Christophs Onkel war cool. Wenn er gelegentlich am Sonntag bei den
Eltern zum Kaffee vorbeischaute, dann parkte seine BMW R 90 S in der Garageneinfahrt. Direkt hinter der Familienkutsche, dem Opel Ascona. Das prägt. Das revolutioniert Gedanken. Das rückt das elterliche Wertekostüm in ein neues Licht. Oder besser gesagt: aus dem Licht. Natürlich war der Sohn des Hauses heiß. Und angefressen. Der Führerschein musste her und dann eine eigene Maschine.
Endlich 18. Während es von elterlicher Seite Ermahnungen hagelte, dachte der Onkel pragmatischer und gab dem Neffen seinen alten Fackelmann-Anzug mit auf den Weg: »Damit du was Anständiges zum Anziehen hast.«
Staunend begutachteten wir das grobe Gewebe. Christoph wusste Bescheid: »Damit lassen sich die Jungs sogar hinter Autos herschleifen. Das Zeug ist gut!« Auf einer Honda CB 250 ging’s übers Land. Jeder durfte mal den Fackelmann tragen und fühlte sich in dem Augenblick cool. Und unverwundbar. Wie ein Held.
Frank war »nur« Vespa-Fahrer. Besaß aber jeden Gericke-Katalog. Die Schularbeiten wurden hinten angestellt, später erst gar nicht mehr gemacht. Dafür aber geblättert und gefachsimpelt. Damals war der Katalog noch eine Bibel. Fett und schwer. Prall gefüllte Motorradkultur in Hochglanz, der blonde Hein mitten drin. Mit 16 entstanden Wunschzettel, die Ära, die der Hercules folgen sollte, wurde generalstabsmäßig vorbereitet. Sollte es gleich eine Hurricane-Kombi sein, oder tat es zunächst die Bomber-Jacke? Irgendwann reichte es für ein Paar Handschuhe. Immerhin stand Gericke in fetten Lettern über dem Zeigefinger.
Unbezahlbare Schätze hingen damals in Dieter Börjes’ Laden in Augustfehn. Frech grinste des Teufels Fratze von der Dainese-Kombi, daneben verströmte das Ritterkreuz auf Harros Rennweste Standhaftigkeit. In Reih und Glied standen blank polierte Helme von Nava und Römer in den Regalen. Ehrfürchtig strich man übers Leder, klappte Visiere auf, ließ solide Metallreißverschlüsse ratschen. Die Tour zu Börjes war ein Event. Jedes Mal.
Es war eine Zeit, in der Motorradfahren in aller Munde war und die Kaufhauskette Karstadt wie selbstverständlich Lederkombis von Erbo anbot. Es war eine Zeit, die bis heute nicht in Vergessenheit geraten ist. Ganz im Gegenteil. Einmal angetippt auf die Klassiker der Motorradaus-rüstung, beginnen die Erinnerungen in der Redaktion zu sprudeln: »Die Krauser-Koffer waren der Hit bei den Tourenfahrern. Und meist haltbarer als die Maschinen, die dranhingen. Zu jeder Güllepumpe gehörte der Golfball-Helm von Schuberth. Und dann der Thermoboy. Der war so warm, dass einem schon knapp über dem Gefrierpunkt der Schweiß ausbrach«, resümiert Kollege Werner Enzmann die frühen achtziger Jahre.
Es ist aber auch eine Zeit, aus der mittlerweile vieles zu Grabe getragen wurde, namhafte Köpfe und Marken die Branche wechseln mussten. Etwa ein Peter Fackelmann, der mit seinem Know-how Militär-Anzüge und OP-Kittel entwickelt. Oder der Verkleidungsspezialist Pichler, der nun in Whirlpools macht. Ganz zu schweigen von Belstaff-Jacken, die heute Prêt-à-porter-Format besitzen.
