Triumph Scrambler 400 X im ersten Fahrtest

Zum Erfolg verdammt
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Triumph Scrambler 400 X im ersten Fahrtest

Mit 2 völlig neu entwickelten 400er-Einzylindern will Triumph den Weltmarkt erobern. Den Test zur Speed 400 gibt's vom Kollegen, den ersten Fahrtest der Triumph Scrambler 400 X hier.

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Mit zwei völlig neu entwickelten 400er-Einzylindern will Triumph den Weltmarkt erobern. Leicht, fahraktiv und verdammt günstig, haben Triumph Speed 400 und Triumph Scrambler 400 X mit je 40 PS das Zeug dazu, selbst im leistungsverwöhnten Deutschland für Furore zu sorgen. Die Speed 400 hatte MOTORRAD bereits zur ersten Fahrprobe zur Verfügung. Hier folgt die feldwegtaugliche Schwester Triumph Scrambler 400 X.

Fahrbericht: Triumph Speed 400 und Scrambler X 400 15:37 Min.

Das Finish an der Triumph Scrambler 400 X stimmt: grüner Matt-Lack, wohlgeformter 13-Liter-Tank mit diagonalem weißem Streifen und stylischen Kniekissen, dicke einzelne Edelstahl-Krümmer, aufwendig gestaltete Seitendeckel, links mit angedeutetem Startnummernfeld aus Metall und Alu-Schwinge treffen auf USB-Ladebuchse und LED-Beleuchtung rundum, inklusive Tagfahrlicht.

Triumph Scrambler 400 X mit 835 mm Sitzhöhe

Mit 835 Millimeter Sitzhöhe ist die Triumph Scrambler 400 X spürbar höher als ihre Schwester Speed 400. Trotzdem bekommt man mit rund 1,70 Meter Länge easy beide Stiefelsohlen vollflächig auf den Boden. Aber weil die Triumph Scrambler 400 X auch neun Kilogramm mehr wiegt als die 400er-Speedy (179 zu 170 kg), erscheint sie schon im Stand erwachsener. Das fühlt sich einfach nach mehr an, nicht ganz so ultra-kompakt. Man würde wohl auf eine 500er tippen. Schieben und Rangieren fallen zwar nicht kinderleicht, aber auch nicht gerade schwer. Nun, in Indien, dem wichtigsten Markt für die beiden neuen Triumph-Modelle, ist eine 400er schon ein "Big Bike."

Breiter und höher als bei der Straßen-Schwester Speed 400 gibt sich der Lenker an der Triumph Scrambler 400 X mit umhüllter Mittelstrebe sehr entgegenkommend. Der Abstand zwischen der hier zweiteilig ausgeführten, braunen Sitzbank und den tiefer montierten samt breiter ausgestellt Fußrasten ist größer. Dies räumt langen Beinen mehr Raum ein. Vom ersten Meter an wirkt der die Triumph Scrambler 400 X richtig gut ausbalanciert.

© Triumph Motorcycles
Single sucht Gentleman Exklusiv: Triumph Speed 400 im Fahrtest

Herrlich tieffrequent bollert der Einzylinder sonor im Leerlauf vor sich hin. Leise und doch markant. Der fette Auspuffsammler im Tiefparterre sorgt für viel Volumen. Der Klang der Triumph Scrambler 400 X mit ihrer "Doppelrohr-Tröte" wirkt noch einen Hauch kerniger: Das Standgeräusch beträgt 91 statt 89 dB(A) bei der Speed 400.

Triumph Scrambler 400 X mit Servo-Kupplung

Die leichtgängige, "drehmomentunterstütze" Servo-Kupplung (!) der Triumph Scrambler 400 X lässt sich mit einem, höchstens zwei Fingern ziehen. Und gut dosieren. Ihr Hebel ist wie der von der Vorderbremse nicht einstellbar. Zudem wackelt der Kupplungshebel etwas labbelig in seiner Führung. Die Anti-Hopping-Funktion verhindert ein Blockieren des Hinterrads beim allzu heftigen Herunterschalten. Das gilt als vertrauensbildende Maßnahme.

Benutzerfreundlich gibt sich der Single mit dem hochkant stehenden Wasserkühler. Man kann anwohnerfreundlich früh hochschalten. Fühlt sich eher nach "Anderthalb Zylindern" an, so munter, kräftig und elastisch arbeitet der Motor der Triumph Scrambler 400 X. Mit üppigen 89 Millimeter Bohrung bei nur 64 Millimeter zwischen den Totpunkten ist der (Ein)Zylinder ziemlich kurzhubig ausgelegt. Von Anfang an ist er einfach zu fahren. So wie das ganze Motorrad.

