Neues Album, neue Tour – das wären für viele Musiker gute Gründe, ein Interview zu den Themen neues Album/neue Tour zu führen. Peter Maffay redet aber lieber über Motorräder.
Neues Album, neue Tour – das wären für viele Musiker gute Gründe, ein Interview zu den Themen neues Album/neue Tour zu führen. Peter Maffay redet aber lieber über Motorräder.
Kein Pressesprecher, kein Manager, Bodyguards gibt’s auch nicht, und das in der A-Promi-Liga durchaus übliche Wir-hätten-Ihre-Fragen-gern-schon-mal-vorab findet er albern. Peter Maffay, der wenige Tage zuvor seinen 65. Geburtstag gefeiert hat und muskelmäßig jeden normal trainierten 40-Jährigen vor Neid erblassen lässt, ist hier auf der Terrasse seiner Finca auf Mallorca so ziemlich der pflegeleichteste und aufmerksamste Gesprächspartner, den sich ein Journalist wünschen kann.
Der gut gelaunte Hausherr macht alles selbst und erinnert sich noch überraschend genau an unser erstes Treffen vor drei Jahren und die gemeinsame Motorradtour durch Rumänien (MOTORRAD 22/2011). Daran schließen wir jetzt an: „Hast du Lust, hauptsächlich über dein Motorradfahrer-Leben zu quatschen?“ „Sehr gern, leg los.“ Na, wenn das so ist …
Wann bist du das letzte Mal Motorrad gefahren?
Gestern Abend mit meinem Kleinen auf dem Sozius, runter ins Dorf.
Wie viele Motorräder hast du eigentlich?
Ein Stück. Eine knapp 15 Jahre alte Harley Softail, die mir die Jungs von Harley Hamburg damals zum 30-jährigen Bühnenjubiläum aufgebaut haben. Die zweite Harley hat mir meine Frau Tania im Rahmen einer Wette abgeluchst – und darf sie nicht fahren, weil sie noch keinen Motorradführerschein hat …
Keine Lust, mal eine neue Maschine zu kaufen?
Momentan eher nicht. Aber die Harley ist ja auch noch wie aus dem Ei gepellt. Ich steh da sowieso drauf, meine Fahrzeuge (Anm. d. Red.: Maffay hat auch eine gut sortierte Pkw-Youngtimer-Sammlung, u. a. diverse 911er-Porsche) müssen wie aus dem Laden dastehen.
Du putzt selbst?
Unbedingt! Putzen ist Anfassen, Streicheln – da bin ich echt pedantisch.
Womöglich mit der Zahnbürste?
Auch. Das Putzen ist für mich Relaxen. Ein, zwei Stunden oder länger. Bis das Ding sauber ist.
Der ultimative Pflegetipp für die Leser?
Nicht länger im Regen draußen stehen lassen. Und wenn es geregnet hat, sofort abledern.
Du bist tatsächlich ein Sofort-Putzer?
Ich habe mir mal eine wunderschöne Heritage versaut, weil ich sie hier auf Mallorca eine Woche lang hab draußen stehen lassen. Wir bekamen dann diesen Südwind, der aus der Sahara Sand mitbringt, und der hat sich auf dem Chrom niedergelassen. Nach drei Tagen hatte die Maschine Pickel all over, und der Chrom war im Eimer.
Macht dich so etwas fertig?
Ich habe mich total geärgert. Es wäre ein Klacks gewesen, das Ding reinzuholen und abzutrocknen.
Du warst nicht immer Harley-Fahrer und -Putzer. Wie fing deine Motorradkarriere an?
Eines der ersten Motorräder, auf denen ich in jungen Jahren gesessen habe, war eine 175er-CZ. Es gibt ein Beweisbild, das vor unserem Haus in der Kirchengasse 5 in Kronstadt gemacht wurde.
Wer hat dich mit dem Motorrad-Bazillus angesteckt?
Mein Vater. Der war ja in jungen Jahren Pilot und ist auch später noch im hohen Alter geflogen. Autos, Motorräder und einfach alles mit Motoren war für ihn immer faszinierend – und das übertrug er auf mich. Mit einem ganz entscheidenden Unterschied: Er versteht es, einen Motor auseinanderzunehmen und wieder zusammenzubauen. Und ich nicht.
