Repräsentative Umfragen in der MOTORRAD-Redaktion haben ergeben, dass 78,6 Prozent aller Kollegen unter ihren Internet-Favoriten mindestens eines der einschlägigen Gebrauchtfahrzeug-Verkaufsportale gespeichert haben. Vier der besagten Kollegen surfen sogar schwer dienstlich und damit höchtst offiziell während der Arbeitszeit durchs Internet, um zu sichten, was der Markt so zu bieten hat. Am liebsten natürlich Schnäppchen.
Um die geht es in dieser Geschichte. Nicht um irgendwelche, sondern um zuvor klar definierte: vier Mann, vier Aufgaben! Und die entsprechen ziemlich genau den ureigenen Vorlieben, was der ganzen Sache einen zusätzlichen Reiz verlieh – persönliche Betroffenheit macht sich in Enthüllungsgeschichten immer gut. Als Zeitfenster gestanden sich die vier Gebraucht-Onkels eine Woche zu, vom Suchen und Finden von jeweils zwei potenziellen Kandidaten im Internet über die Kontaktaufnahme zu den Verkäufern bis zu den Vor-Ort-Besichtigungsterminen – egal, wo in Deutschland.
Provinz kann sich richtig lohnen
Und so führten die Touren vom nördlichen Schleswig-Holstein bis ins südliche Bayern, vom prallen Pott im Westen gen Osten bis ins malerische Neufünfland. Erste Erkenntnis der Schnäppchentour: Provinz kann sich richtig lohnen; denn neben den hier präsentierten „Etwas-weiter-draußen-Verkäufern“ (zum Beispiel in Husum oder Sangerhausen) zeigten auch viele in der Vorauswahl hängen gebliebene Anbieter, dass Ballungsräume zwar die höchste Motorraddichte, aber nicht immer das beste Schnäppchenangebot zu bieten haben. Zweite Erkenntnis: Antizyklisch kaufen ist clever.
Wenn Karohemden tragende Vollbärte zwecks Retrobike-Projekt den BMW-Zweiventilermarkt plündern, haben es ältere Vierventil-Boxer etwas schwerer – und sind damit poten-zielle Sonderangebote. Was übrigens auch für längst vergessene (Suzuki GSX 1100 F) oder weitgehend unbekannte (Harley-Davidson MT 350 E) Schätzchen gilt. Dritte, nicht wirklich überraschende Erkenntnis: Schnäppchenangebote beliebter Maschinen erfordern eine ausgeprägte Grundschnelligkeit – wie der junge Kollege Beyl schmerzlich feststellen musste. Ansonsten gilt: Wer bei allem Jagdfieber auch noch die unten stehenden Gebrauchtkauf-Gebote beherzigt, kauft sehr wahrscheinlich richtig. In diesem Sinne: Waidmannsheil!
Tipps für den Gebrauchtkauf

1. Nicht auf ein bestimmtes Modell, eine bestimmte Farbe oder ein bestimmtes Baujahr versteifen. Damit setzt man sich nur unnötig unter Druck, und das Angebot ist zu begrenzt. Frühzeitig nach möglichen Alternativen erkundigen.
2. Nie allein zum Besichtigungstermin fahren.
3. Ausreichend Zeit einplanen. Termine, die man nicht einhalten will oder kann, fairerweise absagen.
4. Finger weg von Maschinen, bei denen noch nicht mal die einfachsten Wartungsarbeiten gemacht worden sind (Ölstand, Kettenspannung etc.). Besondere Vorsicht bei warm gefahrenen Motoren.
5. Vom Verkäufer nicht unter Druck setzen lassen („Ich habe noch mehrere Interessenten“). Kaum ein Angebot ist einmalig.
6. Grundsätzlich eine Probefahrt machen oder von einem sachverständigen Bekannten machen lassen.
7. Nicht auf lockere Zusagen („TÜV/Eintragung kein Problem“) vertrauen. Wenn es so einfach ist, hätte es der Verkäufer doch auch selbst machen können. Geld gibt’s grundsätzlich erst, wenn alle Versprechungen erfüllt worden sind.
8. Nicht nur auf den Kopf, sondern auch auf den Bauch hören. Ein Motorrad gefällt einem auf Anhieb – oder es gefällt einem nie.
9. Bargeld immer am Körper tragen, nicht in Jacken oder im Rucksack lassen.
10. Immer einen schriftlichen Kaufvertrag machen. Alle zugesicherten Eigenschaften schriftlich festhalten.
BMW R 1100 S für unter 5000 Euro

