Technik Auspuffklappen

Technik Auspuffklappen
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Klappt einfach nicht

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Elektrisch betätigte Auspuffklappen sind heute vornehmlich dazu da, hohe Spitzenleistung zu bekommen, trotz verschärfter Geräuschgrenzwerte. Aber manche Hersteller übertreiben es.

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Exup (exhaust ultimate power valve) nannte Yamaha das erste System mit Klappe im Auspuff, das 1989 in der FZR 1000 Exup debütierte. Sinn und Zweck war es, durch gezielte Eingriffe in die Abgasströmung den Drehmomentverlauf im unteren und mittleren Drehzahlbereich zu optimieren. Heute hören sich die Begründungen für elektrisch betätigte Auspuffklappen oft ähnlich an. In Wirklichkeit geht es aber eher darum, trotz verschärfter Geräuschgrenzwerte eine möglichst hohe Spitzenleistung zu bekommen – und wohl auch mehr Sound als Verkaufsargument. Dazu öffnen die Klappen meist analog zu Drehzahl und/oder Lastzustand.

Mitunter sind die Klappen aber auch ganz banal dazu da, den Auspuff ausschließlich für die Geräuschmessung zu verstopfen. Das ist besonders bei italienischen Herstellern zu beobachten. Bei ersten Versionen der Aprilia RSV4 R etwa schloss die Klappe digital nur bei niedrigen Drehzahlen und Geschwindigkeiten. Eben genau da, wo bei der Homologation gemessen wird. Was dazu führt, dass der Sportler ansonsten seinen V4-Sound kaum gedämpft in den Äther schmettert. Das mag manch einen begeistern, andere – vor allem Außenstehende – finden den hohen Lärmpegel eher lästig.

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Ducati treibt die Trickserei auf die Spitze

Ducati treibt die Trickserei bei der Panigale allerdings auf die Spitze. Bereits bei ersten Testmaschinen fiel auf, dass sie mitunter bei Konstantfahrt mit um die 50 km/h schlagartig von brüllend laut auf dumpf röchelnd umschalteten. Eben dann, wenn die Elektronik eine Messung vermutete und den Auspuff dichtmachte. Zur Erinnerung: Die Messung des Fahrgeräuschs findet statt, indem das Motorrad im zweiten und dritten Gang aus Konstantfahrt mit exakt Tempo 50 auf einer 20 Meter langen Messstrecke bei Vollgas beschleunigt wird.

Bei neueren Ducati-Testmaschinen fiel auf, dass die Klappe sich im Alltag nun offensichtlich gar nicht mehr schloss. Die Panigale war einfach immer brüllend laut. Als sich die Gelegenheit im Rahmen eines größeren Auspufftests ergab, machte MOTORRAD eine Messung mit den Testmaschinen Panigale 1199 und 899. Dabei wurden die in der Tabelle gezeigten Werte ermittelt.

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Kein Panigale-Kunde hat sich beschwert

Zur Erinnerung: Der Grenzwert für das Fahrgeräusch beträgt 80 dB, homologiert sind bei beiden Modellen 79 dB. Zehn dB mehr entsprechen der zehnfachen Schallintensität und werden subjektiv als doppelt so laut empfunden. Trotz vieler Versuche gelang es nicht einmal, die Klappen zum Schließen zu bewegen. Laut Angabe von Ducati sollten die Klappen bei vorschriftsgemäßer Bedienung eigentlich funktionieren. Techniker aus dem Werk berichteten, dass es auf die Drehgeschwindigkeit am Gasgriff beim Öffnen ankommt. Waren wir dabei vielleicht zu langsam am Gas?

Eigentlich egal. Denn das Beispiel zeigt, wie weit diese Klappentrickserei von der Realität entfernt ist. Nur auf diese Weise ist es möglich, ein dermaßen lautes Motorrad auf die Straße zu bringen. Klagen von Kunden gibt es übrigens offensichtlich nicht. Pressesprecher Andreas Holzer: „Keiner unserer Panigale-Kunden hat sich bislang über ein zu lautes Auspuffgeräusch beklagt.“ Doch lange wird der Klappentrick ohnehin nicht mehr funktionieren. In der nächsten Stufe der Geräuschvorschriften werden diese wohl verboten, neu homologierte Maschinen müssen in einigen Jahren also leiser werden. Interessanterweise liegt das Standgeräusch, für das es keinen Grenzwert gibt, bei beiden Testmaschinen unterhalb des sehr hohen homologierten Wertes.

Geräuschmessung

Ducati 899 Panigale   Ducati 1199 Panigale
Sollwert Istwert Sollwert Istwert
2. Gang 79 dB (A) 97,6 dB (A) 79 dB (A) 95 dB (A)
3. Gang 79 dB (A) 93,7 dB (A)  79 dB (A) 93,4 dB (A)
Standgeräusch  108 dB (A)  106 dB (A) 104 dB (A)  104 dB (A)

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