So fahren die neuen A2-Bikes von Husqvarna
Husqvarna Svartpilen 401 und Vitpilen 401 sind Schwestern der KTM 390 Duke, und das gilt auch für den neuen Jahrgang 2024. MOTORRAD beim ersten Ritt auf den angespitzten "Schwedenpfeilen".
Svartpilen und Vitpilen – auf Deutsch Schwarzer Pfeil und Weißer Pfeil – sind seit ihrer Einführung im Jahr 2018 Synonyme für stilvolle Individualisten-Bikes mit bewährter Großserientechnik. Als gediegene A2-Alternativen zum jugendlich-aggressiven Styling der eng verwandten KTM 390 Duke sollen der Roadster Vitpilen 401 und der Scrambler Svartpilen 401, für 2024 umfassend modernisiert, auf Kundenfang gehen. Was können die Urban-Lifestyle-Bikes on the road? Das hat MOTORRAD beim ersten Test in Spanien ausprobiert.
KTM 390 Duke-Derivate mit "schwedischer" Design-Sprache
Von der letzten Vitpilen und Svartpilen-Generation aus dem Jahr 2018 ist technisch nicht viel übrig: 90 Prozent der Teile sind neu. Motor, Chassis, Fahrwerkskomponenten, Bremsen und Elektronik übernimmt die Pierer Mobility AG eins zu eins von der brandneuen 2024er KTM 390 Duke. Hausdesigner Kiska sorgt für den markengerechten, alternativen "Schweden-Look", produziert wird in Indien bei Bajaj. Trotz globalisierter Abstammung wirken die beiden A2-Pfeile aber authentisch wie eh und je, treffen erneut den richtigen Ton zwischen klassisch und modern. Neben ihrer kantig-grellen Duke-Schwester wirken sie vergleichsweise zeitlos.
Leichte A2-Modelle von Husqvarna für Leute ab 1,70 Meter
Die 401-Pilen sind in sämtlichen Dimensionen gewachsen, von 20 Prozent mehr Volumen ist die Rede. Das sieht man sofort: Der minimalistische Heckstummel ist Geschichte, die Tankkapazität um 4 auf jetzt 13 Liter erweitert. 10 Millimeter mehr Radstand sollen für mehr Highspeed-Stabilität sorgen, mehr Bodenfreiheit dürfte vor allem Schotterweg-affine Svartpilen-Käufer freuen. Trotz erwachseneren Abmessungen soll die Zugänglichkeit aber nicht leiden – ganz im Gegenteil: Die Sitzhöhe schrumpft von vormals 835 auf jetzt 820 Millimeter. Fahrer und Fahrerinnen ab 1,70 Meter sollen so im Stand entspannt beide Füße auf den Boden bekommen. Bei kleineren Kollegen scheint das zu funktionieren, mit 1,90 Meter rangiert der Verfasser dieser Zeilen selbst am anderen Ende der Ergonomie-Skala.
Mehr Komfort auf Vitpilen 401 und Svartpilen 401
Trotzdem fühlt sich die Vitpilen 401 beim ersten Aufsatteln nicht nach Pocketbike an. Das dürfte auch daran liegen, dass Husqvarna das Thema Café-Racer 2024 über Bord wirft: Lenkerstummel weichen einer Flatbar im Naked-Bike-Stil. Aufrecht, aber nicht inaktiv, mit viel Bewegungsspielraum auf der breiteren, durchgehenden Sitzbank sitzt man. Trotz langer Haxen bleibt der Kniewinkel erträglich. Dasselbe gilt für die Svartpilen 401, bei der das Ergonomie-Tuning frei nach dem Motto "Never change a running system" ausfällt. Ihr Lenker streckt sich dem Fahrer scramblergerecht etwas höher entgegen, doch Sitzhöhe, Kniewinkel und Federwege bleiben unverändert.
Räder und Reifen als wesentliche Unterschiede
Ergonomisch liegen die Husky-Geschwister nun nah beieinander, und auch sonst sind die Unterschiede hauptsächlich optischer Natur. Das fahrtechnisch relevanteste Unterscheidungsmerkmal der neuen Generation ist die Rad-Reifen-Kombination: Während die Svartpilen 401 auf Drahtspeichenrädern samt mild-stolligen Pirelli Scorpion Rally STR rollt, bekommt die Vitpilen 401 leichtere Guss-Räder mit straßensportlichen Michelin Power 6 verpasst. In Kombination mit der flacheren Lenkstange bekommt man auf dem "weißen Pfeil" etwas mehr Druck auf die Front. Griffigen Asphalt vorausgesetzt, gefällt uns das Handling der Vitpilen etwas besser. Sie lenkt einen Tick williger ein und vermittelt in Schräglage schneller Vertrauen. Aber auch die Schwarze macht bei der Kurvenhatz eine gute Figur. Kurios: Trotz identischer Bremsen-Hardware von der Brembo-Tochter ByBre überzeugten Druckpunkt und Wirkung bei der Vitpilen deutlich mehr als bei der Svartpilen. Eine plausible Erklärung dafür konnte Husqvarna nicht liefern, wir vermuten eine gewisse Serienstreuung oder eine Unregelmäßigkeit beim Setup der Testfahrzeuge.
