Honda V3 Turbo: mit allererstem Elektro-Turbo im Motorradbau

Honda V3 Turbo Concept
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V3 mit allererstem Elektro-Turbo im Motorradbau

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Auf der Motorradmesse EICMA in Mailand präsentierte Honda einen technischen Knaller: einen V3-Motor mit dem allerersten Elektro-Turbo im Motorradbau.

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Auf der Motorradmesse EICMA in Mailand präsentierte Honda einen V3-Motor, dem als Krönung ein Elektro-Turbo aufgepflanzt wurde – im Motorradbau eine absolute Neuheit. Bislang handelt es sich dabei um ein "Concept", also eine Art Zukunftsprojekt. Technische Daten teilten die Japaner nicht mit, auch nicht den möglichen Einsatzzweck des neuen V3.

New V3 Engine Concept _ Honda Motorcycles (1080p) 30 Sek.

900 Kubik Hubraum könnten es sein

Zum Glück gibt der Motor selbst gewisse Auskünfte, ebenso das "Rolling Chassis", in das ihn Honda für die Präsentation steckte. Beim Motor sind zwei parallele Zylinder nach vorn geneigt, dahinter werkelt der dritte Zylinder, in einem Winkel von 75 Grad – immerhin den gab Honda bekannt. Zur Kurbelwellenkonfiguration und dem inneren Aufbau des V3 verlautete nichts, noch nicht einmal der Hubraum. Gerüchteweise sollen es aber 900 Kubik sein.

V3-Turbo-Honda ab 2026 im Handel?

Bildschön gestalteten die Entwickler die drei Krümmer, die sich eng an das Kurbelgehäuse schmiegen – und die es hoffentlich in genau dieser Form ins Serienmotorrad schaffen. Denn dass Honda mit diesem "Concept"-Motor nur eine Fingerübung seiner Ingenieure vorstellt und keine Produktionsabsichten hat, daran glaubte in Mailand keiner der Fachbesucher.

Interpretiert man die packende Optik des Motors in Verbindung mit dem einfachen Stahlrohrrahmen und dem direkt angelenkten Federbein, wird es sich beim ersten Modell nicht um ein vollverkleidetes Sportmototorrad handeln, sondern eher um ein Naked Bike. Das komplette Motorrad könnte auf der EICMA 2025 stehen und im Jahr darauf – also 2026 – beim Händler.

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Honda E-Turbo von Garrett

Doch zurück zur Technik des Motors, denn der V3 ist ja nicht die einzige Neuheit. Rechts über den vorderen Zylinderköpfen sitzt ein elektrischer Turbo-Lader, der den Zylindern eine größere Luftmenge zuführen und damit die Leistung steigern soll. Streng genommen handelt es sich dabei um einen Kompressor, doch im allgemeinen Sprachgebrauch – und auch Honda-intern – hat sich dafür das griffigere Wort "Turbo" eingebürgert.

Im Autobereich werden Elektro-Turbos schon länger eingesetzt, überwiegend in Form eines Abgas-Turboladers, der sich zusätzlich elektrisch antreiben lässt. Beim Honda-Projekt entfällt jedoch die Abgasseite komplett, der Verdichter für die Frischluft wird allein vom Elektromotor angetrieben. Diese Ausführung ist einzigartig und bei Motorrädern ein Novum. Hondas E-Turbo dürfte von der kalifornischen Firma Garrett stammen, einem führenden Hersteller in diesem Bereich.

Vor- und Nachteile eines E-Turbos

Im Vergleich zum Abgas-Turbolader bietet ein E-Turbo viele Vorteile. Weil er nicht im heißen Abgasstrom hängt, kommt er mit weniger Bauteilen aus, eine Ladeluftkühlung ist laut Honda nicht erforderlich. Zudem muss das Material für den Lader nicht absolut hitzebeständig sein, man spart also an Werkstoffkosten, auch der Einbau ist einfacher und damit günstiger. Größter Vorteil: Während beim Abgas-Turbolader der Motor erst mal auf Drehzahl und entsprechenden Gasdurchsatz und Temperaturen kommen muss, ehe der Lader loslegen kann, funktioniert der E-Turbo vom Start weg, bei jeder Drehzahl und in jedem Betriebszustand.

