Die FIM Endurance World Championship – Langstrecken-Weltmeisterschaft für Motorräder – geht in rund zwei Wochen in die neue Saison 2018/2019. Fahrer haben Teams gewechselt, ganze Mannschaften den Hersteller. Der aktuelle Stand.
Die FIM Endurance World Championship – Langstrecken-Weltmeisterschaft für Motorräder – geht in rund zwei Wochen in die neue Saison 2018/2019. Fahrer haben Teams gewechselt, ganze Mannschaften den Hersteller. Der aktuelle Stand.
Nach wie vor ist es ungewöhnlich, dass beim Bol d’Or bereits die neue Saison in der FIM Endurance World Championship beginnt – und damit zahlreiche Neuerungen in Kraft treten. Fahrer sind gewechselt, neue Teams dabei, manche sind zu anderen Marken gewechselt, andere haben sich zurückgezogen. Hier kommt die aktuelle Übersicht zum Stand der Langstrecken-Weltmeisterschaft für Motorräder.
Der Streckenrekord in Le Castellet wurde bislang von Markus Reiterberger gehalten. 2015 war er im Qualifying auf der Penz-BMW in 1:57,253 Minuten die bislang absolut schnellste Zeit gefahren. Dieser Rekord dürfte dieses Jahr fallen.
Dieses Jahr kehrte die Formel 1 nach 28 Jahren Abwesenheit wieder auf den Circuit Paul Ricard zurück, dafür wurde ein neuer Asphalt aufgebracht. Der hat es aber scheinbar in sich, denn beim Test diese Woche purzelten die Zeiten der Top-EWC-Teams bereits in den niedrigen 1:55er-Bereich. Am schnellsten waren dabei die YART-Mannen.
Ein munterer Tausch von Personalien und Technik hat derweil stattgefunden. Grund-Auslöser war dabei die Auflösung von GMT94 Yamaha von Christophe Guyot, der sich fortan vollends auf die Supersport-Weltmeisterschaft konzentrieren wird. Daher wurden die Personalien David Checa, Mike di Meglio und Niccolo Canepa frei. Alle drei haben Plätze in Top-Teams gefunden und bleiben der Langstrecken-Szene erhalten.
Den Top-Deal hat dabei wohl di Meglio geschlagen, der Franzose kam bei den Weltmeistern von F.C.C. TSR Honda unter. Neben Freddy Foray und Josh Hook wird er hier die CBR1000RR mit der Startnummer 1 fahren.
Niccolo Canepa bleibt Yamaha erhalten und ist ins Werks-Team von YART gewechselt. Dort fährt der Italiener an der Seite des Australiers Broc Parkes und des Deutschen Marvin Fritz. Ein schlagkräftiges Trio: Beim Test lieferten die Mannen von Mandy Kainz die Bestzeiten ab.
David Checa ist derweil zu Grün gewechselt und fährt neben Jeremy Guarnoni und Randy de Puniet für Gilles Stafflers #11 SRC Kawasaki Team. Checa: „Meine oberste Priorität ist der Gewinn von Weltmeisterschaften“, verriet er MOTORRADonline – und vertritt damit wohl eine gegenteilige Meinung der meisten Franzosen, für die das höchste der Gefühle der Gewinn von 24-Stunden-Rennen ist. „Ich hatte verschiedene Optionen und Angebote, habe mich jetzt aber für Kawasaki entschieden“, so der Spanier weiter. Damit wird aber auch klar: SRC wird sich wieder einmal an der gesamten Langstrecken-Weltmeisterschaft versuchen und nicht „nur“ auf die 24er konzentrieren, wie das in den vergangenen Jahren oftmals der Fall war.
NRT48 von Ingo Nowaczyk gibt es nicht mehr. Bereits in Suzuka hatten große Teile der Stammmannschaft nicht mehr am Motorrad mitgewirkt. Das Team heißt neu ERC-BMW Motorrad Endurance, wird von Jean-Michel Pfrimmer gemanagt, Nowaczyk kümmert sich um die Technik und Motorräder. Gefahren wird mit den drei Franzosen Kenny Foray, Julien da Costa und Mathieu Gines. Letzterer kommt von Kawasaki, war aber vor allem auch in der IDM mit der ZX-10RR unzufrieden. Durch den BMW-Einsatz in der Langstrecke hofft Gines auch in der IDM auf eine Rückkehr zum Berlin-Spandau-Aggregat, wie der MOTORRADonline verriet.
Das Team Bolliger Switzerland hat mit Roman Stamm und Sebastien Suchet zwei Piloten behalten, neu dabei ist Junathan Hugot. Er ist für Robin Mulhauser ins Team gerutscht.
Das Suzuki Endurance Racing Team SERT macht mit Vincent Philippe, Etienne Masson und Gregg Black weiter, im #111 Honda Team bleiben Sebastien Gimbert und Gregory Leblanc. Neu kommt Johan Nigon.
