Wer jetzt in die Berge fährt, erlebt die Alpen im strahlend weißen Übergang vom Winter zum Sommer. Gute Vorbereitung ist für solche Touren allerdings besonders wichtig.
Wer jetzt in die Berge fährt, erlebt die Alpen im strahlend weißen Übergang vom Winter zum Sommer. Gute Vorbereitung ist für solche Touren allerdings besonders wichtig.
Dieses Jahr ist rekordverdächtig! Wann ließ sich bislang im März und April so ausgiebig und unbeschwert Motorradfahren? 25 Grad am 12. April 2007, eine Woche nach Ostern – für Meteorologen beginnt ab dieser Temperaturmarke der Sommer. Lassen wir das Thema Klimawandel jetzt mal außen vor – angenehm ist zweifelsohne, dass viele Pässe, die sonst um diese Zeit noch unter einer dicken Schneepackung ruhen, bereits freie Fahrt bieten. Wo schon was geht und welche Strecken dennoch bis im Juni zu sind, zeigen Karte und Tabelle rechts. Nur kurzfristige Tagesperrungen oder unerwartete Wintereinbrüche nach Redaktionsschluss konnten nicht berücksichtigt werden. Im Zweifelsfall die empfehlenswerte Webpage des ÖAMTC aufrufen: www.oeamtc.at.
Sobald eine realisierbare Route ausgemacht ist, gilt es den nächsten – hochwichtigen – Faktor abzuchecken: das Wetter. Zu dieser Jahreszeit sollte man in den Alpen keine Kompromisse eingehen. Denn ein harmloser Aprilschauer, der im Pfälzer Wald oder am Lago Maggiore noch locker von der Kombi perlt, kann in den Bergen unter Umständen größere Probleme verursachen. Wer also angesichts eines anrollenden Tiefdruckgebiets unbedingt in höhere Lagen aufsteigen will, muss damit rechnen, in dem romantischen Hotel auf der Passhöhe unvermittelt inmitten neuschneeweißer Winterpracht aufzuwachen – und vor der Rutschpartie seines Lebens zu stehen. Aber auch wenn es nicht gerade schneit: In hochalpinen Gefilden sind trockene Straßen entscheidend für Fahrspaß und Sicherheit.
Glücklicherweise hat sich hinsichtlich der Wetterprognosen in den letzten Jahren vieles verbessert. Dank immer präziserer Messmethoden können die Wetterdienste auch im meteorologisch komplizierten Alpenraum recht zuverlässig die künftigen Wetterereignisse vorhersagen. Dazu ist es ratsam, die täglichen Nachrichtensendungen (Wetter im Ersten, Heute, Tagesschau, Tagesthemen) über eine längere Zeitspanne zu verfolgen, um den richtigen Moment abzupassen. Ebenfalls hilfreich: www.wetteronline.de und www.meteoalpin.com.
Nähert sich eine Hochdruckzone, können die Koffer gepackt werden. Kurzfristige Quartierbuchungen sind im gesamten Alpenraum außerhalb der sommerlichen Hochsaison kein Thema, da stets freie Kapazitäten anzutreffen sind (wer das Hotel-Booklet von Heft 8/07 verpasst hat, kann dies in der Redaktion unter Telefon 0711/182-1225 nachbestellen).
Besonderes Augenmerk verdienen im Frühling die Bodenverhältnisse. Auf vielen frisch geräumten Strecken können noch Geröllreste hinter den Kurven lauern und tückische Schmelzwasserbäche aus Schneeresten am Straßenrand sickern. Vor allem in schattigen Höhenlagen sowie in den frühen Morgenstunden und am Abend bilden sich dadurch mitunter gefährliche Eisplatten. Grundsätzlich erwärmen sich die Reifen auf kaltem Asphalt schlechter und bieten in kühlen Höhen deutlich weniger Grip als in sonnig-warmen Tälern.
Wie sich der Mensch mit moderner Bekleidungstechnik gegen die Temperaturschwankungen wappnen kann, die durch die riesigen klimatischen Unterschiede entstehen – Tausende von Höhenmetern
trennen verschneite Gipfelzonen von sommerlichen Tälern –, zeigen die Beispiele rechts. Wer sich außerdem ein paar Heizgriffe gönnt, um noch in der 97. Kehre genügend Griffgefühl zu behalten, kann jetzt getrost bei der nächsten Hochdruckperiode starten. Und sollten sich die Alpen zum geplanten Reisewochenende nun doch absolut unpässlich zeigen – dann einfach Plan B zünden: Entweder einen der eingezeichneten Tunnels anpeilen und direkt zur Alpensüdseite durchbrennen. Oder, noch komfortabler, die Maschine auf die Bahn verladen. Welche Ziele zu welchem Preis erreichbar sind, zeigt die Tabelle gegenüber. Was immer Sie tun - wir wünschen viel Vergnügen.