Einzylinder verträgt niedertourige Fahrweise

Dank längerer Federwege – vorn wie hinten je 150 Millimeter – bleibt die Triumph Scrambler 400 X auf hohen Schwellen vor Zebra-Streifen noch einen Hauch gelassener als die Triumph Speed 400. Immerhin ist jeweils eine großzügig dimensionierte Big Piston Fork mit 43 Millimeter Durchmesser verbaut. Direkt angelenkt arbeitet das asymmetrisch verlegte Federbein, aber immerhin mit kleinem Ausgleichsbehälter. Vom indischen Zulieferer Endurance stammen die Federelemente. Ihre quasi fixe Abstimmung – allein das Heck lässt sich anheben – folgt dem ganzen Motto des Motorrads: einfach und effektiv.

Generell verträgt der Single durchaus eine niedertourige Fahrweise – man kann also gern mal den höheren Gang wählen oder drin lassen. Easy Going! Wobei Schaltvorgänge leicht vom Fuß gehen. Ortsdurchfahrten funktionieren locker im 4. oder 5. Gang.

Bei 100 PS Literleistung holt der Eintopf seine Power logischerweise über die Drehzahl. Kurz über 100 km/h entert der Kurzhuber im 6. Gang die 6.000 Umdrehungen. Spätestens jetzt steht der hoch verdichtete Einzylinder voll im Saft. Die Gesamtübersetzung beider 400er-Modelle ist übrigens identisch: Den größeren Umfang des Scrambler-Hinterrads gleicht die kürzere Sekundärübersetzung aus (Verhältnis Ritzel zu Kettenrad).

© Jawa/Yezdi
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Triumph Scrambler 400 X mit 40 PS bei 8.000/min

Nicht bloß tapfer, sondern befreit dreht der Single hoch: Bei 8.000 Touren stehen die vollen 40 PS an, bei 9.500 Umdrehungen schaltet der Drehzahlbegrenzer Zündstrom und Einspritzung ab. Doch in diese Gefilde muss man sich mit der Triumph Scrambler 400 X gar nicht so oft verirren. Der Motor ist kein wilder Stampfer, kein übler Schüttler. Dafür sorgt die gut gewählte, gegenläufig rotierende Kurbelwelle. Man spürt den Motor schön sanft pulsieren, smooth und lebendig. Prima.

Trotz des fetten Kolbens (er läuft in einer beschichteten Leichtmetall-Laufbahn) wirkt der Zylinder äußerlich ganz schön kompakt. Bloß auf der Autobahn wünscht man sich noch einen 7. Gang, um die Drehzahl zu senken. Vmax sind 145 km/h. Einspritzsystem und abschaltbare (Traktionskontrolle) liefert Bosch. Das Ride-by-Wire präsentiert sich gut abgestimmt – der Single hängt direkt, aber nicht aggressiv am Gas. Nur sehr selten, dann aber feinfühlig greift die Traktionskontrolle der Triumph Scrambler 400 X ein.

Das Motorrad ist auf kleinen Sträßchen voll in seinem Element, man vermisst nichts. Da haben selbst gestandene Motorradfahrer einen Heidenspaß. Motto: Lieber ein kleines Motorrad schnell fahren als ein schnelles Motorrad langsam. Bei der Triumph Scrambler 400 X bedingt der breitere, höher montierte Lenker bedingt (theoretisch) einen größeren Hebelarm beim Einlenken. Tatsächlich klappt der schwerere Scrambler aus der Senkrechten schön leicht ab. Hinzu kommen schmalere Reifen, die bei gleichem Tempo und Kurvenradius an sich weniger Schräglage brauchen.

Erfahrbare Unterschiede Triumph Scrambler 400 X und Speed 400

Gleichzeitig bewirkt aber das größere 19-Zoll-Vorderrad inklusive größerer Bremsscheibe auch größere Kreiselkräfte. Und der modifizierte, gestreckte Scrambler-Rahmen spreizt den Radstand weiter, auf immer noch kompakte 1.418 statt ultrakurze 1.377 Millimeter wie bei der Speed 400. Wie sich das anfühlt? Die Triumph Scrambler 400 X versteift sich in schnelleren Kurven spürbar, lässt sich nicht ganz so leicht in rascher Folge hin- und herwerfen. Er braucht etwas mehr Einsatz in Wechselkurven Handlich ja, überhandlich nein. Und das Feedback fällt nicht ganz so klar aus.

Im Video: Jawa 350 43 Sek.

Erstaunlich gut grippen auch die gemäßigt grobstölligen Metzeler Karoo der Triumph Scrambler 400 X – wie die Metzeler Sportec M9 RR "made in China". Und sie bieten hohe Eigendämpfung. Insgesamt ist die Scrambler das komfortablere Motorrad!

