6 Motorrad-Textilkombis der Oberklasse im Test
Stoff im 4.000-Kilometer-Test

Sechs Herren geben richtig Stoff und schauen, wie ihre Motorrad-Textilkombis von Klim, Held, Dane, Stadler, IXS und Rukka eine 4.000-Kilometer-Runde wegstecken.

Stoff im 4.000-Kilometer-Test
Foto: Gargolov

Gibt es die perfekte Ausrüstung, mit der man sich auf einen Schlag gegen alles wappnen kann? Ein heftiger Wintereinbruch, selbst wenn man erst spät im Frühling in den Alpenraum startet? Stundenlange Autobahnfahrten bei strömendem Regen? Sengende Sonne und ein steiler Temperaturanstieg auf über 30 Grad?

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Kauftipp Oberklasse-Textilkombis (MOTORRAD 17/2015)
Held Montero/Salerno
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Sechs Textilkombi-Anbieter aus dem Premiumbereich dürfen bei diesem 4.000-Kilometer-Test zeigen, ob sie für den Fernfahrer unter den Bikern das Rundumsorglos-Paket im Sortiment haben.

Dane Osted/Jylland

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Dane Osted/Jylland.

Anbieter: Motoport, Telefon 0 44 56/89 95 71 00, www.motoport.de;

Preis: Jacke 649 Euro, Hose 399 Euro, komplett 1048 Euro;

Größen: Jacke Herren 48 bis 62 und Damen 34 bis 46, Hose Herren 48 bis 60 und 98 bis 114;

Farben: Jacke in Silbergrau/Schwarz/Rot und Schwarz, Hose in Schwarz;

Gewicht: 3,7 kg (Größe 50);

Materialien: Außengewebe aus Polyamid, Futterstoff und herausnehmbares Thermofutter aus Polyester;

Klimamembran: Gore-Tex;

Herstellungsland: Indonesien

Passform/Tragekomfort: Sitzt geschmeidig und komfortabel. Der knackige Sitz bleibt auch bei hohem Autobahntempo erhalten. Kleines Minus: stets präsente Druckstellen am Knie.

Wetterschutz: Störende Zugluft an den Ärmeln (Reißverschlüsse drücken sich auf) und am Hals (schwach haftender Magnetverschluss), ansonsten solider Schutz gegen schlechte Wetterlagen und bei niedrigen Temperaturen.

Sicherheit: Dürftiges Protektorenpaket. Rücken und Hüfte werden nur gegen Aufpreis geschützt.

Ausstattung/Verarbeitung: Sehr gut verarbeitet, patzt aber bei Details wie z.B. der Taschenanordnung an der Hose.

Fazit: Autsch, Dane reißt mit der Kombi knapp die 1000-Euro-Schallmauer, bietet aber dafür nur eine dürftige Protektorenausstattung. In der Praxis zeigt der Anzug ­keine echten Ausfallerscheinungen, aber kleine Detailschwächen können nerven.

MOTORRAD-Urteil: gut

Held Montero/Salerno

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Held Montero/Salerno.

Anbieter: Held, Telefon 0 83 21/6 64 60, www.held.de;

Preis: Jacke 499,95 Euro, Hose 399,95 Euro, komplett 899,90 Euro

Größen: Jacke Herren S bis 3 XL, in Schwarz bis 5 XL, Damen DS bis D3XL, in Pink bis DXL, Hose Herren S bis 5XL sowie Kurz- und Langgrößen, Damen DS bis D3XL;

Farben: Jacke in Schwarz, Schwarz/Rot, Schwarz/Weiß, Schwarz/Blau und Schwarz/Pink, Hose in Schwarz, Schwarz/Weiß;

Gewicht: 3,8 kg (Größe L);

Materialien: Außengewebe aus Polyamid, Futterstoff und herausnehmbares Thermofutter aus Polyester;

Klimamembran: Gore-Tex;

Herstellungsland: Vietnam

Passform/Tragekomfort: Punktet durch sein geringes Gewicht und einen knackig-sportlichen Sitz, der auch bei hoher Reisegeschwindigkeit nicht außer Form gerät.

Wetterschutz: Durch vielfältige Belüftungsmöglichkeiten und kühlendes Coolmax-Futter vor allem an heißen Tagen erste Wahl – besonders klasse der breite Fronteinlass der Jacke. Sehr guter Regenschutz.

