So funktioniert die neue Supersportler-Technik

Technik-Tricks von Fireblade, GSX-R 1000, R1 & Co. Das macht die neuen Supersport-Motorräder so gut

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Honda und Suzuki bringen komplett neue Superbikes, BMW und Kawasaki haben ihre Maschinen überarbeitet. Wo steht die Yamaha R1? Die Karten im 1000er-Spiel sind neu gemischt. PS erklärt die Technik.

Das macht die neuen Supersport-Motorräder so gut Suzuki
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Wahnsinn! Da schreiben die Kollegen das Supersportler-Segment seit Jahren tot und dann das: Honda und Suzuki bringen komplett neue 1000er. Und BMW, Kawasaki und Yamaha, die anderen drei Marken mit Vierzylinder-Reihenmotoren, lassen sich ebenfalls nicht von den neuen Abgas- und Geräuschvorschriften schocken, sondern bleiben voll aktiv in der Competition. PS hat immer daran geglaubt. Und nun wird es wahr. Es geht voran. Mit Hightech vom Allerfeinsten, mit nie gekanntem Entwicklungsaufwand und mit Leistungsdaten, die selbst die Allerverwöhntesten unter uns zufriedenstellen werden. Außerdem beschäftigen die Hersteller inzwischen eine ganze Armada von elektronischen Helferlein, um uns nicht vorschnell auf die Klappe fallen zu lassen.

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Den größten Aufwand betrieb Suzuki. Die komplett neu entwickelte GSX-R 1000 vereint alles in sich, was gut und teuer ist. Und was wirklich schnell macht. Satte 202 PS gibt Suzuki für den neuen Reihenvierzylinder an, der wie in den letzten 30 Jahren GSX-R-Geschichte ein klassischer Screamer ist. Man hatte in Japan wohl ausgiebig die MotoGP-Konfiguration mit unregelmäßiger Zündfolge  betrachtet. Aber sich dann für das Straßenmotorrad für den normalen Weg entschieden, um Nachteile in Sachen Leistungsentfaltung im unteren und mittleren Drehzahlbereich und Gewicht durch die zusätzlich benötigte Ausgleichswelle zu vermeiden.

GSX-R 1000 verbindet Hightech mit cleverem Engineering

Dennoch erbt die neue Suzuki GSX-R 1000 im Zylinderkopf viel vom inzwischen erfolgreichen MotoGP-Bike. Variable Steuerzeiten, Schlepphebel, variable Ansauglängen und eine zusätzliche zentrale Einspritzdüse über den Drosselklappen sollen ein breites Leistungsband erzeugen. Unterstützt werden diese Bemühungen noch von einer aufwendigen Auspuffklappensteuerung zwischen den vier Krümmern. Mega? Mega! Aber: Suzuki schafft es durch cleveres Engineering, die Lösungen simpel zu halten. Die variablen Steuerzeiten erzeugt eine Fliehkraftmimik durch zwölf Kugeln. Diese drücken auf festgelegten Bahnen nach außen, je schneller sich die Einlassnockenwelle dreht. Der Gag: Der mit der Nockenwelle verbundene Schild besitzt zentrische Kugelbahnen, der mit der Steuerkette verbundene Schild leicht tangentiale. Bewegen sich die Kugeln nach außen, öffnet die Einlassnockenwelle früher, die Steuerzeiten werden schärfer. Eine geniale Lösung, mechanisch simpel, braucht kaum Bauraum und funktioniert nahezu verschleißfrei.

Suzuki
Schlechte Rundenzeiten auf der Suzuki GSX-R 1000 bedeuten schlechter Fahrer.

Noch simpler gelangen den Suzuki-Ingenieuren die variablen Ansauglängen. Die beiden äußeren Ansaugtrichter werden kaskadenförmig ausgeführt. Bei höheren Drehzahlen saugt der Motor über die kurzen Trichter an und erzeugt so etwas mehr Leistung.

Um genügend Drehzahlreserven im Zylinderkopf zu besitzen, setzt Suzuki wie Yamaha und BMW nun auch auf Schlepphebel. Diese speziell beschichteten Hebel verringern die bewegten Massen und erlauben bei der GSX-R 1000 ein Drehzahllimit von erstaunlichen 14.500/min. Seine 202 PS erreicht der nicht zu kurzhubige Motor bei 13.200/min.

