Racebike: Wunderlich-BMW S 1000 RR

Test: Wunderlich-BMW S 1000 RR
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Racebike: Wunderlich-BMW S 1000 RR

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Die Firma Wunderlich feierte dieses Jahr ihren ersten Aufschlag beim PS-Tuner-GP. Vorher war nur klar: Der BMW-Zubehöranbieter rollt eine S 1000 RR an den Start. Aber nur Extras dranschrauben ist nicht.

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Komplett in Carbon gehüllt, sieht die Wunderlich-BMW S 1000 RR richtig bedrohlich aus. Nicht nur Show, wie die Testfahrten zeigten.

Angenehme Überraschungen mag jeder. Auf weniger schöne verzichtet man dagegen gerne. Dann gibt es noch solche, die sich ankündigen, von denen man aber nicht weiß, wie die Sache ausgeht. Dazu gehörte auch die Bewerbung der Firma Wunderlich zum Tuner-GP - erste Überraschung. Denn bisher machten sich die Rheinland-Pfälzer mit Zubehör für biedere BMW-Modelle einen Namen. Jetzt versuchen sie sich auch am Superbike S 1000 RR . "Wir möchten das sportliche Image unserer Firma schärfen", sagt Produktentwickler Frank Hoffmann, deutet auf den fast völlig in Carbon gekleideten Renner und erklärt: "Dazu bietet sich die S 1000 RR natürlich an."

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Die selbstgefertigten Hebeleien waren beim Test noch im Prototypen-Stadium.

Zum sportlichen Outfit trägt weiteres Zubehör bei: Titan-Racing-Auspuffanlage mit Kohlefaser-ummanteltem Endtopf, Bremsscheiben im Flame-Design, Schaltautomat, Zubehörfederbein, Racing-Fußrasten, Sturzpads, schmale Kette, Slicks. Einige eloxierte Abdeckungen, Verschraubungen und der Kettenspanner sind zusätzliche kleine optische Schmankerl. Außerdem kommen bei der BMW eigens entwickelte Hebeleien für Kupplung und Bremse zum Einsatz.

Noch im Prototypen-Stadium, verfügt der Bremshebel über keine ausreichende Rasterung der Weiteneinstellung. Als Folge verstellt sich der Hebel bisweilen. So passiert am Ende der High-Speed-Kurve Parabolika auf dem Hockenheimer Rundkurs - Überraschung Nummer zwei ist nicht willkommen.

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Der Schaltautomat, die Rasten und das Federbein machen auf der Rennstrecke eine gute Figur und steigern die Performance.

Du kommst volle Brause an, gehst so spät wie möglich in die Eisen - und greifst ins Leere! Schnell die beiden anderen Finger vom Griff genommen und nochmal mit der ganzen Hand geankert. Endlich Bremsdruck! Liegen die Beläge erst einmal an den Scheiben an, liefert die Anlage brachiale Verzögerungen. Um weiteren Schreckmomenten vorzubeugen, arretiert ein Mechaniker die Verstellung des Hebels mit Tape.

Überraschung Nummer drei betrifft das Fahrwerk und ist sehr willkommen. Die S 1000 RR lenkt leicht und zielgenau ein und erlaubt jederzeit den Wechsel auf engere Linien - klasse! Wunderlich hob die BMW um 15 Millimeter an, außerdem taucht die Gabel beim Einbiegen auf der Bremse recht weit ein, was sich positiv aufs Handling auswirkt. Trotzdem geht die Forke nicht auf Block und liefert ein großartiges Feedback. "In der Gabel steckt eine spezielle Cartridge von Öhlins, in ihr herrschen sieben bar Druck. Dieses Material erhält man nur unter besonderen Auflagen", verrät Hoffmann.

Bis auf einen kleinen Durchhänger bei 8500/min entfaltet die Wunderlich-S 1000 RR ihre Leistung sehr linear. Die Top-End-Power von 208 PS ist barbarisch - aber geil! Eine lange Übersetzung verzerrt den Punch bei vierstelligen Drehzahlen.

Als IDM-erfahrener Renntechniker kann er auf seine Kontakte und Erfahrungen zurückgreifen. Das gilt fürs handelsübliche Federbein sowieso. Von Hoffmann leicht modifiziert, bietet das Öhlins TTX 36 satten Grip und liefert viel Rückmeldung. Dazu spricht es feinfühlig an und stemmt sich vehement gegen den barbarischen Punch des Motors. Der drückt immerhin 208 PS. Ab zirka 9000/min marschiert die BMW wie Hölle, das Vorderrad springt in den ersten Gängen weit in den Himmel. Nur frühes Schalten verhindert den Abstieg nach hinten. In der Mutkurve Parabolika, die komplett schmerzfreie Cracks auch mit einem getunten Superbike voll nehmen, schließt die rechte Testerhand bei diesem brutalen Speed jedes Mal etwas das Gas, allen guten Vorsätzen zum Trotz. Dennoch zeigt der Rundenzeiten-Monitor eine hohe 1.49er-Zeit - neuer persönlicher Rekord! Zunächst verwunderlich.

Schlägt die BMW ab fünfstelligen Drehzahlen gnadenlos zu, fühlt sie sich bis 9000/min vergleichsweise zahm an. Probehalber legten wir die Leistungskurve einer Serien-S 1000 RR über das aufgemotzte Superbike. Überraschung, die vierte! Die ausschließlich über den Auspuff und ein anderes Mapping getunte BMW ist überall kräftiger, bei 6500/min fällt der Unterschied mit 13 PS und 14 Nm am deutlichsten aus. Die Abstimmung ist Hoffmann also gelungen. Offenbar verzerrt die um drei Zähne längere Übersetzung der Wunderlich-S 1000 RR deren Leistungsentfaltung. Welche Art Gesamtüberraschung bietet die BMW also? Klare Sache: eine sehr angenehme!

Racebike-Daten

Gewicht
190,8 kg

vorn/hinten

52,4/47,6%

Leistung
208 PS

Preis
28.700 Euro

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