Produkttest: Lederkombis bis 750 Euro
Zehn Lederkombis im Test

Bei MOTORRAD-It-Girl Scarlett gibt es keine Diskussion, doch Tester Rainer F. wird erst mit passendem Ornat zum Helden im kurvenreichen Revier. Welcher Zweiteiler macht hier die beste Figur? Zehn Lederkombis im Test.

Zehn Lederkombis im Test
Foto: mps-Fotostudio

Sie ist nicht totzukriegen, die gute, alte Lederkombi. Dabei hatte es in den letzten Jahren ganz schön schlecht um sie gestanden. Die textilen Fahreranzüge waren mächtig auf dem Vormarsch - und mittlerweile bestens gerüstet, dem Naturprodukt den Todesstoß zu versetzen. Anfangs nur plüschig aufgeblähte Plastikkleider, wandelten sie sich in jüngster Vergangenheit zu Hightech-Kombinationen, die nicht nur große Vorteile im Wetterschutz ausspielen, sondern dem Leder mit extrem verstärkten Kunstfasern bei der Schutzfunktion zumindest gleichziehen wollten. Zwar sind heutzutage drei von vier Fahreranzügen, die über die Ladentheke wandern, synthetischer Natur. Doch die Lederkombis behaupten sich, so dringt es jedenfalls von der Verkaufsfront.

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In Sachen Schutz ist es nämlich nicht so einfach, die Lederhaut auszuhebeln. Nur die wirklich extrem teuren Textilanzüge mit aramidverstärkten Gewebeoberflächen kommen ansatzweise in die Nähe der Abriebwerte, die bereits eine einfache, kaum ein Viertel so teure Lederkombi bietet. Zweites Problem: Die ordentliche Fixierung der Protektoren ist und bleibt das Problem der im Regelfall deutlich weiter geschnittenen Textilanzüge. Selbst wenn diese auf dem Prüfstand mit bravourösen Werten beeindrucken: Bei einem harten Aufprall auf dem Asphalt können die Protektoren viel zu schnell verrutschen und das zu schützende Gelenk freigeben.

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Die Lederkombi kommt noch immer an.

Jetzt sollte sich die Lederindustrie an dieser Stelle aber nicht bequem zurücklehnen und diesen Sicherheitsvorsprung genüsslich zelebrieren. Natürlich ist auch sie gefragt, mit modernen Schnitten und technischen Schmankerln am Puls der Zeit zu bleiben. Immerhin kann an dieser Stelle attestiert werden, dass sich viele namhafte Hersteller weiterhin um die Attraktivität von Lederkombis bemühen und sie nicht nur als nostalgisches Relikt mit antiquierter Technik im Sortiment fortführen.

Wirklich böse Klopfer können keinem Anbieter in diesem Test unterstellt werden. Das Leder ist durchweg von ansehnlicher Qualität und ausreichender Stärke. Abgedeckte Sicherheitsnähte gehören genauso zum klassenüblichen Standard wie Lederdopplungen an neuralgischen Schleifflächen. Die Schnitte sind zum großen Teil modern und zwängen den Träger nicht in eine starre Rüstung, sondern ermöglichen ein breites Bewegungsspektrum. Geschmeidige, hautfreundliche Futterstoffe sorgen auch im Innern der meisten Kombis für ein angenehmes Klima, sogar an heißen Sommertagen. Umso erstaunlicher ist es allerdings, dass sich selbst in der Preisklasse über 500 Euro immer noch peinliche Schnitzer finden, die gute 50 Jahre nach Erfindung des legendären Harro-Zweiteilers eigentlich unvorstellbar sind: so zum Beispiel die Unterbringung des umlaufenden Verbindungsreißverschlusses im Futter der Jacke. Ketten reißen gemeinhin am schwächsten Glied, und das Argument des "besseren Komforts" machen andere, ebenso komfortable wie sicher im Leder verbundene Kombis schnell zunichte. Glücklicherweise muss man nur wenigen Testteilnehmern an dieser Stelle kräftig auf die Finger klopfen und Punkte wegen dieses Fauxpax abziehen.

