Das Geheimnis der italienischen Küche: einfach raffiniert. Aus verschiedenen bekannten Zutaten entsteht etwas überraschend Neues. Etwas, das du noch nie gegessen hast, das aber vertraut schmeckt, weil du die einzelnen Komponenten kennst, nur eben nicht in dieser Komposition.
Solch geniale Improvisationsgabe haben auch die Konstrukteure bewiesen, als sie die Monster kreierten. Dieses gedrungene, komplett nackte Motorrad überraschte 1993 die Zweiradszene. Das Monster-Menü hat etwas unmittelbar Geglücktes: rot, leicht und von einer Transparenz wie Pergamentpapier. Wer die Monster schön findet, und das werden hierzulande immer mehr, will auch unbedingt eine haben.
Das gezeigte M 900-Exemplar, Baujahr 1998, Kilometerstand 16000, bietet die Firma Limbächer aus Echterdingen für 13699 Mark an. Die 67-PS-Version kann, nach längerer Standzeit infolge der Verdunstung des zündwilligen Benzins in den Schwimmerkammern leider üblich, erst mit einigen Tricks zum Leben erweckt werden. Gemessen am Kilometerstand läuft der 900er erstaunlich leise und kultiviert, auch das Rasseln der Trockenkupplung bleibt im zivilen Rahmen. Das Cockpit beschränkt sich aufs Wesentliche. Außer einem schon etwas antiquierten kleinen Tacho nur acht Kontrollleuchten. Einen Drehzahlmesser gibts bei der 900er ab dem 2000er-Modell, und bei den beiden kleinen Monstern spendiert Ducati für den nicht ganz unempfindlichen V2 mit desmodromischem Ventiltrieb erst ab 2001 ein komplett ausgestattetes Cockpit.
Die Sitzposition des Monster-Treibers ist dank nicht zu hoch positionierter Fußrasten bequem, der für Ducati-Verhältnisse fast breite Lenker könnte günstiger gekröpft sein, dem Fahrer mehr entgegenkommen. Etwas Aufmerksamkeit erfordert das Herausfahren aus engen Einfahrten oder das Abbiegen an 90-Grad-Kreuzungen, da der Lenkeinschlag sehr knapp bemessen ist. Der Motor spricht schlecht an, das kann die Einspritzung, die ab dem Modelljahr 2000 von der Supersport-Baureihe übernommen wurde, wesentlich geschmeidiger.
Auf Anhieb vertrauenerweckend wirkt die gesamte Balance der Maschine, der Schwerpunkt ist dank des V2 niedrig, das Handling gerät ausnehmend leicht. Auch die Stabilität auf den Geraden überzeugt. Lediglich in langgezogenen Biegungen könnte die Präzision und Zielgenauigkeit exakter sein. Die Vorderpartie mit dem frei und ungeschützt im Fahrtwind gebeutelten Piloten wird dann leicht. Außerdem ist die Upside-down-Gabel etwas zu straff gedämpft an, auf welligen Fahrbahnen spürt man jede Unebenheit in Armen und Oberkörper. Die Doppelscheibenbremsanlage vorn gefällt durch feine Dosierbarkeit und mit exaktem Druckpunkt.
Wie alle Ducati-Motoren braucht das Monster M 900-Triebwerk penible Wartung: Problematisch sind vor allem Vergaser und Kupplung. Mangelndes Ansprechen der Gasfabrik versuchen die Besitzer mit einer kürzeren Übersetzung, größeren Leerlaufdüsen, Dynojet-Kit plus K&N-Luftfiltern zu verbessern. Die radikalere und effektivste Lösung: 41er-Keihin-Flachschiebervergaser, allerdings jenseits von Gut und Böse, was die Eintragungsmöglichkeit betrifft. Auch Ventile und Zahnriemen benötigen innerhalb der 10000-Kilometer-Inspektionsintervalle penibler Pflege. Und der Zahnriemen sollte bei jedem zweiten Intervall ausgetauscht werden.