Sicherheit: Zwar nur die übliche Standardausrüstung ohne Rücken und Hüfte, dafür aber sitzen die Protektoren einwandfrei und decken hervorragend ab.

Ausstattung/Verarbeitung: Top gemacht, viele durchdachte Details.

Fazit: Tolle All-Season-Kombination zum attraktiven Preis. Held zeigt, dass auch deutlich unter 1000 Euro anständige Anzüge für fernreisende Motorradler angeboten werden. Noch knapp 100 Euro in Extra-Protektoren investiert – mehr braucht man nicht!

MOTORRAD-Urteil: gut

IXS Saragossa/Checker Evo

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IXS Saragossa/Checker Evo.

Anbieter: Hostettler, Telefon 0 76 31/1 80 40, www.ixs.de;

Preis: Jacke 459 Euro, Hose 299,90 Euro, komplett 758,90 Euro;

Größen: Jacke Herren S bis 5XL, Damen DS bis D5XL, Hose Herren S bis 6XL, Damen DXS bis D5XL sowie Kurz- und Langgrößen;

Farben: Jacke in Schwarz, Schwarz/Rot, Schwarz/Fluo-Gelb und Grau/Schwarz, Hose in Schwarz;

Gewicht: 4,2 kg (Größe L);

Materialien: Außengewebe aus Polyamid, Futterstoff aus Polyester/Polyamid, herausnehmbares Thermofutter aus Polyester;

Klimamembran: Gore-Tex;

Herstellungsland: Vietnam

Passform/Tragekomfort: Sitzt im Vergleich zum Testfeld nicht so knackig. Jacke bauscht sich bei höherem Tempo schnell auf und bietet bei aktiver Fahrt im Gebirge nicht die Geschmeidigkeit anderer Anzüge.

Wetterschutz: Klassisches Ausstattungspaket für den ganzjährigen Einsatz. Angenehme Belüftungsfunktion, akzeptable Isolation. Der eigentlich gute Regenschutz wird durch den tief sitzenden Kragen allerdings stark geschmälert.

Sicherheit: Besser als der Standard: Gelenk- plus Rückenprotektoren, Größen aber knapp bemessen.

Ausstattung/Verarbeitung: Wertige Machart, aber sehr verspielter Aufbau.

Fazit: Textilkombi im Old-School-Look. Im Vergleich zum übrigen Testfeld bleibt auf der 4000-Kilometer-Runde ein echter Aha-Effekt aus. Neuralgischer Punkt bei Schlechtwetter: der tief ausgeschnittene Kragen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt aber.

MOTORRAD-Urteil: gut

Klim Badlands Pro

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Klim Badlands Pro.

Anbieter: Klim Europe, Telefon 00 41/2 13 21 87 4200 41/2 13 21 87 42 (Schweiz), www.klim.com;

Preis: Jacke 799 Euro, Hose 599 Euro, komplett 1398 Euro;

Größen: Jacke Herren S bis 3XL, Hose Herren 30 bis 42 sowie Tall-32 bis Tall-40;

Farben: Jacke in Schwarz, Schwarz/Grau und Schwarz/Fluo-Gelb, Hose in Schwarz und Schwarz/Grau;

Gewicht: 5,6 kg (Größe XL);

Materialien: Außengewebe aus Polyamid (Nylon), Futterstoff aus Polyester;

Klimamembran: Gore-Tex;

Herstellungsland: China

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Passform/Tragekomfort: Trägt sich trotz des vergleichsweise hohen Gewichts (auf dem Niveau einer Fullsize-Lederkombi) noch angenehm. Lässt sich durch pfiffige Details wie einen integrierten Nierengurt aber sehr gut „auf Figur“ trimmen.

Wetterschutz: Bis zum hochgezogenen und eng anliegenden Kragen sehr guter Nässeschutz. Für heiße Sommertage einwandfrei belüftet. Für kühle Tage aber zu dürftig ausgestattet.

Sicherheit: Bietet neben Gelenk-, Hüft- und Rückenprotektoren auch ein Schutzpolster für die Brust. Aber nicht auf dem Niveau eines „echten“ Protektors.

Ausstattung/Verarbeitung: Top verarbeitet, sinnvoll durchdachte Details.

