Interview mit Berti Hauser
"Der BMW-Kundensport soll für alle da sein"

Als Technischer Direktor BMW Motorrad Motorsport ist Berti Hauser auch verantwortlich für die Kundensport-Abteilung, die nach dem offiziellen Rückzug der Marke aus der Superbike-Weltmeisterschaft neu ausgerichtet wurde.

"Der BMW-Kundensport soll für alle da sein"
Foto: BMW

Herr Hauser, die ersten Ankündigungen zum Thema BMW Kundensport waren noch etwas vage. Welche Aufgabe soll die Abteilung denn nach der Neuausrichtung erfüllen?

Hauser: Wir sind dafür da, alle Kunden, die mit unseren Produkten Motorsport betreiben, zu unterstützen.

Stehen Ihre Dienste nur Rennfahrern zur Verfügung, die in offiziellen internationalen oder nationalen Serien um Meistertitel fahren, oder kann sich auch der Privatfahrer an Sie wenden, der eben mal mit seiner BMW ein paar flotte Runden beim Rennstreckentraining drehen will?

Unsere Highlights

Wir müssen unsere Struktur so aufbauen, dass wir mit der Anzahl der Anfragen mithalten können. Das wird einige Zeit dauern, aber prinzipiell wollen wir für alle da sein. Die Unterstützung von privaten BMW-Fahrern und den Top-Profis wird sicher über unterschiedliche Kanäle laufen, weil die Profis einen ganz anderen Unterstützungsbedarf haben. Aber beide Kundengruppen sollen mit dem Service zufrieden sein.

BMW S 1000 R und HP4 für Kundensport

Welche Kanäle wird der private BMW-Fahrer nutzen können?

Schon heute ist es ja so, dass wir in diesem Bereich aktiv sind. Wenn einer sich die Mühe macht, auf unserer Internetseite die E-Mail-Adresse hp-race-support@bmw-motorrad.com herauszusuchen, sich hinsetzt und sich traut, uns eine Anfrage zu schicken, dann bekommt er auch eine Antwort. Wenn er beispielsweise einen bestimmten Datensatz für das Calibration Kit benötigt, kann er den zu einem vernünftigen Preis bekommen und selbst einspielen. Damit spüren auch ganz normale Motorradfahrer an ihrer Maschine einen deutlichen Mehrwert an Fahrperformance.

Für welche BMW-Modelle gibt es diesen Service?

Für die S 1000 RR und die HP4.

Können Sie einschätzen, wie viele Rennfahrer der BMW Kundensport 2014 unterstützen wird?

Das weiß ich jetzt noch nicht. Wir haben Anfragen erhalten und sind in Verhandlungen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann ich Ihnen da mehr sagen.

Können Sie schon sagen, wie stark die Abteilung Kundensport personell ausgestattet sein wird?

Auch diese Frage kann ich jetzt noch nicht beantworten. Die Abteilung wird aber aus festen Mitarbeitern in München sowie externen Fachleuten bestehen.

Gehört die Beschaffung kompletter Rennmaschinen auch zu Ihren Aufgaben?

Bisher nicht. Aber wenn ein externer Spezialist so etwas anbieten will und uns um Unterstützung bittet, werden wir ihm zur Seite stehen – wenn die Anfrage auf einem seriösen Hintergrund basiert.

Wenn also beispielsweise ein Team in der Superbike*IDM BMW fahren will und wissen möchte, was BMW für es tun kann, sollte es sich wie bisher zunächst an den Vertrieb wenden?

Ja, die Vertriebsorganisationen verfügen über die entsprechenden Budgets. Die beraten sich mit uns, wir prüfen, welches Potenzial hinter der Anfrage steckt, dann wird über Art und Umfang der Unterstützung entschieden. Diese Zusammenarbeit ist auch für unsere Ressourcenplanung wichtig.

Wie ist das mit Ihrem Service gedacht? Bezahlt der Kunde pro angeforderter Technikerstunde, oder kann er auch eine Betreuung über eine ganze Rennsaison hinweg buchen?

Wenn ein Team will, dass ihm das ganze Jahr über immer der gleiche Techniker zur Verfügung steht, kann es uns eine Anfrage schicken, aus der auch der Umfang der benötigten Leistung hervorgeht. Dann erstellen wir ein entsprechendes Angebot, und wenn es akzeptiert wird, sind wir dabei.

Aber generell ist vorgesehen, dass die Leute auf Sie zukommen, wenn sie ein spezielles Problem haben, und dann Hilfe bekommen?

