Italien im Mai ein Land sieht Grün. Die ideale Zeit für die erste große Frühlingstour kreuz und quer durch den Apennin, von Neapel bis hinauf in die Dolomiten. Teil zwei der Italiendurchquerung.
Italien im Mai ein Land sieht Grün. Die ideale Zeit für die erste große Frühlingstour kreuz und quer durch den Apennin, von Neapel bis hinauf in die Dolomiten. Teil zwei der Italiendurchquerung.
Am Golf von Neapel endet der italienische Süden. Jedenfalls, wenn man wie Birgit und ich von Sizilien heraufgekommen ist. Der Übergang zum Norden verläuft sanft, aber doch deutlich spürbar. Das Temperament des Südens bleibt zurück, der Verkehr ist nicht mehr ganz so chaotisch, und den Orten fehlt ein wenig dieser liebenswert morbide und zugleich lebendige Charme. Was bleibt, ist nicht nur die italienische Lebensart, sondern vor allem der gebirgige Apennin mit seinen unzähligen, verzweigten Wegen.
Früh morgens starten wir in Sorrento unsere Einzylinder und schlagen Kurs Nord ein, umfahren den Moloch Neapel und biegen bei Teano ab auf ruhige Nebenstraßen. Unser Ziel sind die höchsten Berge der Abruzzen, die bis über 2900 Meter aufragen und damit fast alpines Format erreichen. Eigentlich hatten wir schon Kalabrien als die einsamste und wildeste Region Italiens gekürt, aber die Abruzzen können alles noch ein wenig besser. Es gibt zwar mehr Dörfer als im tiefen Süden, doch damit ist auch die Auswahl an kleinen Bergstraßen größer. Wollte man jedes dieser Wunder an Biegungen und Formationen unter die Räder nehmen, würde man vermutlich Wochen durch die Abruzzen kreuzen.
Quasi als Aperitif suchen wir eine gelbe Straße aus der Landkarte, die in Venafro links abzweigt und mit einem grünen Streifen für landschaftlich besonders schön geadelt ist - in dieser Region keine außergewöhnliche Auszeichnung, denn hier gibt es kaum eine Straße ohne grünes Etikett. Die Gerade findet ab sofort nur noch in Ausnahmefällen statt. Nur an Schildern fehlt es. Aber wozu auch Schilder aufstellen? Touristen kommen selten hierher, und die Einheimischen kennen sowieso jeden Weg.
Gute Karten und etwas Orientierungssinn können also nicht schaden. In Filignano links, in Cerasuolo rechts und in Scapoli gleich zweimal links. Oder doch nur einmal? Egal, wir versuchen einfach, immer auf die hohen Berge von Meta zu zielen. Was uns - von einigen Fehlversuchen abgesehen - prima gelingt. Endlich wieder ein Schild: Strada disasta. Nicht gerade ein Wegweiser, aber Hinweis auf eine schlechte Wegstrecke. Das gefällt nicht nur unseren Enduros. Serien von Schlaglöchern und längeren Schotterpassagen fordern Stoßdämpfer wie Piloten. Die Piste windet sich kontinuierlich gen Himmel, bis wir schließlich auf 1500 Metern eine kleine Hochfläche erreichen.
Im Westen ragen die selbst jetzt im Mai noch verschneiten Monti della Meta auf, davor sanft gewellte Wiesen und der erste grüne Pelz an den Ästen der mächtigen Laubbäume. Zu hause in Köln, knapp über Meereshöhe hockend, ist der Frühling um diese Zeit schon viel weiter. Dafür ist es hier schöner. Die noch immer nur sporadisch geteerte Piste hangelt sich hinunter nach Alfedana, wo ein paar sonnige Straßencafés gerade recht für einen Cappuccino und das weitere Planen der Route kommen.
Im zweiten Teil der großen Italien-Reise, die von Neapel bis in die Dolomiten führt, reihen sich die Höhepunkte dicht an dicht. Von den einsamen Abruzzen über die sanfte Toskana bis zu den malerischen Dörfern des Cinque Terre. Am besten im Frühsommer fahren, wenn ein Blütenmeer das Land überzieht.