BMW-Fahrer sind im Regelfall Kilometerfresser. Normalerweise gilt das auch für Besitzer des Sportboxers R 1100 S. Gebraucht-Onkel Jörg Lohse, 46, hat sich den Youngtimer allerdings im Quasi-Neuzustand auf die Fahndungsliste gesetzt. Geht da tatsächlich was – womöglich sogar für weniger als fünf Mille? Die Lösung: Vertragshändler oder ein Liebhaber, der nicht verkaufen will.
Eine gut abgehangene BMW R 1100 S mit weniger als 20.000 Kilometern? Kein Problem! Aber unter 10.000 km? Oha, da wird’s schwieriger. Noch nicht einmal eine Handvoll Treffer listet mobile.de. Das attraktive Angebot einer 1999er steht für 4950 Euro bei einem waschechten BMW-Händler. Verkäufer Michael Heinzel, 29, lacht am Telefon, als ich ihm den Besuch des MOTORRAD-Gebraucht-Onkels ankündige: „Dann aber fix. Morgen wollen gleich zwei Interessenten kommen!“ Also ab nach Sangerhausen zu BMW Fritze (Motto „Mobil mit Stil“).
Auf dem Weg dahin kreuze ich mit unserer Dauertest-R-1200-R durch feinstes Motorradrevier: Thüringer Wald, Kyffhäuser, Südharz. Wie kommt man in dieser geilen Gegend in 17 Jahren nur auf 9052 Kilometer? Eigentlich ein Skandal! Wenige Kilometer später steht das Sahnestück von Scheinwerfern angestrahlt mitten im Showroom von Fritze. Metall- und Lackflächen im Top-Zustand, tiefschwarzes Karbon schimmert, kein ausgeblichenes Plastik. Das Serviceheft mit zwei Stempeln: 1000er-Inspektion ein Jahr nach Zulassung, 14 Jahre später der 6000er-Service.

Immerhin rund 3000 Kilometer hat der letzte Besitzer (dritte Hand) dann in den zwei Folgejahren draufgefahren, bevor er sich in die neue R 1200 R verguckte und seinen Sportboxer bei Fritze stehen ließ. Standschäden wie zum Beispiel der berüchtigte ABS-Druckmodulator drohen bei dieser BMW R 1100 S nicht – weil kein ABS! Aber das sei kein Verkaufsproblem, so Heinzel: „Für den luftgekühlten Sportboxer gibt es inzwischen eine spezielle Klientel – denen ist dann egal, ob mit oder ohne ABS.“ Keine fünf Mille, mit Durchsicht und Gewährleistung eines top motivierten BMW-Händlers? Eigentlich sollte man da doch zuschlagen. Aber halt, in Bottrop steht eine weitere. Baujahr 2000, für 4900 Euro mit sagenhaften 6800 km. Also rüber in den Pott. Klaus, 49, empfängt mich gleich mit den Worten: „Eigentlich will ich sie ja gar nicht verkaufen …“ Aha, der alte Verkäufertrick, soll anfixen und Preisdrückereien verhindern … Bevor wir ans Gerät marschieren, gibt es aber zunächst lecker Espresso und reichlich Benzingeplauder in der Küche. Seit 31 Jahren fährt Klaus inzwischen Motorrad.
Wilde Zweitaktzeiten mit giftigen Yamaha RD 250 und 350 LC, dann nach FJ 1100 und 1200 der Umstieg auf die Bajuwaren: BMW R 1100 S, luftgekühlte BMW R 1200 GS. Und schließlich wieder die S: „Ein Sozialfall. Habe ich einem Arbeitskollegen abgekauft. 14 Jahre alt, mit 1153 km auf der Uhr. Die brauchte Auslauf!“ In zwei Jahren steigert Klaus die Jahresfahrleistung um das 34-Fache. Standschäden? „Nach 500 Kilometern musste ich einen Simmerring im Getriebe tauschen, da hat’s Öl durchgedrückt!“ Machte der gelernte Kfz-Mechaniker natürlich selbst. Seitdem schnurrt die S wie ein Kätzchen. Versonnen blicken wir beide auf das blitzblanke Teil vor der Garage. Die Sonne lacht über Bottrop, ich merke, wie es Klaus in den Fingern juckt. Der Quasi-Nachbar des mehrfachen IDM-Meisters Michael Schulten ist alter Sport-Fan, hat schon die Tickets für Assen in der Tasche. Natürlich könne man ja mit der BMW rüber nach Holland … Mir ist klar, dass er die S wirklich nicht verkaufen will. Also fahr sie einfach weiter, Klaus!
Enduro für circa 1500 Euro

