Von der Wiese hinterm Haus bis ans Ende der Welt: Reisen mit Motorrad und Zelt ist für viele unserer Leser ein unbedingtes Muss. Begleiten wir sie zu den schönsten Spots der Saison 2012.
Von der Wiese hinterm Haus bis ans Ende der Welt: Reisen mit Motorrad und Zelt ist für viele unserer Leser ein unbedingtes Muss. Begleiten wir sie zu den schönsten Spots der Saison 2012.
Ob nur das Gewinnspiel für das rund 400 Euro teure, von Navi-Spezialist Garmin spendierte Zumo 220 (MOTORRAD 23/2012) derartige Schreibfreude auslöste? Gefragt war: Wohin hat es Sie, lieber Leser, mit Bike und Zelt verschlagen? Wasch-körbeweise erreichten uns Zuschriften aus ganz Deutschland, so wie die von Gunar Keindorf aus Rätzlingen (siehe Seite 107 oben rechts), der laut eigenen Angaben zuvor noch nicht einmal an der Losbude irgendetwas gewonnen hatte. Aber jetzt: Herzlichen Glückwunsch zum neuen Navi! Und damit zurück zu den Zuschriften. Innerhalb weniger Tage lagen Hunderte von Reiseberichten vor, einige nur ein, zwei Sätze lang, andere im Reiseführerformat, garniert mit konkreten Urlaubstipps. Insgesamt erstklassiger Lesestoff und viel zu schade für den elektronischen Papierkorb.
Deshalb nun die redaktionell sortierten Highlights aus den Zuschriften, die schön die Motorrad-Camping-Trends 2012 abbilden - und Lust auf die Saison 2013 machen. Weit weg ging es zum Beispiel für Roland Siegling. Seine 15 500-Kilometer-Megatour führte von Bad Oeynhausen zum tiefsten Süßwassersee der Welt, dem sibirischen Baikalsee, dann noch weiter bis Wladiwostok. Solche Fernreisen sind die Ausnahme, wenngleich nicht total abwegig, wie eine weitere Zuschrift mit angegebener Destination Baikalsee unter Beweis stellte (siehe Seite 109). Und eine völlig verrückte Reise plant Peter Brenner: Er möchte von London/England nach Neu-Delhi/Indien (9200 Kilometer) mit nur einer Tankfüllung fahren. Wie das gehen soll, ist unter www.projekt-london-delhi.de zu lesen. Holger Schmidt und zwei Freundinnen hatten indes schon im Spätsommer einen dreiwöchigen Trip komfortabel hingelegt - mit DB-Autozug von Neu-Isenburg nach Narbonne/Frankreich, dann auf Achse durch die Pyrenäen und Nordspanien.
Weniger spektakulär, aber sehr sympathisch, beschreibt Günter Schubert seinen Motorrad-Zelturlaub: „Ich war im Oberbergischen und habe auf der Wiese meiner Cousine gezeltet.“ Überhaupt, das Reiseziel trägt nur zum Teil zu einer gelungenen Tour bei. Heiner Höllerl etwa lockte seine Freundin für ein verlängertes Wochenende auf den So-ziusplatz und fuhr in Richtung Berge. Bei der kleinen Wallfahrtskirche Tre Fontane im Aufstieg zum Stilfser Joch machte er ihr vor atemberaubender Kulisse einen Heirats-antrag. Er beschreibt: „Das Zelt stellten wir später an einem verschwiegenen Ort bei Bormio auf, wo man in einer heißen Quelle herrlich relaxen kann, und feierten mit einer Flasche Bruzzelwasser :-) - so hatten wir für kleines Geld einen unvergesslichen Verlobungs-Trip.“ Tolle Erlebnisse auch für Daniel Bollmann aus Westerkappeln. Er gehört zum Stammtisch der Osnabrücker V-Maxxer, die immer Anfang Juni ein eigenes Treffen organisieren und außerdem mit acht bis zehn Mann starker Truppe ihrer geliebten Yamaha auf europaweiten Modelltreffen huldigen. 2012 zum Beispiel in Düren, in Brillit (Norddeutschland), im Schwarzwald und sogar in England. So kamen einige Tausend Kilometer zusammen. Michael Steinmann fuhr eine Woche zum Heavy-Metal-Festival nach Wacken, anschließend zum Ausspannen nach Sylt. Ralf Baars aus Wiesbaden tourte allein entlang der fran-zösischen Atlantikküste von einem Straßencafé zum anderen, war begeistert. Weitere Erkenntnis aus den E-Mail-Einsendungen: Wenn die Idee gut ist, ist es die Tour meist auch. Christian Wichmann unternahm im Sommer einen „German Coast Trip“ von Papenburg bis nach Binz auf Rügen. Sein Resümee: „War mein erster Trip und einmalig gut!“ Michael Joggerst aus Oberkirch ist seit 25 Jahren mit Zelt und Motorrad unterwegs, ihn trieb es im August 2012 quer durch Deutschland bis nach Rügen. Er findet es schade, „dass man immer seltener andere Fahrer auf Campingplätzen trifft“. Vielleicht am falschen Platz gewesen?