Grundsätzlicher Aufholbedarf für alle Anbieter besteht allerdings bei der Protektorenausstattung. Den Vorteil, dass Protektoren in Lederkombis dank ihrer stabilen Positionierung einen hohen Wirkungsgrad erreichen können, spielt leider kein Hersteller komplett aus. Die meisten beschränken sich auf ein sparsames Paket, bei dem nur die exponierten Gelenke (Schulter, Ellbogen und Knie) durch CE-genormte Protektoren geschützt werden. An den Rücken denken gerade einmal drei der Testteilnehmer, und an die Hüfte denkt keiner. Im Regelfall sitzen dünne, kaum dämpfende Schaumstofffetzen in den Futtertaschen.

Wer wirklich effektiven Schutz will, muss noch einmal extra ins Portemonnaie greifen und in Eigenregie die entsprechenden Protektoren nachrüsten. Obwohl man erwarten könnte, dass der Rückenprotektor zehn Jahre nach Verabschiedung der entsprechenden Norm zum festen Ausstattungspaket einer mustergültigen Motorradkombi gehören müsste. Dass die bereits in der Norm von 1997 aufgeführten Hüftprotektoren es immer noch nicht als Standardausrüstung in die Lederkombi geschafft haben, ist ohnehin ein kleiner Skandal.

Lohse
MOTORRAD-Testfahrt in der südfranzösischen Provence.

So testet MOTORRAD

Sicherheit (40 Punkte)
Kritische Bestandsaufnahme des Unfallschutzes in der Lederkombi. Welche Protektoren sind vorhanden, wie ist es um die Dämpfungseigenschaften (gemessen auf dem Prüfstand) bestellt? Beurteilt werden die Einbaulage (verrutschsichere Positionierung) und Größe. Weiterhin im Blickfeld: der generelle Aufbau der Kombi mit Lederdopplungen, Sicherheitsnähten, verstärktem Textilstretch und einem fest im Leder vernähten Verbindungsreißverschluss.

Passform (20 Punkte)
Trockenprobe in verschiedenen (Herren-)Größen. Stimmen Arm- und Beinlängen, kneift es am Rücken oder an der Wade?

Tragekomfort (20 Punkte)
Auf zur Testrunde mit der Honda CBR 600 F auf sonnigen Passstrecken in der südfranzösischen Provence.

Ausstattung/Verarbeitung (20 Punkte):
Das Preis-Leistungs-Verhältnis unter der Lupe. Stimmt es mit der gebotenen Qualität?

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Alpinestars HG Sport.

Anbieter: Exklusivvertrieb über Hein Gericke, Tel. 0180/5229522, www.hein-gericke.de
Preis: 549,95 Euro
Größen: Herren 50 bis 58 (in Schwarz/Weiß nur bis 56)
Farben: Schwarz, Schwarz/Weiß
Gewicht: 5,1 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: China
Material: Rindsleder, Stretch aus Kevlar, fest vernähtes Futter aus Polyester
Lederstärke: 1,4 mm

Sicherheit
Bei der Protektorenausstattung regiert der Rotstift. Die CE-genormten Schutzpolster mit durchschnittlichen Dämpfungswerten sitzen nur an den Schultern, Ellbogen und Knien. Die Hüfte ist nur dünn gepolstert, auf einen fest integrierten Rückenprotektor wird komplett verzichtet. Immerhin sind die Knochenschützer exakt und verrutschsicher positioniert. Der rundum verlaufende Verbindungsreißverschluss ist gut abgedeckt und fest im Leder vernäht. An neuralgischen Sturzzonen ist das Leder gedoppelt, und in den (wenigen) Stretchzonen kommt reißfestes Kevlar zum Einsatz.

Passform und Tragekomfort
Reinschlüpfen und wohlfühlen. Der eng anliegende Sitz überzeugt die Tester auf Anhieb. Trotz des vergleichsweise hohen Lederanteils macht die Alpinestars-Kombi dank geschickter Schnittführung und gelungen konstruierter Gelenke auch bei dynamischer Fahrhaltung bis hin zum Hanging-off eine sehr gute Figur und ist auf kurvenreichen Passstrecken mit schnellen Positionswechseln voll in ihrem Element. An warmen Tagen fehlt es aber an einer kühlenden Luftzufuhr.