Zeit, die höhere Bodenfreiheit der Triumph Scrambler 400 X mal unter die Räder zu nehmen. Gussräder auch hier – dies ist keine echte Enduro. Sondern eben ein Scrambler, ein "Kletterer". Stets aufgeschlossen für Feldwege, auch derberer Natur. Hier kann man nicht nur die Traktionskontrolle, sondern auch das ABS ausschalten, um fröhlich vor sich hinzuschottern. Dank des breiten Lenkers lässt sich die 400er auf losem Untergrund gut dirigieren, vermittelt viel Vertrauen. Und Schlaglochpisten steckt ein 19-Zoll-Rad eben lässiger weg, als ein kleineres 17-Zoll-Vorderrad.

Vorderbremse der Scrambler 400 X wirkt holziger

Die Bremsen für die Triumph Scrambler 400 X steuert der indische Zulieferer Bybre bei – immerhin eine Brembo-Tochter. Vorn beißt ein einzelner Vierkolben-Festsattel auf eine starr montierte Scheibe. Den Befehl dazu gibt eine einfache Bremspumpe via Stahlflexleitungen weiter. Trotz der größeren Bremsscheibe der Scrambler 400 X wirkt die Vorderbremse bei ihr "holziger": Organische Bremsbeläge senken bei ihr den Initial-Biss. Man muss heftiger, mit mehr Handkraft zupacken, wenn’s drauf ankommt. Da wirken die Sintermetall-Beläge bei der Speed 400 einen Tick besser, transparenter. Kann man ja mal tauschen …

Der vom Lenker aus bedienbare Bordcomputer informiert ganz ohne Schnickschnack über das Wichtigste: Verbrauch (aktuell und Durchschnitt), Reichweite, Uhrzeit, eingelegten Gang und 2 Tageskilometerzählern. 3,5 Liter Normverbrauch nennt Triumph. Am Ende unserer sehr flott gefahrenen 180-Kilometer-Runde stehen bei der höher und breiter bauenden Triumph Scrambler 400 X (höherer Luftwiderstand!) glatt 4 Liter an. Dann wäre der 13-Liter-Tank also für selbst bei ausgewrungenem Motor für bis zu 325 Kilometer am Stück gut.

© Honda
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5 Jahre Entwicklung, 4 Jahre Garantie

Triumph wirbt mit niedrigen Unterhaltskosten, langgestreckten Wartungsintervallen von 16.000 Kilometern (oder einmal jährlich) und vollen 4 Jahren Werksgarantie, inklusive 2 Jahren Mobilitätsgarantie. Das gehört eben auch zum "Welt-Motorrad". Ihm merkt man seine 5 Jahre Entwicklungszeit an: Clever konstruiert, durchdacht gebaut, wertig gemacht. Dazu gut ausgestattet, etwa mit Warnblinker und elektronischer Wegfahrsperre. Günstig im Falle eines Falles ist hier wie dort der angeschraubte Heckrahmen.

5.345 Euro für Speed 400, 6.045 Euro für Scrambler 400 X

Vor allem aber sind die 400er verdammt günstig: 5.345 Euro für die Speed 400 und 6.045 Euro für die Triumph Scrambler 400 X sind eine echte Ansage. Allerdings dürfen die Triumph-Händler ihre Nebenkosten frei kalkulieren, schlagen gern noch mal happige 500 Euro Nebenkosten obendrauf.

Von den beiden 400er kann Triumph in seinen Werken in Thailand und beim indischen Kooperationspartner Bajaj mehr Maschinen bauen (und vermutlich auch verkaufen) als von allen bisherigen Modellen zusammen! Unsere Test-Bikes stammen aus der gleichen Fabrik wie die 125er- und 390er von KTM: Hier können aktuell 60.000, bald aber schon 120.000 Exemplare jährlich beider 400er zusammen vom Band rollen. Indien ist auch der größte Markt, soll so viel abnehmen, wie alle anderen belieferten Länder zusammen!

Fazit

Triumphs kleinste Maschinen sind ein großer Wurf: So viel Fahrspaß und Besitzerstolz für so wenig Geld, das ist schon eine Ansage. die Triumph Scrambler 400 X ist ein lässiger, erwachsener und beeindruckender Charakter. Vielleicht nicht ganz so umgänglich für kleine Fahrer/innen wie die Triumph Speed 400, aber auch nie einschüchternd. Man muss sie einfach mögen! Das Motorrad-Jahr 2024 ist noch verdammt jung. Doch hier kommt bereits ein erstes Highlight.

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