Fazit: Die hierzulande noch unbekannte US-Marke Klim weiß durchaus zu überzeugen. Vor allem kann der Badlands Pro durch sein ausgefeiltes Sicherheitspaket einen neuen Maßstab definieren. Trotz des hohen Preises aber kein All-Season-Allrounder.

MOTORRAD-Urteil: gut

Rukka R-Android

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Rukka R-Android.

Anbieter: Rukka, Telefon 0 40/5 51 10 55, www.rukka.de;

Preis: Jacke 949 Euro, Hose 699 Euro, komplett 1648 Euro;

Größen: Jacke und Hose Herren 46 bis 62;

Farbe: Schwarz;

Gewicht: 5,9 kg (Größe 52);

Materialien: Außengewebe aus Polyamid, Futterstoff und herausnehmbares Thermofutter aus Polyester;

Klimamembran: Gore-Tex;

Herstellungsland: China

Passform/Tragekomfort: Rukka-typisch erstklassiger Sitz, weshalb die Kombi sportliches Turnen auf kleinen Passstraßen genauso mitmacht wie flotte Turns über die Autobahn. Auf Dauer spürt man aber das extrem hohe Gewicht – insbesondere durch die schwer auftragenden Protektoren.

Wetterschutz: Von Kopf bis Fuß nicht nur auf Schlechtwetter eingestellt: wasserdichte Reißverschlüsse, abnehmbarer Extrakragen, ein hervorragend wärmendes Daunenfutter für die Kälteperiode, angenehme Lufteinlässe für heiße Tage.

Sicherheit: Bis auf die Brust eine komplette sowie sauber positionierte Protektorenausstattung an den Gelenken, der Hüfte und dem Rücken.

Ausstattung/Verarbeitung: Top durchdacht. Außengewebe zeigt aber nach dem Trip unansehnliche Verschleißspuren.

Fazit: Der teuerste Anzug im Test hinterlässt nach der Korsika-Rundfahrt in Sachen Oberflächengüte den unansehnlichsten Eindruck. Schade, denn ansonsten kann die Finnen-Marke vom Tragekomfort bis zum Wetterschutz hervorragend punkten.

MOTORRAD-Urteil: gut

Stadler Bent GTX/Line GTX

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Stadler Bent GTX/Line GTX.

Anbieter: Stadler, Telefon 0 85 43/9 62 00, www.stadler-bekleidung.de;

Preis: Jacke ab 999 Euro, Hose ab 589 Euro, komplett 1588 Euro (zehn Prozent Aufpreis in Sonderanfertigung);

Größen: Jacke und Hose Herren 48 bis 62, Damen 36 bis 46, sowie Kurz- und Langgrößen;

Farben: Jacke in Schwarz/Grau/Rot und Schwarz/Grau/Platin, Hose in Schwarz/Silber und Grau/Silber;

Gewicht: 5,5 kg (Größe 52);

Materialien: Außengewebe und Futterstoff aus Polyamid, herausnehmbare Thermojacke aus Polyester;

Klimamembran: Gore-Tex;

Herstellungsland: Kroatien

Passform/Tragekomfort: Wiegt viel, trägt sich dafür aber vergleichsweise leicht und geschmeidig. Nahezu perfekte Größen und Proportionen, die sich auf Wunsch auch weiter individualisieren lassen.

Wetterschutz: Pfiffiger Regenschutz durch ein separates Gore-Tex-Inlay in Jacke und Hose, das sich wahlweise drunter oder drüber tragen lässt. Im Sommer hervorragend durchlüftet, für kalte Tage gibt es eine warme Softshelljacke.

Sicherheit: Die Brust fehlt, aber ansonsten punktet Stadler durch ein optimal sitzendes Protektorenpaket.

Ausstattung/Verarbeitung: Klasse und absolut wertig gemacht.

Fazit: Eine Anschaffung fürs Leben? Die 4000-Kilo­meter-Tour steckt der Stadler-Anzug jedenfalls ohne nennenswerte Gebrauchsspuren weg. Besonders gefallen die praxisnahen Features wie das im Stil eines ­Regenanzugs konzipierte Gore-Tex-Inlay.

MOTORRAD-Urteil: sehr gut.

