Die unzähligen Kurven im Weserbergland machen Laune. Dabei einer alten Triumph mit ihrem satten Sound zu folgen, steigert den Genuss noch weiter. Das erfuhren eine Handvoll Freunde zwischen Bodenwerder und Hameln.
Die unzähligen Kurven im Weserbergland machen Laune. Dabei einer alten Triumph mit ihrem satten Sound zu folgen, steigert den Genuss noch weiter. Das erfuhren eine Handvoll Freunde zwischen Bodenwerder und Hameln.
Kurze Begrüßung. Alles geht ganz schnell. Viel zu schnell, um ausführlich die Triumph Bonneville, Baujahr 1963, zu begutachten, mit der Achim angereist ist. Aber schließlich wollen wir fahren und nicht quatschen. Zumindest in diesem Moment. Wir, das sind Uwe im Sattel einer alten Honda CB 750 four, Melli mit ihrer Kawasaki W 650, Inge auf Yamaha XS 650 und Miriam und ich mit unseren Suzuki Bandit. Gemeinsam soll es auf Tour durch das Weserbergland gehen.Achim malträtiert den Kickstarter, der Druck seiner Auspuffgase mein Visier, und los gehts. Linkskurve, langgestreckt, dann eine enge Rechtskehre. Anschließend das Gleiche wieder von vorn. Oder umgekehrt. Die Kurven und Kehren nehmen keine Ende, Landstraßen wie aus dem Bilderbuch. Stark. Und Achim mit seinen 50 PS aus den 650 Kubik seiner Bonnie vorweg. So flott, dass ich meine Bandit richtig rannehmen muss. Jedenfalls bis zur Fähre bei Daspe, die an einem Hochseil hängt und gemächlich von der Strömung der Weser ans gegenüberliegende Ufer getrieben wird. Eine willkommene Verschnaufpause.Auf der anderen Fluss-Seite gehts weiter in Richtung Bodenwerder, der Heimat von Karl Friedrich Hieronymus Freiherr von Münchhausen. Seine Geschichten, wie etwa die, dass er auf einer Kanonenkugel geritten sei, waren zwar frei erfunden, aber den Lügenbaron gabs tatsächlich. In Bodenwerder soll er von 1702 bis 1797 gelebt haben, und so erinnert im Ort einiges an den Aufschneider. Wir halten trotzdem nur kurz. Zum einen ist es zu früh für eine Pause, zum anderen zu voll. In der historischen Stadt sind bereits etliche Reisegruppen unterwegs, Busse blockieren die Zufahrtsstraßen. Uns steht der Sinn nach freier Fahrt auf Landstraßen.Wie etwa auf der kurvenreichen Strecke zwischen Polle und Köterberg. Zwar kein alpiner Riese, aber mit einer Höhe von fast 500 Metern einer der ganz Großen in dieser Region. Dazu eine Auffahrt, die wahrlich ein Vergnügen ist. Nicht ohne Grund ist der Aussichtspunkt ein beliebter Motorradtreffpunkt. Der richtige Ort für eine Pause mit Kaffee und Kuchen. Und mit einem tollen Fernblick sofern das Wetter mitspielt. Heute ist ist es zu dunstig, um bis zum Harz zu schauen, aber immerhin reicht der Ausblick über die nahen Hügel, durch die wir gerade gefahren sind. Dass der Weg auf den Köterberg eine Sackgasse ist, bedauern wir in diesem Fall keineswegs. So gibts gleich doppelten Fahrspaß, einmal rauf und einmal runter.Leitwolf Achim steuert seine Bonneville gen Höxter. Eine hübsche Stadt, geprägt durch Fachwerkhäuser. Qurlig und geschäftig. Verwinkelt und kunterbunt. Wir werfen einen kurzen Blick in die engen Gassen, fahren aber noch ein kleines Stück weiter, bis zum Kloster Corvey, das bereits vor über 1000 Jahren das religiöse Zentrum der Region war. Heute beherbergt dieser prächtige Bau ein Museum, das über die Geschichte des Klosters informiert, und noch immer die fürstliche Bibliothek, in der schon Hoffmann von Fallersleben, der Komponist des Deutschlandlieds, von 1860 bis 1874 als Bibliothekar gearbeitete.Westlich der Weser kreuzen wir die Bever und halten Kurs auf Bad Karlshafen, das an der Mündung der Diemel in die Weser liegt. Eine vergleichsweise junge Stadt, die erst 1699 von den Hugenotten gegründet wurde, die aufgrund ihres Glaubens aus Frankreich vertrieben wurden. Uns gefällt die Barock-Architektur rund um den kleinen Schleusenhafen. Und die rechtwinklige Anordnung der