Ausstattung und Verarbeitung
Toll verarbeitetes Leder, sauber vernähtes Futter, geschmeidig laufende Reißverschlüsse. Die Alpinestars-Kombi gefällt durch wertige Machart. Nur die Reflektoren fehlen.

Fazit
Kleiner Preis, großer Praxiswert. Die nur bei Hein Gericke erhältliche Alpinestars-Kombi überzeugt vor allem auf der Straße durch knackigen wie komfortablen Sitz. Beim Protektorenpaket besteht aber Ausbaubedarf.

MOTORRAD-Urteil
Sehr gut (MOTORRAD-Kauftipp Sport)

mps-Fotostudio
Büse Silverstone.

Anbieter: Heino Büse, Tel. 02471/12690, www.buese.com
Preis: 579,95 Euro
Größen: Herren 48 bis 58 (Schwarz/Weiß bis 62), Damen 36 bis 40
Farben: Schwarz/Weiß, Schwarz/Weiß/Rot, Schwarz/Weiß/Grün, Schwarz/Weiß/Blau
Gewicht: 4,5 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: Vietnam
Material: Rindsleder, Stretch aus Polyamid, fest vernähtes Futter aus Polyester
Lederstärke: 1,4 mm

Sicherheit
Das Protektorenpaket an Schultern, Ellbogen und Knien überzeugt zwar mit satten Dämpfungsreserven, wird aber zum Teil nur in zu kleinen Größen (Schulter) eingesetzt. Hüfte und Rücken sind mit dünner Alibipolsterung versehen, echte Protektoren lassen sich aber nachrüsten. Immerhin ist die Sturzversicherung anständig und größtenteils verrutschsicher (Ausnahme: Ellenbogen etwas zu locker) positioniert. Ebenfalls gut gelöst: der fest im Leder vernähte, rundum laufende Verbindungsreißverschluss von Jacke und Hose. Lederdopplungen sind an den relevanten Stellen vorhanden, als Stretchmaterial findet aber nur einfaches Polyamid Verwendung.

Passform und Tragekomfort
Der Büse-Zweiteiler gefällt durch einen überaus bequemen Sitz, ohne dabei behäbig zu wirken. Sportliche Fahrer werden den großen Bewegungsspielraum schätzen, den die Kombi bietet. Besonders gefällig: die weichen Ärmelbündchen und die mit doppeltem Reißverschluss einstellbare Wadenweite. Die Luftzufuhr ist nicht überragend, aber an warmen Tagen noch erträglich.

Ausstattung und Verarbeitung
Die Verarbeitung gefällt, weniger die teils fummeligen Reißverschlüsse und der labberige Klettverschluss am Kragen.

Fazit
Solide gemachte Kombi, die einen gelungenen Spagat zwischen Tour und Sport schafft. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist noch okay, auch wenn Knieschleifer fehlen. Patzer bei den Protektoren verhageln das „sehr gut“.

MOTORRAD-Urteil
Gut

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Difi Imola EX3.

Anbieter: Motoport, Tel. 04451/915200, www.motoport.de
Preise: Jacke 349,95 Euro, Hose 249,95 Euro, komplett 599,90 Euro
Größen: Herren 48 bis 60 Farben: Schwarz/Silber, Weiß/Schwarz
Gewicht: 5,6 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: Vietnam
Material: Rindsleder, Stretch aus Kevlar, fest vernähtes Futter aus Polyester/Polyamid
Lederstärke: 1,4 mm

Sicherheit
Licht und Schatten beim Protektoren-Check: Die Difi-Kombi punktet zwar mit den besten Dämpfungswerten auf dem Prüfstand, hat aber teils zu kleine (Schulter) und zu locker sitzende Protektoren (Ellbogen, Knie). Darüber hinaus gibt es nur dünne -Polster in Hüfte und Rücken, die sich aber optional gegen echte Protektoren austauschen lassen. Sinnvoll sind Lederdopplungen in Sturzzonen, Hartschalen an den exponierten Gelenken und der Einsatz von hochwertigem Kevlar in den Stretchzonen. Ein böses Foul ist dagegen der bei der Jacke nur im Futter vernähte, rundum laufende Verbindungsreißverschluss.