Nachteile hat so ein E-Turbo aber auch. Um die zusätzliche Luft zu komprimieren, benötigt er Energie. Beim herkömmlichen Turbo gibt‘s die umsonst, eben aus dem energiereichen heißen Abgasstrom. Der E-Turbo hingegen braucht elektrische Energie für seinen Elektromotor. Auch wenn dieser Motor, der hinter dem Verdichter sitzt, beim Honda-Concept sehr klein ausfällt, ist sein Strombedarf nicht unerheblich. Daher benötigen Batterie und Lichtmaschine größere Dimensionen als üblich. Dass die Lichtmaschine der Honda üppig gerät, lässt sich auf dem Foto aus der Vogelperspektive am großen Lichtmaschinendeckel erkennen.

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Lithium-Ionen-Batterie über der Schwinge

Der wahrscheinlichste Platz für sie befindet sich über der Alu-Schwinge, zwischen dem hinteren Zylinder und dem direkt angelenkten Federbein, das etwas weiter nach hinten versetzt wirkt als üblich. Voraussichtlich wird es sich dabei um eine Lithium-Ionen-Batterie handeln, die gegenüber einer Bleibatterie leichter und kompakter, allerdings auch deutlich teurer ist.

Praktische Vorteile für Motorradfahrer

Doch wo liegen nun die praktischen Vorteile für die Motorradfahrer? Das kommt ganz drauf an, wie Honda die Technik einsetzt. Möglich wäre ein brachialer Leistungsturbo, der eine brave 900er mit rund 100 PS in die Sphären von Supersportlern katapultiert. Wahrscheinlich scheint das aber nicht. Zum einen aus technischen Gründen, denn der kleine Elektromotor hat Leistungsgrenzen.

Zum anderen vor allem aus firmenpolitischen Gründen: Honda sucht ja wie fast alle Hersteller derzeit eher nach Wegen, das Motorradfahren grüner zu machen. Mit dem E-Turbo ließen sich Motorräder bauen, die sich beim entspannten Kurvenswing auf der Landstraße mit völlig ausreichenden 50 PS begnügen und nur beim Beschleunigen kurzzeitig den E-Turbo zuschalten. Der Motor wird sauberer und effizienter, denn er spart Sprit und damit Abgase, der Fahrspaß aber bleibt erhalten, ebenso der Motorsound.

Mit einer solchen "hybriden" Lösung könnten sich wohl selbst die hartnäckigsten Elektromotorrad-Gegner anfreunden. Für künftige Entwicklungen wäre es sogar denkbar, das Downsizing bei Motorrädern voranzutreiben und kleinere und damit effizientere Motoren mit dem E-Turbo auszustatten.

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V3 Turbo hat deutschen Vorfahr

Doch das ist Zukunftsmusik. Erst mal sollen die derzeit so verschwiegenen Honda-Leute verraten, was sie mit dem 900er-V3 Turbo vorhaben. Der hat übrigens sogar einen entfernten deutschen Vorfahren. Es war nämlich DKWs Rennmotorrad RM 350 aus der Nachkriegszeit, wegen ihres schrillen Kreischens auch "singende Säge" genannt, das den Honda-Ingenieur Shinichi Miyakoshi Anfang der 1980er-Jahre zur Entwicklung der NS 500 inspirierte. Wie die DKW stattete er den Honda-Renner, mit dem Freddie Spencer 1983 die 500er-WM gewann, mit einem V3-Motor aus. Auf dieser Idee wiederum fußt der jetzige V3 – heutzutage natürlich als Vier- statt wie damals als Zweitakter. Und obendrauf eben mit dem wegweisenden E-Turbo, der uns hoffentlich bald spannende neue Motorräder bringt.

Fazit

Honda präsentiert auf der EICMA einen V3-Motor mit Elektro-Turbo, ein Novum im Motorradbau. Der Motor, der als Konzept vorgestellt wurde, könnte ab 2026 als Naked Bike auf den Markt kommen. Der E-Turbo bietet Vorteile wie geringeren Materialbedarf und sofortige Leistung, benötigt jedoch elektrische Energie. Die Batterie könnte über der Schwinge platziert werden.

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