Schier unzerstörbar und mit Kardan als Kaufargument ein unschlagbar günstiges Angebot. Allerdings wollen sich nur wenige Besitzer von der großen Diversion trennen.
Schier unzerstörbar und mit Kardan als Kaufargument ein unschlagbar günstiges Angebot. Allerdings wollen sich nur wenige Besitzer von der großen Diversion trennen.
Umgerechnet rund 8000 Euro für einen Vollwert-Tourer mit Kardan und superber Soziustauglichkeit, das war 1994 ein Motorrad-Knaller. Allerdings ein leiser, denn technisch brannte die XJ 900 S schon damals kein Feuerwerk ab. Reihenvierer mit Vergasern und zwei Ventilen pro Zylinder, über 270 Kilogramm, 90 PS – kaum ein Fortschritt gegenüber der Vorgängerin XJ 900 F, deren Produktion 1990 eingestellt worden war. Dennoch ist die große Diversion wegen des unbestreitbaren Gegenwerts ein verlockendes Motorrad, und das gilt heutzutage für die seit 2005 lediglich gebraucht erhältliche Maschine umso mehr. Der aktuelle Kardantourer bei Yamaha heißt FJR 1300, und der spielt in der Secondhand-Liga preislich ein paar Klassen höher, steht deshalb für viele Tourenfahrer mit kleinem Budget nicht zur Debatte.
Auch die Konkurrenz hat es bisher weitgehend versäumt, einen preisgünstigen Reisedampfer mit wartungsarmem Kardanantrieb auf die Beine zu stellen, so dass viele Interessenten an solchen Motorrädern sich lieber bei Gebrauchtofferten umtun. Dort stoßen sie zwangsläufig früher oder später auf die XJ 900 S, häufig zum erstaunlichen Sparkurs. Beim Benzinverbrauch gibt sich die Yamaha allerdings wenig bescheiden, bei flotter Fahrt gurgeln über zehn Liter auf 100 Kilometer durch die Vergaserbatterie. XJ-Fahrer stört das allerdings wenig. Offenbar sind sie fähig, jederzeit ihre rechte Hand zu zügeln und damit auch den Verbrauch. In der Werkstatt bleibt ebenfalls nur wenig Geld liegen, dort ist die als extrem zuverlässig bekannte 900er ein seltener Gast. Und der Austausch von Verschleißteilen sowie Wartungsarbeiten sind günstig. Unterm Strich ist die große Diversion ein schönes, dankbares Motorrad, das es dem Besitzer leicht macht, treu zu bleiben.
Motor
Luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Vergaser, keine Abgasreinigung, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kardan.
Bohrung x Hub 68,5 x 60,5 mm
Hubraum 892 cm³
Nennleistung 66 kW (90 PS) bei 8300/min
Max. Drehmoment 84 Nm bei 7000/min
Fahrwerk
Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Telegabel, Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein, über Hebelsystem angelenkt, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten.
Alu-Gussräder 3.00 x 17; 4.00 x 17, Reifen 120/70 V17, 150/70 V17.
Maße+Gewichte
Radstand 1505 mm, Lenkkopfwinkel 63 Grad, Nachlauf 121 mm, Gewicht vollgetankt* 276 kg, Zuladung* 194 kg, Tankinhalt/Reserve 24/5 Liter.
Messungen (MOTORRAD 23/2000)
Höchstgeschwindigkeit 209 km/h
Beschleunigung
0100 km/h 3,9 sek
Durchzug
60100 km/h 5,3 sek
Verbrauch
7,6 l/100 km (Landstraße); 4,4 l/100 km (bei 100 km/h), Normal
Größter Handlungsbedarf besteht beim Fahrwerk. Die serienmäßigen Federelemente sind außer im Bummelmodus hoffnungslos überfordert. Selbst für touristische Unternehmungen mit nur gelegentlich zügiger Gangart empfehlen sich dringend Verbesserungsmaßnahmen. Erprobt sind Produkte von Öhlins (über Zupin Moto-Sport, Telefon 08669/8480, www.zupin.de), Wilbers (Telefon 05921/727170, www.wilbers.de) oder WP Suspension (Telefon 09401/ 521225, www.wp-germany.com). Einstellbare Federbeine dieser Marken kosten zwischen 350 und 700 Euro und wirken beim Wiederverkauf wertsteigernd. Nachrüst-Gabelfedern plus Öl (etwas über 100 Euro ohne Einbau) erhöhen dagegen den Preis kaum, werden bei Gebrauchten jedoch ähnlich wie Koffersysteme gerne genommen. Technische Schwachstellen besitzt die 900er so gut wie keine. Ein Blick auf den Kardan, ob Öl an der Entlüftung austritt, oder auf Schwinge und Auspuff, die insbesondere bei älteren Modellen mit hohen Laufleistungen schon mal Rost oder Risse aufweisen können, sei dennoch angeraten.
Die XJ 900 S ist mit mehr als 10000 Stück im Bestand stark vertreten, doch offenbar wollen sich viele zufriedene Besitzer nicht von ihr trennen. Am häufigsten wird die Yamaha bis Baujahr 2000 angeboten. Von jüngeren Exemplaren wurden wegen des 2001 deutlich angehobenen Preises seinerzeit lediglich rund 2000 Stück verkauft, sie werden daher als Gebrauchte noch selten annonciert. Die Mehrzahl der befragten Händler würde sich über ein größeres Angebot freuen, denn extrem zuverlässige, günstige Gebrauchte wie die große Diversion finden in der Regel schnell einen dankbaren Abnehmer. Händler aus dem Süden und Westen der Republik berichten allerdings gleichzeitig von einem langsam abnehmenden Interesse an der Maschine, weil dort immer weniger Tourenfahrer auf Einspritzung, G-Kat und ABS verzichten wollen.
1994
Markteinführung der XJ 900 S Diversion (Typ 4KM) für 15290 Mark (7818 Euro).
1996
Modifikationen an der Telegabel. Neue Gabelstopfen ermöglichen eine einstellbare Federbasis. Außerdem wurde die Abstimmung des Federbeins geändert. Eine dickere Wandung der Auspuffrohre soll besser gegen Rissbildung schützen. Preis: 15620 Mark (7986 Euro).
1997
Steinschlagschutz aus Kunststoff für die Gabelstandrohre. Sitzbank mit geändertem Bezug. Preis unverändert.
2001
Preisanstieg wegen eines starken Yen-Wechselkurses: 9101 Euro.
2003
Verschärfte Abgas- und Geräuschvorschriften hätten eine größere Modellpflege erfordert, Yamaha stoppt deshalb die Produktion der XJ 900 S.
2004
In Deutschland wird das Motorrad aus dem Programm genommen und ist im Abverkauf für 9105 Euro erhältlich.
Günstige Tourenmotorräder sind heutzutage schwer zu finden,weshalb sich ein Blick auf den Gebrauchtmarkt durchaus lohnt. Zuverlässige Tourenmaschinen wie der Yamaha XJ 900 S Diversion bekommt man in Gebrauchtbörsen für kleines Geld und die Auswahl ist noch immer sehr groß. Hier eine Preisübersich über gebrauchte Yamaha XJ 900 S Diversion in Deutschland: gebrauchte Yamaha XJ 900 S Diversion in Deutschland.