Passform und Tragekomfort
Nicht Fleisch, nicht Fisch: Insgesamt liegt die Kombi zwar körpernah an, doch in keiner Größe passt es so richtig gut: Bund zu weit, Knie zu eng, Oberschenkel spannen. Wirklich komfortabel fühlte sich kein Fahrer in einer der Testkombis aufgehoben. Viele Druckstellen an den Ärmeln, Waden und in der Hüfte engen die sportlich aktive Fahrhaltung zusätzlich ein. Großes Plus dagegen für die ausreichende Luftzufuhr an heißen Tagen.

Ausstattung und Verarbeitung
Das Ausstattungspaket ist reichhaltig, wird aber durch kleine Mängel wie abfetzende Lederriemchen an den Zippern geschmälert.

Fazit
Tolles Leder, umfangreiche Ausstattung, satt dämpfende Protektoren. Die Difi-Kombi hat echtes Potenzial, das aber durch grobe Patzer (zu kleine Protektoren, Verbindungsreißverschluss, Komfort) stark geschmälert wird.

MOTORRAD-Urteil
Befriedigend

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FLM Shooter Evo.

Anbieter: Polo Expressversand, Tel. 02165/8440300, www.polo-motorrad.de
Preise: Jacke 329,95 Euro, Hose 249,95 Euro (ab Gr. 60 Aufpreis 10 Euro), komplett 579,90 Euro
Größen: Jacke Herren 48 bis 58, Hose Herren 48 bis 64 plus Lang- und Kurzgrößen
Farbe: Schwarz/Weiß
Gewicht: 4,9 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: China/Indonesien
Material: Rindsleder, Stretch aus Polyester/ Aramid, fest vernähtes Futter aus Polyester
Lederstärke: 1,3 mm

Sicherheit
Auf dem Prüfstand können die Protektoren mit den zweitschlechtesten Dämpfungswerten im Test nicht überzeugen. Dafür decken sie die Gelenke komplett ab und sind eng anliegend und verrutschsicher in der Kombi positioniert. Der CE-konforme Schutz sitzt allerdings nur in den Schulter-, Ellbogen- und Kniepartien; Hüfte und Rücken sind nur dünn gepolstert, können aber gegen Aufpreis mit echten Protektoren versehen werden. Lederdopplungen und aramidverstärkte Stretchzonen gefallen, kein Pardon gibt es dagegen für den im Jackenfutter vernähten Verbindungsreißverschluss.

Passform und Tragekomfort
Auf der Straße macht der sportliche Ritt mit der FLM-Kombi Spaß. Hose und Jacke passen der Testcrew in allen Fällen wie angegossen - was natürlich auch viel mit den großflächigen Stretchzonen zu tun hat. Weiterer positiver Nebeneffekt: die wirkungsvolle Belüftung an heißen Sommertagen. Auf kurvenreichem Geläuf macht der überaus geschmeidige Anzug eine richtig gute Figur.

Ausstattung und Verarbeitung
Keine Abstriche bei der Verarbeitungsqualität, kleine müssen bei der Ausstattung (z. B. keine Knieschleifer) gemacht werden.

Fazit
Wer von seiner Lederkombi den knackigen Komfort eines Turnanzugs erwartet, ist in der FLM-Kombi richtig aufgehoben. In Sachen Unfallschutz kann der sportliche Zweiteiler aber noch kräftig zulegen.

