Stiefel-Herstellung

Stiefel-Herstellung Klein-Arbeit

Im niederbayerischen Eggenfelden beobachtete MOTORRAD, wie aus einem rund 100-teiligen Puzzle ein Stiefel ensteht.

Klein-Arbeit Bilski

Ein Blick auf die vielen Einzelteile (siehe Foto oben)
eines hochwertigen Motorradstiefels verdeutlicht den Aufwand, der hinter der Herstellung steckt. Gut 80 Arbeitsgänge sind nötig, bis aus den einzelnen Komponenten ein Schuh wird. Bei der Firma Daytona, die von den Brüdern Helmut und Reinhard Frey geleitet wird, werden bis auf
die Gummisohlen und Reißverschlüsse praktisch sämtliche Teile unter einem Dach in Eggenfelden angefertigt. Sogar die kleinen Befestigungsschrauben für die Kunststoffprotektoren entstehen in Eigenregie.
Knapp 100 Mitarbeiter produzieren rund 60000 Paar Motorradstiefel pro Jahr. Meistverkauftes Modell ist der Road Star GTX, ein robuster, sportlicher Tourenstiefel mit Gore-Tex-Membran. Mit dieser Funktionsmembran sind über 50 Prozent der Daytona-Stiefel ausgestattet. Auf die Verarbeitung von Kunstleder oder Lederersatz verzichten die Niederbayern zugunsten der Naturprodukte Kalb-, Rind- oder Känguruleder. Aus Letzterem sind die vielleicht bekanntesten Profi-Rennsportstiefel auf dem Markt gefertigt, die Security Evo, die in Zusammenarbeit mit Grand-Prix-Piloten entstanden. Sie zeichnen sich durch einen
extrem stabilen Aramid-Karbon-Innenschuh aus, der dank eines Gelenks trotzdem volle Beweglichkeit ermöglicht.

Daytona: Reportage über die Stiefel-Herstellung

1 Eines der wichtigsten Bauteile eines Stiefels ist laut Reinhard Frey die Brandsohle. Als unterste Schicht besitzt sie einen so genannten Abdecker, dessen
griffige Unterseite für die späteren Verar-
beitungsschritte als
Klebehilfe dient. Hinzu kommt eine Stahleinlage und ein Textilmischgewebe für den vorderen Fußteil. Die letzte Komponente
besteht aus Kunststoff (Polypropylen), der
in einer Maschine eingespritzt wird und die
Teile zu einer Einheit verbindet.

2 Für jedes Stiefelmodell und jede Größe
gibt es ein Sortiment Stanzeisen, mit dem sämtliche benötigten Leder- und Futterteile an Pressen aus großflächigen Lederhäuten oder Stoffbahnen herausgestanzt werden. Beim nächsten Arbeitsschritt entgraten Mitarbeiterinnen an
speziellen Maschinen
die Schnittkanten und
flachen diese ab. Dieses so genannte Schärfen ermöglicht es, die
Lederteile überlappend zusammenzunähen, ohne dass dadurch
dicke Wülste entstehen.

3 Anschließend
sticken halbautomatische Maschinen auf
die dafür vorgesehenen Lederteile das Firmenlogo und weitere Schriftzüge. Die Schalthebelverstärkung am Vorderfuß findet mit Hilfe von Schablonen den richtigen Platz. Beim Einkleben der Kunststoffverstärkungen für den Fersenbereich ist Handarbeit vonnöten.

4 Ebenso beim Verschweißen der Funktionsmembran. Diesen Vorgang nennt man Tapen. Auf sämtliche Nahtstellen des mehrlagigen, wasserdichten Innenfutters wird bei rund 360 Grad ein schmaler Dichtstreifen aufgebracht. Fertige Schweißstellen werden stichprobenartig auf Dichtigkeit geprüft.

5 Mit Abstand am meisten Mitarbeiter sind in der Näherei
beschäftigt, wo praktisch ausschließlich Frauen mit viel handwerklichem Geschick die Einzelteile zusammenfügen. Der Stiefelschaft besteht
danach bereits aus
einem Stück, ist allerdings noch ziemlich formlos.

6 Mit reichlich Druck bei etwa 90 Grad
Wärme erhält der
Fersenbereich eine
erste Vorform. Damit
diese erhalten bleibt, muss gleich anschließend wieder
abgekühlt werden.

7 Nun kommen die Brandsohlen ins Spiel, die auf die Leisten
genagelt werden. Die Leisten sind so ziemlich das größte Geheimnis der Stiefelhersteller, da ihre Ausführung für die spätere Passform eines Stiefels verantwortlich ist.

8 Beim Überholen oder Zwicken werden die Stiefelschäfte in einer Art Dampfkammer
erhitzt, was das Leder weich und dehnbar macht, und dann über die Leisten gezogen. Handelt es sich um wasserdichte Lederstiefel mit Membran, wird geklebt, andernfalls
genagelt. Futuristisch anmutende Maschinen drücken Fußspitze,
Gelenk und Fersen-
bereich quasi um die
Leisten herum, wodurch die Stiefelform zum ersten Mal klar zu erkennen ist. Nächste Arbeitsschritte sind das Aufrauen und Planen des Sohlenbereichs sowie das Markieren der späteren Sohlenrandlage mittels Schablone und Stift. Der Bodenbereich wasserdichter Stiefel erhält eine
weitere Lage aus geschäumtem Kunststoff zum Abdichten. Nun werden sämtliche
Stiefel am Sohlenrand
aufgeraut und per Druckluft von Staub und Spänen befreit.
Die angelieferten Gummisohlen werden ebenfalls aufgeraut
und fürs Verkleben
bereit gemacht.

9 Nach einem vorbereitenden Klebstoff,
der tief in das Material eindringt, pinseln flinke Hände den Zwei-Komponenten-Hauptkleber auf die Klebeflächen. Dieser Leim muss mindestens 30 Minuten einwirken, bevor Gummisohle und Stiefelschaft miteinander verbunden werden.

10 Dazu werden Sohle und Schaft zunächst
auf 70 Grad erhitzt, um
den Klebstoff wieder
zu aktivieren, und anschließend von Hand zusammengeführt.
Eine Presse, die beide Teile mit acht Bar aneinanderdrückt, verfestigt die Verbindung.

11 Jetzt können die Leisten aus den praktisch fertigen Stiefeln entnommen werden, was etwas Kraft erfordert und sich sinnigerweise Ausleisten nennt. Danach schleifen Mitarbeiter überstehende Klebstoffreste ab, polieren die Oberfläche und legen die Einlegesohlen in die Stiefel.

12 Zum Schluss
werden sämtliche
Stiefel noch wasserabweisend imprägniert und ein letztes Mal
kontrolliert, bevor
sie eingepackt und
versandt werden.

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