Der neue GSX-R-Motor gelang nicht nur kürzer und schmaler, seine Zylinderbank steht auch etwas weniger nach vorne geneigt als bisher. So kann der Schwingendrehpunkt leicht nach vorne wandern und eine längere Schwinge eingebaut werden. Der GSX-R-Treiber wird nun etwas weiter vorne positioniert und kann so das Vorderrad besser kontrollieren. Natürlich verfügt die neue Suzuki über beste Federelemente von Showa, tolle Brembo-Bremsen und ein ansehnliches Elektronikpaket mit allem, was man braucht. Die Suzuki GSX-R 1000 R-Version bekommt dabei von allem etwas mehr, sogar noch einen Blipper und eine Launch-Control für den perfekten Ampelstart. Dank aufwendiger Sensorbox und Drive-by-Wire wartet die GSX-R mit Traktionskontrolle, kurventauglichem ABS-System und Wheelie-Control auf. Vieles wurde dabei auch schon in der MotoGP-Rennmaschine erprobt. Es gibt also kein Pardon. Schlechte Rundenzeiten auf der Suzuki GSX-R 1000 bedeuten schlechter Fahrer. Am Material kann es definitiv nicht mehr liegen.

Honda Fireblade SP und SP2

Das nimmt die neue Honda Fireblade natürlich auch für sich in Anspruch. Auch wenn auf den ersten Blick vieles an der Blade 2017 nach der Blade 2016 aussieht, hat Honda mehr als nur eine leichte Modellüberarbeitung durchgeführt. 14 Kilogramm Gewicht spart man nicht mal eben so, und 11 PS mehr Leistung erzeugen sich nicht von alleine. Das in der Geometrie nur wenig geänderte Fahrwerk wurde erleichtert, ebenso der Motor, der einen neuen Zylinderkopf mit größeren Ventilen und schärferen Steuerzeiten für nun 193 PS erhielt.

Honda
Mit 196 Kilogramm vollgetankt soll die neue Honda Fireblade die Leichteste ihrer Klasse sein.

Bohrung und Hub bleiben wie bisher, sodass leistungsförderne Drehzahlgier begrenzt bleibt. Bei 13.000/min ist Schluss, die Höchstleistung steht bei 12.500/min an. Den Kick holt sich die Honda aus ihrem geringen Gewicht, das auch dank einer Lipo-Batterie auf 196 Kilogramm gedrückt wurde.

Drei Versionen bietet Honda an: die Standard-Blade für Fahrten auch zu zweit, die SP mit Einzelsitzbank und die SP2 mit nochmals leistungsgesteigertem Motor dank speziellem Zylinderkopf und mit leichteren Rädern. Auffallend bei allen dreien: das neue, viel schlankere und aggressivere Design. Dazu glänzt die Blade nun mit einer tollen Verarbeitung und der reichlichen Verwendung von Titanteilen zur Gewichtsreduktion. So wird erstmals ein Titantank verwendet, und die durch­satzfreudigere Auspuffanlage besteht ebenfalls teilweise aus dem Flugzeugbaumetall.

Natürlich wird auch die Honda von einem aufwendigen Elektronikpaket im Zaum gehalten, das ähnlich wie bei Suzuki von Kurven-ABS, Traktions- und Wheeliekontrolle bis hin zur Schleppmomentregelung alles beinhaltet. Ab der SP-Version kommt auch noch das semiaktive Öhlins-Fahrwerk zum Einsatz. Da werden die Herren PS-Tester einiges zu prüfen haben, Rennstrecken der Welt, wir kommen!

Kawasaki ZX-10 RR

Kawasaki ist da bereits angelangt.  Mit der ZX-10R gewannen die Grünen erneut die Superbike-Weltmeisterschaft. Und damit das so bleibt, schieben sie die speziell für die Rennstrecke verbesserte ZX-10RR nach.

Kawasaki
Nur 500 Stück sollen von der RR-Version gebaut werden. Genau das Richtige für aktive Rennfahrer.

Wie die Fireblade SP2 und die Suzuki GSX-R 1000 R wird auch die Doppel-R von Kawasaki nur 500 Mal gebaut werden. Dafür erhält sie alles, was schnell macht. So ist sie beispielsweise schon für schärfere Kit-Nockenwellen vorbereitet, welche die Leistung nochmals anheben und die 200-PS-Grenze überschreiten lassen sollen. Wegen der möglichen Mehrleistung wurde das Kurbelgehäuse verstärkt. Spezielle Öffnungen sollen die Pumpverluste im Gehäuse vermindern.

Um die innere Reibung zu minimieren, werden in der Kawasaki ZX-10 RR beschichtete Tassenstößel verwendet. Dennoch wird eine weitere Leistungssteigerung wohl nur noch durch eine radikale Neukonstruktion möglich sein.

Dank ebenfalls vollständigem Elektronikpaket mit intelligentem ABS, Blipper, Traktions- und Wheeliekontrolle, Launch-Control und Motorbremsmomentkontrolle fehlt es der Kawasaki ZX-10 RR an nichts. Leichtere Marchesini-Schmiederäder und Brembo M50-Monoblocksättel wirken zusammen mit den hochwertigen Federelementen ohne elektronische Regelung. Zusätzlich gibt es noch in einem Rennkit einstellbare Lenkkopf- und Schwingenlagerungen, so-dass es dem ambitionierten Hobby-Rennfahrer, aber auch dem Profi an nichts fehlen dürfte.