Nr. Name (Maut) Höhe Verbindung Wintersperre
1 Col d’Allos 2250 m Barcelonnette/F–Colmars/F Ende Nov.–Ende Mai
2 Col de la Cayolle 2326 m Barcelonnette/F–Guillaumes/F Nov.–Anf. Mai
3 Col de la Bonette 2802 m Barcelonnette/F–Isola/F Mitte Okt.–Juni
4 Col de Vars 2109 m Guillestre/F–Barcelonnette/F keine
5 Col d’Izoard 2360 m Briancon/F–Guillestre/F Okt.–Anf. Juni
6 Col de Montgenèvre 1850 m Sestriere/I–Briancon/F keine
7 Col du Galibier 2645 m St.-Jean-de-Maurienne/F–Briancon/F Ende Okt.–Mitte Juni
8 Col de la Croix-de-Fer 2086 m St.-Jean-de-Maurienne/F–Grenoble/F Mitte Nov.–Anf. Juni
9 Col du Mont Cenis 2083 m Susa/I–Lanslebourg/F Mitte Nov.–Anf. Mai
10 Col de l’Iseran 2770 m Val d’Isere/F–Lanslebourg/F Ende Okt.–Ende Juni
11 Kl. St. Bernhard-Pass 2188 m Courmayeur/I–Moutiers/F Okt.–Juni
Alternative: Mont Blanc-Tunnel (21,10 o)
12 Gr. St. Bernhard-Pass 2473 m Martigny/CH–Aosta/I Nov.-Mitte Juni
Alternative: St. Bernhard-Tunnel (11,00 o)
13 Col de la Forclaz 1526 m Martigny/CH–Chamonix/F keine
14 Col de la Croix 1778 m Gstaad/CH–Monthey/CH Ende Okt.–Anf. Mai
15 Simplonpass 2005 m Brig/CH–Domodossola/I keine
16 Nufenenpass 2478 m Airolo/CH–Brig/CH Nov.–Mitte Juni
17 Grimselpass 2165 m Gletsch/CH–Innertkirchen/CH Okt.–Mai
18 Furkapass 2436 m Andermatt/CH–Brig/CH Okt.–Ende Mai
19 St. Gotthard-Pass 2109 m Göschenen/CH–Airolo/CH Mitte Nov.–Ende Mai
Alternative: St. Gotthard-Tunnel (Vignette)
20 Oberalppass 2045 m Disentis/Muster/CH–Andermatt/CH Ende Nov.–Mitte Mai
21 Sustenpass 2224 m Innertkirchen/CH–Wassen/CH Anf. Nov.–Mitte Juni
22 Pragelpass 1550 m Schwyz/CH–Glarus/CH Nov.–Mai
23 Klausenpass 1948 m Altdorf/CH–Glarus/CH Okt.–Mai
24 Lukmanierpass 1940 m Disentis/Muster/CH–Olivone/CH keine
Achtung: Nov.–Mai Nachtsperre 18.00–8.00 Uhr
25 San Bernardino-Pass 2066 m Splügen/CH–Bellinzona/CH Mitte Nov.–Mitte Juni
26 Splügenpass 2118 m Splügen/CH–Chiavenna/I Mitte Nov.–Mitte Mai
Alternative zu 25, 26: San Bernardino-Tunnel (Vignette)
27 Malojapass 1815 m Silvaplana/CH–Chiavenna/I keine
28 Julierpass 2284 m Tiefencastel/CH–Silvaplana/CH keine
29 Albulapass 2315 m St.Moritz/CH–Chur/CH Dez.–Mitte Mai
30 Berninapass 2330 m Tirano/I–St.Moritz/CH keine
31 Passo di Foscagno 2291 m Bormio/I–Livigno/I keine
32 Fluelapass 2383 m Davos/CH–Susch/CH Dez.–Anf. Mai
Nr. Name (Maut) Höhe Verbindung Wintersperre
33 Silvretta (10,50 o) 2032 m Bludenz/A–Landeck/A Mitte Nov.–Mitte Mai
34 Hochtannbergpass 1676 m Warth/A–Schröcken/A Dez.–März
35 Reschenpass 1508 m Landeck/A–Schlanders/I keine
Achtung: Baustelle, Staugefahr bis voraussichtich 30. 7. 2007
36 Ofenpass 2149 m Zernez/CH–Sta. Maria/CH keine
37 Umbrailpass 2503 m Sta. Maria/CH–Bormio/I Anf. Nov.–Anf. Juni
Achtung: 1. 7.–30. 9. Nachtsperre 22.00–6.00 Uhr, sonst 20.00–6.00 Uhr
38 Stilfser Joch 2757 m Schlanders/I–Bormio/I Nov.–Mitte Juni
39 Gaviapass 2621 m Bormio/I–Edolo/I Okt.–Juli
40 Hahntennjoch 1884 m Elmen/A–Imst/A Nov.–Ende Mai
41 Fernpass 1209 m Füssen/D–Landeck/A keine
42 Timmelsjoch (11,00 o) 2500 m Imst/A–Meran/I Mitte Okt.–Mitte Mai
Achtung: Nachtsperre 20.00–7.00 Uhr; Alternative: Reschenpass
43 Jaufenpass 2094 m Sterzing/I–Meran/I keine
Achtung: Nachtsperre 18.00–8.00 Uhr
44 Penser Joch 2211 m Sterzing/I–Bozen/I Mitte Nov.–April
Achtung: Nachtsperre 17.00–7.00 Uhr
45 Brennerpass 1374 m Innsbruck/A–Sterzing/I keine
Alternative: Brennerautobahn (8 o)
46 Sella Joch 2240 m Kastelruth/I–Moena/I keine
47 Grödner Joch 2137 m Kastelruth/I–Cortina d’Ampezzo/I keine
Achtung: Derzeit Sperrung von 15.00–21.00 Uhr
48 Passo di Falzarego 2117 m Cortina d’Ampezzo/I–Canazei/I keine
49 Kreuzbergpass 1636 m Toblach/I–Sappada/I keine
50 Staller Sattel 2052 m Matrei in Osttirol/A–Bruneck/I Nov.–Ende Mai
Achtung: Nachtsperre 22.15–5.30 Uhr; wechselnder
Regen auf der Anreise, kalter Wind auf dem Pass, Sonne in Oberitalien. Wer zur ersten Tour Richtung Süden aufbricht, sollte sich bei der Fahrerausstattung auf vieles vorbereiten. MOTORRAD gibt Tipps, worauf zu achten ist.
