Test und Technik: Fahrbericht Confederate Hellcat X132 Speedster

Fahrbericht Confederate Hellcat X132 Speedster Pierres Vermächtnis

Das Gastspiel von Designer Pierre Terblanche bei der amerikanischen Custombike-Schmiede Confederate währte nur kurz, doch in dieser Zeit drückte er der Hellcat X132 Speedster seinen eigenen Stempel auf.

Pierres Vermächtnis Hawkins

Der Mann ist in Sachen Motorrad-Design legendär. Und ein echter Weltenbummler. Pierre Terblan­che hat nicht nur Ikonen wie die Ducati Supermono gestylt. Aus seiner Feder stammen auch die erste Ducati Multistrada, Hypermotard und MH900e. Ebenso die kontrovers diskutierte 999 oder die heute begehrten Sport Classic-Ducatis, die 2003 allerdings auf dem Markt noch nicht richtig einschlugen. Nach Stationen bei Piaggio, Moto Guzzi und Norton dockte er 2013 in den USA bei Confederate Motors an. Und nur drei Monate nachdem im August 2014 sein Erstlingswerk Hellcat präsentiert wurde, macht er sich bereits wieder auf den Weg, um bei ­Royal Enfield die Produktentwicklung zu füh­ren. So ist die überarbeitete Hellcat X132 Vermächtnis und Abschiedsgeschenk an den amerikanischen Motorradhersteller aus den Südstaaten.

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Vor gut 20 Jahren im Jahr 1994 vom Rechtsanwalt Matt Chambers ge­gründet, hat Confederate dank weitsich­tiger Planung auch die Wirtschaftskrise überstanden. Mehr noch: Confederate plant zu wachsen. Die Hellcat ist erst der Anfang. Der 132 Cubic Inches (2163 cm³) große sogenannte X-Wedge-Motor von S & S soll die gesamte Modellpalette befeuern. Seinen Namen verdankt das mit quadratischem Bohrung-Hub-Verhältnis und geschmie­deten Mahle-Kolben ausgestattete Triebwerk den keilförmigen Brennräumen. Der luft-/ölgekühlte Stoßstangenmotor mit drei Nockenwellen, die er selbst­bewusst hinter einem Plexiglasdeckel zur Schau stellt, und dem untypischen Zylinderwinkel von 56,25 Grad leistet zwar etwas weniger als in der vor zwei Jahren vorgestellten Ur-Hellcat. 121 PS und 190 Nm statt 135 PS und 206 Nm sind aber nun wirklich kein Grund zum Trübsalblasen. Die aktuellen Emissionsvorschriften fordern halt ihren Tribut, und auch so dürfte der fette Twin dem Fahrer mit brutalem Punch am Kurvenausgang die Arme lang machen. Das muss erfahren werden. Also Bein über den Ledersattel schwingen und Aufsitzen.

Einen Schritt weiter als ihre Vorgängerin

Terblanche hat mit der ihm eigenen Radikalität die Füße satte 460 mm weiter vorne positioniert, zudem sitzt der Pilot nun um einiges tiefer im erstaunlich komfortablen Sattel als bei der Vorgängerin (724 zu 762 mm). Das ganze Motorrad wirkt dadurch gedrungen und tief. Auf endlosen Highways mag das okay sein, aber um die Speeds­ter auf kurvigem Terrain so zu bewegen, dass sie ihrem Namen gerecht wird, fehlt der Kontakt zum Bike, weil in Kurven auch die Knie durch die weit nach vorne gestreckten Beine keinen Druck auf die Flanken des Karbon-Tanks bringen können. Vielleicht sollte Matt Chambers darüber nachdenken, beide Sitzpositionen zur Auswahl anzubieten.

Den Twin zu zünden, braucht etwas Geduld. Doch spätestens beim zweiten oder dritten Versuch platzt der V2 mit sattem, pumpendem Rhythmus ins Leben. Mit beruhigenden 900 Umdrehungen pulsiert er im Stand vor sich hin, nahezu frei vom Klackern und Rütteln anderer amerikanischer luftgekühlter V-Twins. Und auch seine Stimme ist überraschend gedämpft. Die ganze Maschine wirkt einen Schritt weiter als ihre Vorgängerin, stimmiger und besser verarbeitet. Es scheint, als sei Terblanche bei dem Ansinnen, das Ganze auf eine qualitativ höhere Stufe zu heben, erfolgreich gewesen, denn die Hellcat wirkt nicht mehr wie eine bloße Ansammlung von Teilen, sondern homogener, verfeinert, wie aus einem Guss.

Trotz der Tatsache, dass sich S & S einer vibrationsmindernden Ausgleichswelle verschließt und der Motor starr im Rahmen verschraubt ist, geht er für amerikanische V-Twin-Verhältnisse unglaublich sanft zu Werke. Ungebührliche Vibrationen sucht man über den gesamten Drehzahlbereich jedenfalls vergebens.