Was bleibt, ist die Erinnerung an große Namen, an bahnbrechende wie schräge Ideen, die in den Siebzigern und Achtzigern Hochkonjunktur hatten. Und es war, so beschreibt es Unterwegs-Kollege Michael Schröder treffend, »schon ‘ne echt geile Zeit!“
Hartung - Der Helm
Der Deutsche aus Andorra ist so besonnen wie besessen. Über das aktuelle Geplänkel der Hersteller, einen Ein-Kilo-Helm zu bauen, kann Helmut Hartung nur milde lächeln: Schon 1977 liegen seine Kevlar-Karbon-Helme mit gewogenen 750 Gramm weit darunter. »Erst Ende der Achtziger, kurz vorm Produktionsstopp«, erzählt der Chemie-Anlagenbauer »haben wir aus Dyneema-Gewebe
einen Helm gebaut, der ein Kilo wog.« Seit 2005 tüftelt der Vater der »Bienenkorb-Helme« wieder. Hightech-Fasern sollen ultimativen Durchdringungsschutz mit 850 Gramm Gewicht paaren.
Pichler - Die Verkleidung
»Habermann muss in die Liste mit rein«, fordert die MOTORRAD-Sportfraktion. »Mit Habermann«, brummt Edmund Pichler, »habe ich von ’66 bis ’69 gemeinsame Sache gemacht.« Dann endet die Eintracht. Es boomt, aber der Konkurrenzdruck wächst. Habermann gibt das Verkleidungsgeschäft in den Neunzigern auf, während bei Pichler jetzt Wasser läuft: in seine Whirlpools.
Marving - Der Auspuff
Lass röhren, Kumpel: Der Marving-Auspuff katapultiert dich schlagartig zurück in die Zeit, als du dich während der Dorfkirmes mit deinem
Bonanza-Rad zu den Motorrädern geschlichen hast. Da standen sie, die verwegenen Hunde, ließen die Motoren mit kurzen Gasstößen warm laufen, aus chromblitzenden Rohren fauchte der Ruf nach Abenteuer und Freiheit. Seit 1969 im Geschäft, war es vor allem die Kawasaki
Z 900, später die Z 1000, mit der Marving Umsatz machte. Die
italienische Auspuffschmiede gehörte in den Siebzigern zu den ersten,
die komplette Vier-in-eins-Anlagen liefern konnten. Und für Youngtimer-Freunde bis heute liefern kann. Am guten Ton hat sich wenig ge-
ändert. Mehr dafür am Preis: Aus den 400 Mark von 1980 sind mittlerweile 500 Euro geworden.
Thermoboy - Der Winterkombi
»Von Paul A. Boy habe ich mal ein Katzennetz gekauft«, berichtet Klaus Herder von der Schwesterzeitschrift mopped stolz. Wäre der Mann nicht so tugendhaft, hätte er die Bekanntschaft mit Boy-Produkten im Knast machen können. Denn auch dort werden die Netze des Hamburger Unternehmers gerne als Fallschutz zwischen den Stockwerken
verspannt. 1964 beginnt der ehemalige Spediteur neben den Netzen Schutzanzüge für Kühlhausarbeiter zu fertigen, 1968 nimmt er Jäger und Motorradfahrer ins Visier. Der Thermoboy wird das Pflichtornat für Winterfahrer. Ende der Achtziger verkauft Boy seine Firma an Gericke, und Polo wird Lizenznehmer für den Namen Thermoboy. Boy ist
seit langem im Ruhestand, doch das Kerngeschäft läuft weiter. Jetzt produziert der Sohn Katzennetze und Kühlhausanzüge.