Anreise
Wer auf eigenen Rädern bis nach Neapel fahren möchte (oder von dort zurück), sollte für die lange Strecke genügend Zeit einplanen. Vom äußersten Westen oder Norden Deutschlands kommen bis in die italienische Südhälfte leicht 1600 bis 2000 Kilometer zusammen. Stressfreier und bequemer ist die Fahrt mit dem Autozug, der einmal pro Woche von München bis Neapel fährt. Pro Person und Motorrad kostet die einfache Fahrt je nach Saison zwischen rund 200 und 320 Euro. Eine weitere Variante, um die Anfahrt zu verkürzen, ist die Autozugfahrt von sechs deutschen Bahnhöfen bis Bozen. Kosten beispielsweise von Düsseldorf ab 173 Euro. Infos unter DBAutozug, Telefon 01805/241224 oder unter www.dbautozug.de.
Reisezeit
Der Frühling beginnt in den tiefer liegenden Regionen im April. Im Apennin, den hohen Bergen der Abruzzen und vor allem in den Dolomiten kann es so früh im Jahr aber noch kalt sein. Da ist es im Mai angenehmer, der bis zum Fuße der Alpen das ganze Land in einen Blütenzauber verwandelt. Der Juni bringt schließlich auch in den Hochlagen frühsommerliche Wärme. Weniger attraktiv ist Italien während der Hochsommermonate Juli und August, der Hauptferienzeit der Italiener. Besonders die Ferienorte sind dann mitunter völlig überlaufen, die Campingplätze und Pensionen belegt. Und es kann im Süden weit über 30 Grad heiß werden. Genussvolle Touren sind erst wieder im September und Oktober möglich.
Unterkunft
In den Abruzzen und abseits der touristischen Zentren ist es in der Vorsaison nicht leicht, eine Unterkunft zu finden. Die wenigen Pensionen und vor allem die Campingplätze öffnen manchmal erst Anfang Juni. Besser ist die Lage in den größeren Orten. Und in den Dolomiten, dem Cinque Terre und der Toskana gestaltet sich die Quartiersuche problemlos. Nur im Hochsommer kann es dort eng werden, weil einfach zu viele Menschen unterwegs sind.
Literatur
Trotz der riesigen Auswahl an Reiseführern über Italien gibt es nur wenige, die das ganze Land abdecken. Wir machten gute Erfahrungen mit »Italien« aus dem Michael Müller Verlag für 21,90 Euro. Im gleichen Verlag erscheint ein Toskana-Reiseführer. Ebenfalls empfehlenswert ist der DuMont Reiseführer »Richtig-Reisen Toskana und Abruzzen« für 22,50 Euro. Schöne Fotos gibt es auch im ADAC-Reisemagazin Toskana für 7,80 Euro. Anmachende Bilder, spannende Reportagen und insgesamt 16 ausführliche Routenvorschläge für Straße und Schotterpisten zwischen Sizilien und dem Brenner liefern die Italien-Bände 1 und 2 aus der Edition Unterwegs, Motorbuch Verlag, für jeweils 16 Euro. Weiteren Lesestoff bietet der Motorradführer »Lust auf Dolomiten« aus dem Highlights-Verlag für neun Euro. Wer gute Landkarten sucht, sollte sich die Generalkarten Italien, Blätter 2 bis 7 ansehen. Maßstab 1:200000, pro Blatt 6,50 Euro. Alternativ sind die völlig anders gestalteten, aber ähnlich detailfreudigen Kümmerly&Frey-Blätter im gleichen Maßstab empfehlenswert. Detailfreudigere Karten von Italien sind leider Mangelware.
Infos
Erste Informationen verschickt das Italienische Fremdenverkehrsamt ENIT, Kaiserstraße 65, 60329 Frankfurt, Telefon 069/237430. Im Internet helfen diese Seiten weiter: www.enit.it, www.italientipps.de, www.ratgeber-italien.de.