Charley Boorman und Ewan McGregor in Afrika

Charley Boorman und Ewan McGregor in Afrika Long Way Down

Witzig, äußerst unterhaltsam und dabei immer authentisch, so hat ein Schauspieler-Duo dem Thema »Abenteuer Motorradreise« quasi über Nacht neue Reputation verschafft. Der TV-Zehnteiler »Long Way Round« lief in 40 Ländern, das Buch dazu war ein Bestseller, und auch die DVD zur Weltumrundung feierte sensationelle Verkaufserfolge. Im Sommer 2007 waren Ewan McGregor und Charley Boorman erneut gestartet: 23500 Kilometer auf BMW R 1200 GS Adventure, zum »Long Way Down« durch Afrika. Das Buch ist jetzt auf Deutsch erschienen. MOTORRAD traf die beiden Autoren in London, sprach mit ihnen über den Reiz schlechter Pisten bei brüllender Hitze und die ständige Angst, im Rahmen einer PR-Tour für UNICEF in Afrika ein Kind zu überfahren.

Long Way Down

Für den Alltagsgebrauch fahre ich eine Moto Guzzi Griso«, antwortet Ewan McGregor artig auf die Frage nach seinem derzeitigen Privat-Motorrad. »Und dann habe ich noch, na ja, eine Menge, äh, andere Maschinen«, fügt der Schauspieler hinzu und wird zum Satzende hin grinsend immer leiser. Jetzt frag’ nicht so naiv, ich hab‘ genug Geld und muss für Motorräder nicht mal welches ausgeben, scheint er damit sagen zu wollen. Klar, der Mann hat nicht nur in Großbritannien Popstar-Status und in letzter Zeit recht gut verdient. Gemeinsam mit seinem Kollegen Charley Boorman hat Schauspieler McGregor (36, Hauptrollen in Trainspotting und Hollywood-Produktionen wie Star Wars, Moulin Rouge, Black Hawk Down u.a.) den wohl erfolgreichsten Motorradfilm seit Easy Rider gedreht: Darin hatte das auch im wirklichen Leben motorradbegeisterte Schauspieler-Duo auf zwei BMW R 1150 GS Adventure Osteuropa, Asien und Nord-Amerika durchquert. Und mit dem sehr unterhaltsam gemachten Doku-Zehnteiler vor drei Jahren den Motorradfilm mit einem Mix aus Abenteuer­geschichte, Männerritualen, Technik-Faszination und einem Schuss Slapstick quasi neu erfunden. Soeben erschien die Fortsetzung des Reiseabenteuers, Long Way Down. Bei ihrem zweiten Trip fahren die beiden Briten auf R 1200 GS Adventure von Schottland bis Kapstadt, Südafrika. Und die PR-Maschinerie dafür läuft auf Hochtouren.

Auf Zimmer Nummer 104 des noblen Londoner Claridge’s Hotel ist Fotografieren heute verboten. Ein paar Diktiergeräte und Mikros stehen auf einem runden Tisch, dahinter gibt das Duo McGregor/Boorman schon den ganzen Tag Gruppen-Interviews. Als die deutschen Journalisten an der Reihe sind, haben Gala, Max, die FAZ und MOTORRAD exakt 45 Minuten, um von den beiden mehr über ihr im August 2007 beendetes Projekt zu erfahren.

Wodurch unterscheidet sich der Long Way Down durch Afrika von der ersten Tour? »Afrika ist so anders als alles, was man kennt, und als alle Klischees«, startet McGregor. »Wir hatten uns vorab informiert und ein Jahr lang vorbereitet, haben sogar Trainings absolviert, wie sie für Journalisten angeboten werden, die in Krisengebiete reisen. Bammel hatten wir vor allem vor dem Sudan, darüber war in den Medien immer nur im Zusammenhang mit Gewalt­taten zu hören. Tatsächlich jedoch war auf unserer Strecke im Sudan entlang des Nils davon absolut nichts zu spüren, im Gegenteil. Die Leute sind zwar arm, aber unglaublich freundlich, richtig cool.«

Frederking & Thaler
Eine fahrerische Herausforderung: unbefestigte Strecken bei enormer Hitze.

Dafür war’s fahrerisch eine ganz neue Herausforderung: »Wir hatten insgesamt einen weit höheren Anteil an unbefestigten Strecken als während Long Way Round«, erzählt Boorman. »Dazu kam die enorme Hitze, die einen echt fertig macht: Im Sudan hatten wir 48 Grad beim Fahren, da kühlt selbst bei über 100 km/h kein Fahrtwind mehr, dir brennen die Nasenlöcher, du glaubst zu ersticken, und auch während der Pausen bricht dir der Schweiß bächeweise aus, wenn du nur etwas sagen willst. Außerdem ist Afrika viel, viel dichter besiedelt als etwa die Mongolei oder Sibirien. Die Straßen sind voller Leute, voller Leben, Ziegen, Esel, Kamele, Warzenschweine, man muss sich viel mehr konzentrieren, zumal die Straßen schlechter sind.« McGregor: »Das war von Anfang an unsere große Angst, dass einer von uns ein Kind überfahren könnte.« Für ein Projekt, das auch zum Ziel hatte, Aufmerksamkeit auf die Arbeit des Kinderhilfswerks UNICEF in Afrika zu lenken, wäre das der Super-Gau. Er ist nicht passiert. Leid und Elend haben die beiden aber genug gesehen.

»Wir haben drei Hilfsprojekte besucht. In Nord-Uganda etwa betreut UNICEF ehemalige Kindersoldaten. Du triffst dort Kinder, die als Siebenjährige gezwungen wurden zu kämpfen. Du denkst an deine eigenen Kinder, schluckst und bist plötzlich nicht mehr fähig zu sprechen«, sagt Boorman. »Emotionale Momente wie diesen hatten wir viele.« Dazu zählt die Armut, mit der man in Afrika zwangsläufig konfrontiert ist. McGregor: »In Äthiopien sahen wir Menschen, die auf fast nacktem Steinboden versuchten, etwas Essbares anzupflanzen. Eine unglaubliche Erfahrung war, dass gerade die Menschen in den ärmsten Gegenden am großzügigsten sind. In Sambia etwa, die hatten nichts, haben uns aber Holz zum Feuermachen in unser Camp gebracht. Wir haben uns mit Medikamenten bedankt.«

Die BMW hielten bis auf ein kaputtes Federbein an der Maschine von Kameramann Claudio durch. Probleme unterwegs deutet McGregor höchstens an: »Charley mit seiner Motocross-Erfahrung ist der viel bes­sere Fahrer. Bei schwierigen Passagen auf losem Untergrund, über die er einfach drüberfährt, da lagen bei mir schon mal die Nerven blank.« Wie authentisch sind Abenteuer, die für Buch und Film produziert werden? McGregor: »Natürlich sind Motorradtouren, so sehr ich Bikes liebe, auch Teil unserer Arbeit. Wir haben uns dieses Projekt für Afrika einfallen lassen, ent­wickelt und durchgeführt. Das ist Arbeit, aber auch viel mehr, eine persönliche Leidenschaft.«

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