Ratgeber: Einspritzung beim Motorrad
Fehler in der Einspritzanlage finden und beheben

Was tun, wenn der Motor hustet, spuckt und im Cockpit alle Warnlampen durchdrehen? Dann hakt es in aller Regel bei der Einspritzanlage. Tipps zur Fehleranalyse und -behebung ohne Diagnosegerät.

Fehler in der Einspritzanlage finden und beheben
Foto: Zeichnung: Schermer

Fehler in der Einspritzung: Dieses Motorproblem lässt sich mit den üblichen Hausmitteln eines Garagenschraubers bei modernen Motorrädern kaum noch zielsicher einkreisen; denn die Motorelektronik ist mit einer Vielzahl von Sensoren vernetzt, die auf Gemischaufbereitung und -verbrennung Einfluss nehmen. Hier eine kurze Übersicht über die Sensoren und ihre Funktion:

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Kühlmitteltemperatursensor: Sorgt bei kaltem Motor für eine Gemisch­anfettung.

SENSOREN

  • Das Drosselklappen-Potentiometer ist direkt am Drosselklappengehäuse angebaut. Es stellt die Gasgriffstellung fest und damit die Stellung der Drosselklappen: Je weiter diese geöffnet sind, desto mehr Sprit wird benötigt, auch der Zündzeitpunkt wird davon beeinflusst.
  • Der Kühlmitteltemperatur-Sensor ist im Kühlkreislauf eingebaut, er misst die aktuelle Temperatur des Motorkühlmittels: Je kühler der Motor ist, desto mehr Sprit benötigt er. Beim Kaltstart wird z. B. ordentlich „angefettet“.
  • Der Umgebungsluftdruck-Sensor ist an einer "wärmeberuhigten Stelle" am Fahrzeug eingebaut (z. B. unter der Heckverkleidung) und misst den aktuellen Umgebungsluftdruck. Der im Motorsteuergerät programmierte Basisluftdruck bezieht sich auf "Meereshöhe null". In höheren Regionen sinkt der Luftdruck, entsprechend geringer wird auch der Bedarf an Sprit. Dann sinkt allerdings auch die Motorleistung.
  • Der Ansauglufttemperatur-Sensor ist im Luftfilterkasten eingebaut. Grundregel: Je kälter die Ansaugluft, desto höher der Spritbedarf; je wärmer die Ansaugluft, desto weniger Sprit wird benötigt.
  • Der Kurbelwellenpositions-Sensor checkt die Stellung der Kurbelwelle und ist generell unten rechts oder links am Kurbelwellenstumpf positioniert. Er fungiert als Zündgeber und veranlasst, dass bei entsprechender Kurbelwellenstellung das Gemisch entzündet wird. Gleichzeitig misst er die Drehzahl des Motors.
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Lambdasonde: Misst den Restsauerstoffgehalt des Abgases und korrigiert die Gemischzusammensetzung.
  • Der Nockenwellenpositions-Sensor überwacht die Stellung der Nockenwelle und arbeitet in Kombination mit dem Kurbelwellenpositions-Sensor: Er bestimmt, in welchen Zylinder eingespritzt und in welchem gezündet wird.
  • Der Geschwindigkeits-Sensor ist entweder direkt an einem Rad oder beim vorderen Kettenritzel auf der Getriebeabtriebswelle positioniert. Es ist ein Drehzahlsensor, aus dessen Daten die momentan gefahrene Geschwindigkeit errechnet wird. Diese Daten werden nicht nur an die Tachoanzeige weitergeleitet.  Sie bestimmen auch in Verbindung mit der momentanen Gasgriffstellung und dem eingelegten Gang die Einspritzmenge und den Zündzeitpunkt.
  • Die Lambdasonde misst den Restsauerstoffgehalt im Abgas und korrigiert ggf. nach aktuellem Wert die Gemischzusammensetzung (Einspritzmenge).


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Motorsteuerung: Schaltzentrale, in der alle Fäden zusammen laufen. Stellt bei Problemen auf ein Notlaufprogramm um.

STEUERGERÄT

Die von den Sensoren erfassten Werte werden an das Motorsteuergerät geschickt. In diesem sind Kennfelder gespeichert sowie Korrekturfunktionen hinterlegt. Aus dem Gemenge aller Daten werden individuell abgestimmte Werte für Einspritzmenge und Zündzeitpunkt eines jedes Zylinders für den jeweiligen Arbeitstakt ermittelt.