MOTORRAD-Urteil
Gut

mps-Fotostudio
Hein Gericke New PSX-Trophy

Anbieter: Hein Gericke, Tel. 0180/5229522, www.hein-gericke.de
Preise: Jacke 309,95 Euro, Hose 239,95 Euro, komplett 549,90 Euro
Größen: Herren 50 bis 58; Farbe: Schwarz Gewicht: 5,6 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: China
Material: Rindsleder, Stretch aus Polyamid, herausnehmbares Futter aus Polyester
Lederstärke: 1,2 mm

Sicherheit
Kleiner Preis, großer Schutz. Die Gericke-Kombi ist als eine der wenigen Kombis in diesem Test nicht nur mit den üblichen Protektoren an den Gelenken (Schulter, Ellbogen und Knie) bestückt, sondern verfügt darüber hinaus über einen vollwertigen, sauber integrierten Rückenprotektor. Einzig an der Hüfte sitzt ein dünnes Alibipolster, das sich aber gegen CE-konformen Schutz austauschen lässt. Dazu werden die Protektoren in richtigen Größen eingesetzt und liefern überdurchschnittlich gute Dämpfungswerte. Das Sicherheitspaket wird durch umfangreiche Lederdopplungen und Hartplastik-Kappen an Schultern und Ellbogen abgerundet, könnte aber durch einen noch enger im Leder vernähten Verbindungsreißverschluss sowie kevlarverstärkte Stretchzonen zulegen.

Passform und Tragekomfort
Komfort trifft Kurve. Die Paarung geht bei der Gericke-Kombi voll auf. Der Sitz ist genauso bequem wie geschmeidig, die Passform wird lederverliebten Tourenfahrern wie der sportlich-gebückten Heizerfraktion gefallen. Vorbildlich ist das extrem gute Kontaktgefühl zum Motorrad, hocheffektiv die Luftzufuhr an heißen Tagen.

Ausstattung und Verarbeitung
Sauber verarbeitet, aber Kleinigkeiten wie die teils hakigen, schlecht zu greifenden Reißverschlüsse nerven.

Fazit
Der Turnanzug für sportliche Freizeitpiloten punktet nicht nur durch seinen großen Komfort und kleinen Preis, sondern auch durch sein umfangreiches Schutzangebot inklusive eines sauber integrierten Rückenprotektors.

MOTORRAD-Urteil

Sehr gut (MOTORRAD-Kauftipp Tour)

mps-Fotostudio
Held Road/Champ.

Anbieter: Held, Tel. 08321/66460, www.held.de
Preise: Jacke 349 Euro, Hose 339 Euro, komplett 688 Euro
Größen: Herren 48 bis 60, Hose in Lang- und Kurzgrößen erhältlich
Farben: Schwarz, Schwarz/Weiß, Schwarz/Weiß/Rot
Gewicht: 5,5 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: Vietnam Material: Rindsleder, Stretch aus Kevlar, fest vernähtes Futter aus Polyester
Lederstärke: 1,4 mm

Sicherheit
Rein technisch betrachtet wird bei der Held-Kombi noch nicht einmal klassenüblicher Standard geboten: Bei den an Schultern, Ellbogen und Knien untergebrachten Protektoren fehlt zum Teil die korrekte Typenbezeichnung, dazu kommen nur durchschnittliche Dämpfungswerte. Die Hüfte ist dünn, der Rücken erst gar nicht gepolstert, beides kann aber gegen Aufpreis mit CE-konformem Schutz bestückt werden. Praktisch betrachtet greift man aber in die Vollen: Die Protektoren liegen eng und verrutschsicher an, Lederdopplungen sind ausreichend vorhanden, und die Stretchzonen bestehen aus reißfestem Kevlar.

Passform und Tragekomfort
Wer bei einer Lederkombi den knackigen Sitz einer Rennkombi erwartet, gleichzeitig den Komfort eines Zweiteilers nicht missen möchte, wird sich auf Anhieb in dem Held-Anzug wohlfühlen. Wer mehr Wert auf Tour als auf Sport legt, wird sich mit dem extrem körperbetonten, knackigen Sitz nicht anfreunden. Die großflächigen Stretchzonen sorgen für hohe Beweglichkeit und große Luftzufuhr.

Ausstattung und Verarbeitung
Toll verarbeitet, in Details etwas verspielt (z. B. aufgesetzte Lufthutzen). Mit Knieschleifern, aber Verzicht auf Reflektoren.