Alle Modellmodifikationen aufzulisten würde diesen Rahmen sprengen. Das Wichtigste: Ab dem 1996er-Modell ist die Showa-Gabel einstellbar, und es wurden einige Marzocchi-Exemplare verbaut. Hinten arbeitete bis 1996 ein Boge-Federbein, dann eins von Showa. Bis einschließlich Baujahr 1997 war die Monster mit Aluschwingen ausgestattet, die ab 1998 außer an der Monster S durch Stahlversionen ersetzt wurden. Die Motorleistung betrug zunächst 75 PS, ab 1997 aufgrund geänderter Steuerzeiten und kleineren Ventilen nur noch 67 PS (mit Ausnahme der Special und Cromo, die weiterhin den 75 PS-Motor sowie die kleine Cockpit-Verkleidung aufwiesen).
Der unverwechselbare Charakter des V2 und das gekonnt klassische, extravagante Outfit der Monster-Modelle sind erst in den letzten Jahren mit steigenden Zulassungen entsprechend honoriert worden. Das Verhältnis von 900er, 600er und 750er dürfte etwa bei 60 zu 30 zu 10 Prozent liegen. Ein starkes Ego spricht, egal ob großer oder kleiner Hubraum, an.
Technische Daten - Ducati M 900 Monster
Ducati M 900 MonsterTechnische DatenMotorLuft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, je zwei obenliegende, zahnriemengetriebene Nockenwellen, zwei desmodromische betätigte Ventile pro Zylinder, zwei Mikuni-Gleichdruckvergaser, 0 38 mm, kontaktlose Transistorzündung, Hubraum 904 cm³, Nennleistung 54 kW (74 PS) bei 7000/min, Fünfganggetriebe, O-Ring-kette, E-Starter.FahrwerkGitterrohrrahmen aus Stahl, Upside-down.Gabel, Gleitrohrdurchmesser 41 mm, Zweiarmschwinge, Zentralfederbein mit Hebelsystem mit verstellbarer Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse mit Vierkolbensätteln vorn, 320 mm, Scheibenbremse hinten, 245 mm, Leichtmetall-Gußräder, Federweg vorn /hinten 120/144 mmMaße und GewichteSitzhöhe 770 mmTankinhalt/Reserve 16,5/3,5LiterGewicht vollgetankt 204 kgService-Intervalle alle 10 000kmTestwerteHöchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius 197/180 km/hBeschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius 3,9/5,3 sekVerbrauch 5,2LiterKraftstoff SuperErsatzteil-PreiseSturzteileKupplungsarmatur 85 MarkHandbremsarmatur 85 MarkLenker 95 MarkRückspiegel 93 MarkBlinker vorn 23 MarkTachometer 330 MarkGabelstandrohr 723 MarkSchutzblech vorn 200 MarkVorderrad 1055 Markein Schalldämpfer 932 MarkTank, lackiert 2028 MarkRahmen komplett 2662 MarkLampenverkleidung 197 MarkScheibe 154 MarkVerschleißteileKettenkit 457 MarkBremsbeläge vorn komplett 84 MarkKupplungsreibscheiben 270 MarkBremsscheibe vorn 319 MarkLuftfilter 25 MarkÖlfilter 16 MarkStärken und SchwächenStärkenExtravagantes OutfitSpurstabiles FahrwerkSchwächenVergaser-Motor im Antritt unkultiviertZu straffe GabelAufwendige WartungZu knapper LenkeinschlagTest in MOTORRAD1Test 12/1993Vergleichstest 7/1995Vergleichstest 15/1997Vergleichstest 26/1999Vergleichstest 3/2000Vergleichstest 9/2000Reifenfreigaben Typ ZDM 900 Mvorn hinten120/70 ZR 17 170/60 ZR 17Bridgestone BT 56, Dunlop D 205, 207, Metzler ME Z3, ME Z4, MichelinTX 15, 25, Macadam 90 X, Pilot Sport, Pirelli, MTR 01/02, MTR 21/22 Corsa Fußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.