Belstaff - Die Jacke
Die klassische Trialmaster-Jacke, getragen über einem leichten Sommerkleid: Die hier gezeigte Kombination ist gar nicht so abwegig. Denn die brandneue Belstaff-Kollektion hat nur noch wenig mit dem Outfit zu tun, das Phil Read durch verregnete Grand-Prix-Läufe oder Che Guevara auf dem Motorrad durch Lateinamerika trug. 2004 wurde die Marke, die Harry Grosberg 1924 in Staffordshire gründete, von der Clothing Company übernommen. Was die italienische Firma mit der beachtlichen Übernahmesumme – Insider munkeln von zehn Millionen Pfund – vor allem einkaufen wollte, war das authentische Flair, das Belstaff über Jahrzehnte kultiviert hat. Und seitdem wird der herbe Style, den bislang bärtig-zerzauste Windgesichter geprägt haben, von strahlend schönen Barbie-Girls auf den Laufstegen in Mailand und Paris verkauft. Bestseller von einst wie die XL 500-Jacke sind heute insbesondere auf ein schickes Ausgehformat getrimmt. Authentische Restbestände finden sich noch bei MGH in Bielefeld (www.mgh-bikes.de).
Schuberth - Der Golfball
»Übrigens, der Golfplatz ist da hinten...« Wer den Schuberth Speed im Golfball-Look sieht, hat schnell das Werner-Zitat im Ohr, wo ein altbackener Biedermann-Biker die »tollen Maschinen« von Werner und Herbert bestaunt. Technisch gesehen aber war das, was seit den Siebzigern aus der Braun-
schweiger Helmbäckerei kam, alles andere als langweilig und altbacken. Im Speed-Projekt manifestierte sich 1983 erstmals der Gedanke, die Helmoberfläche aerodynamisch zu optimieren. Ähnlich einem Golfball, der durch das Noppenprofil einen geringen Luftwiderstand besitzt, sollte auch der Speed über diese Eigenschaft verfügen. Im Fahrversuch wurde ein solcher Helm entwickelt, später im Windkanal verfeinert. Bis vor zwei Jahren gab es die Speed-Reihe bei Schuberth. Doch das Thema Wind, sagen sie, hat sich noch lange nicht erledigt.
Magura - Der M-Lenker
Für die ganz harten Hunde, betont MOTORRAD-Tester Werner »Mini« Koch, war es keine Frage: »Echte Biker wollten Tommaselli!« Doch die Montage war nicht immer TÜV-konform. Die deutsch-korrekte Alternative spuckte Magura damals in großer Stückzahl aus: den M-Lenker. Heute stehen bei dem Familienunternehmen neben Lenkstangen feine Handarmaturen hoch im Kurs. Echte M-Fans werden noch beim Kreidler Dienst (www.kreidlerdienst.de) fündig.
Fackelmann - Der Anzug
Es begann 1976 mit einem schnöden vierten Platz beim ADAC-Wettbewerb für mehr Sicherheit auf dem Motorrad, erzählt Peter Fackelmann, 66. Doch sein Textilanzug hat sich ins Gedächtnis gebrannt. Die Idee
war simpel. Mehrere Lagen Polyester, in Schlingen verwebt, zogen den Durchschleifprozess in die Länge. Die Hoffnung, dass die Industrie Schlange steht, ging nicht auf: »Ich war mit meiner Idee zehn Jahre zu früh!« 1988 zog er die Reißleine und entwickelte fortan Schutzanzüge fürs Militär. 40000 Fackelmänner, schätzt der pensionierte Maschinenbauer, hat er im Eigenvertrieb unters Volk gebracht.
Krauser - Der Koffer
»Der Mann mit dem Koffer« – so betitelte MOTORRAD 1991 den Nachruf zum Tod von Mike Krauser. Doch die Koffer geben nur eine Facette im Leben des Urbayern wieder. Krauser war auch ein großer Sportmäzen: Zehn WM-Titel konnten seine »Werksfahrer«, unter anderem Toni Mang 1980, holen. 1972 begann
der einstige deutsche Vizemeister im Gespann-Speedway, Motorradkoffer zu entwickeln. Mittlerweile gehört die Marke zu Hepco & Becker. Den legendären Krauser Classic-Koffer gibt es in neuer Auflage beim BMW-Spezialisten Siebenrock (www.siebenrock.com).