Über 300, unter 900 und um 1500. Verstehen Sie nicht? Ist eigentlich ganz einfach: Nachwuchs-Gebraucht-Onkel Tobias Beyl, 28, sucht ein geländetaugliches Motorrad über 300 Kubik, unter 900 Millimeter Sitzhöhe und zu einem Preis von zirka 1500 Euro. Eben eine günstige und alltagstaugliche Enduro zum Studentenpreis. Weitere Kriterien: Baujahr erst ab 1990, unter 150 Kilo. Die Lösung: Je nach Gusto macht die Suzuki oder die Husky das Rennen.
Deutschland. Die ganze Nation steht mir offen, 16 Bundesländer voller Möglichkeiten, was passende Gebrauchtangebote angeht. Und wohin fahre ich als Erstes? Stuttgart. Von meinem Arbeitsplatz in Stadtmitte bis zum Privatverkäufer im Stadtteil Nord sind es genau 3,33 Kilometer Luftlinie, ich jage den MOTORRAD-Dauertester GSX-S 1000 F dann aber doch lieber über die 5,1 Kilometer Asphalt. Eilig habe ich es, weil die für 1900 Euro VB angebotene Husqvarna TE 410 laut Besitzer Robin, 41, bereits zu 99 Prozent von einem anderen Interessenten gekauft ist.
Einer? Als ich meinen Weg in die Einbahnstraße gefunden habe, tummeln sich gleich vier junge Männer um die rot-weiße Enduro. Zwei davon sind dabei, Geldscheine zu zählen, nämlich Verkäufer Robin und der sichtlich stolze neue Besitzer Sebastian. Die anderen beiden sind dessen Kumpels und heute nur beratend und probefahrend dabei. Alle zusammen gehören eindeutig zur Gattung „passionierte Dreckwühler“.

Ich ja eigentlich auch, und so bieten mir die Jungs aus Garmisch-Partenkirchen zum Trost gleich eine von ihren zahlreichen anderen Enduros an, die sie zu Hause ihr Eigen nennen. Vielleicht bringen sie mir ja eine mit, wenn sie das nächste Mal mit Opas Transporter Richtung schwäbische Landeshauptstadt unterwegs sind. Für mich geht es jetzt aber erst mal zurück auf sämtliche Gebrauchtmärkte im weltweiten Web. Eine Maschine, an der mit meinen Vorgaben kein Weg vorbeiführt, ist die Suzuki DR 350. In MOTORRAD 10/2016 hatte ich mich ja noch über die Gebrauchtpreise ihrer Nachfolgerin DR-Z 400 ausgelassen. Und was soll man sagen: Auch die kleine Schwester wird heute teurer gehandelt als etwa vor zehn Jahren. Brauchbare Angebote liegen im Bereich von 1500 Euro (hauptsächlich die S-Version) bis 2200 Euro (SH- und SE-Modelle).
Aufgrund des besseren Fahrwerks und der hydraulischen Sitzhöhenverstellung macht die erst ab 1993 gebaute SH-Version das Rennen, und ich eile Richtung Darmstadt, wo mich in Roßdorf ein Angebot aus Frauenhand für 1850 Euro erwartet. Dort angekommen werde ich aber erst mal von einem Anwohner in ein nettes Gespräch verwickelt, unter anderem schwärmt er von der Leidenschaft, mit der sich die DR-Verkäufer ihren Bikes widmen. Davon kann ich mich anschließend auch selbst überzeugen, alle vier Bikes in der Garage stehen erstklassig da, die 350er Suzi hat gar erst 14.000 Kilometer auf der Uhr. Gesammelt hat sie diese in Kroatien, Sardinien und auch Spanien beim Endurowandern. Vorbesitzerin war die Schwägerin des Arbeitskollegen, vor zehn Jahren hat Verkäuferin Birgit sie für 2200 Euro erworben. Technisch funktioniert noch immer alles einwandfrei, und für 1750 Euro wechselt sie heute den Besitzer. Einziger Haken: Nicht ich bin der Käufer, ich war auch diesmal zu langsam.
Motorrad für eine Tour bis 1000 Euro

