Ricky Brabec holte den ersehnten Dakar-Triumph für Honda – und obendrein den ersten Dakar-Sieg eines Amerikaners. MOTORRAD sprach mit dem 28-jährigen Kalifornier.
Ricky Brabec holte den ersehnten Dakar-Triumph für Honda – und obendrein den ersten Dakar-Sieg eines Amerikaners. MOTORRAD sprach mit dem 28-jährigen Kalifornier.
Seit dem Wiedereinstieg in den Rallyesport im Jahr 2013 versuchte Honda Dakar-Rallye zu gewinnen – und musste sich bislang immer hinter KTM anstellen. Bei der Ausgabe 2020 der legendären Wüstenhatz holte Ricky Brabec endlich den ersehnten Triumph für den weltgrößten Motorradhersteller – und obendrein den ersten Dakar-Sieg eines Amerikaners.
Zunächst einmal zu deiner Person. Wo wohnst Du?Brabec: Ich lebe mit meinen Eltern in der Nähe von Los Angeles, konkret in Hesperia. Das liegt am Rande der Mojave-Wüste. Ein idealer Platz für einen Rallyefahrer. Ich kann praktisch aus meiner Garage in die Wüste zum trainieren fahren. Wenn ich will, bis nach Las Vegas (lacht).
Brabec: Das stimmt. Ich habe hier bereits alle bekannten Veranstaltungen gewonnen. Die Baja 250, 500 und 1000 und fast alle Titel, die in den Desert Race-Serien vergeben werden.
Und dann hat dich Honda für die Dakar verpflichtet.Brabec: Richtig. Das war im Jahr 2016. In diesem Jahr bin ich meine erste Dakar gefahren. Die Premiere gelang ziemlich gut. Ich holte auf Anhieb den neunten Platz in der Gesamtwertung. Dann folgten drei Seuchenjahre. Im Jahr 2017 gewann ich meine erste Dakar-Etappe, fiel dann aber aus. Auch im Jahr 2018 musste ich mit Motorschaden aufgeben. Die größte Enttäuschung brachte dann die Dakar 2019. Ich führte die Gesamtwertung an, als ich auf der achten Etappe (Anm.: die Dakar führte 2019 über zehn Etappen) wieder mit einem Motorschaden ausfiel.
Ja, wie erinnern uns. Das war ein bitterer Moment. Dieses Jahr hielt die CRF 450 Rally durch. Wurde technisch etwas verändert?Brabec: Eigentlich nur Details. Das Bike baute in den vergangenen Jahren zu viel Hitze auf. Daran haben die Techniker gearbeitet.
Die Dakar fand dieses Jahr zum ersten Mal in Saudi-Arabien statt. Gab es große Unterschiede zu den Ausgaben in Südamerika?Brabec: Ja, Saudi-Arabien ist viel besser. In Südamerika kannten viele Fahrer und Teams das Gelände von anderen Rallys. Das war gerade für mich als wenig Dakar-erfahrenen Piloten nicht fair. In Saudi-Arabien wurde praktisch der Reset-Knopf gedrückt. Niemand kannte das Gelände. Es kam wieder auf den Fahrer an.
Brabec: Sie war vielleicht etwas zu schnell. Aber auch für den Veranstalter war das Gelände neu. Er hatte, wie wir Fahrer dort auch kaum Erfahrungen. Ich glaube, nächstes Jahr wird die Streckenauswahl anders ausfallen.
Die Dakar in Saudi-Arabien ist politisch umstritten. Ist das für dich als Fahrer auch ein Thema?Brabec: Im Vorfeld war ich schon im Zweifel, ob das die richtige Entscheidung der Organisatoren war. Doch auf der Rallye selbst, machte ich keine negativen Erfahrungen. Die Menschen waren sehr freundlich, viele sprachen Englisch. Ich fühlte mich wohl.
Was macht einen guten Rallyefahrer aus?Brabec: Zunächst einmal muss man das Gelände lesen können. Wissen, wo man schnell fahren kann und wo man vorsichtig sein muss. Entscheidend ist aber, das Fahren mit Roadbook zu perfektionieren. Johnny Campbell und Jimmy Lewis (Anm.: amerikanische Ex-Dakar-Piloten) waren dabei eine große Hilfe. Das Roadbook-Fahren zu trainieren ist wichtiger, als ins Sportstudio zu gehen. Viele können schnell fahren, jeder kann lesen. Wichtig ist es, zu lernen, beides gleichzeitig tun zu können (lacht).
Brabec: Ja. Man sollte das künftig bei jeder Etappe so machen. Auch weil man sich abends nicht ein paar Stunden in das Roadbook einlesen muss, sondern sich in dieser Zeit ausruhen kann. Auch das ist ein Beitrag zur Sicherheit.
Es wurden auch zwei Marathon-Etappen gefahren, während nur der Fahrer an den Motorrädern arbeiten darf. Die Dauer wurde erstmals auf 10 Minuten beschränkt. Hat dies auch die Chancengleichheit erhöht?Brabec: Nein. Auf den Marathon-Etappen können wir nur die Ersatzteile und Werkzeuge mitnehmen, die wir auch auf den Motorrädern verstauen können. Das ist nicht viel. Ein paar Hebel, Kabelbinder und Kleinzeug. Man kann also nicht viel reparieren oder tauschen. Und um nichts zu tun, reichen auch zehn Minuten (lacht).
Brabec: Nein, das ist keine gute Idee. Entweder fährt man schnell auf den Etappen oder man schraubt danach an den Motorrädern. Beides geht nicht.
Brabec: Sicher. Aber das Interesse stieg bereits im vergangenen Jahr an, als ich wie gesagt in Führung lag, dann aber diese technischen Probleme hatte. Hoffentlich zieht das auch weitere amerikanische Teilnehmer an. Auch wenn die Dakar als Privatfahrer eine Menge Geld und Aufwand kostet.
Mit Andrew Short steht ein weiterer potenzieller amerikanischer Dakar-Sieger bereits in den Startlöchern.Brabec: Ja, das stimmt. Fahrer wie Andrew sind ganz selten. Er war ein erfolgreicher Supercrosser und Motocrosser. Von dort aus in den Rallyesport zu wechseln und bei der zweiten Dakar Gesamt-Sechster (Anm.: Dakar 2019) zu werden, das ist schon sensationell. Er kommt oft zu mir nach Hause und wir trainieren gemeinsam.
Der Rallyesport hat auch brutale Seiten. Das Risiko ist hoch. Dieses Jahr starben zwei Motorradfahrer bei der Dakar, einer davon Paulo Goncalves, dein ehemaliger Teamkollege. Ist Rallyesport nicht Russisch Roulette auf Motorrädern?Brabec: Das Risiko ist ein Teil unseres Sports. Wir wissen, dass wir irgendwann stürzen werden und dass es schlecht ausgehen kann. Auch bei dieser Dakar verloren wir wieder einen Freund. Doch wir fahren weiter. Wir tun, was Paulo auch getan hätte.
Nun hat Honda endlich den ersehnten Dakar-Sieg. Weißt Du, ob Honda nun von der Dakar-Bühne abtritt?Brabec: Ich weiß nur soviel. Ich habe einen Vertrag mit Honda. Und der geht noch bis zur Dakar 2022 (lacht).