Straßen, wie man sie viel mehr in den USA vermuten würde, aber nicht in einer deutschen Kleinstadt.Im Tal der Diemel lassen wir uns Richtung Süden treiben. Dichter grüner Wald, ab und an Ausblicke auf geschwungene Täler und Hügel. Bis nach Trendelburg, wo wir schließlich einen traumhaften Platz am Flussufer entdecken. Im Gras sitzen, quatschen und die Gelegenheit, die Triumph aus allen Perspektiven zu bestaunen.Völlig ausgeruht folgen wir nach einer Weile wieder unserem Guide, der uns zu gewagten Schräglagen verführt. Es ist wahrlich ein Genuss, jemanden hinterherzufahren, der die Strecke kennt, der im richtigen Moment bremst und wieder Gas gibt. So relaxt war ich schon lange nicht mehr unterwegs. Immer tiefer gehts in den Reinhardswald, das größte Waldgebiet in Hessen. Bis zu 800 Jahre alte Baumriesen stehen rechts und links der Straße. Ein imposanter Anblick. Schließlich ein altes Jagdschloss, die Sababurg. Ein wahrlich märchenhaftes Gebäude, in dem laut der Gebrüder Grimm ein Prinz auf das schlafende Dornröschen traf. Nun, der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Doch wäre uns der Prinz nicht zuvorgekommen, säße Dornrösschen spätestens jetzt hellwach im Himmelbett. Der Sound der Triumph, die soeben das Schloss passiert, ist imposant. Ein Klang, der vielmehr interessierte als verärgerte Blicke anzieht. Wir sind längst davon infiziert, folgen dem äußerst ansehlichen Heck der englischen Maschine, schwingen auf kleinen Wegen in Richtung Hannoversch Münden.Schon die Anfahrt zu der Stadt, in der sich Werra und Fulda zur Weser vereinigen, begeistert. Eingebettet zwischen den Höhenzügen von Reinhardswald und Kaufunger Wald, zählte der weitgereiste Alexander von Humbold diesen Ort zu den sieben am schönsten gelegenen Städten der Welt. Und tatsächlich, die Lage ist einfach traumhaft. Wir passieren die Innenstadt, parken die Bikes, verschwinden für einen kurzen Spaziergang zwischen den uralten Häusern.Achims Bonneville böllert wieder vor sich hin. Das ganze Moped bebt. Zittern vom Nummernschild bis in die Speichennippel. Dann springt die Ampel auf Grün, und wir fahren ach was wir surfen nun am Ostufer der Weser nordwärts. Ein kurvenreicher Abstecher führt in den Solling. Wald ohne Ende, schließlich der kleine Ort Dassel, wo wir wieder in Richtung Weser schwenken, dann die »Große Blöße«, dem mit 529 Metern höchsten Gipfel des Weserberglands. Von hier fällt die Straße förmlich hinunter bis ans Ufer der Weser. Uns ist ganz schwindelig vom Kurvenrausch. Ein Zustand, der bis in die Rühler Schweiz am Südhang des Vogler anhält. Ein sehr guter Platz, um diesen Tag mit einem malerischen Sonnenuntergang zu verabschieden.Die Erkundung des Nordteils des Weserberglands steht am nächsten Morgen an. Achim und seine Triumph vorneweg, wie gehabt. Vorbei an so hübschen Städten wie Rinteln oder Hessisch Oldendorf. Wird der Verkehr zu viel, findet unser Scout immer noch ein Sträßchen, auf dem außer uns kaum jemand unterwegs ist. So schlängeln wir uns über die einzelnen Höhenzüge des Weserberglandes bis nach Porta Westfalica. Und wieder zurück in Richtung der Rattenfängerstadt Hamel. Längst habe ich die Orientierung verloren, und ich bin mir sicher, dass ich ohne gutes Kartenmaterial in dem Wirrwarr von kleinen Sträßchen, die durch unzählige Dörfer führen, deren Namen Fremde sich sowieso nicht merken können, schnell verloren gegangen wäre. In Gedanken sehe ich schon die Überschrift: »Motorradfahrer verschollen in der Provinz.« Aber so weit kommt es natürlich nicht. Zielsicher führt uns Achim zum Aussichtsturm Klüth. Zu unseren Füßen präsentiert sich nun Hameln. Ein herrlicher Blick weit über das Wesertal hinweg, im Hintergrund der Hohenstein. »Auch ein guter Platz, um einen Sonnenuntergang zu genießen«, schwärmt Achim. »Bis dorthin könnten wir es gerade noch schaffen...
