PS-Leser Ronny Hollubarsch machte sich Gedanken darüber, ob die Stahlgewichte, die an den Lenkerenden verbaut werden, Einfluss auf das Handling haben.
PS-Leser Ronny Hollubarsch machte sich Gedanken darüber, ob die Stahlgewichte, die an den Lenkerenden verbaut werden, Einfluss auf das Handling haben.
Hallo Ronny, wir können dich beruhigen, die rund 200 Gramm schweren Gewichte am Lenkerende haben nur einen minimalen Einfluss auf die Handlichkeit deiner Maschine. Auch wenn diese Gewichte am äußersten Lenkerende und damit am längsten Hebelarm des Lenksystems angebracht sind, ist ihre Massenträgheit zu vernachlässigen. Bei PS-Aufzeichnungen mit dem 2D-Datarecording ergab sich bei einem wirklich harten Schräglagenwechsel, vergleichbar mit einer Schikane auf der Rennstrecke oder einem harten Ausweichmanöver, dass der Lenker innerhalb einer knappen Sekunde (genauer: 0,85 sec) von 2,5 Grad links auf 2,5 Grad rechts herumgerissen wird.
Bei einer maximalen Lenkerbreite von 850 Millimetern ergibt sich ein zurückgelegter Weg der Lenkergewichte (gesamt rund 440 Gramm) von rund 37 Millimetern innerhalb einer knappen Sekunde. Diese Massenkraft entspricht nur einem kleinen Bruchteil des gesamten Lenksystems, das aus Gabelbeinen, Gabelbrücken, Lenker/Armaturen und vor allem dem rotierenden Vorderrad besteht. Die Massenträgheit des sich drehenden Vorderrads mit Bremsscheiben und Reifen stellt den größten dynamischen Widerstand im Lenksystem dar. Weshalb nicht nur im Rennsport versucht wird, die rotierenden Massen so gering wie möglich zu halten.
Die Lenkergewichte haben in erster Linie die Aufgabe, lästige Vibrationen vom Fahrer fernzuhalten. Bedingt durch die am Gabelholm beziehungsweise den Klemmfäusten einseitige Befestigung des Lenkerrohres kann dieses durch die Motorvibrationen in heftige Schwingung geraten. Je nach Motorbauart fallen diese Vibrationen mit geringer Schwingungszahl (Ein- und Zweizylinder) oder sehr hochfrequent (Vierzylinder ohne Ausgleichswelle) aus. Um die Übertragung der Motorvibrationen auf rahmenfeste Bauteile zu unterbinden, sind viele Motoren in Gummilagern befestigt. Bei leichten Supersportmaschinen jedoch müssen die Motoren als tragendes Element starr mit dem Rahmen verschraubt sein.
Im Langstreckenbetrieb können vor allem die hochfrequenten Vibrationen von Vierzylindern sehr lästig sein und zum Einschlafen der Hände führen. Auf Dauer können die derben Vibrationen am Lenker auch das sogenannte „Karpaltunnel-Syndrom“ hervorrufen, das mit Schmerzen und tauben Fingern verbunden und in Motorradfahrer-Kreisen sehr verbreitet ist. Also packen die Hersteller an jedes Lenkerende ein mehr oder weniger schweres Gewicht, das die Frequenz in einen unkritischen Bereich verlagert.
Bei speziellen zweiteiligen Gewichten soll der frei liegende Messingdorn im Lenker (siehe Foto) eine regelrechte Gegenschwingung aufbauen und so die Vibrationen über einen breiten Frequenzbereich eindämmen. Sollten sich die Vibrationen im Lenker deutlich verstärken, kann dies auch mit einem zu großen Spiel des Lenkkopflagers zu tun haben, wodurch sich die Motorvibrationen, von regelrechten Rumpelgeräuschen begleitet, verstärkt übertragen können.
Neben der Eindämmung der Vibrationen sind die Lenkergewichte auch als Sturzvorsorge gedacht und schützen Gasgriff, die Hebeleien und das Lenkrohr vor Beschädigung bei einem Bodenkontakt. Wer auf die Gewichte (je rund 220 Gramm pro Lenkerhälfte) verzichtet, kann mit dem Ersatz durch ein Aluteil (etwa 75 Gramm pro Lenker) rund 300 Gramm einsparen. Allerdings können dann bitzelige Vibrationen den Fahrspaß auf Dauer gründlich verderben.
Selbst im Rennport setzen viele Fahrer auf die beruhigende Wirkung der Lenkergewichte, um die Renndistanz möglichst vibrationsfrei zu überstehen. Der Trick, mit einer zusätzlichen Masse lästige Schwingungen zu unterdrücken, wird auch an Fußrasten angewandt. Entweder als massive „Angstnippel“ (siehe Foto) oder als Zusatzgewichte unter den Alurasten verschraubt, haben diese Stahlteile dieselbe Funktion und Aufgabe wie die Lenkergewichte.