Warum lässt Suzuki die große Bandit nicht wiederauferstehen? Warum baut Yamaha mit dem famosen MT-09-Triple keinen Alltagssportler? Warum KTM keine MotoGP-Replika? Die Antwort: Wir wissen es nicht!
Warum lässt Suzuki die große Bandit nicht wiederauferstehen? Warum baut Yamaha mit dem famosen MT-09-Triple keinen Alltagssportler? Warum KTM keine MotoGP-Replika? Die Antwort: Wir wissen es nicht!
Natürlich können wir leicht daherreden. Wir, die Redaktion MOTORRAD. Wir haben keine Entwicklungsabteilung mit begrenzten Ressourcen, keine Weltmärkte mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen zu bedienen, keine aktuellen (und vor allem keine zukünftigen) Gesetzesvorgaben zu erfüllen – und schon gar keine Rendite-Erwartungen der Gesellschafter oder Aktionäre. Wir haben nur unsere Fantasie und können einfach aus dem Bauch heraus etwas entwickeln, frei nach dem Motto: Warum bauen die nicht einfach ...? Zum Beispiel solche Maschinen wie die hier gezeigten Computerretuschen.
Ja, warum nicht? Warum zum Beispiel baut Suzuki keine neue Bandit? Da finden die verantwortlichen Produktplaner sicher tausend Argumente, die dagegensprechen. Ein Beispiel: Weil wir schon eine GSX-S 1000 im Programm haben ... Unsere Antwort: Falsch, das Argument zieht nicht, denn die GSX-S ist eine ganz andere, viel radikalere Baustelle mit einem ehemaligen 1000er-Superbike-Motor.
Dazu kommt ein weiterer Punkt: Suzuki lässt die Retro-Bike-Fraktion bislang fast komplett links liegen. Ein Blick in den MOTORRAD-Katalog zeigt: Einzig die SV 650 in der Café Racer-Variante nähert sich zaghaft dem Thema. Das nennt man den Trend verschlafen. Mit Folgen: In diesem Jahr (Stand: November 2017) liegt Suzuki gerade einmal auf Platz neun (Vorjahr Platz sieben) der deutschen Neuzulassungsstatistik.
Die große Bandit könnte helfen: klassisch aussehend, mit dem guten, alten Kühlrippen-Reihenvierer (schon heute ein Klassiker), mit neuer Einspritz- und Abgastechnik und mit einem ordentlichen Hubraum-Plus von rund 300 Kubikzentimetern, im Grund aber zutiefst bodenständig. Angesichts dieser Vorgaben gingen unserem Computer-Artisten Kar Lee doch prompt die Gäule durch. Diese Kühlrippen inspirieren, keine Frage. Kar machte aus der Bandit umgehend einen Big Block mit Racing-Spirit: Öhlins vorne und hinten, die Lenkerhälften als Stummel unter der Gabelbrücke. Dass passt so schön zum klassischen Heck, sagt Kar. Finden wir auch. Doch wir wissen auch, wie sich das für bandscheibengeschädigte Mittfünfziger anfühlt. Nämlich echt wie früher. Nur: Da waren wir eindeutig jünger.
Doch zurück zur Bandit: Die Kar-Lee-Variante im edlen Schwarz/Gold, die dieser Geschichte Glanz gibt, nennen wir jetzt einfach mal „Limited Edition“. Eine Basis-Variante mit Rohrlenker und japanischen Standard-Federelementen zum günstigen Kurs käme natürlich auch ins Programm. Schließlich hat man nicht viel zu verlieren. In Deutschland liegt die beste Suzuki, die SV 650, auf Platz 20 der Neuzulassungen (Stand: November 2017) – da ist viel Luft nach oben. Richtig viel.
Diese Aussage gilt – zwar unter ganz anderen Vorzeichen – derzeit auch wieder für Yamaha. Nach einem beachtlichen Zwischenhoch, das im vergangenen Jahr mit Platz zwei der Zulassungsstatistik noch vor dem Branchenriesen Honda gipfelte, fand man sich im ersten Halbjahr 2017 auf Platz vier noch hinter Kawasaki wieder. Ein Grund: Die neue, starke Kawasaki Z 900 hat der MT-09 den Rang abgelaufen.