Hast du zwischenzeitlich keinen Schrauber-Ehrgeiz entwickelt?
Die wenige Zeit, die ich habe, nutze ich dann lieber zum Fahren.
Wie hat dich dein Vater ganz konkret aufs Motorrad gebracht?
Das darf man eigentlich gar nicht laut erzählen: durch ziemlich viel Blödsinn, den er mit mir angestellt hat. Ich erinnere mich noch an eine Tour auf einer 500er-Zweizylinder-DKW mit Beiwagen. Der Verkehr auf rumänischen Straßen war damals mehr als überschaubar. Mein Vater fuhr, ich saß dahinter, und plötzlich fragte er: „Na, willste mal probieren?“ Wir haben dann im Fahren gewechselt. Meine Mutter hat im Beiwagen geschimpft und gewettert, aber wir haben es trotzdem gemacht, und im Endeffekt saß ich dann vorn, mein Vater hinten, und ich bin das erste Mal in meinem Leben geradeaus und mit Beiwagen gefahren. Da war ich 12 oder 13 Jahre alt.
Wann begann dann deine offizielle Karriere im Straßenverkehr?
Mit 18 Jahren und dem Auto- und Motorradführerschein, den ich nach fünf Fahrstunden bekommen habe – ich hatte vorher ja schon ein bisschen geübt …
Was wolltest du lieber haben: Auto oder Motorrad?
Na ja, ich hatte ’ne Freundin, und da wäre ein Auto in vielerlei Hinsicht schon die bessere Wahl gewesen.
Es ist dann 1968 aber doch nur ein Motorrad geworden, oder?
Richtig. Eine Horex Regina 250. Die stand bei der Polizei in Waldkraiburg und war irgendwann mal beschlagnahmt worden. Ein schönes Motorrad mit einem nachträglich montierten, natürlich nicht eingetragenen Hochlenker. Mit der Maschine bin ich dann in die Schule gefahren – das war auch schon richtig cool. Gekostet hat sie exakt 70 D-Mark.
Ein Jahr später gab’s „Easy Rider“ im Kino. War das für dich ein Schlüsselerlebnis?
Ja klar, ich hab damals damit angefangen, mich für diese Mentalität, diesen Rocker-Lifestyle zu interessieren. Verstärkt wurde das später noch durch diesen herrlichen Film von Klaus Lemke: „Rocker“ – ein fantastischer Film.
Was war der Reiz am Rockerwerden?
Der Bruch mit Konventionen. Jeder junge Mensch, eigentlich jedes Lebewesen, selbst ein Baum, möchte doch ausloten, wie weit man gehen kann, und versucht, durch die Decke zu stoßen. Grenzen testen – darum ging es.
Warst du der erste Rocker in deinem Umfeld?
Nein, da gab es auch schon richtige Rocker. Wir waren ja noch „Schüler-Rocker“.
Warst du trotzdem richtig böse und hast dich in Kneipen total danebenbenommen oder anderen Leute Schläge angedroht?
Nein, ich habe mich in meinem ganzen Leben nur ein einziges Mal richtig geprügelt. Und das war noch zu Zeiten als Jugendlicher in Rumänien, als man als Angehöriger der deutschen Minderheit mit anderen Ethnien Streit hatte. Da ist man schon mit diesem Bewusstsein „Don‘t touch, sonst klatsch!“ aufgewachsen.
Bis heute immer Messer am Mann?
So isses. Ich habe nie jemandem erlaubt, mich anzufassen. Aber es ging nie darum zu zeigen, was man draufhat.
Es ging immer schon darum zu sagen: „Bis hierher und nicht weiter.“ Das war das, um was es ging, als wir gesagt haben, wir wollen Rocker sein. Aber Selbstbewusstsein ausstrahlen war nur eine Geschichte. Viel wichtiger war, dass in diesen Clubs – und das ist in vielen Gott sei Dank noch heute so – eine Ersatzfamilie entsteht. Das ist es doch, was die Leute zusammenbringt.
Warst du jemals in einem klassischen MC?