Fazit
Mehr ein Renn-Einteiler mit Verbindungsreißverschluss als der klassische Leder-Zweiteiler. Held schnürt ein extrem sportliches Paket mit knackigem Sitz, schlampt aber unnötigerweise bei der Sicherheitsausrüstung.

MOTORRAD-Urteil
Gut

mps-Fotostudio
IXS Charger.

Anbieter: IXS Germany, Tel. 07631/18040, www.ixs.de
Preis: 649,90 Euro
Größen: Herren 48 bis 64 plus Lang- und Kurzgrößen, Damen 34 bis 48
Farben: Schwarz, Schwarz/Rot, Schwarz/Blau, Schwarz/Grün, Schwarz/Grau
Gewicht: 4,8 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: China
Material: Rindsleder, Stretch aus Polyamid, fest vernähtes Futter aus Polyester
Lederstärke: 1,3 mm

Sicherheit
Schultern, Ellbogen und Knie werden von CE-Protektoren in angemessenen Größen umschlossen, zeigen auf dem Prüfstand allerdings nur durchschnittliches Dämpfungsverhalten. Rücken und Hüfte werden nur von dünnen Polstern geschützt, lassen sich aber gegen CE-genormte Protektoren austauschen. Insgesamt überzeugt das Protektorenpaket aber durch einen festen, gut umfassenden Sitz. Lederdopplungen sind an den sturzrelevanten Stellen vorhanden, der rundum laufende Verbindungsreißverschluss ist fest im Leder von Jacke und Hose vernäht.

Passform und Tragekomfort
Die IXS-Kombi gefällt insgesamt durch einen gelungenen Mix aus Komfort und Sport und deckt somit ein weites Einsatzspektrum ab. Allerdings können die vergleichsweise eng geschnittenen Waden und wulstigen Beinabschlüsse bei manchen Größen für kleine Druckstellen und leichte Komforteinbußen sorgen. Die Belüftung fällt für heiße Sommertage etwas zu schwach aus.

Ausstattung und Verarbeitung
Die Verarbeitung ist ansehnlich, auf der Habenseite glänzen weiterhin gut sichtbare Reflexpads an Ärmeln und Rücken, Außen- und Innentaschen sowie die im Preis eingeschlossenen Knieschleifer.

Fazit
Solide Tourensport-Kombination mit wertiger Machart und einem reichhaltigen Größenspektrum, das bei der Anprobe wirklich ausgenutzt werden sollte. In der Protektorentechnik nicht mehr up to date.

MOTORRAD-Urteil

Gut

mps-Fotostudio
Rev’it! Warrior.

Anbieter: Revit Sport, Tel. 0031/412/696740, www.revit.eu
Preis: 749,99 Euro
Größen: Herren 46 bis 58
Farben: Schwarz, Schwarz/Weiß, Weiß/Schwarz, Weiß/Rot
Gewicht: 4,9 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: China
Material: Rindsleder, Stretch aus Polyamid, fest vernähtes Futter aus Polyester
Lederstärke: 1,1 mm

Sicherheit
Schulter, Ellbogen und Knie werden von CE-Protektoren geschützt, die auf dem Prüfstand nur durchschnittliche Dämpfungswerte zeigen. In Hüfte und Rücken kommt nur ein dünner Schaumstoff zum Einsatz, echte Protektoren müssen in Eigenregie nachgerüstet werden. In der Praxis gefällt das Schutzpaket aber durch einen festen und gut umschließenden Sitz. Dazu passen der fest im Leder vernähte, rundum laufende Verbindungsreißverschluss und die Lederdopplungen an den Sturzzonen. Trotz des hohen Preises sind die Stretchzonen aus herkömmlichem Polyamid und nicht aus reißfestem Kevlar gefertigt.