Alfred Schorr aus Andernach - mit Wohnwagen und innen verzurrtem Motorrad auf Reisen - verortet jedenfalls ein Traumziel nach Südtirol, an den Kalterer See: „Auf dem Campingplatz Gretel am See lernt man immer wieder andere Motorradfahrer kennen, die tagsüber in alle Richtungen fahren.“ Da kann man sich doch auf die Saison 2013 freuen, gute Reise!
Zuhause ist es am Schönsten? Gewagte These, zumindest für Motorradreisende, die es naturgemäß auch gerne in die Ferne zieht. Aber bei der Auszählung aller Einsendungen lagen deutsche Reiseziele mit großem Abstand vorn. Bundeslandsieger: Bayern. Weil es für viele nah liegt oder weil es so schön ist? Beides. Dort jedenfalls machten Deutschlands Motorrad-Camper am liebsten Urlaub, insbesondere das Voralpenland und der Bayerische Wald mit immerhin bis zu 1000 Meter hohen Passstraßen waren Favoriten. Aber auch andere Mittelgebirge wie der Schwarzwald (mit angrenzenden französischen Vogesen) schienen gut für einen Urlaub oder Wochenend-Kurztrip. Für norddeutsche Tourenfahrer war offenbar der Harz ein beliebtes Ziel, weil sie dort die nächstgelegenen leckeren Motorradstrecken mit Kurvenvielfalt fanden.
Bella! Pittoresque! Hermoso! Egal ob Italien, Südfrankreich, Spanien oder andere Mittelmeeranrainer - bei Sonne, Wein und vorzüglichem Essen ist der Motorrad-Camper sehr glücklich. Und das schon seit Jahrzehnten, denn der Mittelmeerraum gilt seit den 1980ern unter Tourenfahrern als Top-Ziel. Auch bei den MOTORRAD-Gewinnspielteilnehmern standen 2012 die warmen Gebiete offenbar nach wie vor extrem hoch im Kurs. Zu Top-Spots unter den Prima-Klima-Klassikern wurden die Inseln Sardinien (Italien) und Korsika (Frankreich) erkoren, die aufgrund ihrer Größe auch für mehrwöchige Urlaube erstklassige Streckenvarianz bieten. An Land waren die Pyrenäen (Frankreich/Spanien) in der letzten Saison der Hit. Die lange Anreise scheint sich zu lohnen. Newcomer Nordkroatien reizte mit günstigen Preisen und relativ kurzer Anreise.
Das Nordkap - magischer Anziehungspunkt? Scheinbar nicht, jedenfalls wurde in keinem der eingesandten Reiseberichte der nördlichste befahrbare Punkt Europas auch nur erwähnt. Skandinavien, in erster Linie Schweden und Norwegen (Dänemark und Finnland spielten nur eine untergeordnete Rolle), waren dennoch unter den Reisen 2012 gut vertreten. Südnorwegen bietet für Motorradfahrer sehr reizvolle kurvige Routen entlang von Fjorden; Südschweden mit einsamen Seen gilt als Paradies für wildes Campen mit dem damit verbundenen Naturerlebnis. Aber auch die rauen Landschaften Schottlands und des Baltikums schafften es in die Hitliste. Mittelmeerziele wurden aber dreimal so oft wie nordische Reisegebiete genannt, die wohl nach wie vor eher was für eingefleischte und wetterfeste Fans sind.
