die das gewiefte Bauernvölkchen in dieser Region herangezogen hatte.
Eine bestens präparierte Schotterallee, früher Chaussee genannt, führt sanft den Hügel hinauf nach Westen. Entgegen meiner Befürchtung, die Schotterpiste könnte unserem Sportgespann allzu arg zusetzen, erweist sich der steinige, jedoch topfebene Belag als vertrauenswürdiger und ehrlicher als der geteerte, weil er keine fiesen Schlaglöcher mit scharfen, reifenmordenden Kanten hat dafür schüttelt
es uns permanent durch. Auch Papa
leidet, weil das Beiboot arg hart gefedert ist. Links und rechts der schmalen Allee macht sich ungenutztes, von mannsho-hen Disteln und Gräsern zugewuchertes Brachland breit. Es kümmert sich keiner drum, denn es gehört ja keinem. Die wenigen noch funktionierenden landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften schaffen es gerade so, ihre eigenen Leute zu ernähren. Wer aus seinem privaten Garten etwas übrig hat, Kartoffeln,
Kirschen oder Kohl, der verkauft es am Wegesrand für ein paar Rubel.
Vor dem Krieg war Ostpreußen die Kornkammer Deutschlands. Zwei Drittel der Getreideproduktion wurden heim
ins Reich geliefert. Heute müssen die
Kaliningrader zwei Drittel des eigenen Bedarfs importieren, produzieren also nur
einen Bruchteil des Möglichen und das mit modernstem Gerät! Ironie des Schicksals, dass trotz dieses eklatanten Rückschritts der Landwirtschaft auf den leider nur vereinzelt zu sehenden, mächtigen grünen Traktoren in großen fetten Lettern der Name FORTSCHRITT prangt. Zu-
mal eben dieser auch beim einstigen
deutschen Bruder, der DDR, nicht mehr gefertigt wird.
»Großvater war früher ab und zu
in Trakehnen auf dem Gestüt, um unsere Stuten decken zu lassen. Er erzählte
uns immer gerne vom berühmtesten aller Deckhengste, dem Tempelhüter, der
Vater von Tausenden von Trakehnern ist. Dem Stolz der gesamten Zucht wurde
auf dem Gestüt selbstverständlich ein Denkmal gesetzt.«
Auch hier, im heutigen »Jasnaja Poljana«, übersetzt die »helle Lichtung«, liegt vieles im Argen, in Schutt und Ruinen. Das Gestüt ist seit dem Kriege aufgelöst und auf dem ehemaligen Gutsgelände wohnen nur noch ein paar ärmliche Landarbeiter sowie eine Hand voll arbeitsloser Alkoholiker. Sie schicken ihre Kinder,
damit diese Laubsägearbeiten mit altehrwürdigen Trakehner Devotionalien, wie
die Elchschaufel als Brandzeichen oder die Nachbildung der Statue des Tempelhüters, für gutes Geld an den Mann
bringen. Die hoffnungslosen Kinder interessieren sich nicht einmal mehr für
das Motorradgespann.
»Es macht traurig zu sehen, wie heruntergekommen die alte Heimat ist. Das, was wir heute vorfinden, hat nur noch ganz entfernt mit dem Ostpreußen in meinem Kopf zu tun. Zwar verblassen mit der Zeit auch die Erinnerungen, aber sie verfallen nicht. Ich hege Gedanken an eine andere Welt, als das Leben noch friedlich und voll kindlicher Freude war. Schon die Ortsnamen klingen wie aus einer anderen Welt. Getauft wurde in Lasdehnen, zur Schule ging es in Stallupönen, und die große Kreisstadt hieß Pillkallen. Bis es
sich Hitler dann irgendwann anders überlegte und daraus Haselberg, Ebenrode und Schloßberg machte.«
Und heute? Krasnoznamensk,
Nesterov und Dobrovolsk. Nur an dem Namen Rodungen, vormals Bagdohnen, hat der letzte Krieg nichts mehr ge-
ändert. Denn diesen Ort gibt es einfach nicht mehr. Papa steigt auf einen Mauerrest seines Geburtshauses und zeigt
nach Nordosten.
»In dieser Richtung lag die Grenze etwa zehn Kilometer entfernt. Von dort
näherte sich mit Riesenschritten die
russische Armee, nachdem die Ostfront zerschlagen war und sich die deutschen Soldaten auf dem schnellen Rückzug befanden. Ein bisschen schneller nur, dann hätte man es auch Flucht nennen können. Aber Hitler hatte zunächst allen Zivilisten jegliche Fluchtvorbereitung untersagt, und den Soldaten in Ostpreußen befohlen, das Land nicht leichthin preiszugeben und zu kämpfen bis zum letzten Mann. Es wurden eigene Soldaten erschossen, nur weil
sie in die falsche Richtung marschierten vom Feinde weg.«
Während Vater erzählt, hole ich die letzte Ernte vom ehemaligen Boden unserer Familie ein. Entlang der Mauerreste
der Pferdeställe wachsen Walderdbeeren.