Dabei ist der kompakte Yamaha-Triple nach wie vor ein ganz famoser Motor. Klein, leicht, stark – mit diesen Attributen lässt sich sogar die Fantasie der Sportmotorrad-Fans rund um die Welt befeuern. Warum? Weil er, anders als die gerade renovierte R6, bestens für Alltag und Piste gleichzeitig gerüstet ist. Dieses Motorenkonzept in dieser Hubraum-Region kann einfach alles, denn für ordentlich Druck in der Mitte und ein Feuerwerk oben heraus braucht es nicht mehr als 130 PS. Für einen 900er-Triple ein Kinderspiel.
Und mal ehrlich, sieht der MOTORRAD-Entwurf nicht richtig lecker aus? Wir meinen schon. Völlig unübersehbar ist die Motorsport-DNA, von der sie bei Yamaha immer so gern reden. Unser Designer hat sie in eine herrliche Form gegossen. Warum also nicht das wiederholen, was mit der so erfolgreichen MT-Baureihe schon Realität ist und eine ganze Sport-Baureihe einführen? Die R1 als High-End-Gerät, darunter die R-09 entsprechend der MT-09 deutlich einfacher und günstiger. Und wer weiß, vielleicht ist in dieser Reihe auch noch Platz für den Motorrad-Nachwuchs, und aus der MT-07 könnte eine R-07 werden ...
Am oberen Ende der Preis- und Leistungsskala hat es die Gattung der reinrassigen Rennmaschinen schwer, durch pure Schönheit zu glänzen. Bei den Race-Replikas gilt der Leitsatz „Form follows Function“, das wissen wir nicht erst seit den mittlerweile verbotenen Flügeln in der MotoGP. Es zählen einzig und allein die inneren Werte: Gelobt sei, was schnell macht. Das sieht man auch der von uns erdachten RC16 an, bei der wir uns weitgehend am MotoGP-Vorbild orientierten. Aber seien wir mal ehrlich: So eine Honda RC213V-S oder eine Ducati Desmosedici nehmen uns auch nicht durch ihre formale Finesse gefangen, sondern doch vielmehr durch ihren Status. Diese Maschinen müssen in ihrer ganzen Funktionalität Abbild der MotoGP-Renner sein. Wer könnte das glaubhafter auf die Straße bringen als KTM?
„Ready to Race“ – nirgendwo würde das mehr zutreffen als bei so einer Replika, unter deren Karbon-Verkleidung alles an Hardware und Elektronik lauert, was man irgendwie regelkonform auf die Straße bringen kann. Das heißt leider auch: Um entsprechende Schalldämpfer wird man nicht herumkommen – nicht mal bei den Renntrainings. Der reine MotoGP-Sound bliebe somit Bradley Smith und Pol Espargaró vorbehalten. Aber nur der. Denn wer eine GP-Replika auf die Straße bringen will, darf nicht am Material sparen. Das haben zuletzt BMW mit der HP4 Race und Ducati mit der 1299 Superleggera gezeigt – ganz ohne MotoGP-Vorbild. KTM sollte das auch gelingen.
Zum Schluss ein noch eindeutigerer Fall aus der Rubrik „Warum denn nicht...?“. Von uns im Sommer 2017 noch als Wunsch formuliert: eine radikale nackte Honda CB 1000 RR auf Basis der aktuellen Fireblade. Mit Konkurrentinnen BMW S 1000 R (165 PS) und KTM 1290 Super Duke R (177 PS) müsste aber schon etwas Radikales her. Uns schwebte daher ein Power Naked mit dem 2017er-Fireblade-Motor vor, der locker für 160 PS gut gewesen wäre. Der Vierzylinder der neuen CB 1000 R für das Modelljahr 2018 stammt aber von der 2004er-Blade ab und soll "nur" 145 PS bereitstellen. Ganze zwölf Kilogramm soll sie dafür leichter sein als ihre Vorgängerin.
Vor allem aber wünschen wir uns das tolle Fahrwerk der aktuellen Fireblade, dieses Handling und diese Rückmeldung, diese feine Balance. Das alles soll das Naked Bike auch haben. Aber bitte mit einer komfortableren Abstimmung. Darum müsste der fette Brückenrahmen mit seinen ausladenden Motor-Aufnahmen bleiben, unbedingt, auch wenn er so kalt und technoid den gängigen Schönheitsidealen widerspricht. Wir würden sie trotzdem lieben. Daher: bitte bauen.
Die neue CB 1000 R im "Neo Sports Café"-Style wiederum rollt mit einem neuen Rahmen aus Stahlprofilen an. Wir sind schon gespannt auf den ertsen Fahrbericht und denn darauffolgenden Test.