Passform und Tragekomfort

Die Revit-Kombi ist betont sportlich geschnitten, verzichtet aber im direkten Vergleich mit der ähnlich gestalteten Held-Kombi auf die extreme Vorkrümmung. Unterm Strich bietet sie damit zwar ein etwas breiteres Einsatzspektrum, könnte bei der Passform aber noch an knackigem Sitz zulegen. Bei allzu sportlicher Gangart sinkt der Komfort durch reibende Druckstellen in Armbeugen und Kniekehlen. Mit großflächiger Perforation ist die Kombi wie geschaffen für heiße Sommertage.

Ausstattung und Verarbeitung
Bietet viel: Knieschleifer, Reflexpads, Außen- und Innentaschen, Trinkblasenvorrichtung

Fazit
Betont sportlich gestylter Zweiteiler, der an knackigem Sitz aber noch zulegen kann: Mit der Revit-Kombi sitzt man irgendwie zwischen den (Feuer-)Stühlen. Umfangreich ausgestattet, Defizit bei der Protektorenbestückung.

MOTORRAD-Urteil

Gut

mps-Fotostudio
Richa Spear/Viper.

Anbieter: Grand Canyon, Tel. 05931/886163, www. grandcanyonbike.eu
Preise: Jacke 369 Euro, Hose 275 Euro, komplett 644 Euro
Größen: Jacke Herren 48 bis 66, Hose 46 bis 64 plus Lang- und Kurzgrößen, Damen 34 bis 46
Farben: Schwarz/Weiß, Weiß/Schwarz, Weiß/Schwarz/Rot
Gewicht: 4,9 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: Vietnam
Material: Rindsleder, Stretch aus Polyamid, fest vernähtes Futter aus Polyester/Polyamid
Lederstärke: 1,4 mm

Sicherheit
Richa setzt neben den üblichen Gelenkprotektoren in Schultern, Ellbogen und Knien auf den Schutz eines vollwertigen Rückenprotektors. Einzig die Hüfte ist dünn gepolstert, lässt sich aber mit echtem, CE-genormtem Schutz aufrüsten. Umso ärgerlicher ist dann aber, dass die Protektoren zum Teil unzureichend gekennzeichnet sind und über vergleichsweise schlechte Stoßdämpfungseigenschaften verfügen. Ohnehin könnten die Gelenkprotektoren eine Spur knackiger anliegen. Einen ebenso schalen Eindruck hinterlässt der nur im Jackenfutter vernähte, rundum laufende Verbindungsreißverschluss.

Passform und Tragekomfort
Der hohe Textilanteil geht zulasten des geschmeidigen Sitzes. Vor allem der Brustbereich wirft starke Falten. Auch die Hose sitzt bei allen Testern unangenehm drückend auf der Hüfte. Dazu gesellt sich ein leicht schwitziges Tragegefühl bei höheren Temperaturen.

Ausstattung und Verarbeitung
Schlecht verklebte Klettverschlüsse trüben das ansonsten akzeptable Gesamtbild.

Fazit
Auf der Ausstattungsseite punktet die Richa-Kombi mit tollen Features wie Rückenprotektor, Extra-Belüftungsfunktion und vielen Taschen. Passform, Protektorensitz und Komfort können aber nicht überzeugen.

MOTORRAD-Urteil
Befriedigend

mps-Fotostudio
Vanucci Art. XIV.

Anbieter: Detlev Louis, Tel. 0 40/73 41 93 60, www.louis.de
Preise: Jacke 399,95 Euro, Hose 299,95 Euro, komplett 699,90 Euro
Größen: Herren 48 bis 58
Farben: Schwarz/Weiß, Weiß/Schwarz
Gewicht: 5,2 kg (Gr. 54)
Herstellungsland: Vietnam
Material: Rindsleder, Stretch aus Kevlar, herausnehmbares Futter aus Polyester
Lederstärke: 1,3 mm

Sicherheit

Hier gibt es nur wenig zu meckern. Auf der Ausstattungsliste punktet die Vanucci-Kombi nicht nur mit einem nahezu kompletten Protektorenpaket. Bis auf die (dünn gepolsterte, aber nachrüstbare) Hüfte sind alle wesentlichen Körperpartien (Schulter, Ellbogen, Knie und Rücken) durch Protektoren geschützt, die auf dem Prüfstand gute Stoßdämpfungsergebnisse erzielen. Besonderer Clou: Die asymmetrische, auf rechts und links angepasste Form der Protektoren sorgt für einen sauberen, verrutschsicher anliegenden und komfortablen Sitz. Der fest im Leder vernähte, rundum laufende Verbindungsreißverschluss ist ebenso Standard wie die kevlarverstärkten Stretchzonen und die solide ausgeführten Lederdopplungen an den bei einem Sturz gefährdeten Bereichen.

