100 Jahre BMW Motorrad: Die 1920er-Jahre

100 Jahre BMW Motorrad
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BMW Motorrad in den 1920er-Jahren

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In den turbulenten Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg hätten die BMW-Chefs lieber Flug- oder wenigstens Lkw-Motoren produziert. Doch ausgerechnet der zunächst für weniger wichtig gehaltene Motorradbau brachte die Firma in die Erfolgsspur.

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Es ist ja nicht so, dass Max Friz mit dem Motorradfahren nichts am Hut gehabt hätte. Doch der ambitionierte und wohl auch karrierebewusste Ingenieur strebte buchstäblich nach Höherem und wollte lieber Flugmotoren konstruieren, als sich mit schlichten Zweizylindern für Motorräder zu befassen. Damit stand er in Opposition zu einem anderen BMW-Mitarbeiter, dem Ingenieur Martin Stolle. Stolle hatte schon vor dem Krieg eine britische Douglas mit Zweizylinder-Boxer besessen und nahm trotz seiner eigenen profunden Kenntnis von Flugmotoren das Motorrad, Motorradfahren und nicht zuletzt die Motorradproduktion weit wichtiger als Friz.

Verbot, Flugzeuge zu produzieren

Als BMW-Direktor Franz-Josef Popp im Herbst 1919 mit Friz und Stolle darüber nachdachte, welche Produkte der Firma künftig Gewinn bringen könnten – unter Einhaltung des Verbots, Flugzeuge und Flugzeugkomponenten zu produzieren –, plädierte Friz für den Umbau eines Vierzylinder-Flugmotors zu einem Lastwagen- und Bootsmotor, während Stolle die Produktion eines Motorrads vorschlug. Popp gab beiden Vorschlägen grünes Licht, mit der Einschränkung, dass Martin Stolle statt eines kompletten Motorrads lediglich einen Motor entwerfen sollte, den man dann an interessierte Hersteller verkaufen wollte. So entstand der BMW-Motor mit der Bezeichnung M 2 B 15.

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100 Jahre BMW Motorrad BMW Motorrad in den 1930er-Jahren

Bereits im folgenden Jahr wurden Stolle und die Nürnberger Firma Viktoria handelseinig. Die Firmenleitung von Viktoria hatte sich entschlossen, den 1907 aufgegebenen Motorradbau wieder aufzunehmen und die Motoren für das neue Modell KR 1 von BMW zu beziehen. Damit war der M 2 B 15 kommerziell erfolgreicher als der von Max Friz umkonstruierte M 4 A1, der an Bootswerften und Lastwagenhersteller geliefert wurde.

1922 prekäre Lage für die Aktiengesellschaft

Von da an wurde es kompliziert. Die divergierenden Interessen des Chefs der Knorr-Bremse AG Johann Philipp Vielmetter, des Investors Camillo Castiglioni und BMW-Chefs Popp führten zu einer Reihe von taktischen Aktienübernahmen, Umbenennungen, Neugründungen und Umzügen, deren Schilderung diesen Rahmen sprengen würde. Zudem überwarfen sich Friz und Stolle, der zu der Münchner Firma Sedelbauer wechselte und dort den von Friz und Popp abgelehnten, leistungsstärkeren ohv-Boxermotor realisierte, der dann von Viktoria übernommen wurde.

Kurz, im Herbst 1922 war die BMW Aktiengesellschaft in einer prekären Lage: Viktoria-Auftrag weg, das unter dem Namen Helios produzierte Motorrad ein Ladenhüter, der Lkw- und Bootsmotor kaum besser verkauft und keine Aufträge der eben wieder zugelassenen Luftfahrtindustrie. Im Winter 1922/23 ging Max Friz in Klausur und konstruierte in wenigen Wochen die R 32 mit dem bereits bewährten Motor, das erste BMW-Motorrad, das auch unter diesem Markennamen erschien und im Spätsommer des Krisen- und Hyperinflationsjahres 1923 präsentiert wurde.

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100 Jahre BMW Motorrad BMW Motorrad in den 1940er-Jahren

1924 wurden 1.500 R 32 produziert und verkauft

Die R 32 muss, wenngleich in kleinerem Rahmen, einen ähnlich starken Eindruck gemacht haben wie später die Honda CB 750. Sie kam, wie sich erweisen sollte, gerade rechtzeitig für die kurzen Jahre wirtschaftlicher Konsolidierung der Weimarer Republik. In Umkehrung bisheriger sozialer Verhältnisse waren es viele Bauern, die während der Inflationszeit Nahrungsmittel gegen Sachwerte getauscht hatten und sich nun landwirtschaftliche Maschinen, aber auch Motorräder wie die R 32 leisten konnten. 1924 wurden 1.500 Exemplare produziert und verkauft.

Die Weiterentwicklung des M 2 B 15 begann bereits, bevor die R 32 auf den Markt kam. Max Friz konstruierte einen ohv-Motor mit Sackzylindern und offenliegender Ventilbetätigung. Für das Solitude-Bergrennen am 2. Juni 1923 wurden drei Motorräder aufgebaut, die aber mit technischen Defekten ausfielen.

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1924 gewann BMW das Solitude-Rennen

Ausgerechnet mit einem dieser Motoren absolvierte Rudolf Schleicher die ADAC-Winterfahrt von München nach Garmisch als schnellster Motorradfahrer. Der 1923 direkt von der Hochschule zu BMW gekommene Ingenieur war als Techniker und Fahrer gleichermaßen begabt. Die von Max Friz geschaffene Vorlage entwickelte er weiter, indem er dem M 2 B 15 aus dem Vollen gedrehte Stahlzylinder und gekapselte ohv-Zylinderköpfe aus Aluminium aufsetzte. 1924 gewann die BMW-Mannschaft das Solitude-Rennen mit diesem Motor in drei Klassen. Er trieb auch die in einer Kleinserie von 100 Exemplaren gebaute R 37 an, einen frühen "production racer", der die Motorsport-Tradition begründete.

Sehr sportlich, wenngleich nicht so erfolgreich war auch die erste Einzylinder-BMW, die R 39, mit einem 250er im gleichen quadratischen Bohrung-/Hubverhältnis wie die 500er. Zwar gewann Werksfahrer Sepp Stelzer 1925 auf Anhieb die deutsche Meisterschaft mit diesem Motorrad, doch in Kundenhand erwies sich die Maschine als noch nicht ausgereift. Den Einsatz von Stahllaufbuchsen in Aluzylindern hatte BMW offenbar noch nicht sicher im Griff. Ende 1926 wurde die Produktion der R 39 eingestellt.

Zum Ende des Jahrzehnts erweiterte BMW das Modellprogramm. Das Tourenmodell R 52 erhielt einen seitengesteuerten Langhuber, während die sportliche R 57 beim quadratischen ohv-Motor blieb. Ähnlich verfuhr man mit den ersten 750ern, der R 62 und 63. 1929 kamen der 745er und der 735er in der R 11 und der R 16 mit neuen Rahmen aus Pressblech auf den Markt.

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