In bestimmten Meisterschaften, von denen wir wissen, dass dort viele BMW im Einsatz sind, werden unsere Leute grundsätzlich vor Ort sein. Es ist ja nicht so, dass jedes Team ständig einen Mann am Motorrad benötigt. In der Superbike*IDM beispielsweise haben wir zwei Leute, die zwischen den Boxen der einzelnen Teams hin- und herpendeln. Die machen beim einen ihren Job und gehen dann zum nächsten, schauen, ob sie dort etwas tun können. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass es in bestimmten Meisterschaften reichte, über IT-Kommunikation Hilfe zu leisten. Die Teams und ihre Techniker sind ja inzwischen auf einem so hohen Niveau angelangt, dass sie mit den modernen Tools, die uns heute zur Verfügung stehen, problemlos umgehen können.

Top-Superbikes waren etwas entartet

Aus der Superbike-Weltmeisterschaft hat sich BMW als Werksteam zurückgezogen. Haben Sie aus dem Umfeld trotzdem noch Anfragen bekommen?

Da gab es einige Anfragen, aber inzwischen ist aus der Ecke nicht mehr viel zu hören. Wir haben Bereitschaft signalisiert, auch dafür, in gewissem Umfang Material zu liefern – gegen Bezahlung. Ich habe etwas verwundert festgestellt, dass Profirennfahrer sich 2014, im letzten Jahr der Superbikes nach dem bisherigen Reglement, nochmal auf so eine Maschine setzen wollen, obwohl das eine Menge Geld kostet. Dabei ist schon klar, dass 2015 die Evo-Klasse kommt, mit seriennäherer Technik.

Im ebenfalls sehr seriennahen Superstock 1000 Cup hat eine BMW HP4 den Titel gewonnen. Wird die Superbike-WM mit größerer Nähe zur Serientechnik für BMW wieder interessant?

Wir werden unsere Aktivitäten auf die Evo-Klasse ausrichten, weil sich in ihr der Grundgedanke des Superbike-Sports wiederspiegelt: mit Produktionsmotorrädern im Rahmen eines klaren und kostengünstigen Regelwerks Rennen zu fahren. Die Top-Superbikes, die wir zuletzt hatten, waren in ihrer technischen Ausbaustufe etwas entartet und viel zu nahe an den MotoGP-Prototypen dran.

Hilft BMW der Rennsport nach einem gemäßigten Reglement, wie es jetzt mit der Evo-Klasse verwirklicht wird, auch beim Feedback der Sporterfahrungen in die Großserienentwicklung?

Das ist eine der tragenden Säulen des Kundensport-Gedankens bei BMW. Einerseits wollen wir unsere Produkte durch die Motorsportaktivitäten darstellen, andererseits die Erkenntnisse, die wir dabei gewinnen, in die Serienentwicklung zurückgeben. Das ist ja auch bereits gelungen. Durch die  Anstrengungen, die zum Gesamtsieg im Superstock 1000 Cup geführt haben, konnten wir den Abstimmungsumfang des elektronischen Fahrwerks der HP4 erheblich erweitern. Für den zivilen Gebrauch im öffentlichen Straßenverkehr wurde das Fahrwerk bereits sehr gelobt, aber durch die Erfahrungen aus dem Superstock 1000-Cup konnte der Einsatzbereich auf die extremen Anforderungen des Rennsports ausgeweitet werden. Ähnlich war es seinerzeit mit unserer Traktionskontrolle, die in ihrer ersten Version für den zivilen Gebrauch schon gut war, aber noch nicht an dem Punkt, wo sie einen Rennfahrer unterstützen konnte. Da haben wir durch die Renneinsätze dazugelernt.

Bisher hat sich Abteilung Kundensport auch um Veranstaltungen gekümmert wie beispielsweise vor einigen Wochen das Frauen-Renntraining in Spanien. Wird das auch weiterhin zu den Aufgaben gehören?

Das Girls Camp entstand aus einer Initiative der internationalen Motorradsportföderation FIM. Die ist an BMW herangetreten. Aus Sicht des Marketing war sofort klar, dass wir da mit unseren Fahrzeugen vertreten sein wollten. Wir vom Kundensport haben gesagt: Es ist ja nicht damit getan, einfach ein paar Motorräder da hin zu schicken. Sondern wollten den Teilnehmerinnen auch technische Unterstützung geben. Da war nicht so viel zu tun wie bei einem Profirennen, aber die Mädels ziehen schon ordentlich am Seil. Und bei einigen sehr schnellen Damen konnten wir tatsächlich mit der Abstimmung helfen und auf einem hohen technischen Niveau arbeiten. Gemeinsam mit der FIM planen wir gerade eine Wiederholung des Events im kommenden Jahr.

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Erscheinungsdatum 26.05.2023