Abwegige Tour: mit der Vespa gen Norden

Abwegige Tour: mit der Vespa gen Norden Es kann nur eine geben

Mit Enduros oder Tourern zum Nordkap zu rauschen. ist heutzutage nichts Besonderes mehr, dachte. sich Peter John und summte mit einer Vespa gen Norden. Ein abenteuerlicher Trip mit Tücken.

Es kann nur eine geben John

Die Vespa stottert, dann läuft sie wieder ganz normal. Bis plötzlich ohne Vorwarnung der Motor ausgeht. Lässt sich nicht mehr starten. Ich will ans Nordkap und habe gerade mal 50 Kilometer Richtung Braunschweig hinter mir, als ich am Straßenrand ausrolle. ADAC anrufen, abschleppen lassen, was soll ich sonst machen? In der Werkstatt natürlich der Vorführ-Effekt: Die Biene läuft tadellos. Kaum bin ich in Hamburg, stottert das störrische Teil schon wieder. Ich schalte viermal die Zündung ein und aus. Seither schnurrt der Roller. Mein Händler diagnostiziert fernmündlich einen elektronischen Knacks in der Wegfahrsperre. Er rät mir, mit dem Masterschlüssel weiterzufahren. Das funktioniert hervorragend.

Schon lange hatte ich vom Nordkap und den Weiten Lapplands geträumt. Da wollte ich unbedingt hin, bereits 1981 mit meiner BMW R 100 RS. Hat damals nicht geklappt, aber die Saat war gesät und reifte 26 Jahre lang. 2007 begann ich endlich mit den Reisevorbereitungen. Ich wollte jeden Kilometer erleben, unterwegs campen, preiswert reisen. Und ich mache gerne Sachen, die andere nicht machen. Die Strecke auf einem großen Motorrad abzureiten kam mir deshalb nur kurz in den Sinn. Dann geriet ich auf den Roller-Trip. Fragte Freunde, ob sie mich begleiten würden. Keiner wollte, alle hatten Ausreden parat.

Folglich musste ich alleine los. Gar nicht so einfach, Ausrüstung und Gepäck für zwei Monate auf einem Roller unterzubringen. Auf dem Gepäckträger habe ich eine Alu-Box montiert, zwischen den Beinen transportiere ich einen Kanister mit Sprit. Auf dem Soziussitz ist die Rolle mit der Camping-Ausrüstung verzurrt, darauf eine Tasche mit Klamotten. Der vordere Gepäckträger trägt eine wasserdichte Box mit Kleinkram, und der Stauraum unter dem Sitz enthält Werkzeug, Zusatzhandschuhe und Halswärmer. Blöd nur, dass die so ausgerüstete Vespa zwischen 40 und 60 km/h schüttelte wie verrückt. Also goß ich Bleigewichte und schraubte sie an die Lenkerenden. Das Geschüttel war weg, und ich konnte endlich starten.

Nach den Pannen am Anfang genieße ich Dänemark. Fahre über Ribe, Varde, Holstebro, Thisted, Abybro nach Blokhus, schaue mir Skage und Frederikshavn an und setze mit der Schnellfähre nach Kristiansand über. Endlich ist Norwegen erreicht. Über Stavanger rolle ich nach Bergen. Eine Stadt, die mich schwer beeindruckt. Sloväg, Flekke, Førde heißen die folgen-den Etappen, dann kommt Alesund. Von dort gelange ich mit der Fähre durch den Hjörundfjord bis Leknes. Weiter geht es mit der Vespa nach Hellesylt und per Schiff in den berühmten Geirangerfjord, mit seiner vertikalen Landschaft.

Auf der „Eagle Road“ nach Valldal passiert es. Ein völlig verpeilter Wohnmobilist drängt mich ab, ich rattere vier Meter tief eine Schotter-Böschung runter. Zwanzig Minuten brauche ich, um die Vespa zurück auf die Straße zu bekommen. Die Schäden sind gering, der Wohnmobil-Fahrer ist abgehauen. Zum Ausgleich fahre ich über die Trollstigen, die bekanntesten Serpentinen Norwegens. Es ist saukalt, und der Regen verschont mich nicht. Die Vespa trägt mich endlose Etappen.

Hinter Alta kommt der beklemmenste Tunnel Norwegens. Nebel in der Röhre, stockdunkel, Wasser von oben und unten. Am Nordkap dafür strahlender Sonnenschein. Ein grandioses Gefühl, nach 4200 Kilometern endlich am Ziel zu sein. Fortan geht es wieder südwärts. Bei Lakself am Eismeer fressen mich fast die Mücken auf. Es folgen die unermesslichen Weiten Lapplands – und eiskalte Regenetappen in Finnland und Schweden. In Hörnefors wechsele ich den Hinterreifen. Irgendwann bin ich daheim, und mir wird klar, wie sehr mich die Tour mit der Vespa verschweißt hat. Es kann eben nur eine geben.


Zur Person:
Peter John ist Jahrgang 1952 und in Frankfurt bei Lufthansa-Technik für die Überholung von Triebwerken zuständig. Mit seiner 250er-Vespa hat er in zwei Jahren rund 40000 Kilometer zurückgelegt. Die nächste Reise mit dem Roller soll von Alaska nach L.A. führen

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