Ab in den Süden, in die Sonne, ans Meer – mit Sozia und Gepäck! Gebraucht-Onkel Thorsten Dentges, 44, sucht einen Tourer mit Druck und komfortablen Sitzplätzen, der den Preis für eine Woche Mietmotorrad schlägt. Gesucht ist also ein Billig-Reisedampfer mit etwas Rest-TÜV und immerhin so viel technischer Zuverlässigkeit, dass er die Ferien unbedenklich und sicher übersteht. Die Lösung: hubraumstarke Reihenvierer mit viel Patina.
Mindestens 100 Euro pro Tag kostet die Miete für einen Leihtourer. Selbst wenn man nur für eine Woche mit Passagier und Reisegepäck urlauben möchte, stehen mit Nebenkosten schnell mal deutlich über 1000 Euro auf der Rechnung. Warum dann nicht gleich ein Billigteil als eine Art Einweg- respektive Wegwerfmoped erwerben und hoffen, dass es die Tour durchhält? Wenn nicht, retten Clubkarte und Pannendienst. Nach der Reise wird das Motorrad höchstbietend verschleudert – ein paar Hunnies gibt’s dann wieder zurück. Top Deal, oder?
Meine Suchkriterien: unfallfrei, TÜV mindestens bis Herbst 2016, 78 PS aufwärts, 750 Kubik Untergrenze, 1000 Euro Obergrenze, damit noch etwas finanzieller Spielraum für Ummeldung, neue Reifen und Ersatzteile bleibt. Immerhin finden sich allein in Bayern über 100 Angebote, gut ein halbes Dutzend markiere ich als lohnenswert für eine Besichtigung. Darunter eine Yamaha FJ 1200 für 990 Euro, Händlerangebot bei Traunstein. Der Anbieter ist am Telefon etwas, nun ja, einsilbig, was eigentlich schon geschmeichelt ist, und da ich keine direkte Kaufabsicht bekundet habe, erscheint er vor Ort gar nicht erst. Lässt aber den Schlüssel in der vor einer Scheune geparkten FJ stecken, sodass ich den Motorlauf checken kann.

Der Vierzylindermotor der Yamaha FJ 1200 läuft nach kurzen Verschluckern sehr rund, bei Gasstößen pustet etwas Öldunst aus den Schalldämpfern, eine Schweißnaht am Topf ist zudem minimal undicht. Ein gewisser Ölverbrauch wäre normal für ein 25-jähriges Motorrad. Bremsen (Stahlflex) und Federung sind gut, insgesamt steht das Moped ordentlich da. Größter Bonus ist ein komplettes Koffersystem und frischer TÜV bei Kauf. Und das trotz verschlissenem Lenkkopflager? Kein Problem, versichert der Händler, regelt er. Na ja. Etwas seltsam, denn um das Lager soll sich der potenzielle Käufer im Nachhinein selbst und auf eigene Kosten kümmern, und Gewährleistung gäbe es bei diesem Preis sowieso nicht. Mein Bauchgefühl: mulmig.
Bei der nächsten Gebrauchten in Abtsgmünd fühle ich mich mehr willkommen. Die Suzuki GSX 1100 F hat kaum jemand als Tourer auf dem Schirm. Dieses etwas verkratzte Exemplar mit zugelassenem Remus-Auspuff steht trocken geparkt im mit Teppich ausgelegten Lagerraum eines gepflegten Einfamilienhauses. Privatanbieter Stefan ist vierter Besitzer. Nummer drei im Fahrzeugbrief, Jahrgang 1961, fuhr bis auf zwei Jahre Standzeit die Maschine 20 Jahre lang und wartete sie regelmäßig. Technisch steht die GSX klasse da, der Vergaser wurde im vergangenen Jahr gereinigt. Motor klingt wie neu, läuft superrund; störende mechanische Geräusche: Fehlanzeige. Vorne spendierte Stefan neue Gabelfedern von Wirth, die Federung hinten ist aber mies, da müsste man wohl noch mal ran. Kettensatz, Bremsen, Lager: alles picobello. Schade, dass keine Koffer dabei sind.
Unverbastelte Harley für unter 5000 Euro