Auch die Startnummer #90 vom Team LRP Poland bleibt dabei. Hier wird sich wieder der Deutsche Arnaud Friedrich die S 1000 RR mit Bertlomiej Lewandowski und Jaroslav Cerny teilen.
Großer Paukenschlag bei der legendären Startnummer 13: Die Mannschaft von Rico Penzkofer heißt neu Penz13.com / Wepol Racing Team – und hat nach Jahren des Erfolges auf BMW die Marke gewechselt. Die Mannschaft um Chef-Techniker Gordon Unger setzt nun auf Yamaha R1. Als Fahrer werden Danny Webb, Mathieu Lagrive und Sheridan Morais aufgeboten.
Yamaha geht überhaupt in die Offensive: Die Stimmgabler haben ein gesondertes Langstrecken-Förderungsprogramm ins Leben gerufen, womit vor allem privat eingesetzte R1en gewisse Boni abräumen können. Yamaha packt dabei sowohl finanzielle, als auch Teile- und Technik-Mittel aus, um in der Langstrecke weiterhin eine treibende Kraft zu bleiben. Die Japaner stellen sich breiter auf, aber mit einer beherzten Unterstützung aller Enthusiasten-Teams.
Neu ist dabei auch das Sweden Endurance Racing Team, welches mit den beiden Schweden Christoffer Bergman, Jari Touvinen und dem Finnen Ville Valtonen auf R1 an den Start geht. Das slowakische MACO Racing Team hat Louis Bulle und Anthony Dos Santos behalten, neu ist der schnelle Österreicher Julian Mayer. Die tschechische Mercury Racing Mannschaft von Viktor Noss setzt ebenfalls weiter auf Karel Hanika, hat aber mit David Perret und Angel Rodriguez einen Franzosen und einen Spanier an Bord geholt. Hanikas Landsmann Ondrej Jezek ist beim Bol als Reserve-Pilot aufgeboten.
Die #333 Yamaha Viltais Experience Mannschaft zählte in den letzten Jahren zu den festen Titelanwärtern in der Superstock-Klasse – und wechselt in die EWC. Diese Info ist so frisch, dass sie in der aktuellen Nennliste für den Bol d’Or noch gar nicht verzeichnet ist. Ausrücken wird hier mit Florian Alt auch einer der schnellsten Deutschen Rennfahrer, die derzeit auf dem Markt sind. Er teilt sich die Maschine mit Axel Maurin – und Alan Techer, der aus dem Weltmeister-Team von F.C.C. TSR Honda rüber gewechselt ist. Als Resvere hat man beim Bol den Belgier Vincent Lonbois dabei.
Die #96 von MOTO AIN ECS Yamaha bleibt in der Superstock-Klasse und rückt unweigerlich in die Favoriten-Position auf. Hier werden Roberto Rolfo und Julien Pilot durch Robin Mulhauser – von Bolliger kommend – und Stefan Hill auf R1 sitzen.
GERT56 aus dem sächsischen Pirna hat sich vor allem Fahrerseitig verstärkt. Neben Julian Puffe, der letzte Woche auf dem Lausitzring mit Platz zwei sein bislang bestes IDM-Superbike-Ergebnis einfahren konnte – wechselt Stefan Kerschbaumer in die Mannschaft. Der Österreicher hat schon einige Langstrecken-Erfahrung und -Erfolge auf dem Konto.
Letztes Jahr bestimmte vor allem Lucy Glöckner mit ihrem Fight gegen die #111 Honda die letzte Stunde des Bol d’Ors. Die schnellste Frau Deutschland (der Welt?) wird ebenso für GERT56 antreten – muss aber auf den Bol verzichten. In Schleiz hatte sie sich beim IDM-Lauf bei einem Sturz den dritten Lendenwirbel gebrochen, der noch nicht ausgeheilt ist. Daher gibt sie die Lenkerstummel beim Saisonauftakt an Filip Altendorfer ab. Rico Löwe reist als Back-Up mit nach Südfrankreich.
Schade ist, dass das #99 WSB-Endurance Racing Team von Robert Schüler in Le Castellet nicht dabei sein kann und wird. „Uns fehlen leider Sponsoren und Geld“, verriet Schüler im Gespräch mit MOTORRADonline. „Ich habe die ganze letzte Saison komplett aus meiner eigenen, privaten Tasche finanziert. Das kann ich mir nicht mehr erlauben. Ich habe zwar ein ganz gut gehendes Motorradgeschäft mit Ducati und Kawasaki – aber ich muss unbedingt den Stecker ziehen. Es waren zwei unglaublich geile Jahre mit unvergesslichen Höhen und Tiefen und ich hätte gerne weiter gemacht, aber nur wenn ich dafür kein Geld mehr mitbringen müsste.“
Eurosport wird übrigens wieder den Bol d’Or übertragen und reichlich 16 Stunden live senden.