Passform und Tragekomfort
Das mit einem auffällig festen Griff gesegnete Leder will ordentlich eingetragen werden, gefällt aber durch einen einwandfreien Schnitt, der für reichlich Komfort ohne störende Druckstellen sorgt. Die Machart ist allerdings mehr in Richtung Tour als Sport getrimmt - vor allem, wenn man Held oder Alpinestars zum Vergleich nimmt.

Ausstattung und Verarbeitung
Bis auf Knieschleifer vielseitig ausgestattet und ansehnlich gefertigt.

Fazit
Klasse gemachte, rundum sehr gut ausgestattete Wohlfühlkombi mit breitem Einsatzgebiet von Tour bis Sport. Punktet durch umfangreiches Sicherheitspaket, tollen Komfort auch an warmen Tagen und viele praktische Features.

MOTORRAD-Urteil

Sehr gut (MOTORRAD-Testsieger)

mps-Fotostudio
Der überwiegende Teil der Lederkombis ist gelungen.

Fazit
Unsere Abschlussbilanz zeigt: In der Ü-500-Euro-Preisklasse tummeln sich viele Anbieter, die ihr Handwerk gelernt haben. Die Schneiderleistungen sind gelungen, wirklich mies passende Jacken oder Hosen sind die Ausnahme. Allerdings besteht im Kapitel Sicherheit für nicht wenige Anbieter noch deutlicher Ausbaubedarf. Die tief im Futter versteckten Protektoren werden im Regelfall sehr stiefmütterlich behandelt. Ganz vorne stehen mit knappem Abstand zwei Allrounder von Louis und Gericke, Sportfahrer sollten zur Kombi von Alpinestars greifen.

Archiv
Den zulässigen Grenzwert halten beide Protektoren locker ein, doch bei der steil ansteigenden Restkraft des Gericke-Protektors kann ein Knochen schnell brechen.

Protektoren auf dem Prüfstand - es gibt noch viel zu tun

Das Lastenheft für die Produktentwickler von Motorradbekleidung wird künftig noch umfangreicher gefüllt sein, wenn sie die diversen Neufassungen und Erweiterungen der Protektorennorm EN 1621 in die Konzeption ihrer Bekleidungslinien einfließen lassen wollen. Gelenkprotektoren sollten dann schärfere Grenzwerte erfüllen - im Idealfall unter 20 Kilonewton (kN) Restkraft bei einer Aufprallenergie von 50 Joule - und auch bei einer Simulation von hoher Luftfeuchtigkeit noch zuverlässig arbeiten. Für die Brust wird zukünftig ebenfalls eine Protektorennorm existieren - genauso wie für die neuen Airbag-Systeme in der Motorradbekleidung. 

Umso erstaunlicher ist es, dass die bislang schon seit über 15 Jahren gebräuchliche Norm für Gelenkprotektoren von Bekleidungsherstellern zum Teil sehr lasch gehandhabt wird. Erlaubt sind 35 kN Restkraft, und nicht wenige schöpfen diesen Rahmen fast bis zum Anschlag aus. Dabei wären Werte deutlich unter 20 kN mit modernen Schaumstoffen mittlerweile sehr einfach zu stemmen. Doch nicht nur der absolute Wert kann entscheidend sein. Ebenso wichtig ist eine weich ansteigende Kraftkurve, bei der die Energieeinwirkung (durch den Aufprall auf ein Hindernis) wie in einer Knautschzone über einen langen Zeitraum verteilt wird, denn bei allzu ruckartiger Belastung droht ein Knochenbruch bereits bei geringen Restkraftwerten.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023