Porsche - Der Helm
Corinna Piëch hatte einen Plan. 1976 kreuzte die Ex-Frau des späteren VW-Bosses Ferdinand Piëch mit Plänen für einen Motorradhelm bei Porsche Design auf. Binnen eines Jahres ist der CP-1
fertig, gebaut von Römer in Neu-Ulm. Das bündig eingelassene Visier ist der Hingucker. 1984 übernahm Kiwi, vier Jahre darauf Nolan die Fertigung. Dort entstand auch die Klappvariante CP-11. Seit Mitte der Neunziger ruht die italienische Porsche-Produktion, doch Nostalgiker können Corinna Piëchs Helm immer noch in Kleinstmengen bei Nolan bekommen.
Harro - Der Elefantenboy, Die Rennweste
»Ich kann mich noch ganz genau dran erinnern, wie ich damals zu Harro in den Schwarzwald gefahren bin, um mir meine erste Lederkombi zu kaufen«, erzählte kürzlich ein befreundeter Fotograf. Anek-
doten dieser Art sind zahlreich. Wie keine andere hat die Lederbekleidungsfabrik und einstige Gerberei in Rohrdorf bei Nagold die Szene beeinflusst. Und bleibt mit dem aktuellen Sortiment ihrer Tradition bis heute treu verbunden. Seit vier Jahrzehnen ist die legendäre Rennweste im Programm. Die
verkauften Stückzahlen gehen nach Firmenschätzungen in den sechsstelligen Bereich. Ebenso lange hat sich der Elefantenboy als Pflichtausrüstung für traditionsbewusste Motorradtouristen gehalten. Und mit der schnörkellosen Rennkombi Assen ist man den einstigen Werksfahrern Luigi Taveri, Hans- Georg Anscheidt oder Dieter Braun wieder sehr nahe.
Belstaff - Die Jacke
Die klassische Trialmaster-Jacke, getragen über einem leichten Sommerkleid: Die hier gezeigte Kombination ist gar nicht so abwegig. Denn die brandneue Belstaff-Kollektion hat nur noch wenig mit dem Outfit zu tun, das Phil Read durch verregnete Grand-Prix-Läufe oder Che Guevara auf dem Motorrad durch Lateinamerika trug. 2004 wurde die Marke, die Harry Grosberg 1924 in Staffordshire gründete, von der Clothing Company übernommen. Was die italienische Firma mit der beachtlichen Übernahmesumme – Insider munkeln von zehn Millionen Pfund – vor allem einkaufen wollte, war das authentische Flair, das Belstaff über Jahrzehnte kultiviert hat. Und seitdem wird der herbe Style, den bislang bärtig-zerzauste Windgesichter geprägt haben, von strahlend schönen Barbie-Girls auf den Laufstegen in Mailand und Paris verkauft. Bestseller von einst wie die XL 500-Jacke sind heute insbesondere auf ein schickes Ausgehformat getrimmt. Authentische Restbestände finden sich noch bei MGH in Bielefeld (www.mgh-bikes.de).
Schuberth - Der Golfball
»Übrigens, der Golfplatz ist da hinten...« Wer den Schuberth Speed im Golfball-Look sieht, hat schnell das Werner-Zitat im Ohr, wo ein altbackener Biedermann-Biker die »tollen Maschinen« von Werner und Herbert bestaunt. Technisch gesehen aber war das, was seit den Siebzigern aus der Braun-
schweiger Helmbäckerei kam, alles andere als langweilig und altbacken. Im Speed-Projekt manifestierte sich 1983 erstmals der Gedanke, die Helmoberfläche aerodynamisch zu optimieren. Ähnlich einem Golfball, der durch das Noppenprofil einen geringen Luftwiderstand besitzt, sollte auch der Speed über diese Eigenschaft verfügen. Im Fahrversuch wurde ein solcher Helm entwickelt, später im Windkanal verfeinert. Bis vor zwei Jahren gab es die Speed-Reihe bei Schuberth. Doch das Thema Wind, sagen sie, hat sich noch lange nicht erledigt.