Na klar, ich bin immer noch bei den Zombies in Nürnberg, und das schon lange. Die Szene ist mir bekannt, ich komme damit gut klar, aber es gibt auch „Geschäftsmodelle“, mit denen ich nichts zu tun haben will.
Deine schönsten Motorraderlebnisse?
Es gab einige tolle Touren. Kanada ist ein gelobtes Land zum Motorradfahren: British Columbia bei schönem Wetter – das ist nicht zu überbieten! Mit einem Harley-Gespann bin ich mehrere Male quer durchs spanische Festland gefahren – einfach toll.
Doch noch ein paar Worte zum neuen Album: warum wieder Maffay als Motorradfahrer?
Der gemeinsame Nenner für die Band und mich war die Frage: „Was hat uns bewegt, Musiker zu werden?“ Da ging es dann nicht nur um die Musik von früher, sondern auch das Umfeld, das uns geprägt hat. Das Motorrad ist für mich in all den Jahren immer präsent gewesen, nur irgendwann konnte ich „Der Rocker mit dem weichen Herz“ nicht mehr hören, und so habe ich es gelassen. Aber jetzt bin ich so alt, dass mir das egal ist. Das Motorrad ist da, steht nicht zur Zierde herum und wird benutzt. Und so haben wir die Fotos fürs Album gemacht und es auch im Video verarbeitet.
Du hattest einen sehr toleranten Vater als Motorradlehrmeister. Dein Sohn ist jetzt im gleichen Alter, wie du es damals warst . Wie sieht es aus, wenn der Junior auf die Idee kommt, dass zwei Räder richtig klasse sind?
Wenn er loslegen will – gerne! Am besten mit Trial. Wenn er das beherrscht, hat er gute Voraussetzungen, jede Maschine sicher zu fahren.
Wer mehr über Peter Maffay erfahren möchte, bekommt mit der 2009 erschienenen Biografie „Maffay – Auf dem Weg zu mir“ von Edmund Hartsch äußerst unterhaltsame Lektüre mit vielen Maffay-O-Tönen geboten. Der 416-Seiten-Wälzer, den es seit 2011 auch als 14,99 Euro günstige Paperback-Ausgabe gibt, ist sehr sauber recherchiert und toll bebildert. Lobhudelei und peinlichen Seelen-Striptease gibt’s gottlob nicht, dafür aber das pralle Maffay- und Musikbusiness-Leben. Wer mit Maffay bislang wenig bis gar nichts anfangen kann, sollte sich den Schmöker trotzdem – oder gerade deshalb – gönnen, denn allein schon der Blick hinter die Kulissen (und in die Abgründe) der Branche ist das Geld wert.
Und mit ziemlicher Sicherheit bekommt man bei der kurzweiligen Lektüre Appetit auf (noch) mehr zum Thema Maffay. Zum Beispiel auf das 128-Seiten-Buch „Der 9. Ton – Gedanken eines Getriebenen“ (als Taschenbuch 12,99 Euro). Der Titel klingt schon etwas sehr getragen, der Inhalt ist dafür umso direkter. Maffay himself erklärt, was ihn antreibt, was ihn ärgert und was er noch so alles anstellen will. Für Maffay-Fans sicher ein Muss.
15.01.2015 Hamburg O2 World
16.01.2015 Dortmund Westfalenhalle
17.01.2015 Köln Lanxess Arena
20.01.2015 Frankfurt Festhalle
21.01.2015 Frankfurt Festhalle
23.01.2015 Mannheim SAP Arena
24.01.2015 Stuttgart Schleyerhalle
25.01.2015 Trier Arena
28.01.2015 Leipzig Arena
30.01.2015 München Olympiahalle
02.02.2015 Kempten Big Box
03.02.2015 Nürnberg Arena Nürnb. Vers.
05.02.2015 Erfurt Messehalle
06.02.2015 Riesa Erdgas Arena
07.02.2015 Berlin O2 World
08.02.2015 Rostock Stadthalle
10.02.2015 Hannover TUI Arena
12.02.2015 Halle/Westf. Gerry Weber Stadion
13.02.2015 Bremen ÖVB Arena