Das entscheidende Wort lautet „unverbastelt“; denn Gebraucht-Onkel Klaus Herder, 53, sucht keine Shovelhead-Baustelle aus neunter Hand und ohne Papiere, sondern eine sofort einsatzbereite Komplettmaschine. Die (kleinste) Sportster landen dabei zwangläufig im Fokus, doch dass es auch ein Harley-Leben jenseits der Vau-Zwo-Herrlichkeit gibt, überrascht dann doch etwas. Die Lösung: Einsteiger-Sporty in vollem Ornat oder Armee-Veteran.
Verkäufer-Segen und Käufer-Fluch: Der Harley-Werterhalt ist einfach erschreckend gut. Die 1200er-Sportster schminke ich mir nach den ersten Telefonaten mit Privatverkäufern ab: Baustellen, Bausätze, Klone, Schnacker und Hilflose! Ich will etwas Seriöses, am liebsten vom Händler, und da führt fast kein Weg an einer 883er vorbei. Ein ganz besonderes Exemplar entdecke ich beim Suzuki-Vertragshändler Raudzus im nordfriesischen Husum. Inzahlungnahme? Nö, Raudzus-Motorradmann und Bilderbuch-Nordfriese Johannes Matzen klärt mich auf: Verkauf aus Altersgründen. Ein Ehepaar aus der Liga „Best Ager“ hat das Motorradhobby aufgegeben und fährt nun lieber Wohnmobil. Der Kontakt zum Suzuki-Dealer entstand über die Raudzus-Autosparte.
Vatis Big Twin fand bereits einen Käufer; Muttis 883er wartet seit November 2015 auf einen Liebhaber und wurde erst vor wenigen Tagen unter die magische 5000-Euro-Schwelle preisreduziert. Stichwort Liebhaber: Ein solcher sollte es schon sein, denn das womöglich dem alten Frauenleiden „Dekoritis“ geschuldete Ausstattungspaket ist schon mächtig „individuell“: Chromblenden an jeder erdenklichen Stelle, vier(!) lederne Werkzeugbehältnisse, Leder-Getränkehalter, Leder-Tankcover und Leder-Einzelsitz in besonders flacher Ausführung. Gepäckträger, vorverlegte Fußrasten und ein Windschild mit Schnellverschlüssen machen die Ausstattungsorgie komplett, sind aber auch ganz praktisch. Doch die kleine Sportster wurde nicht nur dekoriert, sie wurde auch gefahren, was man einigen Aluteilen deutlich ansieht. Unterm Strich gilt aber: nachvollziehbare Historie, guter Zustand, absolut fairer Preis.

Es geht aber noch etwas individueller: Tim im hessischen Griesheim hat zwei Kinder von zwei Frauen und zwei Motorräder. Da muss aus Platzgründen was weg: Die einzylindrige Armee-Harley soll es treffen, die 180er-Bundeswehr-Hercules darf bleiben – und der Rest der Familie natürlich auch. Tim ersteigerte den 30 PS starken Single 2009 über die VEBEG, eine bundeseigene Behördenkrimskrams-Verwertungsgesellschaft. Das hätte er vermutlich nicht getan, wenn er geahnt hätte, welche Laufereien und wie viel Zeitaufwand erforderlich sind, um einen alten Soldaten ins Zivilleben zu geleiten.
Egal, nach sechs Monaten Nerverei war das Thema erledigt, und so ganz nebenbei bekam der Zossen auch noch eine Technik-Frischzellenkur verpasst. Bevor die Harley-Gralshüter maulen: Natürlich ist so eine 350er keine „echte“ Harley im Sinne von US-Vauzwo-Schwermetall, aber die bis zum Jahr 2000 in nur rund 1700 Exemplaren gebaute MT 350 wurde in den USA von echten US-Amerikanern in einer echten Harley-Davidson-Fabrik montiert. Und das gilt längst nicht mehr für alles, was den Namen Harley-Davidson trägt. Sie ist eine echte Harley – wenn auch eine echt exotische!