Oberklasse-Textilkombis in der Übersicht

Oberklasse-Textilkombis im Test* Bewertung Kaufmöglichkeit
(J) Stadler Bent GTX sehr gut Jetzt bei eBay bestellen
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* (J) = Jacke, (H) = Hose

Die Protektoren auf dem Prüfstand

Lohse
Härtetest: Fünf Kilo Stahl fallen aus einem Meter Höhe auf den Protektor

Endwertung und Fazit

MOTORRAD
Stadler Bent GTX/Line GTX landet am Ende auf Platz 1.

Fazit

MOTORRAD
Ausstattung mit Protektoren

Unterm Strich ein gutes ­Ergebnis, das nach der 4.000 Kilometer langen Testrunde von Stuttgart nach Korsika und zurück in unserer Bilanz zusammengefasst wird. Aber: Es gibt noch reichlich Luft nach oben. Vor allem in Sachen Si­cherheit. Von Premiummarken darf man erwarten, dass sie eine gewisse Vor­reiter­funk­tion einnehmen. Umso erstaunlicher ist es, dass bislang nur Klim das Thema Brustprotektor einigermaßen auf dem Schirm hat – obwohl immer noch weit von den Anforderungen der künftigen Norm entfernt. Stadler schafft knapp ­das „sehr gut“, Held ist ein Tipp für preis­bewußte Käufer. 

Richtig kaufen: Textilkombis für Tourenfahrer

Markus Jahn
Nieselregen bei der Abfahrt, flotte Etappen über die Autobahn, eisiger Wind auf der Passhöhe, brütend heiße Stadtdurchfahrten im Süden. Unsere Tipps für die Kleiderauswahl.

Kragen  

Muss einen perfekten Übergang zum Helm bilden. Ansonsten droht bei Regen Wassereinbruch. Muss sich leicht verschließen lassen. Perfekt, wenn er eine flatterfreie Belüftungsfunktion für heiße Sommertage hat.

Umbaumöglichkeiten 
Mit oder ohne Thermofutter, große Lufteinlässe, ggf. lässt sich auch noch die Klimamembran herausnehmen? Ohne flink verstellbare Gurte zur Weitenregulierung an Ärmeln, Beinen sowie Hüfte mutiert der Anzug schnell zum nervigen Flattermann.

Taschen

Es muss nicht zig Verstaumöglichkeiten geben. Im Regelfall reichen zwei große (und wasserdichte!) Außentaschen an der Jacke (z. B. für eine Kompaktkamera), dazu zwei (gepolsterte) Innentaschen für Papiere, Geldbörse und Smartphone. Bequem: wenn die Hose zwei (schräge!) Einstecktaschen hat.

Übergang Jacke/Hose
Gut aufeinander abgestimmte Kombinationen zeichnen sich dadurch aus, dass Jacke und Hose am Rücken weit überlappen und vorne keine nervigen Falten werfen. Ideale Kopplung: ein langer Verbindungsreißverschluss.

Protektoren
Zur Minimalausstattung gehören satt sitzende, CE-geprüfte Aufpralldämpfer für Schultern, Ellbogen und die Knie. Am besten sind obendrein Hüfte und Rücken durch anständige Protektoren geschützt. Besonders fortschrittliche Hersteller wappnen auch die Brust mit normierten Sturzpolstern.

Mal richtig Schläge kassieren

mps-Fotostudio
Gelenkprotektoren: Standardform bei Dane (r.), Oversize-Stil bei Rukka (M.), anatomisch optimiert bei Held (l.)

Protektoren gelten als Knautschzonen für Motorradfahrer. Doch wie effektiv können sie einen harten Aufprall wirklich wegfiltern? Auf dem Fallprüfstand müssen die Knochenschützer unserer Testkombis Farbe bekennen.

Die Daumenprobe im Laden – ein netter Versuch, um die Schutzausrüstung von Jacke und Hose zu untersuchen. Aber mehr auch nicht. Wie gut die in der Kombi ein­gesetzten Protektoren tatsächlich funktionieren, zeigt sich erst, wenn sie aus den Taschen herausgenommen werden und auf ­einem echten Fallprüfstand landen. Die erste ­Analyse findet aber zunächst durch eine Sichtprüfung statt. Motorrad-Protektoren müssen nach den entsprechenden Normen gekennzeichnet sein – erst dann dürfen sie auch so genannt werden. Welche Norm der Protektor erfüllt, muss durch einen Aufdruck erkennbar sein. Grundlage ist eine Europanorm (EN), die es inzwischen in drei Aus­führungen gibt: EN 1621-1 für Gelenkprotektoren, -2 für Rückenprotektoren und -4 für Motorradfahrer-Airbags. Was fehlt in der Reihe? Natürlich Strich drei. Diese gibt‘s noch nicht, sie ist aber bereits in der finalen Abstimmungsphase. Aller Voraussicht nach wird die EN 1621-3 ab 2016 die Anforderungen für Brustprotektoren beschreiben.

