Flotter Boxer gesucht, am liebsten eine 1200er mit erstklassigem Fahrwerk und satter Motorleistung. Sollte sportlich sein und Lust am Reisen haben. Aussehen nicht entscheidend, innere Werte und Zuverlässigkeit sind wichtiger – wer so auf Partnersuche geht, landet treffsicher bei der 2005 eingeführten R 1200 ST. Und ist mit ihr bestens beraten, obwohl die Maschine gemeinhin als wenig begehrenswert gilt. Das Frontdesign verleiht der BMW nämlich den Charme eines skurrilen Tiefseefisches, nicht gerade jedermanns Geschmack. Vorsichtig geschätzt, finden 90 Prozent das Aussehen einfach gruselig.
Bleibt aber ein Zehntel, die genauer hinschauen, und der zweite Blick lohnt sich. Stattliche 110 PS und ein fülligeres Drehmoment heben die 1200er fahrdynamisch deutlich von der Vorgängerin R 1150 RS ab.
Eine grandiose Zuladung von über 220 Kilogramm erlaubt Reisen mit Sozius und pickepack vollen Koffern, der Windschutz ist hervorragend. Außerdem kann man es sich auf dem Sporttourer bequem einrichten. Die Sitzbank lässt sich von 83 auf 81 Zentimeter absenken (bis zu 78 Zentimeter durch ein Zube-hörteil), die Verkleidungsscheibe ist um 60, der Lenker um 25 Millimeter verstellbar. Die ST ist ein absolut durchdachtes Motorrad, eine wirklich kluge Alternative zu den wesentlich populäreren 1200er-Schwestern GS und RT. Insgesamt waren es allerdings wohl zu wenige clevere Käufer, denn BMW nahm den Sporttourer nach nur vier Jahren wieder aus dem Programm. Erstaunlich: Seitdem steigt die Nachfrage. Das Aussehen der ST ändert sich nicht, wohl aber die Geschmäcker von Interessenten.
Besichtigung
Während andere Boxer-BMW wie die 1200er-GS häufig außerplanmäßig in der Werkstatt zu Besuch sind (Probleme mit Kardan, Getriebe, ABS, Bremsleitungen, Radführung, Elektrik etc.), gilt die R 1200 ST technisch als sehr zuverlässig. Das Augenmerk beim Vor-Ort-Termin richtet sich also in erster Linie auf die Ausstattung: ABS und Heizgriffe sind Pflicht, ansonsten verringern sich die Wiederverkaufschancen erheblich. Sehr attraktiv und preissteigernd ist das ESA-Fahrwerk. Ebenfalls attraktiv: BMW-System-Koffer. Seltener, aber für Tourenfahrer ein Bonus: erhöhte Gabelbrücke Power Sportego inklusive Rohrlenker (rund 600 Euro) von BMW-Spezialist Wunderlich, Telefon 02642/97980, www.wunderlich.de. Für 59,95 Euro gibt es dort auch die sehr interessante Lampenmaske Stealth (ohne ABE!), die der ST mit einfachen Mitteln ein neues Gesicht verleiht (Doppelscheinwerfer-Anmutung). Privatangebote sollten rund 500 Euro unter vergleichbaren Händlerofferten liegen, um konkurrenzfähig zu sein.
Technische Daten – BMW R 1200 ST (Typ K 28; Modelljahr 2005)
Motor
Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Katalysator, hydraulisch betätigte Einscheiben-Trockenkupplung, Sechsganggetriebe, Kardan.
Bohrung x Hub 101 x 73 mm
Hubraum 1170 cm3
Nennleistung 81 kW (110 PS) bei 7500/min
Max. Drehmoment 115 Nm bei 6000/min
Fahrwerk
Tragende Motor-Getriebe-Einheit, Hilfsrahmen aus Stahl, längslenkergeführte Telegabel, Zweigelenk-Einarmschwinge aus Aluminium, direkt angelenktes Zentralfederbein, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen 120/70 ZR 17, 180/55 ZR 17
Maße+Gewichte
Radstand 1502 mm, Lenkkopfwinkel 63 Grad, Nachlauf 112 mm, Gewicht vollgetankt* 239 kg, Zuladung* 221 kg, Tankinhalt 21 Liter.
Messungen (MOTORRAD 7/2005)
Höchstgeschwindigkeit**230 km/h
Beschleunigung 0100 km/h 3,5 sek
Durchzug 60100 km/h 4,9 sek
Verbrauch 4,5 l/100 km (Landstraße); 5,9 l/100 km (bei 130 km/h), Super
Internet
Fansites: www.r1200st.de, www.bmw-bike-forum.info
Gebrauchtangebote: https://www.1000ps.de/gebrauchte-motorraeder
Marktsituation
Insgesamt wurden etwas über 7000 Stück produziert, davon rund 2500 für den deutschen Markt. Der Verkauf der Maschine blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dafür, dass in Deutschland weniger als 2000 Exemplare zugelassen sind, ist die Auswahl für Käufer gut. Viele neuwertige R 1200 ST liegen um 3000 Euro unter dem ursprünglich sehr hoch angesetzten Neupreis (meist um 14000 Euro). Bei Forderungen ab 10000 Euro ist das Interesse an sichtbar gebrauchten ST jedoch eher verhalten. In der Preisspanne zwischen 7000 und 9000 Euro hingegen machen sich Sparfüchse auf die Pirsch, denen ähnlich beanspruchte 1200er-GS oder -RT im Vergleich (zu Recht) zu teuer erscheinen und schlagen auch schnell zu. Interessenten suchen gezielt akkurat gepflegte und gut ausgestattete (ABS, ESA, Koffer) ST mit nicht mehr als 20000 Kilometern auf der Uhr.
Modellpflege
2005
Im März wird die R 1200 ST den Händlern ausgeliefert und tritt im Sporttouring-Segment die Nachfolge der R 1150 RS an. Preis für die Basisversion: 12500 Euro. Mit Sonderausstattung wie Teilintegral-ABS, Heizgriffen, Hauptständer, Diebstahl-Warnanlage und verchromter Auspuffanlage kostet die ST schnell über 14000 Euro.
2006
Das in der Boxerreihe zunächst nur für die R 1200 RT erhältliche, elektronisch dreifach verstellbare ESA-Fahrwerk kann nun auch bei der ST für 660 Euro Aufpreis geordert werden. ABS kostet 1050 Euro extra. Der Grundpreis der ST beträgt 12962 Euro, ein Full-Dresser inklusive Koffersystem liegt bei rund 16000 Euro.
2007
Im Januar Einführung des auf 500 Stück limitierten Sondermodells Edition in den Farben Schwarz und Silber mit ESA-Fahrwerk, ABS II, der Anti-Schlupf-Regelung ASC, Reifenluftdruck-Kontrolle RDC, Bordcomputer, Heizgriffen, verchromter Auspuffanlage, Hauptständer und Gepäckbrücke zum Preis von 15195 Euro.
2008
Die ST wird aus dem Programm genommen. Letzter Listenpreis für das Basismodell: 13282 Euro.
Tests in MOTORRAD
6/2005 (FB), 7/2005 (VT), 8/2006 (VT)
FB=Fahrbericht, VT=VergleichstestNachbestellungen unter Telefon 0711/182-1229