Alpen, Alpen und nochmals Alpen. Europas größtes Gebirge wurde nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Mittelmeerregion auf Platz zwei gewählt. Aus den Zusendungen ergab sich, dass die Hochgebirgsregionen in der Schweiz, Österreich, Frankreich und Slowenien wegen der Qualität der Strecken als Mekka für Motorradtouristen angesehen werden. Zum Thema Zelten wurde allerdings nur wenig berichtet. Üblich scheint, von einem festen Campingplatz aus zu starten, um dann in ausgiebigen Tagestouren möglichst viele Pässe zu fressen. Die Plätze selbst sind eher Mittel zum Zweck, wobei der eine oder andere Leser auch Empfehlungen parat hatte (siehe zum Beispiel Leserstimme auf Seite 109). Die Alpen waren aber auch insbesondere für Kurztouristen interessant, die ihr Zelt im Süden Deutschlands (Oberbayern, Bodensee) aufschlugen, um von dort spontan in die hohen Berge aufzubrechen.
Hier ruft das Abenteuer. Europas Südosten ist - bis auf einige Regionen wie das Kosovo - zum Glück weitgehend befriedet und bietet explorativen Motorradtouristen neue Möglichkeiten. Auf ein gut strukturiertes Campingplatznetz kann man außer in Kroatien jedoch nicht zurückgreifen, im ländlichen Raum sind viele Straßen nicht einmal befestigt. Für Reiseenduristen also ein Traum, zumal sich ein Stellplatz fürs Zelt nach kurzem Gespräch mit dem Bauern meist einfach finden lässt - auch ohne Navi-Gerät, das ansonsten Sinn macht. Sportenduristen mögen die Wildnis Rumäniens (Karparten), Outdoor-Freaks bevorzugen alpenähnliche Regionen in Montenegro oder Albanien. Unter den vielen E-Mails mit 2012er-Reisezielen gaben jedoch nur wenige an, sich tief gen Osten zu wagen, obwohl die Balkankriege mehr als zehn Jahre zurückliegen.
Wenn das Gute so nahe liegt. Für Bayern ist es Tschechien, für die Schwaben sind es die Vogesen, für rheinländische Motorradfahrer die Benelux-Länder. Auf eine Pommes nach Bastogne? Pils trinken in Pilsen oder einen Flammkuchen mit anschließendem Kurvennachtisch im Elsass verzehren? Gründe, mit Motorrad und Zelt fürs Wochenende in benachbarte Regionen auszurücken, gibt es viele, wie die Teilnehmer am MOTORRAD-Gewinnspiel unter Beweis stellten. Und in der Tat ist es durchaus reizvoll, in eines der Nachbarländer für einen kurzen Tapetenwechsel zu touren, denn Sprache, Essen und Strecken unterscheiden sich meist erfreulich erfrischend vom gewohnten heimischen Umfeld. Der Aufwand für solche Trips ist gering, ein Campingplatz schnell gefunden. Länger als ein paar Tage ging aber keiner „nach nebenan“ auf Tour.
Fernweh stillen. Die Königsdisziplin von Reisenden sind lange Aufenthalte in exotischen Ländern. Mit dem Motorrad auch heute noch ein großes Abenteuer, das gute Vorbereitung und etwas Wagemut erfordert. Das Zelt ist dabei obligatorisch, denn in sehr entlegenen Gegenden gibt es häufig weder Hotel noch Gasthof, wie auch schön aus der Leserzuschrift von Thomas Höse (siehe rechts) zu ersehen ist. Doch Fernreiseziele spielten bei den Einsendungen nur eine kleine Nebenrolle (ähnlich schwach verteilt wie Südosteuropa), wenngleich eine besonders bunte: Westküste USA, overland nach Indien, Mongolei, Südafrika, Schwarzes Meer. Nordafrika ist seit den 1980ern und der Dakar-Rallye für Enduristen zwar ein Traumziel, wurde bis auf das Königreich Marokko wegen politischer Unruhen von Motorradfahrern 2012 jedoch eher gemieden.