Thermoboy - Der Winterkombi
»Von Paul A. Boy habe ich mal ein Katzennetz gekauft«, berichtet Klaus Herder von der Schwesterzeitschrift mopped stolz. Wäre der Mann nicht so tugendhaft, hätte er die Bekanntschaft mit Boy-Produkten im Knast machen können. Denn auch dort werden die Netze des Hamburger Unternehmers gerne als Fallschutz zwischen den Stockwerken
verspannt. 1964 beginnt der ehemalige Spediteur neben den Netzen Schutzanzüge für Kühlhausarbeiter zu fertigen, 1968 nimmt er Jäger und Motorradfahrer ins Visier. Der Thermoboy wird das Pflichtornat für Winterfahrer. Ende der Achtziger verkauft Boy seine Firma an Gericke, und Polo wird Lizenznehmer für den Namen Thermoboy. Boy ist
seit langem im Ruhestand, doch das Kerngeschäft läuft weiter. Jetzt produziert der Sohn Katzennetze und Kühlhausanzüge.
Magura - Der M-Lenker
Für die ganz harten Hunde, betont MOTORRAD-Tester Werner »Mini« Koch, war es keine Frage: »Echte Biker wollten Tommaselli!« Doch die Montage war nicht immer TÜV-konform. Die deutsch-korrekte Alternative spuckte Magura damals in großer Stückzahl aus: den M-Lenker. Heute stehen bei dem Familienunternehmen neben Lenkstangen feine Handarmaturen hoch im Kurs. Echte M-Fans werden noch beim Kreidler Dienst (www.kreidlerdienst.de) fündig.
Gericke - Der Katalog
Im Februar 1980 bringt Hein Gericke seinen ersten, ausschließlich mit Technik-angeboten gefüllten Katalog heraus. Doch den Biker hungerte es nach preiswerter Bekleidung. Ein halbes Jahr später schiebt Gericke den Bekleidungsteil hinterher. Ab 1981 gewinnt der Katalog an Umfang und Format, wird zum Trendsetter. Auch Konkurrenten wie Polo oder Louis beginnen, den Versandhandel über bunte Kataloge anzuschieben. Es endet, wie es begann: 2005 werden Technik und Bekleidung wieder getrennt katalogisiert, 2006 hat man auf den Bekleidungs-
wälzer gleich ganz verzichtet.
Hartung - Der Helm
Der Deutsche aus Andorra ist so besonnen wie besessen. Über das aktuelle Geplänkel der Hersteller, einen Ein-Kilo-Helm zu bauen, kann Helmut Hartung nur milde lächeln: Schon 1977 liegen seine Kevlar-Karbon-Helme mit gewogenen 750 Gramm weit darunter. »Erst Ende der Achtziger, kurz vorm Produktionsstopp«, erzählt der Chemie-Anlagenbauer »haben wir aus Dyneema-Gewebe
einen Helm gebaut, der ein Kilo wog.« Seit 2005 tüftelt der Vater der »Bienenkorb-Helme« wieder. Hightech-Fasern sollen ultimativen Durchdringungsschutz mit 850 Gramm Gewicht paaren.
Marving - Der Auspuff
Lass röhren, Kumpel: Der Marving-Auspuff katapultiert dich schlagartig zurück in die Zeit, als du dich während der Dorfkirmes mit deinem
Bonanza-Rad zu den Motorrädern geschlichen hast. Da standen sie, die verwegenen Hunde, ließen die Motoren mit kurzen Gasstößen warm laufen, aus chromblitzenden Rohren fauchte der Ruf nach Abenteuer und Freiheit. Seit 1969 im Geschäft, war es vor allem die Kawasaki
Z 900, später die Z 1000, mit der Marving Umsatz machte. Die
italienische Auspuffschmiede gehörte in den Siebzigern zu den ersten,
die komplette Vier-in-eins-Anlagen liefern konnten. Und für Youngtimer-Freunde bis heute liefern kann. Am guten Ton hat sich wenig ge-
ändert. Mehr dafür am Preis: Aus den 400 Mark von 1980 sind mittlerweile 500 Euro geworden.