Schubabschaltung

Meistens ist auch eine Schubabschaltung programmiert: Bei geschlossenen Drosselklappen ("Gas zu"), einer Motortemperatur ab zirka 20 Grad Celsius und einer Motordrehzahl von mehr als 3000/min wird die Ansteuerung der Einspritzventile unterbrochen. Dies senkt den Verbrauch und verhindert z. B. bei einer Bergabfahrt, dass der Motor trotz geschlossenem Gasgriff Sprit bekommt, dieser gezündet wird und infolgedessen "nachschiebt". Sinkt die Motordrehzahl unter 2500/min, wird die Einspritzung wieder aktiviert.

Weitere Funktionen der Motorelektronik sind Eigendiagnose und Prüfung der einwandfreien Funktionsfähigkeit von Einspritzung und Zündung. Sie überprüft sich also permanent selbst. Je nach Hersteller werden Störungen unterschiedlich im Cockpit angezeigt: Entweder durch Blinksignale einer Kontrolllampe, bei LCD-Cockpits auch durch die Anzeige eines Fehlercodes. Generell heißt das: Ab in die Werkstatt, denn nur mit dem Diagnosegerät des jeweiligen Herstellers lassen sich die Fehler auslesen und so das defekte Bauteil lokalisieren.

Ratgeber Werkstatt Teil 2: Fehlersuche

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Steckerkontrolle: korrodierte oder falsch zusammengesteckte Verbindungen können eine Fehlerquelle sein.

Mögliche Störungen, Fehlersuche

Tritt nun mit entsprechender Meldung im Cockpit eine Störung an der Einspritzung auf, schalten Sie den Motor nicht ab, sondern lassen ihn laufen; denn bei nahezu allen Störungen stellt die Motorelektronik in ein Notlaufprogramm um, womit ein Weiterfahren möglich ist. Nur bei Fehlern an Einspritzventilen, dem Zündimpulsgeber, Ausfall des Motorsteuergeräts oder einem Sicherungsdefekt wird der Motor automatisch abgeschaltet. Ist kein Vertragshändler erreichbar, suchen Sie zunächst nach Fehlern in der Bordelektrik und bei den Zuleitungen:

  • Alle in Frage kommenden Stecker prüfen, ob sie korrekt zusammengesteckt sind.
  • Einen Stecker nach dem anderen auseinanderziehen, die inneren Kontakte mit harter Zahnbürste und Kontaktspray reinigen, ausblasen und auf festen Sitz prüfen.
  • Alle in Frage kommenden Schläuche und Leitungen auf Brüche, Knicke, Quetschungen oder andere Beschädigungen kontrol­lieren! Wenn auch nur einer der Benzin- oder Luftschläuche gequetscht oder eingerissen ist, oder nicht richtig auf seinem Stutzen sitzt, hat dies negative Auswirkungen auf das gesamte Ansaug- und Einspritzsystem.
  • Sicherungen für Einspritzung und Zündung kontrollieren. Wo die Sicherungen an Ihrer Maschine zu finden sind und welche Stärken (Ampere) sie haben, steht in dem zur Maschine gehörenden Bordbuch (Betriebsanleitung).




Schmutz in der Einspritzung

Wenn der Motor garantiert in Ordnung ist, aber auf einem (oder mehreren) Zylinder(n) nicht richtig läuft, besteht der dringende Verdacht, dass Schmutz im Benzin ist. Dann hilft manchmal das Ablassen des verdreckten Benzins und eine Neubefüllung mit frischem Sprit. Und bitte: Beim Umgang mit Sprit nicht rauchen, Schutzhandschuhe tragen, Spritdämpfe möglichst nicht einatmen und altes Benzin umweltgerecht entsorgen!

Es kann vorkommen, dass der Drosselklappenkörper innen verdreckt oder einzelne Luftkanäle zugestopft sind. Vor allem, wenn das Motorrad über lange Zeit stillgelegt war. In solchen Fällen muss das komplette Drosselklappengehäuse abgebaut und in einem Ultraschallbad gereinigt werden. Jeder gut aufgestellte Händler hat ein solches Gerät; eine intensive Reinigung im Ultraschallbad kostet zwar Geld (je nach Verschmutzungsgrad bis zu 250 Euro), wirkt aber wahre Wunder.

Wichtig: NIEMALS harte Stahldrähte in scheinbar verschmutzte oder tatsächlich zugestopfte Bohrungen einführen!

Meist ist es unumgänglich, das Motorrad zum Händler zu bringen und per Diagnosegerät auf die Fehlersuche zu gehen. Zudem sind die Mechaniker in den Vertragswerkstätten entweder im Werk (z. B. bei BMW) oder seitens der Importeure speziell auf Probleme bei der Einspritzung geschult worden. Und außerdem haben sie einen raschen Zugriff zu aktuellen Messtechniken und können daher einen möglichen Fehler schnell einkreisen und das defekte Bauteil auswechseln.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023