Bezahlbares Kurven-ABS für kleinere Bikes

Interview mit Bosch-Entwicklungsleiter Motorräder
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Bezahlbares Kurven-ABS für kleinere Bikes

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MOTORRAD interviewt Christian Gröger, Bosch-Entwicklungsleiter für motorisierte Zweiräder in Europa, zum Thema Sicherheit und Entwicklungen für den Massenmarkt.

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Was macht Bosch beim Thema Motorrad-Sicherheit?

Bosch hat vor mehr als 25 Jahren das Motorrad-ABS eingeführt und damit erheblich zur Sicherheit im Straßenverkehr beigetragen. Seither hat sich vieles getan: Motorrad-ABS ist heute in vielen Märkten vorgeschrieben. Zudem hat unsere Unfallforschung frühzeitig festgestellt, dass es zu einer Großzahl von Unfällen bei Kurvenfahrten kommt. Da die ABS-Algorithmen die Schräglage kaum berücksichtigen, wird das Bremsverhalten nicht an die Schräglage in Kurven angepasst. Im schlimmsten Fall rutscht man weg und fliegt aus der Kurve. Wir kamen also zu dem Schluss, unser Motorrad-ABS um eine Funktion zu erweitern, die bessere Kurvenstabilität beim Bremsen und Gasgeben bietet. Das war im Jahr 2008. Nicht einmal fünf Jahre später ging die Motorrad-Stabilitätskontrolle – kurz MSC – von Bosch mit KTM in Serie. Heute entwickelt sich die Motorrad-Stabilitätskontrolle zur Standardausstattung bei neuen Motorrädern – und hier sehen wir die gesamte Spreizung von der Einstiegsklasse bis zu den großen Motorrädern und allen Antriebsarten.

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Sicherheitsplus mit Assistenzsystemen 46 % aller Motorradunfälle ereignen sich in Kurven
Gibt das der Markt denn her?

Seit der Einführung bei KTM setzen heute auch viele andere Motorrad-Hersteller weltweit auf MSC von Bosch als Sicherheitslösung. Wir beobachten vor allem seit 2016 einen deutlichen Anstieg in den Ausstattungsraten. Daher haben wir die MSC-Technologie mit dem ABS und dem kombinierten Bremssystem realisiert. Diese MSC-Lösung mit erweiterten Sicherheits- und Komfortfunktionen wird häufig für mittlere bis große Motorräder in Märkten wie Europa oder Nordamerika eingesetzt. Hier kommt dann auch die Kombination mit einer Drehratensensoreinheit in 6D zum Einsatz, die unter anderem die Schräglage bestimmt.

Und die kleineren Klassen?

Wir entwickeln jetzt MSC-Lösungen auch für kleinere Motorräder, wie sie in großer Zahl vor allem in Schwellenländer wie Indien und China gefahren werden. Hierbei setzen wir künftig auf unsere kompakteren ABS-Varianten als Basis – nicht nur in Kombination mit unserer 6D-Einheit, sondern häufig mit unserem 3D-Sensor. Mit dieser bezahlbaren Lösung wollen wir mehr Sicherheit auf den Massenmarkt bringen und MSC für alle Motorrad-Klassen anbieten. Den ersten Kunden im Einstiegssegment werden wir noch in diesem Jahr haben.

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So funktioniert Kurven-ABS: Sensoren an Vorder- und Hinterrad messen deren Drehzahl. Die Kombination mehrerer Drehratensensoren in einer Einheit erlaubt es, während des Fahrens die Beschleunigung und Drehungen der Maschine um die drei Achsen in sechs Dimensionen zu messen – und das 100 Mal pro Sekunde.

Warum sollten mehr Hersteller auf MSC in ihren Motorrädern setzen?

MSC beeinflusst den Fahrspaß nicht, ist aber dann zur Stelle, wenn es für Motorradfahrer brenzlich werden kann: in Schräglagen und Kurven. Nach einer Studie der Bosch Unfallforschung könnten mit der Motorrad-Stabilitätskontrolle fünf Prozent aller Motorradunfälle mit Personenschaden in Deutschland vermieden oder abgeschwächt werden. Wenn also alle Zweiräder mit MSC ausgestattet wären, würde das einen großen und wirkungsvollen Beitrag zu noch mehr Verkehrssicherheit leisten.

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