Sie kann alles besser als die nackte K 1200 R. Sie ist günstiger, leichter und komfortabler. Und sie ist in der Praxis keinen Deut langsamer als die voll verschalte K 1200 S. Zudem profitierte sie als Erste von den Motor- und Getriebeverbesserungen des Modelljahrs 2007. Die Gasannahme- und Lastwechselmacken ihrer älteren Schwestern sind ihr also fremd. Und doch geriet die nur 2007 und 2008 im Programm zu findende BMW K 1200 R Sport zu einem veritablen Flop.
Völlig unverdient und auch ziemlich unverständlich, denn den bärenstarken Motor und das extrem stabile Fahrwerk hat sie mit ihren erfolgreicheren Schwestern gemein, doch zudem sitzt man auf ihr deutlich entspannter. Das volle Zubehör-Programm inklusive brachial wirkender Teilintegral-ABS-Stopper gab’s für die BMW K 1200 R Sport natürlich auch, und doch trauten sich nur wenige, den goldenen K 1200-Mittelweg zu befahren. Lag es womöglich an der – vorsichtig formuliert – etwas gewöhnungsbedürftigen Farbauswahl? Vermutlich war es eher ein Image-Problem: Die S stand für Sport und die R für Macho. Dazwischen blieb kein Platz. Das beschert uns heute einen Geheimtipp für Gebrauchtkäufer.
Besichtigung
Vollständiges Scheckheft und Nachweis über durchgeführte Rückrufe („Technische Aktionen“) – das ist bei kaum einer anderen Marke so wichtig wie bei BMW, die K 1200 R macht da keine Ausnahme. Die mechanische Zuverlässigkeit ist gut, die Kinderkrankheiten ihrer S-Schwester sind ihr fremd. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Kaufinteressent aber dem Hinterachsantrieb schenken: Alles dicht? Wenn nicht, kann es mit einem Dichtringwechsel getan sein (unter 200 Euro). Wenn aber schon mehr Schmiermittel ausgetreten ist, droht ein Lagerschaden. Mit um 600 Euro ist man dann dabei. Die BMW K 1200 R Sport wird gern flott bewegt, entsprechend hoch kann der Bremsscheibenverschleiß sein. Ganz wichtig: der Reifenzustand, insbesondere vorn. Fahren mit zu geringem Luftdruck führt zu Profil-Auswaschungen, die Handlichkeit leidet enorm. Beliebt, aber nicht immer preissteigernd sind Zubehör-Auspuffanlagen. Die meiste Leistung liefert das klobige Original.
Marktsituation
Die BMW K 1200 R Sport war zu ihrer Neumaschinen-Zeit eine echte Standuhr und wurde am Ende ihrer Bauzeit geradezu verramscht. Doch wie das mit verkannten Genies oft so ist: Mit den Jahren wächst der Respekt, und aus Mauerblümchen werden gefragte Schätzchen – Stichwort BMW K1. Vom echten Liebhaberstatus ist die K 1200 R Sport zwar noch ein gutes Stück entfernt, aber zumindest der Gebrauchtpreis-Tiefpunkt dürfte überschritten sein. Die Preise ziehen langsam wieder an und liegen bereits über den Tarifen, die für ein vergleichbares R-Schwestermodell ohne Verkleidung verlangt werden. Mittlerweile schlagen Motorradhändler auch nicht mehr die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie eine R Sport in Zahlung nehmen sollen. Hohe Kilometerleistungen müssen potenzielle Käufer nicht abschrecken, und so ist zwischen 6000 und 7000 Euro sehr ordentliche Ware mit zwar relativ vielen Kilometern, aber im meist topgepflegten Ersthand-Zustand zu bekommen. ABS wird vorausgesetzt, und auch das empfehlenswerte ESA ist Gebrauchtkäufern nur selten einen Aufpreis wert. Dafür ist trotz geringer Gesamtverkaufszahl das Angebot an komplett ausgestatteten Maschinen zu groß. Über 8000 Euro wird die Luft für Verkäufer mächtig dünn, und eigentlich haben nur Händler, die Garantieleistungen bieten können, eine Verkaufschance.
Verfügbarkeit am Markt: mäßig
Preisniveau in Euro | Baujahr | km-Stand | |
Niedrig | 5500-6400 | 2007-2008 | 30 000-50 000 |
Mittel | 6500-7500 | 2007-2008 | 20 000-40 000 |
Hoch | 7600-8500 | 2007-2008 | 15 000-25 000 |
Typ | im Programm | Verkäufe | |
K 43 HV | 2007-2008 | 1347 |
Modellpflege
2006 Oktober: Vorstellung auf der Intermot.
2007 Juli: Markteinführung als viertes Modell der K 1200-Baureihe. Farben: Cosmic Blue und Weißaluminium-Metallic matt; Preis: 14 100 Euro (mit üblichen Extras rund 16500 Euro).
2008 September: Produktionsende. Die Restbestände werden – natürlich inoffiziell – geradezu verramscht; gut ausgestattete Tageszulassungen gibt’s für unter 12000 Euro.
Rückrufe („Technische Aktionen“)
8/2007: Austausch Deckel Bremsflüssigkeitsbehälter; Nachrüstung Tilgergewicht im Bremsflüssigkeitsbehälter.
6/2008: Lenkungsdämpfer ersetzt.
11/2010: Umlenkhebel am hinteren Federbein erneuert.
Technische Daten
BMW K 1200 R Sport (Typ K 43 HV, Modelljahr 2007)
Motor: Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, Trockensumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Katalysator, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kardan.
Bohrung x Hub: 79,0 x 59,0 mm
Hubraum: 1157 cm³
Nennleistung: 120 kW (163 PS) bei 10 250/min
Max. Drehmoment: 127 Nm bei 8250/min
Fahrwerk: Brückenrahmen aus Alu, vorn Doppellängsträger aus Alu (mit ESA: verstellbare Zugstufendämpfung), Zweigelenk-Einarmschwinge aus Alu, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung (mit ESA: auch Druckstufendämpfung), Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten.
Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Maße + Gewicht: Radstand 1580 mm, Lenkkopfwinkel 61,0 Grad, Nachlauf 101 mm, Federweg v./h. 115/135 mm, Sitzhöhe* 830 mm, Gewicht vollgetankt* 246 kg, Tankinhalt 19 Liter.
Messungen
Höchstgeschwindigkeit**: 264 km/h
Beschleunigung 0–100 km/h: 3,2 sek
Durchzug 60–100 km/h: 3,4 sek
Verbrauch: 5,8 l/100 km (Landstraße)
* MOTORRAD-Messungen (Ausgabe 2/2007); ** Herstellerangaben