Das Testverfahren ist aber für alle Protektorenarten ziemlich identisch. Auf dem Fallprüfstand schlägt ein fünf Kilo schwerer Stahlkörper aus einem Meter Höhe ungebremst auf dem Protektor auf. Darunter ­befindet sich ein Stahlamboss, in dem eine Messdose die Restkraft ermittelt. Je nach Protektorenart unterscheiden sich Fallkörper und Ambosskontur, aber auch die zulässigen Grenzwerte.

Wer sicher sein will, dass die Protektoren in seiner Kombi dem neuesten Standard entsprechen, sollte darauf achten, dass bei den Gelenkschützern das Jahr 2012 und bei Rückenprotektoren 2014 angegeben ist.

Textilanzüge sitzen mittlerweile ähnlich präzise wie Leder

Erste Sichtprobe der Kombis vor der Abfahrt. Gefahren wird ausschließlich in Textil. Leder bietet in Sachen passiver Sicherheit zwar die besten Werte, aber unter dem Aspekt aktive Sicherheit ist und bleibt Textil weiterhin ungeschlagen. Auch wenn manche Hersteller inzwischen versuchen, Leder durch Klimamembran-Konstruktionen allwettertauglich zu machen: Der Spagat, Komfort sowohl an nasskalten wie sonnig-heißen Tagen zu liefern, gelingt Kunstfaseranzügen deutlich besser.

Dass Textilkombis dabei wie ein unförmiger Sack am Körper rumschlackern und sich bei flotter Autobahnfahrt wie ein Ballon aufblasen müssen, hat sich inzwischen erledigt. Moderne Cordura-Gewebe (siehe Material-ABC) mit entsprechend hohem Stretchanteil sorgen dafür, dass Textilanzüge mittlerweile ähnlich präzise wie eine Lederkombi sitzen können – dabei aber weiterhin deutlich mehr Komfort bieten. Erfreulicher Nebeneffekt: Auch die Protektoren sitzen somit spürbar präziser.

Welche Textilkombi ist die Beste für alle Tage?

Und wo wir gerade beim Thema Geldausgeben sind: Obwohl wir uns in der Textilkombi-Oberklasse bewegen, werden bei manchen Herstellern noch einmal Extrabeträge fällig, wenn es um das Thema passive Sicherheit geht. In Sachen Protektorenausstattung hat sich eine Vollausstattung inklusive Hüft- und Rückenprotektoren noch lange nicht etabliert, selbst wenn der Preis die 1000-Euro-Schallmauer knackt (z. B. Dane). Dieser Prüfpunkt wird 2016 noch einmal an Schärfe gewinnen, wenn die lang erwartete Brustprotektoren-Norm EN 1621-3 endlich verabschiedet wird. Bislang zeigt sich in diesem Testfeld nur ein Anbieter gewappnet, die Front mit einer gepolsterten Ein­lage zu schützen (Klim). Allerdings noch weit von dem entfernt, was ein echter Brustprotektor leisten sollte. 

Erfreuliche Bilanz nach dieser Tour: Auf die Erprobung der passiven Sicherheitsmerkmale konnte in der Praxis gottlob verzichtet werden. Auf dem Prüfstand blieben alle (und zum Teil deutlich) unter den erlaubten Grenzwerten. Und welche Textilkombi ist nun die Beste für alle Tage? Schön, dass es hier zwei Lösungen je nach Geldbeutel gibt: Mehr oder minder die Anschaffung fürs ­Leben kommt in Form des Stadler-Anzugs. Für etwas mehr als die Hälfte bietet aber auch die Held-Kombi einen klasse Gegenwert. In diesem Sinne: gute Reise!

