Aprilia Shiver 900 im Test

Aprilia Shiver 900 im Test
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Nachtest mit neuen Reifen

© Rivas

Aprilias neu aufgelegtes Mittelklasse-Naked hinterließ im Vergleich einen guten Eindruck – nur die Erstbereifung der Aprilia Shiver 900 sorgte für Stirnrunzeln. Nachtest mit anderem Pneu.

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Die Serienbereifung von Motorrädern im niedrigen bis mittleren Preissegment ist oft problematisch. Unter dem allgegenwärtigen Kostendruck kommen als Erstausrüstung gerne Pneus älterer Generation, sogenannte Second- oder Third-Line-Reifen, zum Einsatz – verglichen mit moderneren Gummis nicht immer, aber doch häufig mit nicht optimalen Eigenschaften.

© Johannes Müller

Originalbereifung Dunlop Qualifier.

Ein eindrückliches Beispiel hierfür stellt die Aprilia Shiver 900 dar, wie der Vergleichstest der Euro-Twins in Heft 19/2107 offenbarte. Der dort montierte Dunlop Sportmax Qualifier liefert warm zwar mehr als ausreichenden Grip, davon abgesehen allerdings trübte er die Vorstellung des Aprilia-Nakeds: dünne Nasshaftung, wenig Rückmeldung, deutliches Aufstellmoment. Vor allem aber beschert der Qualifier der Shiver ein ab mittleren Schräglagen etwas sperriges, hüftsteifes Einlenkverhalten, wie man es von den Maschinen aus Noale so eigentlich nicht kennt. Um der Ursache dieses Sachverhalts auf die Schliche zu kommen, lohnt ein Blick auf die Reifenflanken.

Von Haus aus besitzt der Qualifier schon eine eher flache, dem Handling nicht unbedingt zuträgliche Kontur. Hinten verwendet Aprilia eine ungewöhnlich breite Sechs-Zoll-Felge (statt bei 180 Millimeter Reifenbreite üblicher 5,5 Zoll), sodass sich der ohnehin schon flache Qualifier eher wie ein 50er-Querschnitt (statt der angegebenen 55 Prozent) auf die Felge spannt. Den Indizien nach die Ursache für eben jenes, ab mittleren Schräglagen unausgewogene Fahrverhalten. Bemerkenswert dabei, dass diese Thematik schon bei der Shiver 750 auftrat, man dort zur Modellpflege auf die schmalere Hinterradfelge umstellte – nur um jetzt bei der 900er wieder sechs Zoll zu verbauen? Anlass jedenfalls für einen Nachtest mit alternativen Reifen.

Für die Punktwertung ist dieser zwar unerheblich, denn gemessen und gepunktet wird, der Vergleichbarkeit halber ausschließlich mit Originalbereifung. Wichtig aber für Kaufinteressenten, denn prinzipiell hinterließ die Shiver 900 einen sehr positiven Eindruck.

© Johannes Müller

Verglichen mit dem Dunlop Qualifier bietet der Pirelli Angel ST homogeneres Fahrverhalten sowie deutlich bessere Laufeigenschaften bei Kälte und Nässe.

Aprilia Deutschland wählte den Pirelli Angel ST, der als sportlicher Tourengummi zusammen mit seinem eng verwandten Nachfolger Angel GT sicher eine sinnvolle Option darstellt. Schon die optische Prüfung suggeriert homogenere Proportionen, der Pirelli liegt sichtbar praller auf den Felgen. Und tatsächlich fährt sich die Shiver 900 derart umbereift erheblich gefälliger, zeigt nun weit mehr von eben jenem transparenten, vor allem aber neutralen Fahrverhalten, für das man Aprilias gemeinhin so schätzt – besonders bei denjenigen Bedingungen, die hierzulande aktuell so vorherrschen. Zwar verlangt auch der Angel ST nach etwas Betriebstemperatur, sein Fenster ist aber wesentlich breiter als jenes des Dunlop, der bei Kälte regelrecht versteinert wirkt und auf feuchter Fahrbahn kein Vertrauen aufkommen lässt. Mit dem breitbandigeren Angel ST gewinnt die Shiver in allen Witterungslagen an Trittsicherheit und Feedback.

Beim ersten Einlenken macht der Dunlop keine Probleme, hier bringt der Angel ST dementsprechend auch keine Vorteile. Danach aber bleibt die Shiver 900 mit anderem Pneu länger neutral, sperrt sich nicht gegen weiteres Einlenken, wie sie es auf dem Qualifier tat. Auch fällt das Aufstellmoment über Bodenwellen und beim Bremsen in Schräglage deutlich geringer aus. Eine klare Verbesserung also. Mit weiter zunehmender Schräglage allerdings bleibt die Eigenart, dass das Motorrad hinten weniger als vorne abbiegen will, bestehen – wenngleich in abgemilderter Form. Der Angel ST egalisiert die ungünstige Felgenbreite also nicht völlig. Angesichts des günstigen Preises der Aprilia (rund 9000 Euro) ist dies aber jammern auf hohem Niveau, das Fahrverhalten so mehr als annehmbar. Für Perfektionisten bliebe dennoch die Möglichkeit, am Hinterrad auf 190er-Reifen umzurüs­ten. Für die Shiver 750 mit Sechs-Zoll-Felge erteilte beispielsweise Michelin eine Freigabe.

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