Man muss nicht zart besaitet sein, um
in Papas Worten zu spüren, wie schlecht
er sich angesichts des Zustands, oder besser des nicht mehr Vorhandenseins, seiner Geburtsstätte fühlt.
»Im Juli gab es dann ,Schulferien bis auf weiteres , und Ende August schließlich wurden die Bewohner grenznaher
Gebiete vorübergehend umgesiedelt. So nannte man das, denn Evakuierung hätte zu sehr nach Niederlage geklungen. Der Führer redete ja immer noch vom End-
sieg! Mit gemischten Gefühlen verließen wir mit insgesamt 16 zum Haushalt zugehörigen Personen und all unserem Hab und Gut auf drei Leiterwagen und einem DKW Meisterklasse verteilt das Haus.
Keine zwanzig Kilometer westlich von hier wurden wir auf dem Gut Kattenhof bis
auf Abruf untergebracht. Bis zu dem Zeitpunkt hofften wir noch, bald nach Hause zurückkehren zu können. Doch es sollte über 60 Jahre dauern!«
Auch wir wollen weg, wollen der unschönen Vergangenheit und den traurigen Erinnerungen entfliehen. Durch die mannshohen Binsen bahnen wir uns einen Weg zurück zum Motorrad, das mit seinem unbedarft leuchtenden Blau so gar nicht
in diese Geschichte passt. Es parkt genau unter jenem Baum, der fest verwurzelt, aber einsam und verlassen für die Heimat meines Vaters steht. Mühsam fahren wir im Trialstil auf dem holprigen Wiesenweg entlang der Inster bis zu einem Feldweg, den wir dankbar und mit viel Gas unter
die Räder nehmen. Das Gespann sieht aus wie ein Aufsitz-Rasenmäher nach schwerer Arbeit. Wir folgen dem Weg, den auch die zahllosen Flüchtlings-Trecks in Richtung Westen nahmen.
»Für viele war es zu spät, den Weg nach Süden einzuschlagen, denn auch von dort fielen die russischen Truppen bereits in Ostpreußen ein. Viele flohen deshalb in Richtung Königsberg und mussten dann, als man von weitem schon sah, dass dort die Bomben einschlugen und alles brannte, nördlich um die Stadt herum. Es gab nur noch den Ausweg über Pillau. Von
dort aus konnte man eventuell und mit
viel Glück auf irgendeinem Schiff einen Platz ergattern und entkommen...«
Heute ist das kurische Haff mit seinen kilometerlangen Stränden, ausgedehnten Kiefernwäldern und dem erfrischend
sauberen Wasser der Ostsee das beliebteste Ausflugsziel der Kaliningrader. Als eines der beschaulichsten und selbst vom heimischen Tourismus noch weitgehend verschonten Fleckchen Erde gilt das Ostufer des Binnenmeeres, welches durch
die als Nehrung bezeichnete Landzunge im Westen von der offenen Ostsee abgetrennt ist. Ein schnurgerader Kanal, früher Friedrichsgraben genannt, führt uns auf einer einspurigen Straße mit Ausweichbuchten bis nach Elchwerder, wo wir an einer primitiven Pontonbrücke über den Fluss Laukne Maut bezahlen müssen. Zehn Rubel werden verlangt. Wie automatisch verlange ich nach einer Quittung, ohne darüber nachzudenken, dass es
hier gerade mal um 30 Cent geht.
Während der Brückenwärter mit der verfluchten Technik eines Neun-Nadel-Computerdruckers hadert, beobachten wir vier quicklebendige Mädchen, die sich einen Spaß daraus machen, immer wieder von der Brücke in das glasklare Wasser hinabzuspringen. Durch uns angespornt, kommt es im Verlauf der »Vorführung« auch zu vereinzelten Überschlägen und Kopfsprüngen in Viererformation. Es ist schön, nach all der Tristesse nun wieder kindliche Ausgelassenheit und Freude
zu erleben.
Gleich hinter der Brücke wird es fahrerisch anspruchsvoll. Die Straße besteht nur noch aus Tiefsand, den es mit viel Schwung und voll gespanntem Gasgriff
zu durchpflügen gilt. Deshalb also bleibt Gilge vom Tourismus verschont, für Busse ist an der Brücke schon Schluss. Und
es sind noch drei tiefsandige Kilometer
bis ins verschlafene Paradies. Direkt an die romantischen Ufer der beschaulich fließenden Gilge. Wir lassen uns an einem Bootshaus nieder, genießen die Sonne und die ungestörte Ruhe und vergessen
in dieser Idylle völlig die Zeit.
Die schweren Gedanken fliegen so
rasant davon wie die Mauersegler über unseren Köpfen. Als die Sonne untergeht und die grünen Ufer der Gilge mit ihren bunten Ruderbooten in ein magisches, goldenes Licht taucht, murmelt Papa:
»Eine schöne Stimmung für meinen endgültigen Abschied von Ostpreußen.