Funktionswäsche vorteilhaft

Bevor alle Reiß- und Klettverschlüsse zugemacht werden, ein paar Worte zum Untendrunter. Immer wieder genommen: das Lieblings-T-Shirt oder, wenn es kälter wird, der Strickpullover aus Baumwolle. Manche schaffen es sogar, die Textilhose über eine Jeans zu streifen. Wer so fährt, hat natürlich arge Probleme mit der Passform. Viel wesentlicher ist aber, dass die sogenannte Atmungsaktivität damit komplett flachfällt. Und der Träger des Hightech-Wunderanzugs wundert sich, warum er sich bei der herrlich sonnigen Kaffeepause aus einer innen klatschnassen Textilkombi schält.

Deshalb kurz noch einmal das Funk­tionsprinzip einer Klimamembran in Erin­ne­rung gerufen: Sie besteht in erster Linie aus einer dampfdurchlässigen Folie, durch die Schweiß verdunsten kann, die im Gegenzug aber Wassertropfen nicht passieren lässt. „Atmungsaktiv“ ist natürlich insofern irreführend, weil das Gewebe alles andere als aktiv ist. Und dass der Mensch auch in Gore-Tex & Co weiterhin schwitzt, ist einfach ein biologisches Grundprinzip des ­Körpers. Weshalb direkt auf der Haut ausschließlich spezielle Funktionsstoffe getragen werden sollen, wie sie auch im Sport, z. B. beim Radfahren oder Wandern verwendet werden. So wird vermieden, dass der Schweiß zwischen Haut und Anzug stecken bleibt. Mittlerweile hat nahezu jeder Anbieter diverse Sets für verschiedene Wetter­lagen im Programm – für ein gut sitzendes, funktionales und zudem noch bequem sitzendes Set müssen allerdings noch einmal rund 100 Euro angelegt werden.

Material-ABC

mps-Fotostudio
Das Poren-Prinzip von Gore-Tex: Wasser in Form von Dampf geht durch, als Tropfen dafür nicht

Das Außenmaterial einer Textilkombi  besteht im Regelfall aus Polyamid (PA), auch unter dem Namen Nylon bekannt. PA ist elastisch und besitzt bei geringem Gewicht eine hohe Reiß- und Scheuerfestigkeit – allerdings immer noch weit von Leder entfernt. Selbst die PA-Edelversion Cordura (Markenname von DuPont) mit einer etwas besseren Abriebfestigkeit! Wichtig: Verstärkungen an Sturzzonen.

Die Klimamembran einer Textilkombi  soll Regen aussperren, Schweiß durch ihre Dampfdurchlässigkeit („Atmungsaktivität“) nach außen transportieren. Grundvoraussetzung dafür: das Tragen von Funktionswäsche – Baumwolle (z. B. in Form von T-Shirts) ist tabu. Im Highend-Bereich hat sich Gore-Tex (chemische Basis: Polytetra­fluorethylen) etabliert.

Der Futterstoff  wird meist aus Polyester (PES) gefertigt. Doch es gibt Riesenunterschiede. Zum Beispiel PES als 3-D-Meshgewebe, das für eine angenehme Luftzirkulation sorgt.

So testet MOTORRAD

markus-jahn.com
Mare et Monti: Die alpine Mittelmeerinsel stellt die Bekleidung der Piloten vor besondere Herausforderungen

Schon immer hat sich der MOTORRAD-Reifentest bewährt, um neben den Reifen auch das Equipment für die Piloten einem Hardcore-Praxistest zu unterziehen. Schließlich werden innerhalb kürzester Zeit viele Tausend Kilometer bei Wind und Wetter her­untergeritten, was natürlich auch das Material der Textilkombis besonders fordert. Dazu werden zigmal Reißverschlüsse hin- und hergezippt oder Klettverschlüsse geöffnet und wieder verschlossen. Die An­züge müssen sich dabei in unterschied­lichs­ten Fahrsituationen bewähren: bei High­speed-Etappen über Autobahnen oder auf schweißtreibenden Singletracks im Hinterland Korsikas. Zurück in Stuttgart geht es ans Eingemachte: Begutachtung der Verarbeitungsqualität nach dieser Gewaltetappe von Süddeutschland auf die Mittelmeer­insel, dazu eine genaue Laboranalyse der ein­gesetzten Protektoren.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023