BMW S 1000 RR und Yamaha YZF-R1

Seit Jahren setzt die BMW S 1000 RR den Standard. Die bis zu 212 PS starken bisherigen Testmaschinen waren in allen Tests nahezu unschlagbar. Hinzu kam das beispiellose Elektronikpaket – und: Die S 1000 RR ist der einzige Supersportler mit Heizgriffen! Für 2017 musste der bahnbrechende Schlepphebel-Reihenvierzylinder auf die Euro 4-Regularien umgestellt werden. Was der BMW-Pressetext verschweigt: Dazu wurde nicht nur die Elektronik angepasst, sondern auch eine trickreiche Auspuffsteuerung entwickelt, die einen Bypass zwischen Vorschalldämpfer und Endtopf nutzt. So kann BMW eine unveränderte Spitzenleistung von 199 PS angeben und ein weites Drehmomentfenster mit über 110 Nm.

BMW
BMW S 1000 RR. BMW und Yamaha setzen auf ihre bewährten Maschinen. Soll die Konkurrenz doch erst einmal aufholen.

Technisch ist der BMW S 1000 RR-Motor dem Suzuki-Triebwerk nicht unähnlich. Bis auf die verstellbare Einlassnockenwelle, die der GSX-R-1000er nun voraus hat, besitzt auch die inzwischen acht Jahre alte bayerische Konstruktion alle modernen Elemente eines Top-Supersportlers.

Für 2017 neu: ein zusätzlich kaufbares Elektronikpaket mit nochmaligen Verbesserungen an ABS und Traktionskontrolle. Dazu kommen noch zahlreiche HP-Parts bis hin zu schönen Schmiederädern oder Karbonteilen.

Yamaha
Yamaha YZF-R1M.

Auch Yamaha setzt für 2017 auf Bewährtes. Die einzigartige R1 mit ihrem messerscharfen Handling und ihrer radikalen Sitzposition ist eh etwas für absolute Sportfahrer. Kompromisslose Renntechnik, gepaart mit einem elektronischen Sicherheitspaket – die R1 ist auf der Höhe der Konkurrenz.

Was die Yamaha YZF-R1 von allen abhebt: Der Reihenvierzylinder zündet unregelmäßig. Die Crossplane-Bauweise, bei der die Hubzapfen nicht um 180 Grad, sondern um 90 Grad versetzt sind, simuliert einen 90-Grad-V4-Motor. Und liefert so einen kernigen Motorklang, der einem immer eine niedrigere Drehzahl vorgaukelt als die, die in Wirklichkeit anliegt. Diese direkt aus der Weltmeistermaschine M1 stammende Technik ist für ein Straßenmotorrad aufwendig, aber inzwischen eine Yamaha-Spezialität. Um den anfallenden Vibrationen entgegenzuwirken, dreht sich im Kurbelgehäuse noch eine Ausgleichswelle.

Auch der Yamaha-Zylinderkopf beherbergt eine drehzahlfeste Schlepphebel-Ventilsteuerung und reiht sich so zu den Drehzahlmeistern Suzuki und BMW. Die drei Motoren dürften auch im Euro 4-Trimm keine großen Probleme mit der Spitzenleistung haben. Wie sich da die Tassenstößel-Motoren von Honda und Kawasaki schlagen? Die Wahrheit wird, wie immer, der Prüfstand sprechen. Ausreichen sollte die Power bei allen fünf Superbikes, die sich auch in Sachen Elektronik nichts mehr schenken – 2017 wird spannend!

Ausstattung im Detail

BMW

S 1000 RR

Honda

Fireblade SP

Kawasaki

ZX-10RR

Suzuki

GSX-R 1000

Yamaha

YZF-R1

Gewicht
203 kg 196 kg 206 kg 202 kg 199 kg
Leistung

199 PS bei 13.500/min

193 PS bei 12.500/min 200 PS bei 13.000/min 202 PS bei 13.200/min 200 PS bei 13.500/min
Preis
ab ca. 17.000 Euro ab ca. 16.900 Euro k. A. ab ca. 17.900 Euro ab ca. 18.500 Euro
Versionen
S 1000 RR Fireblade ZX-10R GSX-R 1000 YZF-R1
Fireblade SP ZX-10RR GSX-R 1000 R YZF-R1M
Fireblade SP2
Elektronik
Kurven-ABS Kurven-ABS ABS Kurven-ABS ABS
TC TC TC TC TC
Blipper (Sond.) Blipper Blipper Blipper (R) Blipper (R1M)
Power-Modes Power-Modes Power-Modes Power-Modes Power-Modes
Motorbremse Motorbremse Motorbremse Motorbremse Motorbremse
Launch (Sond.) Launch (SP2) Launch Launch (R) Launch (R1M)
Fahrwerk
Semiaktiv (Sond.) Semiaktiv (ab SP) Standard Standard Semiaktiv (R1M)

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