Erzberg voraus! An dem von Eisenerz, jenem Städtchen in der Hochsteiermark, das durch das weltweit wohl härteste Endurorennen, das Erzbergrodeo, berühmt geworden ist, landen wir im "Alpin Resort", einem Feriendorf mit großzügigen Appartements, entstanden aus einer ehemaligen Bergarbeitersiedlung.
Spektakuläres Sightseeing auf umgebauten Muldenkipper
Beim Bergbau – im Ruhrgebiet und Saarland schon Geschichte – ist am Erzberg noch längst nicht Schicht. Eindrucksvoll zu erleben bei einer kleinen Besichtigungstour. Womit nicht die Erzbergrodeo-Höllenfahrt durch Badewanne, Zumpferlwald und Carl’s Dinner gemeint ist, durch aberwitzige Steilhänge, gigantische Geröllwüsten und andere Gemeinheiten, die bestenfalls Cracks wie Taddy Blazusiak, Andreas und Manuel Lettenbichler oder Graham Jarvis bis ins Ziel meistern.
Nein, statt Erzbergrodeo gibt’s für Normalsterbliche den Hauly-Trip, spektakuläres Sightseeing auf einem umgebauten Muldenkipper, viereinhalb Meter hoch und 860 PS stark. Da wird sogar der KTM 1290 Superduke GT mit ihren 175 Pferdchen ganz blass um die Nase. Wir erklimmen per Gangway den Giganten, der die gelb behelmten Menschen durch den etagenförmigen Tagebau kutschiert. Seit mehr als 1.300 Jahren wird dort Gestein abgebaut, heutzutage sind es jährlich 12 Millionen Tonnen, wovon rund 3 Millionen reines Eisenerz an den Hauptabnehmer, den Technologiekonzern voestalpine AG, gehen. Für 30 bis 40 Jahre soll dieses größte Siderit-Vorkommen der Erde noch reichen.
Denkmal Eisenbahnfreunde in Vordernberg
Zurück auf die Mopeds und von der mächtigen Erzberger Stufenpyramide weiter über den Präbichl-Pass nach Vordernberg. Uff, schon wieder ein Eisengebirge voraus. "Das ist die kleine 97.217, die große 297.401 steht oben am Bahnhof”, erklärt der hilfsbereit herbeigeeilte Hans Hoffmann, pensionierter Zugführer im Jogginganzug, den beiden interessierten Kraftradlern. 1908 erbaut und danach 70 Jahre lang im Dienst der Zahnradbahn über den Präbichl gedampft, nun lo(c)kt das kleine schwarze Urgetüm als technisches Denkmal Eisenbahnfreunde auf den Hauptplatz in Vordernburg.
Die 297.401 war zwar dreimal stärker als die 97er, aber technisch viel gebrechlicher, was schon nach gut 20 Jahren den Vorruhestand bedeutete. Den gab’s für unsere Eisenrösser jetzt lange genug, sodass die Trauer nicht allzu groß ist. Sorry, dass das Radwerk IV, ein sicherlich hochinteressantes Hochofen- und Eisenmuseum in Vordernberg, nur nach vorheriger Anmeldung zu besichtigen ist. Stattdessen: vorbei an der Stahlschmiede von voestalpine in Leoben-Donawitz, Produktionsstätte der längsten Schiene der Welt, ultrahart und 120 Meter lang, und weiter zu einem Wahrzeichen der Steirischen Eisenstraße in Niklasdorf, dem die Bundesstraße 116 überspannenden Objekt "Tor zur Steirischen Eisenstraße”. Tja, was man aus zehn Halbbögen so alles machen kann.
Kurvige Durchfahrt nach Eisenerz
Kurven, endlich Kurven. In Bruck links ab nach Sankt Katharein an der Laming und Tragöß-Oberort, astrein ist es dort. Schluss mit Lustig-durch-die-heile-Welt-Schwingen am Parkplatz vorm Grünen See. Fußmarsch bis zum Naturjuwel, gewählt zu einem der schönsten verborgenen Plätze Österreichs? Och nö, ganz so naturnah muss es heute doch nicht mehr sein; zurück, gas-gas. Auf der Karte leicht zu übersehen, zweigt in Pichl-Großdorf ein winziges Sträßchen ab und zickzackt durch den Wald nach Trofaiach, willkommene Abkürzung zurück in unser Quartier. Wie gemacht für die enduresken Mitglieder der KTM-Familie geht’s leicht schotterig bis zum urigen "Almwirtshaus zum Hiaslegg” bergan, ehe asphaltiertes Geläuf den Federbeinen wieder Entspannung beschert. Und in Eisenerz dann die Pizzeria "La Fontane” selbst um 22 Uhr noch eine Bomba und Diavolo serviert. Mille grazie.