Es war schön, diese Reise mit dir ge-macht zu haben, mein Sohn. Sie hat mir geholfen, endlich mit der Vergangenheit abzuschließen. Aber jetzt möchte ich
dahin, wo ich wirklich hingehöre. Zu deiner Mutter nach Hause!
Die russische Enklave
Kaliningrad war nach dem Krieg lange für westliche
Besucher weitgehend abgeschirmt. Die Perestroika
vereinfachte die Visumserteilung, seither ist die Grenze relativ leicht passierbar.
D Anreise
Am einfachsten gehts ab Berlin auf der A 11 nach Szczecin (Stettin) und dann quer durch Polen Richtung Elblag zum westlichsten Grenzübergang nahe der Küste. Achtung: Auf der Fahrt durch Polen ist eine gültige grüne Versicherungskarte unerlässlich. Schon eine abgelaufene kann zur Beschlagnahmung des Fahrzeugs führen.
D Einreise
Relativ einfach ist die Einreise von Polen über den Grenzübergang bei Gronowo (Grünau). Tipp: Im nahe gelegenen Küstenort Frombork abends anreisen und früh am nächsten Morgen mit den wenigen Frühaufstehern zügig die Grenze passieren. Später muss mit Wartezeiten von bis zu vier Stunden gerechnet werden. Umgekehrt bietet sich eine letzte Übernachtung in Mamonovo (Heiligenbeil) an. Nach der Einreise kann man sich im Land selbst, außer in Sperrgebieten, vollkommen frei bewegen.
D Formalitäten
Zur Einreise nach Kaliningrad ist ein Visum erforderlich, das von der russischen Bot-schaft oder den Konsulaten ausgestellt wird. Aber nur, wenn eine persönliche Einladung eines Kaliningrader Einwohners vorliegt
oder die Unterkünfte von einem anerkannten Reiseveranstalter vorgebucht sind. Nähere Informationen über Visum und Kosten erteilt die russische Botschaft unter www.russische-botschaft.de oder Telefon 030/226511-84.
Wir haben gute Erfahrungen mit der Firma Schnieder Reisen aus 22767 Hamburg gemacht, die alle Formalitäten abgewickelt hat. Telefon 040/3802060 oder E-Mail info@baltikum24.de.
D Sehenswürdigkeiten
Natürlich gibt es auch in Kaliningrad
(Königsberg) einiges zu entdecken. Leider sind die Zeugnisse des alten Ostpreußens
zum großen Teil vernichtet worden. Ausnahme:
Der berühmte Dom zu Königsberg ist nach
der gelungenen Renovierung wieder schön
anzuschauen und zu besichtigen. Und die
Restaurierung der Königsberger Stadttore ist auch schon im Gange. In jedem Fall beein-
druckend ist zudem die fast unberührte Natur, zum Beispiel rund um das Kurische Haff, sowie
die Bernsteinküste, Hauptausflugsziel auch
für die Kaliningrader.
D Das Motorrad
Das Sachs-Roadster-Gespann stammt aus der Gespannschmiede Theo Däschlein. Als Basis dient die Sachs Roadster 800 mit dem aus der Suzuki VX 800 bekannten V-Twin. Die 58 PS reißen keine Bäume aus, überzeugen aber mit guter Laufkultur, einem schönen Drehmomentverlauf und einem wunderbar dumpfen, satten Sound. Bei einem Tempo von knapp unter
100 km/h fährt es sich am schönsten und schont nebenbei die Unterarme. Der Preis
des Komplettfahrzeugs liegt inklusive Aufbau und Lackierung bei 15550 Euro. Nähere Infos
bei Theo Däschlein, Ansbacher Strasse 57, 91572 Bechhofen. Telefon 09822/7556 oder www.daeschlein.de.
D literatur
In der Kürze sehr umfassend und informativ ist der Marco-Polo-Reiseführer »Königsberg und Ostpreußen Nord« mit nützlichem
Kartenteil für 7,95 Euro. Das kleine Format passt zudem in jeden Tankrucksack. Eine
sehr gute Karte kommt vom Höfer-Verlag und heißt »Nördliches Ostpreußen«. Darin sind Ortsbezeichnungen meistens in Deutsch,
Ostpreußisch und Russisch angegeben und auch die nicht mehr vorhandenen Vorkriegs-Siedlungen werden aufgeführt. Bei Ver-
ständigungsproblemen hilft der Marco-Polo-Sprachführer »Russisch« gut, da er über
viele »Bilder zum Zeigen« verfügt. Einen guten Einstieg in die geschichtlichen Hintergründe »der Flucht der Deutschen« bietet das gleichnamige Spiegel special. Wer sich vorab
literarisch ein wenig auf die Region ein-
stimmen möchte, wird, wie auch in Sachen
Reiseführer und Karten, beispielsweise
bei www.amazon.de unter dem Stichwort
»Reiseführer Ostpreußen« fündig.