Lesererfahrungen - Ducati M 900 Monster
Meine M 900 Monster habe ich mir 1993 neu gekauft und ohne Probleme 31 000 Kilometer zurückgelegt. Technische Änderungen: Spiegler-Bremsleitungen sowie White-Power-Federn vorn und hinten, angehobenes Heck und durchgesteckte Gabel. Außerdem Keihin-Vergaser CR 41 und K&N-Luftfilter, wodurch der Verbrauch auf der Landsraße auf 4,5 Liter zurückging. Zum besseren Schutz montierte ich noch eine Lenkerverkleidung von Diopa, was in schnellen Kurven die Vorderpartie beruhigt.Harald Kaminski, Attenschwiller, FrankreichNachdem Keihin-Vergaser installiert waren, zeigte der Motor deutlich mehr Leben. Nach 6000 Kilometern hat das Lager der Getriebe-Ausgangswelle gefressen. Zahnräder und Schwinge wurden auf Garantie gewechselt. Mit der Monster kann man Sonntagfrüh andere Bikes verblasen und nachmittags bei der Schwiegermutter nen guten Eindruck machen.Thomas Noderer, ThalmaessingDas Monster-Konzept überzeugt mich auch noch nach zwei Jahren und 20 000 Kilometern. Gleich nach dem Neukauf habe ich den Seitenständer so umgebaut, dass er nicht mehr automatisch einklappt. Außerdem wurde ein Drehzahlmesser nachgerüstet. Das Kapitel Qualität ist leider ähnlich dunkel wie der Lack meiner schwarzen 900er. Zuerst fiel das Starterrelais aus. Später versagte die Kupplungshydraulik, was die Duc vor roten Ampeln in einen Automatikroller verwandelte. Trotz gezogener Kupplung wollte sie losmarschieren, der Leerlauf blieb unauffindbar. Damit es zwischen den beiden Garantiefällen nicht zu langweilig wurde, lief die Batterie aus und versaute die Rahmenlackierung, nervte der Bremslichtschalter und fiel mir bei voller Fahrt das rechte Spiegelglas entgegen.Alexandra Haak, StuttgartBei 20 000 Kilometern auf meiner M 600 schlug mit ein Stein die Ölfilteraufnahme kaputt, was zu einem folgenschweren Ölverlust führte. Ein Schlagloch kostete mich ein neues Vorderrad ( für den Preis einer Felge kann sich ein Golf einen kompletten Satz hinstellen). Vereisende Vergaser gab`s im Winter gratis. 1999 ergatterte ich dann die letzte gelbe 750er in Berlin mit zweiter Bremsscheibe vorn, Stahlflexleitungen und Vergaser-Heizung, aber leider noch mit dem alten, unschönen Cockpit. Die Schaltbarkeit des Getriebes wurde im Vergleich zur alten Version deutlich verbessert. Der geringe Lenkeinschlag stört nur beim Rangieren. So habe ich jetzt 18 000 Kilometer vorwiegend quer durch Berlin abgeritten. Christine Schwedtke, Berlin
Marktübersicht
Genaue Verkaufszahlen für die M 900 (Vergaser) seit 1993 sind wegen Importeurwechsel und regem Grauimport schwer zu ermitteln, doch dürften in Deutschland rund 3500 Stück bis Ende 1999 verkauft worden sein. Die Schwacke-Liste notiert: Baujahr 1993 (65 100 Kilometer) 6400 Mark; 1994 (56 700 Kilometer) 8550 Mark; 1995 (48 300 Kilometer) 9500 Mark: 1996 (39 900 Kilometer) 10 000 Mark; 1997 (31 500 Kilometer) 10 600 Mark; 1998 (23 100 Kilometer) 11 900 Mark; 1999 ( 14 700 Kilometer) 13 300 Mark. Konkurrenz zur Ducati Monster sind die Buell S1 Ligthning und die Triumph Speed Triple. Die von Monster-Designer Galluzzi neukreierte Cagiva Raptor mit dem Suzuki TL 1000-Triebwerk kommt preislich für ein Gebrauchtangebot noch nicht in Frage. Für die beiden kleineren Monster kommt als direkter Vergleich die Suzuki SV 650 (S) in Frage.