Schönster See der Steiermark: Leopoldsteiner See
Schon mehrfach ist er zum schönsten See der Steiermark gewählt worden, der Leopoldsteiner See: Baden, Bötchen fahren, alkoholfreies Bierchen zischen am Busen unverbauter Natur – echt nice. Doch wir eilen ja nicht mit Weile, sondern mit wunderbaren Motorrädern. Also don’t think twice, durchstarten zum Kupfer-Schaubergwerk Radmer mit der kleinsten Stollenbahn Österreichs. Tröpfel, tröpfel ein Stündchen später von der niedrigen, mit Holzbalken abgestützten Decke des Paradiesstollens in Radmer. Nix für Klaustrophobiker. Aber hartes tägliches Brot für die Kupferknappen, die hier schon im 16. Jahrhundert malochten.
Eine Strecke, die schwindelig macht
Der Rest des Tages gehört unseren Kraftwerken. Noch mal volltanken nach dem Abzweig von der 115 auf die 25 in Moosland, in Palfau scharf links ab und parallel zum Rafting-Eldorado Salza wieder zurück zur 115. Eine Strecke, die so schön schwindelig macht, dass der geflashte Navigator erst in Großreifling merkt: Ups, geplant war’s doch andersrum. Prima, Palfau die zweite. Aus einem kurvigen Guss dann auch die 24 nach Gußwerk. Wo man am Gemeindeamt anrufen müsste, um im Montanhistorischen Museum etwas über die Produktion von Kanonen und, oh là là, Ohrgehängen zu erfahren. Aber auf welchem Amt ist samstagnachmittags schon wer zu erreichen?
Gut gemeint mit Motorradmenschen hat es die liebe Straßenbaubehörde, als sie uns die 20 und 28 schenkte, ein göttliches Gewürm zum Niederknien. Da muss Mariazell, bedeutendster Wallfahrtsort Österreichs, heute außen vor bleiben. So schaffen wir es, vorbei am ehemaligen Berggasthaus "Wastl am Wald" und via Puchenstuben sowie der Kartause Gaming, diesmal pünktlich vorm Küchenschluss um 20.30 Uhr zum "Bräustüberl”, einem Gasthaus mit lauschigem Biergarten in der hübschen Altstadt von Eisenerz.
Zeitreise im Kutschen- und Schlittenmuseum
Als nächstes haben wir das Kutschen- und Schlittenmuseum in Großraming als Ausflugsziel herausgepickt – und werden nicht enttäuscht. Einfach genial, die Zeitreise quer durch den Gemüsegarten, zu Faulenzern und Prahlriemen, auf die Kulturverwalter Johannes Gruber uns mitnimmt. Ob Bauer, Bürger oder Adeliger: Auch ihre Untersätze waren mobile Statussymbole und Visitenkarten, wie heute Autos und Motorräder.
Laut damaliger StVO hatte der Graf mit seinem Vierspänner stets Vorfahrt vorm Einspänner der weniger Betuchten; die mussten auf schmalen Wegen ausweichen oder gleich in den Graben fahren. Was dank der Demokratisierung ja inzwischen anders geworden ist: Selbst Neureiche und Ratensklaven dürfen sich einen Nobelschlitten oder Pferdestärkenprotz zulegen. Schmuckstück der Sammlung ist eine Prunkkarosse aus dem Jahr 1790: Leergewicht: 1.800 kg, handgeschmiedete, mit Blattgold überzogene C-Feder, hergestellt in Venedig – wohl damals schon war Italien Top-Adresse für edle Mobile, lange vor Lamborghini, Ducati und MV. Schlusswort von Museums-Maniac Johannes: "Ich möchte auch Denkanstöße vermitteln. Viele wollen das aber gar nicht und, welch schöne Metapher, ihre Scheuklappen ablegen.”
Malerisches Flair in Waidhofen
Zurück auf die Zweispänner, pardon: Zweizylinder. Wen es bereits in Großraming "an die Tränke” zieht, ist dort mit dem Landgasthof "Kirchenwirt” allerbestens bedient. Wen es dagegen nach noch mehr horizonterweiterndem Input dürstet, inklusive kurviger Verbindungsetappen, der probiere es in Losenstein mit dem Nagelschmiede-Museum, in Molln beim Maultrommelschaubetrieb oder in Ybbsitz beim neuen Erlebnis-Museum FeRRUM. Wir aber, wieder mal spät dran, landen in Waidhofen an der Ybbs, das im Mittelalter noch als Zentrum der Eisenverarbeitung galt. Im malerischen Flair der Stadt der Türme meldet sich bei uns erst nach der fotografisch interessanten blauen Stunde der Magen und ruft nach weiteren lokalen Spezialitäten. Kulinarische Wünsche lassen sich um die späte Uhrzeit in diesem Teil der Steiermark allerdings nicht immer leicht erfüllen, wir begnügen uns daher mit dem ortsansässigen China-Restaurant. Auch nicht schlecht. Für morgen gilt dann wieder: Glück auf!