Chopper/Cruiser

Trotz all ihrer Stärken wirkt Confederate durchwachsen

Schon knapp über Standgas reißt einen die gewaltige Drehmomentwoge fort, die bereits bei 2000/min ihren Höchststand erreicht und bis zum Begrenzer bei 5800/min kaum abflaut. Der Wohlfühlbereich des Motors liegt zwischen 1500 und 3500 Umdrehungen. Das Drehvermögen bis 5800/min auszuschöpfen wäre daher unsinnig; bei 4000/min zu schalten ist perfekt.
Auf diese Weise surft man prächtig auf der Drehmomentwoge, und man muss höllisch auf seinen Speed achten, denn 3000/min bedeuten im fünften und letzten Gang bereits 160 Sachen – und die sind verflixt schnell erreicht. Im Reigen der US-V-Twins ist die Hellcat äußerst umgänglich, zivilisiert und zurückhaltend – jedoch nur, bis man ihre gewaltigen Kraftreserven ausschöpft.

Die angesichts des saftigen Drehmoments überraschend leichtgängige hydraulische Kupplung muss nur selten bemüht werden, selbst wenn es gilt, aus wenig mehr als Schritt­geschwindigkeit aus engsten Kehren voranzupowern. Dabei sollte die Drehzahl aber nicht unter 1800/min fallen und die Kurve unter Zug umrundet werden.
Sicher, all dies darf von so einem ge­waltigen Twin erwartet werden, und die Hellcat erfüllt diese Erwartungen voll und ganz. Doch dass dies mit so viel Feinschliff und so geringen Vibrationen erfolgt, verdient durch­aus besondere Erwähnung. Das Motoren-Paket ist schlicht beeindruckend, daran ändern auch geringfügig niedrigere Leistungswerte nichts. Doch vermittelt die Hellcat nicht ­denselben innigen Kontakt zum Bike, wie es noch die Vorgängerin tat und den es braucht, um sie mit Vertrauen durch die Kurven zu jagen. Am dicken 240/40er-Hinterreifen, der sich über das nun 18 Zoll große BST-Karbon-Rad spannt und den bisherigen 190er-17-Zöller ersetzt, oder dem um 25 mm gestreckten Radstand liegt es weniger. Man fühlt sich durch die neue Sitzpo­sition ein wenig entkoppelt. Auch wenn die Schräglagenfreiheit mehr als ausreichend ist und die mit Monoblock-Zangen bestück­ten Beringer-Bremsen unerbittlich zupacken. So wirkt die Confederate letztendlich durchwachsen – trotz all ihrer Stärken.

Sie hat in Sachen Verarbeitung und Finish deutlich zugelegt und steht nun qualitativ einige Stufen höher. Der S & S-Twin läuft ruhiger und kultivierter als je zuvor, wenngleich nicht mehr ganz so muskulös und wuchtig. Doch hat es auch immer den Reiz der Confederates ausgemacht, dass sie gegen den Mainstream gebürstet und anders waren, als man es gemeinhin von US-Cruisern erwartet. Und dazu gehörte auch die ursprüngliche Sitzposition der Speedster, die sie zu einer extravaganten Neuinterpreta­tion des Begriffs Café Racer machten. Zusammen mit all den vorhandenen Ver­besserungen wäre sie dann der perfekte Café Cruiser. Und ein exklusiver dazu. Denn nur 65 Stück sollen laut Matt Chambers in Handarbeit auf Bestellung gebaut werden.

Technische Daten: Confederate Hellcat X132 Speedster

Motor: Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-56,25-Grad-V-Motor, drei untenliegende Nockenwellen, zwei Ventile pro Zylinder, Stoßstangen, Kipphebel, Trockensumpfschmierung, Einspritzung, 1 x 52,4 mm, hydraulisch betätigte Mehr-
scheiben-Ölbad­kupplung, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub: 111,8 x 111,8 mm
Hubraum: 2163 cm³
Verdichtungsverhältnis: 10,1 : 1
Nennleistung: Ø 88,9 kW (121 PS) bei 5100/min
Max. Drehmoment: 190 Nm bei 2000/min

Fahrwerk: Rückgratrahmen aus Stahl, Motor mittragend mit integriertem Öltank, Upside-down-Gabel, Ø 48 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 310 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Zweikolben-Festsattel.
Karbon-Felgen: 3.50 x 18; 8.00 x 18
Reifen: 120/70 ZR 18; 240/40 ZR 18

Maße + Gewicht: Radstand 1613 mm, Lenkkopfwinkel 62,5 Grad, Nachlauf 106 mm, Federweg v./h. 120 mm/k. A., Sitzhöhe 724 mm, Trockengewicht 230 kg, Tankinhalt 13 Liter.
Farben: nach Wunsch
Preis: 65000 Dollar zzgl. Steuer

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