Einstellbares Fahrwerk mit sportlich-komfortabler Abstimmung
Zum flinken Handling leistet das neue Fahrwerk einen entscheidenden Beitrag: Obwohl Gabel und Dämpfer Hardware-seitig identisch mit denen der Duke sind, fahrwerken die Huskies laut Produktmanager Florian Braatz sanfter. Zugunsten der Alltagsqualitäten wurde eine im Vergleich zur Duke softere Abstimmung gewählt, schließlich bewirbt Husqvarna beide Pfeile als Stadt- und Pendlerfahrzeuge – und nicht mit dem KTM-Slogan "Ready to race". Ohne direkten Vergleich wagen wir kein abschließendes Urteil, fest steht jedoch nach dem Ritt über teils zerfurchte Pässe und Autobahnen: Ansprechverhalten und Komfort der WP-Suspension-Komponenten hinterlassen einen guten Eindruck, auch nach einem ganzen Tag im Sattel. Ebenso gut gefällt uns die unkomplizierte, werkzeuglose Einstellung der Zug- und Druckstufe an der Front mit je 5 Klicks. Dazu ist der an die rechte Fahrzeugseite verlegte Dämpfer in Zugstufe und Vorspannung justierbar – in dieser Klasse nicht selbstverständlich.
Kultivierter Einzylinder-Motor mit 399 Kubik und 45 PS
Herzstück beider Huskies ist der auf Euro 5+ gehievte LC4c-Single von KTM. Er ist jetzt noch kompakter und leichter, trotz 25 Kubik mehr Hubraum. Aus 399 Kubik schöpft der Eintopf nun 45 PS (33 kW) bei 8.500/min. Das maximal zulässige A2-Leistungsgewicht von 0,2 kW/kg reizen die vollgetankt circa 165 Kilo schweren 401-Modelle nach wie vor ziemlich aus. Ab circa 5.500 Touren dreht der Single richtig willig, bei Laune gehalten reicht der Schub auch bergauf noch für Überholmanöver. Besonders auffällig ist der Unterschied im unteren Drehzahlbereich, hier haben wir frühere Einzylinder-Modelle dieser Hubraumklasse bockiger in Erinnerung. Im Stadtverkehr entspannt im 6. Gang mitschwimmen funktioniert jetzt problemlos, und der Quickshifter namens "Easy Shift" macht die Schaltarbeit dabei zum Vergnügen.
Elektronik all inclusive
Kurven-ABS mit Supermoto-Modus, 2 Fahrmodi ("Street" und "Rain"), schräglagenabhängige, zweistufige Traktionskontrolle – in Sachen Fahrassistenz müssen sich die A2-Huskies nicht verstecken. Im Cockpit hält das aktuelle 5-Zoll-TFT Einzug, mit einem vereinfachten Bedienkonzept und einer Husqvarna-exklusiven, minimalistisch gestylten Benutzeroberfläche. Ein gewaltiger Schritt vom bisherigen LC-Display und Paradebeispiel für ein gelungenes, intuitives Bedienkonzept. Dank der logischen Menüführung und hervorragenden Ablesbarkeit fühlen wir uns sofort zuhause. Ebenfalls nutzerfreundlich: USB-C-Anschluss für Smartphone und Co. ist hier Standard.
Preise und Werks-Tuning für Svartpilen 401 und Vitpilen 401
Die Preise 2024: 6.299 Euro für die Svartpilen 401, 6.199 Euro für die Vitpilen 401 (jeweils zuzüglich 495 Euro Liefernebenkosten). Wer mit seiner "Pilen" noch mehr hervorstechen möchte, wird beim umfangreichen Original-Zubehör fündig. Edle CNC-Teile für Fahrwerk und Motor, straßenzugelassene Endschalldämpfer, wahlweise von Akrapovic (Titan) oder Remus, Wave-Bremsscheiben, Schutzpads und viele weitere Teile werten die A2-Bikes weiter auf. Entsprechend konfigurierte Exemplare waren beim Launch-Event in Spanien nur statisch zu bewundern, gefahren wurde ausschließlich im Standard-Trimm. Die alternativen Auspuffe sollen aber für einen etwas dumpferen Sound sorgen und die Titan-Ausführung von Akrapovic über ein Kilo Gewicht sparen.
User-Umfrage
Fazit
Husqvarnas 401-Modelle Svartpilen und Vitpilen sind 2024 erwachsen geworden. Wie die eng verwandte KTM 390 Duke glänzen die neu aufgelegten "Schwedenpfeile" mit spritzig-kultiviertem Einzylinder, üppiger Elektronik und gelungener Ergonomie – neuerdings auch die Vitpilen. Ihr agiles Wesen haben sie sich trotz etwas größerer Abmessungen bewahrt. Während die Svartpilen 401 als Scrambler weiter auf entspannte Nehmerqualitäten setzt, verabschiedet sich der "weiße Pfeil" von gebückten Café-Racer-Attitüden. Die aufrechte Roadster-Ergonomie spricht nun auch in Form der Vitpilen 401 ein breiteres Publikum an. Wenige Puristen mögen sich am abgesofteten Charakter reiben, doch spätestens nach 2 Stunden im Sattel erscheint der Schritt hin zu mehr Komfort logisch. Schwarz und Weiß trennen hier letztlich nur Nuancen, stilsicherer Auftritt und breites Einsatzspektrum von Commuting bis Tour sind mit beiden gewiss.
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