Gore-Tex hin oder her: Ohne die richtige Unterbekleidung bringt der ausgefeilteste Textilanzug nichts. Baumwoll-T-Shirt oder Lieblingssweater haben unten drunter nichts zu suchen. Kommt man ins Schwitzen, saugen sich diese Stoffe schnell voll. Schon bald tritt der sogenannte Kühlschrankeffekt ein. Die Feuchtigkeit verdunstet, man beginnt zu frösteln. Fürs Wohlbefinden muss spezielle Funktionsunterwäsche her, die Körperschweiß erst gar nicht aufnimmt und stets trocken bleibt. In MOTORRAD 4/2007 haben wir 16 Wäsche-Sets getestet. Für Alpentouristen sind Unteranzüge für mittlere Temperaturen (Köhler, Microtex, Vaude Thermobase) zu empfehlen. Die Preise liegen zwischen 50 und 150 Euro.
Eine wasserdichte Textilkombi gehört zur Alpenüberquerung dazu. Anzüge, die länger in Gebrauch sind, sollten regelmäßig gewaschen (ohne Weichspüler!) und anschließend unbedingt imprägniert werden. So wird vermieden, dass Schmutz die Klimamembrane beschädigt und sich der Anzug bei Regenfahrten mit Wasser voll saugt. Wer einen Neukauf plant: In MOTORRAD 9/2007 gab’s einen High-End-Kombi-Vergleich, dabei die BMW Comfort Shell (Foto), deren Klimamembrame sich wechselnden Temperaturen anpasse.
Wer Höhenmeter macht, braucht auf kalten Pässen ein dickes Fell. Unten im Tal gerät man aber schnell ins Schwitzen. Für solche Gelegenheiten hat sich die Luftkammerweste »Airvantage« (ab 240 Euro im Fachhandel) bewährt, deren Isolation sich unterschiedlichen Temperaturen anpassen lässt: Bei Kälte pustet man Luft in die Kammern, wird es wärmer, lässt man sie wieder ab.
Schnelle Wechsel aus Licht, Schatten und Dunkelheit bei Tunnelpassagen oder Wechselkehren: Die Sonne ist tückisch in den Bergen. Ein getöntes Visier hilft wenig. Besser ist, den Helm mit einem Blendschutz (Foto links) nachzurüsten (20 Euro, bei Detlev Louis). Gegen das Beschlagen bei Regen oder Kälte hilft ein nachrüstbares Innenvisier (Foto rechts, ab 20 Euro).
25 Städte zwischen Norddeutschland und Süditalien stehen auf dem DB-Autozug-Fahrplan 2007. Dass die Züge mehr und mehr Motorräder transportieren, konnte die Bahn zwar noch zu keiner Namensänderung bewegen, aber »wir Biker« sind ja bekanntermaßen tolerant. Bei den stattlichen Tarifen wären Korrekturen allerdings sehr willkommen. Wenngleich sich nach Aufrechnung von Sprit-, Maut-, Abnutzungs- und eventuellen Übernachtungskosten bei »eigenhändiger« Anreise manches relativiert.
Die unten aufgeführten Preise gelten für eine Person inklusive Motorrad in der Vor- und Nachsaison. Haupt- und Nebensaison schlagen rund 20 Prozent höher beziehungsweise niedriger ein. Gereist wird in Liegewagenabteilen, die man sich mit vier Personen teilt (die Abteile, nicht die Liegen). Wer es komfortabler mag, bucht ein eigenes Schlafwagenabteil mit Dusche und WC, dafür ist dann das bis zu Zweieinhalbfache der angegebenen Tarife fällig. Kurzentschlossene fahnden nach Last-Minute-Angeboten, und ganz Pfiffigen ist vielleicht sogar ein sogenannter Schnellbucher-Preis vergönnt, der die Motorrad-Transportkosten auf 9,90 Euro drückt, egal, wohin die Reise geht. Weitere Infos: an allen größeren Bahnhöfen, unter Telefon 01805/241224 und auf www.dbautozug.de.