Das Weserbergland besteht aus vielen kleinen Höhenzügen und zwischen Solling, Vogler, Süntel Ith, Hils und Deister locken zahlreiche kurvige Straßen und Wege, auf denen man locker ein Wochenende verbringen kann.
AnreiseWer aus dem Süden kommt, wählt auf der A 7 die Ausfahrt Lutterberg und fährt bis nach Hannoversch Münden. Aus Richtung Ruhrgebiet oder Berlin kommend, nimmt man auf der A 2 die Ausfahrt Porta Westfalica unter die Räder. Direkt an der jeweiligen Abfahrt beginnt Fahrspaß. ÜbernachtenDer Klassiker im Weserbergland und ausschließlich für Motorrad fahrende Gäste gedacht ist natürlich die Villa Löwenherz, Würgasser Straße 5, 37698 Lauenförde. Zwischen April und Oktober drängeln sich hier an jedem Wochenende bis zu 160 Motorradler. Also unbedingt vorher reservieren. Weitere Infos unter Telefon 05273/7567; Fax 05273/7847, internet: http://www.villa-loewenherz.de. Ebenfalls eine für Motorradfahrer sehr empfehlenswerte Unterkunft: Hotel Weserblick, Kasseler Straße 2, 37688 Beverungen-Blankenau, Telefon 05273/36220; Fax 05273/362290, e-mail: Landhotel-Weserblick@t-online.de, internet: http://www.mmaass.de/neuhaus/weserblick. Der Chef des Hauses begleitet auch Touren. InformationenFremdenverkehrsverband Weserbergland-Mittelweser, Inselstraße 3, Postfach 100339, 31753 Hameln, Telefon 05151/93000; Fax 05151/930033, Email: Weserberglandtouristik@t-online.de, internet:http:// www.weserbergland.comLiteraturDer HB-Bildatlas »Weserbergland« für 16,80 Mark vermittelt einen guten Überblick über die Region. Zwar bereits vor einigen Jahren erschienen, aber für Motorrad-Touren immer noch eine gute Wahl: »Deutschland, Band I« aus der Edition UNTERWEGS. Acht ausführliche Reisegeschichten beschreiben Deutschlands Norden und führen einen auch durch das Weserbergland. Für 29,80 Mark im gut sortierten Buchhandel (ISBN 3-613-01561-7) oder zu bestellen beim Motor-Presse-Spezialverkauf, Telefon 0711/182-1229. Wer wirklich in den Genuss kleiner und kleinster Straßen kommen will, sollte einen Blick auf die Generalkarte, Blatt 9 (Bielefeld, Paderborn, Göttingen) im Maßstab von 1:200000 werfen. Von Mairs Geographischer Verlag für 12,80 Mark. Zeitaufwand 2 bis 3 TageGefahrene Strecke rund 450 Kilometer