Pichler - Die Verkleidung
»Habermann muss in die Liste mit rein«, fordert die MOTORRAD-Sportfraktion. »Mit Habermann«, brummt Edmund Pichler, »habe ich von ’66 bis ’69 gemeinsame Sache gemacht.« Dann endet die Eintracht. Es boomt, aber der Konkurrenzdruck wächst. Habermann gibt das Verkleidungsgeschäft in den Neunzigern auf, während bei Pichler jetzt Wasser läuft: in seine Whirlpools.
Fackelmann - Der Anzug
Es begann 1976 mit einem schnöden vierten Platz beim ADAC-Wettbewerb für mehr Sicherheit auf dem Motorrad, erzählt Peter Fackelmann, 66. Doch sein Textilanzug hat sich ins Gedächtnis gebrannt. Die Idee
war simpel. Mehrere Lagen Polyester, in Schlingen verwebt, zogen den Durchschleifprozess in die Länge. Die Hoffnung, dass die Industrie Schlange steht, ging nicht auf: »Ich war mit meiner Idee zehn Jahre zu früh!« 1988 zog er die Reißleine und entwickelte fortan Schutzanzüge fürs Militär. 40000 Fackelmänner, schätzt der pensionierte Maschinenbauer, hat er im Eigenvertrieb unters Volk gebracht.
Krauser - Der Koffer
»Der Mann mit dem Koffer« – so betitelte MOTORRAD 1991 den Nachruf zum Tod von Mike Krauser. Doch die Koffer geben nur eine Facette im Leben des Urbayern wieder. Krauser war auch ein großer Sportmäzen: Zehn WM-Titel konnten seine »Werksfahrer«, unter anderem Toni Mang 1980, holen. 1972 begann
der einstige deutsche Vizemeister im Gespann-Speedway, Motorradkoffer zu entwickeln. Mittlerweile gehört die Marke zu Hepco & Becker. Den legendären Krauser Classic-Koffer gibt es in neuer Auflage beim BMW-Spezialisten Siebenrock (www.siebenrock.com).
Porsche - Der Helm
Corinna Piëch hatte einen Plan. 1976 kreuzte die Ex-Frau des späteren VW-Bosses Ferdinand Piëch mit Plänen für einen Motorradhelm bei Porsche Design auf. Binnen eines Jahres ist der CP-1
fertig, gebaut von Römer in Neu-Ulm. Das bündig eingelassene Visier ist der Hingucker. 1984 übernahm Kiwi, vier Jahre darauf Nolan die Fertigung. Dort entstand auch die Klappvariante CP-11. Seit Mitte der Neunziger ruht die italienische Porsche-Produktion, doch Nostalgiker können Corinna Piëchs Helm immer noch in Kleinstmengen bei Nolan bekommen.
Harro - Der Elefantenboy, Die Rennweste
»Ich kann mich noch ganz genau dran erinnern, wie ich damals zu Harro in den Schwarzwald gefahren bin, um mir meine erste Lederkombi zu kaufen«, erzählte kürzlich ein befreundeter Fotograf. Anek-
doten dieser Art sind zahlreich. Wie keine andere hat die Lederbekleidungsfabrik und einstige Gerberei in Rohrdorf bei Nagold die Szene beeinflusst. Und bleibt mit dem aktuellen Sortiment ihrer Tradition bis heute treu verbunden. Seit vier Jahrzehnen ist die legendäre Rennweste im Programm. Die
verkauften Stückzahlen gehen nach Firmenschätzungen in den sechsstelligen Bereich. Ebenso lange hat sich der Elefantenboy als Pflichtausrüstung für traditionsbewusste Motorradtouristen gehalten. Und mit der schnörkellosen Rennkombi Assen ist man den einstigen Werksfahrern Luigi Taveri, Hans- Georg Anscheidt oder Dieter Braun wieder sehr nahe.